Akutes Nierenversagen
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A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
ANV - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
<strong>Akutes</strong> <strong>Nierenversagen</strong> __________________________________________________________ 2<br />
Einteilung des ANV ___________________________________________________________________2<br />
Als Prophylaxe für die Entwicklung eines ANV gilt___________________________________________4<br />
Diagnose des ANV ____________________________________________________________________4<br />
Stadien des akuten Niereninsuffizienz: _____________________________________________________6<br />
Therapie: ____________________________________________________________________________7<br />
Kontinuierliche Hämofiltration ___________________________________________________ 8<br />
Abkürzungen _________________________________________________________________ 29
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
<strong>Akutes</strong> <strong>Nierenversagen</strong><br />
Als akutes <strong>Nierenversagen</strong> (ANV) wird der plötzliche, im Prinzip reversible, durch ein<br />
vom Organ unabhängiges Ereignis ausgelöste Ausfall sämtlicher inkretorischer und<br />
exkretorischer Funktionen beider Nieren bezeichnet. Kennzeichnend ist das rasche<br />
Fortschreiten der Niereninsuffizienz bei vorher normaler Nierenfunktion.<br />
Entscheidendes diagnostisches Kriterium ist die rasche Abnahme der glomulären<br />
Filtrationsrate, welche bei völligem Sistieren zum Anstieg der<br />
Serumkreatininkonzentration um 2 bis 3 mg/dl/die führt.<br />
Die Oligurie ist ein häufiges, aber nicht obligates Zeichen des akuten<br />
<strong>Nierenversagen</strong>s; unterschieden werden muß zwischen funktioneller Oligurie und<br />
ANV.<br />
funktionelle Oligurie<br />
ANV<br />
spez. Gewicht Urin > 1025 < 1015<br />
Osmolalität im Urin > 1000 < 600<br />
Harnstoff im Urin > 1 g/100 ml < 1 g/100 ml<br />
Natrium im Urin < 30 mval/l > 35 mval/l<br />
Urin/Plasma-Harnstoff-<br />
> 10 < 5<br />
Quotient<br />
Das Sammeln des Urins zur Bestimmung der Kreatinin-Clearance kostet Zeit, die auf<br />
einer Intensivstation nicht immer gegeben ist. Man kann die Kreatinin-Clearance (Cl)<br />
bei Intensivpatienten auch gut abschätzen:<br />
Algorithmus für Männer für Frauen<br />
Dettli, 1983<br />
Cl =<br />
( 150 − Alter) ⋅11<br />
. ⋅Größe( cm)<br />
Serum_ Kreatinin ⋅88.<br />
4<br />
Cl Männer * 0,82<br />
Die absolute Abweichung beträgt im Durchschnitt 1.6 ± 29 ml/min.<br />
Einteilung des ANV<br />
• prärenales <strong>Nierenversagen</strong>: hier liegt ein funktionelles <strong>Nierenversagen</strong> vor. Die<br />
Niere selbst ist nicht geschädigt. Nach Beseitigung der auslösenden Ursache<br />
nimmt die Niere in der Regel ihre normale Funktion sofort wieder auf. Stichwort:<br />
Schockniere
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• renales <strong>Nierenversagen</strong>: hier sind glomeruläre, interstitielle oder vaskuläre<br />
Erkrankungen Ursache für das ANV. Die Nierenfunktion wird hier erst nach<br />
Wiederherstellung der tubulären Funktion aufgenommen. Stichwort:<br />
oligo/anurische Phase mit nachfolgender Polyurie<br />
• postrenales <strong>Nierenversagen</strong>: hier verursacht eine Abflußbehinderung des<br />
Harns das ANV. Stichwort: Einzelniere<br />
Ursachen für das akute <strong>Nierenversagen</strong>:<br />
α) Prärenal ausgelöstes ANV<br />
a) zirkulatorische Ursachen<br />
1. Hypovolämisch<br />
2. Hypotensiv<br />
3. Kardial<br />
b) toxische Ursachen<br />
1. endogene Toxine<br />
2. exogene Toxine (Arzneimittel, besonders: Antibiotika, Zytostatika)<br />
3. immunologische Ursachen (Transfusionszwischenfall,<br />
anaphylaktische/allergische Ursachen<br />
β) Renales ANV<br />
a) glomeruläre Erkrankungen (Glomerulonephritis, Schönlein-Henochsche<br />
Purpura, hämolytisch-urämisches Syndrom<br />
b) interstitielle Erkrankungen (Nephritis, Leptospirose, Pyelonephritis)<br />
c) vaskuläre Veränderungen (Eklampsie, immunologische<br />
Systemerkrankungen, z. B. Lupus erythematodes, Sklerodermie,<br />
beidseitiger Verschluß der Nierengefäße)<br />
d) tubuläre Verstopfungen (Urate bei Gicht und zytostatischer Behandlung,<br />
Sulfonamide, Dursten bei Myelomniere)<br />
e) Entfernung einer Einzelniere<br />
χ) Postrenales ANV<br />
a) Nierentumore<br />
b) Ureterverschlüsse (Steine, Tumore, Fibrosen, Blut, Ligaturen)<br />
c) Ureterdurchtrennung (traumatisch, chirurgisch)
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d) Blasenstörungen (funktionell, morphologisch)<br />
e) Prostatavergrößerung<br />
f) Harnröhrenveränderungen<br />
Als Prophylaxe für die Entwicklung eines ANV gilt<br />
a) Verzögerung der unvermeidbaren, ischämiebedingten Azidose und<br />
Vermeidung kritisch tiefer pH-Werte<br />
b) Maßnahmen zur Steigerung der renalen Perfusion, bzw. Erhaltung der<br />
Volumenregulation aller Zellen<br />
− Schleifendiuretika (erst Volumendefizit ausgleichen !), speziell:<br />
− Furosemid (Senkung des O 2 -Verbrauchs in der Niere)<br />
− Osmodiuretika<br />
− Dopamin in „Nierendosis“: 1,5 - (3) µg/kg/min<br />
c) Volumensubstitution (ZVD 6 - 8 cm H 2 O)<br />
