Kulturentwicklungsplan der Stadt Chemnitz
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B-80/2004, Anlage 2, Seite 6<br />
eure, insbeson<strong>der</strong>e im Dienstleistungsbereich Tätige bzw. Führungskräfte, eine wichtige<br />
Basisvoraussetzung dafür, wirksam werden zu können. 4 In diesem Sinne hatte<br />
Horst Opaschowski in seiner bereits 1997 erschienen Prognose über künftige Entwicklungen<br />
in Deutschland erklärt: „Wer im Jahr 2010 qualifizierte Führungskräfte am<br />
Ort halten o<strong>der</strong> gar neue gewinnen will, muss ein vielseitiges Kulturangebot machen.<br />
(...) Zwei Drittel <strong>der</strong> Manager und Führungskräfte werden im Jahr 2010 erst dann bereit<br />
sein, aus beruflichen Gründen den Wohnort zu wechseln, wenn Oper, Konzert<br />
o<strong>der</strong> Theater in erreichbarer Nähe sind.“ 5<br />
Grund dafür ist, dass die Bedeutung des „kulturellen Kapitals“ II in mo<strong>der</strong>nen Gesellschaften<br />
stetig wächst. So hatte <strong>der</strong> Deutsche Städtetag jüngst formuliert: „Das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil,<br />
das zukünftig an die Menschen gestellt wird, ist komplex und umfasst:<br />
Wissen, Fachkompetenz, Bildung, kreative Kompetenz, soziale, kommunikative<br />
und mediale Kompetenz sowie die Fähigkeit, mit einer Vielzahl von Informationen,<br />
Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten umzugehen. (...) – kulturelle Bildung ist hierfür<br />
unverzichtbar.“ 6 Wohl vor allem deshalb achten insbeson<strong>der</strong>e Hochqualifizierte<br />
darauf, dass entsprechende Vermittlungsinstitutionen für sie selbst wie für ihre Kin<strong>der</strong><br />
am Heimatort zur Verfügung stehen. Eine <strong>der</strong> grundlegenden Voraussetzungen<br />
dafür, dass kulturelles Kapital entstehen kann, ist – wie für ökonomisches Kapital in<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft – zunächst, dass entsprechende Investitionen vorgenommen werden.<br />
Darüber hinaus sind Kunst und Kultur und die sie tragenden kreativen Milieus ein<br />
wichtiges gesellschaftliches Experimentierfeld. Insbeson<strong>der</strong>e in freier Szene und Soziokultur<br />
existieren Freiräume, um zweckfrei Neues zu erproben, Dasein zu interpretieren,<br />
Wahrnehmungsgewohnheiten in Frage zu stellen und vor Ort eine kreative<br />
Atmosphäre entstehen zu lassen, die wie<strong>der</strong>um auf an<strong>der</strong>e Bereiche ausstrahlt. Beispielhaft<br />
wurde an einer <strong>der</strong> Wurzeln des <strong>Chemnitz</strong>er Kunstgewerbemuseums deutlich,<br />
wie künstlerisch-kulturelle Potenzen wirken: Die umfangreiche Vorbil<strong>der</strong>sammlung<br />
von herausragendem Industriedesign diente nicht nur als Vorlage zu Lehrzwecken,<br />
son<strong>der</strong>n gab den Kreativen <strong>der</strong> Branche inmitten <strong>der</strong> prosperierenden Textilindustrieregion<br />
immer wie<strong>der</strong> von neuem Anregungen. 7<br />
Die Erkenntnis, dass eine erfolgreiche regionale Entwicklung einer stimulierenden<br />
sozialen, kulturellen und politischen Atmosphäre bedarf, hatten Wissenschaftler bereits<br />
in den 1930er Jahren. Seit den 1980er Jahren untersuchten Sozialwissenschaftler<br />
und Ökonomen zugrunde liegende Zusammenhänge vertieft.<br />
II Der Begriff des „kulturellen Kapitals“ wurde vom renommierten französischen Kultursoziologen Pierre<br />
Bourdieu eingeführt. Er verstand darunter die im Prozess <strong>der</strong> Sozialisation erworbenen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, also Wissen, kulturelle Techniken ebenso wie ästhetische Wahrnehmungsweisen<br />
etc. Das kulturelle Kapital des Einzelnen wie auch das in sozialen Gruppen ist maßgeblich für Auftreten,<br />
Kreativität und wohl auch Erfolg. Vgl. hierzu: Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede. Kritik <strong>der</strong><br />
gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt/ M. 1991.