d) Dobutamin (Steigerung der Kreatinin-Clearance)<br />
e) Kontrolle der Serum-Elektrolyte (besonders Na+ im oberen Normbereich<br />
halten)<br />
f) Low-dose-Heparinisierung<br />
g) Alkalisierung des Harns bei Vorliegen von Uratverstopfung, bzw. Zystinurie<br />
h) Vermeidung nephrotoxischer Substanzen<br />
i) bei drohendem ANV: atriales natriuretisches Peptid 3 µg/kg Körpergewicht/h<br />
zur Prophylaxe<br />
j) Optimierung anaerob nutzbarer Energiereserven und Minimierung des<br />
Energiebedarfs durch reversibles Abschalten äußerer Arbeitsprozesse (z.B.<br />
Beatmung)<br />
Diagnose des ANV<br />
Die Anamnese und klinische Untersuchung steht auch bei der Diagnose des ANV<br />
mit an erster Stelle. Hinweise auf eine Sepsis oder auch nephrotoxische<br />
Medikamente können die Ursache des ANV aufzeigen.<br />
Die sonographische Untersuchung sollte am Anfang der Diagnostk stehen, da hier<br />
postrenale Ursachen erkennbar sind. Hingegen unterscheidet sich das
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sonographische Bild eines renalen <strong>Nierenversagen</strong>s oftmals nicht von einem<br />
prärenalen <strong>Nierenversagen</strong>.<br />
Laboruntersuchungen geben Anhalt über das Stadium des ANV, berichten über den<br />
Verlauf der Therapie und liefern Hinweise auf die mögliche Ursache des ANV.<br />
Bei Verdacht auf vaskuläre Erkrankungen der Niere mit entsprechender<br />
Minderperfusion der Nieren gibt die Nierenperfusionsszintigraphie Aufschluß.<br />
Zur Verlaufskontrolle sollten einige Untersuchungen regelmäßig durchgeführt<br />
werden:<br />
Labor Flüssigkeitsbilanz Radiologie Monitorring<br />
Harnstoff, Kreatinin,<br />
Ein- und Ausfuhr,<br />
Thoraxröntgen zum<br />
RR-Monitorring,<br />
Calcium,<br />
Natrium,<br />
Körperkerntemperatu<br />
Ausschluß<br />
eines<br />
Herzfrequenz, EKG,<br />
Kalium,<br />
r, Körpergewicht,<br />
interstitiellen<br />
Atmung,<br />
Magnesium, Säure-<br />
zentraler Venendruck<br />
Ödems<br />
Temperatur<br />
Basen-Status,<br />
Blutgasanalyse<br />
Die verschiedenen Parameter der Nierendiagnostik haben in Bezug auf ihre<br />
Spezifität, ihre Sensibilität und ihre Validität gegenüber dem ANV eine<br />
unterschiedliche Aussagestärke:<br />
Parameter Korrelation Sensibilität Spezifität Validität<br />
Serum -Kreatinin 69,9 61,3 99,5 18,3<br />
Serum - Harnstoff 39,4 92,4 45,7 8,8<br />
Serum -Osmolalität 31,8 41,7 64,1 28,9<br />
Harn - Volumen 44,8 37,7 96,6 28,7<br />
Harn -Kreatinin 58,4 60,0 93,9 21,6<br />
Kreatinin -Clearance 86,9 92,4 93,9 4,9<br />
<strong>Nierenversagen</strong> -Index 55,3 88,2 68,3 10,0<br />
Harnstoff-Produktions-Rate 22,9 12,3 67,2 44,4<br />
Die vom Programm „Niere“ zusätzlich berechneten Parameter BUN („Blood Urea<br />
Nitrogen“ = Blut-Harnstoff-Stickstoff) und KOD (Kolloid-Osmotischer Druck) haben<br />
ihren eigenen Stellenwert in Bezug auf die Nierenfunktion.<br />
Grundsätzlich kommt es bei jeder Form des akuten <strong>Nierenversagen</strong>s gemeinsam mit<br />
der Veränderung des Harnflusses zu einem Anstieg des Harnstoff-Stickstoffs um in
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der Regel 10 bis 20 mg/dl/die. Bei hyperkatabolen Krankheitssituationen kann der<br />
Harnstoff-Stickstoff jedoch auch bis zu 100 mg/dl/die ansteigen. BUN eignet sich<br />
daher ideal als Verlaufsparameter zur Therapiebeurteilung. BUN-Werte über 200<br />
mg/dl stellen darüber hinaus die absolute Indikation für eine Nierenersatztherapie.<br />
Der kolloidosmotische Druck reguliert zusammen mit dem hydrostatischen<br />
Kapillardruck die Ein- und Auswärtsfiltration in der Kapillarmembran: KOD kleiner als<br />
Kapillardruck bedeutet Einstrom in die Zelle, KOD größer als Kapillardruck<br />
Flüssigkeit tritt aus der Zelle aus.<br />
Bei vielen Erkrankungen (Anaphylaxie, Sepsis, Hypoxie, Intoxikation, Verbrennung)<br />
ist diese Kapillarschrankenfunktion gestört. Die Auswärtsfiltration überwiegt die<br />
Einwärtsfiltration bei weitem und übersteigt sogar die Kapazität der Lymphdrainage.<br />
Es entsteht ein Ödem. Zur Behandlung dieses Ödems ist die Kenntnis des KOD von<br />
entscheidender Bedeutung.<br />
Stadien des akuten Niereninsuffizienz:<br />
Stadium Symptome Labor<br />
I<br />
eingeschränkte<br />
keine<br />
GFR 90 - 50 ml/min;<br />
Leistungsbreite<br />
Kreatinin < 124 µmol/l<br />
II<br />
mäßige<br />
Leistungsfähigkeit<br />
GFR 50 - 21 ml/min;<br />
Insuffizienz<br />
reduziert,<br />
Harnstoff 9 - 27 mmol/l,<br />
Appetitlosigkeit,<br />
Kreatinin 124 - 660 µmol/l,<br />
Übelkeit,<br />
Elektrolytverschiebungen<br />
im<br />
Schlaflosigkeit;<br />
Serum;<br />
Proteinurie,<br />
Polyurie<br />
Hämaturie<br />
III<br />
ausgeprägte<br />
Leistungsfähigkeit stark<br />
GFR 20 - 5 ml/min;<br />
Insuffizienz<br />
reduziert,<br />
Harnstoff 27 - 43 mmol/l;<br />
bettlägerig,<br />
Kreatinin 440 - 1060 µmol/l;<br />
Übelkeit, Erbrechen,<br />
Elektrolytverschiebungen;<br />
evtl. Durchfälle;<br />
Azidose;<br />
evtl. Polyneuropathie<br />
Polyurie<br />
IV terminale Bettlägerig, GFR
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Niereninsuffizien<br />
z<br />
Erbrechen, Übelkeit,<br />
Gastroenterokolitis,<br />
Perikarditis;<br />
zerebrale Erscheinungen;<br />
Polyneuropathie<br />
Harnstoff > 43 mmol/l;<br />
Kreatinin > 1060 µmol/l;<br />
schwere Azidose;<br />
Elektrolytverschiebungen;<br />
Oligurie<br />
Therapie:<br />
1) Ursachenbekämpfung<br />
2) Flüssigkeitsbilanzierung:<br />
a) Exsikkose:<br />
− großzügige Substitution<br />
b) Überwässerung:<br />
− Volumenrestriktion<br />
− NaCl-Restriktion<br />
− Ultrafiltration<br />
3) Kreislaufstabilisierende Maßnahmen<br />
a) vermeiden der arteriellen Hypertonie (auch der milden oder<br />
mittelschweren, WHO-Definition)<br />
b) diastolischer RR < 90 mm Hg halten<br />
c) bei RR-senkenden Medikamenten ACE-Inhibitoren bevorzugen<br />
(spezifischer nephroprotektiver Effekt)<br />
d) Dehydration vermeiden<br />
4) Serumelektrolytkontrollen:<br />
a) Na < 128 mmol/l:<br />
− - Verminderung der Ausscheidungsleistung<br />
b) Na < 118 mmol/l:<br />
− Veränderung der täglichen Natriumbilanz nicht mehr als 10 mmol/l<br />
− CAVH/CVVH, Dialyse zur Entgiftung<br />
c) Cave: Anstieg des Serum Chlorid (metabolische pH-Entgleisungen)<br />
d) Cave: Hyperkaliämie<br />
5) Azidosetherapie:
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a) Na-Defizit<br />
− Natriumbicarbonat<br />
b) Na-Überschuß<br />
− Tris-Puffer (THAM)<br />
6) Katecholamine<br />
a) Dopamin zur besseren Nierendurchblutung,<br />
b) Dobutamin (zur Anhebung der Kreatinin-Clearance)<br />
7) Volumenersatz:<br />
a) ZVD < 12 - 14 cm H2O<br />
b) Pulmonalisverschlußdruck < 15 - 18 cm H2O<br />
c) nicht mehr als 500 ml über Gesamtausfuhr/die<br />
8) Nierenunterstützung<br />
a) Furosemid (Senkung des O 2 -Verbrauchs in der Nierenzelle; zu früher<br />
Einsatz bei Dehydration kann die Niere schädigen)<br />
b) Etacrynsäure zur Unterstützumg der Ausscheidung, wenn Furosemid<br />
nicht mehr greift (wird durch das Blut und nicht durch den Primärharn zur<br />
Henleschen Schleife gebracht)<br />
c) Dopamin in Nierendosierung<br />
d) atriales natriuretisches Peptid (ANP); 3,0 µg/kg Körpergewicht/h; ist eher<br />
zur Prophylaxe geeignet denn zur Therapie eines manifesten ANV<br />
9) Nierenersatztherapie<br />
a) intermittierende Hämodialyse<br />
b) CVVH/CAVH Therapie<br />
Kontinuierliche Hämofiltration<br />
Die kontinuierliche Hämofiltration kann als besonders kreislaufschonendes<br />
Blutreinigungsverfahren bei allen Formen des akuten <strong>Nierenversagen</strong>s eingesetzt<br />
werden.<br />
Grundsätzlich wird für jede Form der kontinuierlichen Hämofiltration ein<br />
extrakorporaler Kreislauf benötigt, der entweder über den Blutdruck des Patienten<br />
(kontinuierliche arterio-venöse Hämofiltration - CAVH) oder durch eine
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zwischengeschaltete Blutpumpe (kontinuierliche veno-venöse Hämofiltration -<br />
CVVH) aufrechterhalten wird.<br />
Für die CAVH werden als Zugang zum Blutkreislauf des Patienten entweder zwei<br />
großlumige Katheter (Shaldon-Katheter) mit Hilfe der Seldinger-Technik in die Arteria<br />
und Vena femoralis eingelegt, oder es wird der Blutzugang über einen Scribner-<br />
Shunt gewählt.<br />
Eine adäquate Entgiftung harnpflichtiger Substanzen beim <strong>Nierenversagen</strong> ist mit<br />
einer CAVH nur in Abhängigkeit von einem ausreichendem Flüssigkeitsumsatz (400<br />
- 800 ml/h; 10 - 24 L/die) zu erreichen.<br />
Der Flüssigkeitsumsatz ist von mehreren Faktoren abhängig:<br />
a) Gesamteiweiß- bzw. Albuminkonzentration des Patienten<br />
b) Hämatokritwert des Patienten<br />
c) arterieller Mitteldruck des Patienten.<br />
Bei einem arteriellen Mitteldruck von 80 bis 100 mm Hg und einem Hämotokrit<br />
zwischen 19% und 30% liegt der Blutfluß im Bereich von 80 bis 100 ml/min; bei<br />
einem Hämatokritwert von 50% und gleichem arteriellen Mitteldruck beträgt der<br />
Blutfluß jedoch nur etwa 30 ml/min.
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Gerade intensivpflichtige Patienten unterliegen häufig größeren<br />
Kreislaufschwankungen, so daß die Kontinuität der CAVH nur bedingt gewährleistet<br />
ist.<br />
Hier empfiehlt sich der Einsatz der CVVH. Schon 1982 schlugen Bischoff und Doehn<br />
den Einsatz einer Rollerpumpe im Blutkreislauf vor, was zu einer Steigerung von<br />
Blutfluß und Transmembrandruck führt. Bei Verwendung spezieller<br />
Doppellumenkatheter kann man sich bei der CVVH zudem auf einen einzigen<br />
venösen Zugangsweg beschränken.<br />
Die Durchführung ist prinzipiell in beiden Fällen identisch:<br />
Nach Anschluß eines passenden, möglichst kurz ausgelegten und mit einer<br />
Heparinleitung versehenen Blutschlauchsystems an den Hämofilter wird das<br />
komplette System mit physiologischer Kochsalzlösung gefüllt, wobei insbesondere<br />
auf eine sorgfältige Entlüftung des Kapillarfilters zu achten ist.<br />
Anschließend wird nach dem Abklemmen des Filtratschlauchs zunächst die Blutseite<br />
des Kapillarfilters (≅ Innenlumen der Kapillaren) mit einem Liter physiologischer<br />
Kochsalzlösung gespült, sodann durch Öffnen des Filtratschlauchs und Abklemmen<br />
des venösen Rückflußschlauches das System auch filtratseitig mit einem weiteren<br />
Liter NaCl 0,9 %ig gespült. Einem dritten Einliterbeutel mit 0,9 %iger NaCl-Lösung<br />
werden zur abschließenden Spülung 5000 I.E. Heparin zugesetzt.
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Dieses so vorgefüllte Hämofiltrationssystem wird an den arteriellen Schenkel des<br />
Patienten (bei der CVVH spricht man vom arteriellen Schenkel aufgrund der<br />
Perfusion, welche die Blutpumpe aufbaut) angeschlossen.<br />
Nach einer initialen Heparindosis (Heparinisierung siehe weiter unten) wird durch<br />
kontinuierliche Heparinisierung mittels Anschluß einer Heparinspritzenpumpe an die<br />
dafür vorgesehene Zufuhrleitung vor dem Hämofilter eine sichere Antikoagulation im<br />
extrakorporalen Kreislauf gewährleistet.<br />
Nachdem die physiologische Kochsalzlösung durch Spülung mit dem Patientenblut<br />
aus dem Hämofiltrationssystem entfernt wurde, wird nun auch der venöse Schenkel<br />
am Patienten angeschlossen.<br />
Nach Schrader et al. soll die Heparinisierung zur CAVH/CVVH in drei Gruppen<br />
erfolgen:<br />
Gruppe 1: Patienten mit thromboembolischen Komplikationen oder disseminierter<br />
intravasaler Gerinnung erhalten initial einen Bolus von 60 I.E. Heparin/kg<br />
Körpergewicht, dann eine stündliche Heparinzufuhr von 10 bis 20 I.E./kg. Angestrebt<br />
wird eine Verdoppelung der PTT.<br />
Gruppe 2: Patienten, die zur Prophylaxe hinsichtlich thromboembolischer<br />
Komplikationen relativ großzügig heparinisiert werden können, erhalten intial 20<br />
I.E./kg und kontinuierlich 10 I.E./kg, um eine Verlängerung der PTT um 15 Sekunden<br />
zu erreichen.<br />
Gruppe 3: Blutungsgefährdete Patienten gibt man zunächst 10 I.E./kg Körpergewicht<br />
und als Dauertherapie 7 I.E./kg, wobei die PTT im oberen Normbereich liegen sollte.<br />
Zur genaueren Steuerung während der CAVH/CVVH sollte die Messung der<br />
aktivierten Gerinnungszeit (ACT = Blood Activated Coagulation Time) benutzt<br />
werden, wobei hierzu vor Beginn der Heparinisierung ein Ausgangswert bestimmt<br />
werden sollte und eine Verlängerung der aktivierten Gerinnungszeit auf Werte<br />
zwischen 100 und 180 Sekunden (Gruppe 1 bis 3) angestrebt werden sollte.<br />
Die Funktionsdauer der Hämofilter ist abhängig von der verwendeten Heparindosis<br />
und um so größer, je mehr Heparin gegeben wird bzw. gegeben werden kann. Sie<br />
liegt bei einer stündlichen Heparinisierung von 800 bis 1000 I.E. bei 48 bis 72<br />
Stunden und kann bei 1000 bis 1400 I.E. Heparin 120 Stunden oder mehr betragen.<br />
Eine anfängliche (die ersten 12 Stunden) high-dose-Heparinisierung (20 I.E./kg<br />
Körpergewicht) sorgt für die Ausbildung einer dünneren Membran um den Filter,
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welche eine geringere Membranverstopfung verursacht, so daß die Funktionsdauer<br />
des Filters vergrößert wird. Die Verwendung von vorheparinisierten Membranen kann<br />
die Überlebensdauer zusätzlich erhöhen.<br />
Die exakte Bilanzierung von Ultrafiltrat und Substitutionslösung ist bei der<br />
kontinuierlichen Hämofiltration eine Voraussetzung zum Therapieerfolg.<br />
Das Bilanzierungssystem nach Stein et al. ermöglicht simultan die Steuerung von<br />
Ultrafiltration und Substitution durch zwei technische Modifikationen:<br />
1) Das Ultrafiltrat läuft nicht frei vom Hämofilter ab, sondern wird mit dem<br />
ableitenden Ultrafiltratschlauch über eine Luerverbindung in einem<br />
Reservoirbeutel geleitet, der in Höhe des Hämofilters angebracht ist.<br />
2) Eine volumetrische Infusionspumpe (Pumpe 2) mit hinreichend hoher<br />
Genauigkeit fördert aus dem Reservoirbeutel eine vorgegebene Menge<br />
Ultrafiltrat in ein Sammelgefäß.<br />
Der elastische Reservoirbeutel erfüllt die Funktion eines „Windkessels“: übersteigt<br />
der Ultrafiltratfluß die eingestellte Fördermenge der Infusionspumpe 2, wird der<br />
Beutel aufgrund seines Fassungsvolumens von nur 250 ml und der geringen
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Compliance (8 ml/cm H 2 O) rasch im überfüllten Zustand die transmembranöse<br />
Druckdifferenz am Hämofilter reduzieren und die weitere Ultrafiltration drosseln.<br />
So wird die Ultrafiltrationsrate festgelegt (Pumpe 2) und die Substitutionslösung, in<br />
Abhängigkeit von der erstrebten Gesamtbilanz, über eine baugleiche<br />
Infusionspumpe in den patientenzuführenden Schenkel des Hämofiltrationssystems<br />
geleitet.<br />
Bei der CAVH/CVVH werden ähnlich der glomulären Filtration gelöste Substanzen<br />
durch Konvektion mit dem Hauptstrom einer Flüssigkeit durch eine hochpermeable,<br />
meist synthetische Membran entlang eines Druckgradienten transportiert.<br />
Die tubuläre Funktion wird dabei teilweise durch die Infusion einer entsprechenden<br />
Ersatzlösung (Vergleiche Tabelle 2) imitiert.<br />
Bei der Hämofiltration ist die Clearance bis zum Cut-off-point der Membran<br />
unabhängig vom Molekulargewicht, was in einer besseren Clearance von Molekülen<br />
mittleren Molekulargewichtes im Bereich von 500 bis 10 000 Dalton resultiert<br />
(Vergleiche Tabelle 1 und 3).<br />
Tabelle 1: Vergleich von kontinuierlichen Eliminationsverfahren<br />
Blutfluß Filtrat/Dialysatfluß Harnstoffclearance<br />
ml/min ml/min ml/min<br />
CAVH 50 - 80 (- 120) 7 - 10 (- 20) 10 - 15 ( - 30)<br />
CVVH 50 - 200 10 - 20 15 - 30<br />
Tabelle 2: Nährstoffbedarf und -verluste unter Hämofiltration:<br />
Tägliche Zufuhr<br />
Verluste über CAVH/CVVH<br />
Aminosäuren (0,8) - 1 - 2 g/kg 0,1 - 0,3 g/L Filtrat (= 2 - 5 %)<br />
Kohlehydrate 4 - 7 g/kg -<br />
Glukose - 1,5 - 3,0 g/L Filtrat (= 5 - 30 %)<br />
Fruktose max. 3 g/kg minimal (1 - 2 %)<br />
Xylit max. 3 g/kg minimal (1 - 2 %)<br />
Fettemulsion 1 - 2 g/kg 0<br />
Energie 30 - 40 kcal/kg 200 - 300 kcal/die<br />
PO 4<br />
--<br />
2 mmol/L Filtrat 2 - 8 (- 20) mmol/die
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Tabelle 3: Vergleich verschiedene Hämofilter bei Behandlung unter identischen<br />
Konditionen(Kondition: Blutfluß 200 ml/min, TMP 300 mm Hg, Postdilution):<br />
Membran Typ Oberfläche Ausschlußgrenze<br />
in<br />
Dalton<br />
Filtratfluß<br />
ml/min<br />
Filtratfluß<br />
ml/mm Hg/<br />
h/m 2<br />
natürliche Niere ≈ 3,0 m 2 50 000 62,3<br />
Berghof<br />
Polyamid-Membran<br />
Berghof<br />
Polyamid-Membran<br />
Amicon<br />
Polysulfonmembran<br />
PR 6<br />
Polyacrylonitrilmembran<br />
Sartorius<br />
Triacetatmembran<br />
Kapillare<br />
Lumen 250 µ<br />
Kapillare<br />
Lumen 600 µ<br />
Kapillare<br />
Lumen 200 µ<br />
Flachmembran<br />
Dicke 31 µ<br />
Flachmembran<br />
Dicke 120 µ<br />
1,0 m 2 15 000 85 17<br />
1,0 m 2 15 000 47 9,5<br />
0,55 m 2 60 000 60 21,8<br />
(1,6 m 2 )<br />
1,03 m 2 40 000 58 11,3<br />
0,29 m 2 20 000 65 44,8<br />
Siebkoeffizienten<br />
Eine relevante Elimination von Pharmaka unter der Hämofiltration ist zu erwarten,<br />
wenn:<br />
a) hinreichende Ultrafiltrationsraten ≥ 10 ml/min erreicht werden (obere Grenze für<br />
CAVH)<br />
b) der Siebkoeffizient eine quantitative Elimination erlaubt, d.h. die Eiweißbindung<br />
gering ist<br />
c) die Wirkstoffkonzentration im Serum bezogen auf die applizierte Dosis relativ<br />
hoch ist, d.h. der Verteilungsraum relativ klein ist.<br />
Der Siebkoeffizient (S) gibt die Durchlässigkeit einer Membran gegenüber einer<br />
bestimmten Substanz an (wobei S = 1,0 absolute Duchlässigkeit und S = 0<br />
Undurchlässigkeit bedeutet).<br />
Anstelle des Siebkoeffizienten wird auch die Filtrationsfraktion (F filt ) angegeben. Sie<br />
ist ein Maß für die Effektivität der Hämofiltration und wird berechnet aus dem<br />
Verhältnis der Stoffkonzentrationen im Filtrat und im Plasma.<br />
Eine Dosisanpassung unter Hämofiltration ist unter diesen Bedingungen erforderlich<br />
und am einfachsten durch die Kreatinin-Clearance einzuschätzen (nach Dettli):
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P := p 0 + (1 - p 0 ) / 100 * Cl,<br />
mit<br />
− P = Dosisreduktionsfaktor,<br />
− p 0 = minimale nicht renale Clearancerate<br />
− Cl = Creatininclearance;<br />
P wird entweder mit der Normaldosis nicht niereninsuffizienter Patienten multipliziert<br />
(bei gleichem Dosierungsintervall) oder durch das Dosierungsintervall dividiert (bei<br />
gleicher Dosis).<br />
Für die Bedingungen der Hämofiltration gilt ferner:<br />
Cl := QF * S,<br />
mit:<br />
− QF = Filtrationsrate,<br />
− S = Siebkoeffizient.<br />
Daraus ergibt sich für die Dosisanpassung unter Hämofiltration ( nach Kroh et al.):<br />
P:= p 0 + (1 - p 0 ) / 100 * Qf * S<br />
Aminoglycoside<br />
Amikacin Biklin® 0,88<br />
Gentamycin Gentamicin® 0,81 ± 0,1<br />
Netilmicin Certomycin® >0,9<br />
Streptomycin Streptothenat® 0,3<br />
Tobramycin Gernebcin®, Tinacin® 0,8 ± 0,1<br />
Cephalosporine<br />
Cefoperazon Cefobis®, Cefobid® 0,27<br />
Cefotaxim Claforan® 0,62 ± 0,1<br />
Cefoxitin Mefoxitin® 0,21<br />
Cephapirin Cefapirin® > 0,9<br />
Ceftazidim Fortum® > 0,9<br />
Ceftriaxon Rocephin® 0,71<br />
Penicillin<br />
Ampicillin Ampicillin®, Binotal®, 0,69
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Pen-Bristol®, Amblosin®<br />
Mezlocillin Baypen® 0,68<br />
Nafcillin 0,54<br />
Oxacillin Stapenor®, Cryptocillin® 0,02<br />
Penicillin Penicillin G® 0,68<br />
sonstige Antibiotika und Chemotherapeutika<br />
Amphotericin B Amphotericin B® 0,4<br />
Clindamycin Sobelin® 0,5 ± 0,2<br />
Erythromycin Erythrocin® 0,37<br />
Imipenem Zienam® > 0,9<br />
Metronidazol Clont®, Arilin® 0,86<br />
Sulfmethoxazol Bactrim® > 0,9<br />
Vancomycin Vancomycin® 0,76<br />
Hypnotika und Sedativa<br />
Bromid 1,0<br />
Chlordiazepoxid Librium® 0,05<br />
Diäthylbarbital nervo OPT® mono 1,0<br />
Diazepam Diazepam®, Valium® 0,016<br />
Glutethimid Glutethimid® 0,02<br />
Morphin Morphium® 0,47<br />
Nitrazepam Mogadan®, Imeson® 0,08<br />
Oxazepam<br />
Adumbran®,<br />
Noctazepam®<br />
0,11<br />
Phenobarbital Luminal® 0,62 ± 0,1<br />
Pyrithyldin 0,42<br />
Cardiovaskuär wirkende Medikamente<br />
Adrenalin Suprarenin® 0,64<br />
Digoxin Novodigal® 0,7 ± 0,1<br />
Digitoxin Digimerck® 0,11<br />
Lidocain Xylocain® 0,4
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Noradrenalin Arterenol® 0,6 ± 0,1<br />
Penbutol Betapressin® < 0,1<br />
Phenytoin Phenhydan® 0,4 ± 0,1<br />
Procainamid Procainamid® 0,92<br />
Strophantin Kombetin® 0,9<br />
Theophyllin Euphyllin® 0,86<br />
Sonstige Faktoren<br />
Bilirubin 0,35<br />
Harnstoff 1,05<br />
Sonstige Medikamente<br />
Cisplatin Cisplatin®, Platiblastin® < 0,1<br />
Clofibrat Regelan N®, Skleromexe® < 0,1<br />
Glibenclamid Euglucon®, duraglucon<br />
0,6<br />
Metamizol<br />
N®<br />
Novalgin®,<br />
Novaminsulfon®<br />
0,4<br />
Nomifensin 0,7<br />
Phenytoin Phenhydan®, Zentropil® 0,4 ± 0,1<br />
Theophyllin Euphyllin®, Solosin® 0,86<br />
Plasma-Protein-Bindungskapazität<br />
Das Ultrafiltrat entspricht in seiner Zusammensetzung dem eiweißfreien Plasma und<br />
somit dem glomulären Filtrat (Primärharn). Pharmaka finden sich folglich in einer<br />
Konzentration im Ultrafiltrat, die dem nicht eiweißgebundenen Anteil der<br />
Serumkonzentration entspricht.<br />
Die ausgeschiedene Substratmenge im Ultrafiltrat entspricht der Differenz der<br />
Substratmenge vor und hinter dem Filter. Die Clearanceformel (Cl) zur Berechnung<br />
der Leistungsfähigkeit eines Hämofilters würde daher lauten:<br />
Cl := [Q UF * C UF ] / C VF ;<br />
mit:
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
− Q UF * C UF = ausgeschiedene Substratmenge im Ultrafiltrat<br />
− C VF = Substratkonzentration vor dem Filter<br />
Das Ultrafiltrat stellt eiweißfreies Plasma dar, daher müßte C VF auf das<br />
Plasmawasser bezogen werden. Der relative Volumenanteil der Plasmaeiweiße läßt<br />
sich berechnen durch:<br />
0,0107 X Plasmaproteinkonzentration [g%].<br />
Das Plasmawasservolumen macht nach dieser Berechnung zwischen 92 bis 98 %<br />
des Plasmavolumens aus und der Korrekturfaktor für das Ultrafiltrat wäre mit 1,02<br />
bis 1,08 anzusetzen. Dies erscheint jedoch für klinische Belange vernachlässigbar.<br />
Für Pharmaka ist ein Siebkoeffizient zu erwarten, der dem nicht eiweißgebundenen<br />
Anteil entspricht. Aus der Plasma-Protein-Bindungskapazität (PB) kann so der<br />
Siebkoeffizient (S) berechnet werden mit einem Fehler<br />
≈ 10%:<br />
S = 1 - PB.<br />
Hier einige Plasma-Protein-Bindungskapazitäten:<br />
Analgetika<br />
Acetylsalicylsäure Aspirin®, ASS® 0,87<br />
Levomethadon L-Polamidon® 0,71 ± 0,1<br />
Morphin Morphium® 0,35<br />
Paracetamol Benuron® < 0,1<br />
Pentazocin Fortral® 0,6 ± 0,1<br />
Antihypertensiva<br />
Clonidin Catapresan® 0,3 ± 0,1<br />
Diazoxid Hypertonalum® > 0,9<br />
Antiarrhythmika<br />
Disopyramid Rythmodul® 0,6 ± 0,1<br />
Lidocain Xylocain® 0,6<br />
Propranolol Dociton® > 0,9<br />
Herzglykoside<br />
Digitoxin Digimerck® 0,9<br />
Digoxin Novodigal® 0,2 ± 0,1<br />
Diuretika
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Acetazolamid Diamox® 0,8 ± 0,1<br />
Bumetanid Fordiuran® 0,8 ± 0,1<br />
Etacrynsäure Hydromedin® 0,9<br />
Furosemid Lasix® > 0,9<br />
Spironolacton Aldactone® > 0,9<br />
Antikonvulsiva<br />
Carbamazepin Tegretal® 0,75<br />
Diazepam Valium® 0,016<br />
Phenytoin Phenhydan® 0,9<br />
Valproinsäure Ergenyl® 0,9<br />
Muskelrelaxans<br />
Pancuroniumbromid Pancuronium® 0,87<br />
Tubocurarin 0,45<br />
Corticosteroide<br />
Cortison Cortison® 0,90<br />
Prednisolon Solu-Decortin® 0,65<br />
Prednison Rectodelt supp.® 0,70<br />
Antidiabetika<br />
Acetohexamid 0,75 ± 0,1<br />
Chlorpropramid 0,75 ± 0,1<br />
Insulin Insulin® 0,05<br />
Tolbutamid Rastnon® > 0,9<br />
Elimination verschiedener Pharmaka bei <strong>Nierenversagen</strong><br />
Q 0 = normale minimale Eliminationsfraktion<br />
t 1/2N = normale dominante Halbwertzeit [in Stunden]<br />
Medikament Q 0 t 1/2N Handelsname<br />
Acebutolol 0,8 3 Prent®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Acetazolamid 0,2 4 Diamox®<br />
Acetylcystein 0,9 8 Fluimucil®<br />
Acetysalicylsäure 1,0 0,25 Aspisol®<br />
Aciclovir 0,1 2,5 Zovirax®<br />
Ajmalin 0,85 6 Gilurytmal®<br />
Alcuronium 0,2 0,25 Alloferin®<br />
Allopurinol 0,85 0,8 Allopurinol®<br />
Amantadin 0,1 15 PK-Merz®<br />
Ambroxol 0,9 10 Mucosolvan®<br />
Amidotrizoat 0,15 1,5 Gastrografin®<br />
Amikacin 0,02 1,8 Biklin®<br />
Amiodaron 1,0 > 800 Cordarex®<br />
Amitriptylin 1,0 20 Saroten®<br />
Amoxicillin 0,06 1,1 Augmentan®<br />
Amphotericin B 0,95 20 Ampho-Moronal®<br />
Ampicillin 0,1 0,9 Binotal®<br />
Aprindin 1,0 30 Amidonal®<br />
Aprotinin 1,0 0,7 Trasylol®<br />
Ascorbinsäure 0,05 12 Cebion®<br />
Atenolol 0,06 6 Tenormin®<br />
Atropin 0,45 2 Atropin®<br />
Azapropazon 0,4 12 Tolyprin®<br />
Azathioprin 1,0 4,5 Imurek®<br />
Azlocillin 0,4 1,0 Securopen®<br />
Aztreonam 0,3 1,7 Azactam®<br />
Bacampicin 1,0 Bacacil®<br />
Baclofen 0,15 4 Lioresal®<br />
Benzbromaron 1,0 3 Benzbromaron®<br />
Benzylpenicillin 0,08 0,5 Penicillin G®<br />
Betamethason 0,95 6 Celestan®<br />
Bromazepam 1,0 12 Lexotanil®<br />
Bromocriptin 1,0 48 Pravidel®<br />
Buflomedil 0,75 3 Bufedil®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Bumetanid 0,35 0,7 Fordiuran®<br />
Bupivacain 0,95 2 Carbostesin®<br />
Buprenorphin 1,0 3 Temgesic®<br />
Captopril 0,55 2 Lopirin®<br />
Carbenicillin 0,02 1,2 Pyopen®<br />
Carbamazepin 1,0 30 Tegretal®<br />
Cefacetril 0,04 1,0 Celospor®<br />
Cefaclor 0,25 0,7 Panoral®<br />
Cefadroxil 0,1 1,4 Bidocef®<br />
Cefalotin 0,04 0,5 Cepovenin®<br />
Cefazedon 0,2 1,5 Refosporin®<br />
Cefazolin 0,06 2 Gramaxin®<br />
Cefmenoxim 0,15 1,1 Tacef®<br />
Cefotaxim 0,4 1,1 Claforan®<br />
Cefoxitin 0,3 1,1 Mefoxitin®<br />
Ceftazidim 0,03 1,8 Fortum®<br />
Ceftizoxim 0,05 1,5 Ceftix®<br />
Ceftriaxon 0,5 8 Rocephin®<br />
Cefuroxim 0,07 1,1 Zinacef®<br />
Chloramphenicol 0,95 2,5 Paraxin®<br />
Chloroquin 0,3 200 Resochin®<br />
Chlortetrazyklin 0,8 6 Aureomycin<br />
Ciclosporin 1,0 1,0 Sandimmun®<br />
Cimetidin 0,3 2 Tagamed®<br />
Clindamycin 0,9 2,5 Sobelin®<br />
Clomethiazol 0,95 6 Distraneurin®<br />
Clomipramin 1,0 24 Anafranil®<br />
Clonazepam 1,0 40 Rivotril®<br />
Clonidin 0,4 8 Catapresan®<br />
Colistin 0,1 3,0 Colistin®<br />
Cromoglicinsäure 0,6 1,4 Otriven®<br />
Dantrolen 0,95 9 Dantrolen®<br />
Desmopression 1,0 1,2 Minirin®<br />
Dexamethason 1,0 3 Fortecortin®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Diazepam 1,0 30 Valium®<br />
Diazoxid 0,8 28 Hypertonalum®<br />
Diclofenac 1,0 1,5 Voltaren®<br />
Dicloxacillin 0,5 0,7 DichlorStapenor®<br />
Digitoxin 0,7 180 Digimerck®<br />
Digoxin 0,3 36 Novodigal®<br />
Dihydroergotamin 1,0 2 Dihydergot®<br />
Dikaliumchlorazepat 1,0 2,0 Tranxilium®<br />
Diltiazem 1,0 6 Dilzem®<br />
Disopyramid 0,4 6 Rythmodul®<br />
Doxepin 1,0 18 Aponal®<br />
Doxorubicin 0,6 30 Adriblastin®<br />
Doxycyclin 0,7 15 Vibramycin®<br />
Epicillin 0,03 1,1 Spectacillin®<br />
Ergotamin 0,5 2 Gynergen®<br />
Erythromycin 0,8 2,5 Erythrocin®<br />
Etacrynsäure 0,35 3 Hydromedin®<br />
Etidocain 1,0 2,6 Dur-Anest ®<br />
Etilefrin 0,7 3 Effortil®<br />
Etomidat 1,0 0,5 Hypnomidate®<br />
Fenoterol 0,85 2 Partusisten®<br />
Fentanyl 0,95 0,2 Fentanyl®<br />
Flecainid 0,7 15 Tambocor®<br />
Flucloxacillin 0, 0,9 Staphylex®<br />
Flucytosin 0,03 5 Ancotil®<br />
Flunitrazepam 1,0 16 Rohypnol®<br />
Fluorouracil 1,0 0,25 Fluoro-uracil®<br />
Flurazepam 1,0 1,5 Dalmadorm®<br />
Fosfomycin 0,02 2,0 Fosfocin®<br />
Furosemid 0,25 0,9 Lasix®<br />
Gentamicin 0,02 1,9 Refobacin®<br />
Glibenclamid 1,08 8 Euglucon®<br />
Guanethidin 0,5 40 Ismelin®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Guanfacin 0,75 20 Estulic-Wander®<br />
Haloperidol 1,0 20 Haldol®<br />
Heparin 0,8 2 Liquemin®<br />
Hexobarbital 1,0 5 Evipan®<br />
Hydrocortison 1,0 1,5 Hydrocortison®<br />
Hydromorphon 1,0 2,5 Dilaudid®<br />
Ibuprofen 1,0 2 Brufen®<br />
Imipramin 1,0 12 Tofranil®<br />
Indometacin 0,85 2,0 Indocid®<br />
Insulin 0,4 0,25 Actrapid®<br />
Iodoxaminsäure < 0,9 1,1 Endomirabil®<br />
Ioglicinsäure 0,15 1,5 Rayvist®<br />
Iotalaminsäure 0,15 1,9 Conray®<br />
Iotroxinsäure < 0,8 1,4 Biliscopin®<br />
Ipratropiumbromid 0,7 3,5 Itrop®<br />
Isoprenalin 0,9 5 Aludrin®<br />
ISDN 1,0 0,4 Isoket®<br />
ISMN 0,8 4,5 Ismo®<br />
Ketamin 1,0 0,25 Ketanest®<br />
Ketoprofen 0,75 1,8 Alrheumun®<br />
Labetalol 0,95 4 Trandate®<br />
Lanatosid C 0,3 36 Celadigal®<br />
Laamoxef 0,05 2,5 Moxalactam®<br />
Levodopa 1,0 2 Brocadopa®<br />
Levomepromazin 1,0 50 Neurocil®<br />
Levothyroxin 1,0 130 L-Thyroxin®<br />
Lidocain 0,95 2 Xylocain®<br />
Lincomycin 0,6 5 Cillymycin®<br />
Lithium 0,02 20 Mikroplex®<br />
Loperamid 1,0 12 Imodium®<br />
Lorazepam 1,0 15 Tavor®<br />
Lormetazepam 0,85 10 Noctamid®<br />
Maprotilin 1,0 45 Ludiomil®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Mecillinam 0,4 1,2 Selexid®<br />
Melperon 0,9 5 Eunerpan®<br />
Mepivacain 0,95 3 Scandicain®<br />
Meptazinol 0,95 3 Meptid®<br />
Metamizol 1,0 7 Novalgin®<br />
Methadon 0,6 15 L-Polamidon®<br />
Methicillin 0,12 0,8 Celbenin®<br />
Methohexital 1,0 0,1 Brevimytal®<br />
Methyldopa 0,4 2 Presinol®<br />
Methylergometrin 0,95 2 Methergin®<br />
Methylprednisolon 1,0 2 Urbason®<br />
Metildigoxin 0,35 40 Lanitop®<br />
Metoclopramid 0,3 6 Paspertin®<br />
Metoprolol 0,95 3,5 Beloc®<br />
Metronidazol 0,8 7 Clont®<br />
Mexiletin 0,8 10 Mextil®<br />
Mezlocillin 0,4 0,8 Baypen®<br />
Miconazol 1,0 24 Daktar®<br />
Midazolam 1,0 2,5 Dormicum®<br />
Minocyclin 0,85 17 Klinomycin®<br />
Mofebutazon 0,9 3,5 Mofesal®<br />
Morphin 0,9 2,5 Morphinum®<br />
Nadolol 0,25 17 Solgol®<br />
Nalbuphin 0,9 0,6 Nubain20®<br />
Naloxon 1,0 1,2 Narcanti®<br />
Nefopam 0,95 4 Ajan®<br />
Neostigmin 0,45 1,2 Prostigmin®<br />
Netilmicin 0,01 2,6 Certomycin®<br />
Nicotinsäure 0,1 0,5 Niconacid®<br />
Nicotinylalkohol 1,0 0,8 Ronicol®<br />
Nifedipin 1,0 3 Adalat®<br />
Nitrozepam 1,0 30 Mogadan®<br />
Nitroglycerin 1,0 0,5 Trinitrosan®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Nitroprussid 1,0 0,1 Nipruss®<br />
Noradrenalin 1,0 0,03 Arterenol®<br />
Nordazepam 1,0 50 Tranxilium®<br />
Norfloxacin 0,7 Noroxin®<br />
Obidoxim 0,85 1,4 Toxogonin®<br />
Oxacillin 0,6 0,5 Stapenor®<br />
Oxazepram 1,0 1,0 Adumbran®<br />
Oxprenolol 0,95 1,5 Trasicor®<br />
Oxytetracyclin 0,2 9 Terravenös®<br />
Pancuronium
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Propafenon 1,0 3 Rytmonorm®<br />
Propranolol 1,0 3,5 Dociton®<br />
Proxyphyllin 0,75 8 Spasmolysin®<br />
Pyridostigmin 0,25 2 Mestinon®<br />
Ranitidin 0,3 2,5 Sostril®<br />
Reserpin 1,0 250 Serpasil®<br />
Rifampicin 0,85 2,8 Rifa parent. ®<br />
Rolitetracyclin 0,3 12 Reverin®<br />
Scopolamin 0,9 1,5 Scopoderm TTS®<br />
Sisomycin 0,01 1,8 Extramycin®<br />
Sotalol 0,2 7 Sotalex®<br />
Spartein 0,7 3 Depasan®<br />
Spectinomycin 0,08 1,7 Stanilo®<br />
Streptomycin 0,04 2,8 Streptomycin®<br />
Strophantin G 0,25 14 Purostrophan®<br />
Strophantin K 0,25 17 Kombetin®<br />
Succinylcholin 1,0 0,5 Succinyl®<br />
Sulfamethoxazol 0,8 10 Bactrim®<br />
Sulfinpyrazon 0,55 3 Antuan®<br />
Sulpirid 0,3 5,5 Arminol®<br />
Terbutalin 0,45 3,5 Bricanyl®<br />
Terfenadin 0,6 5 Teldane®<br />
Tetracyclin 0,12 8 Supramycin®<br />
Theophyllin 0,9 8 Euphyllin®<br />
Thiamazol 0,9 4 Favistan®<br />
Thiamphenicol 0,1 3 Urfamycine®<br />
Thiopental 1,0 0,05 Trapanal®<br />
Thioridazin 1,0 10 Melleril®<br />
Tiaprid 0,25 2,3 Tiapridex®<br />
Ticacillin 0,1 1,2 Aerugipen®
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Tobramycin 0,02 2,0 Gernebcin®<br />
Tolbutamid 1,0 6 Rastinon®<br />
Tramadol 0,7 7 Tramal®<br />
Tranexamsäure 0,03 2,3 Cyklokapron®<br />
Trazodon 1,0 6 Thombran®<br />
Trimipramin 1,0 24 Stangyl®<br />
Trimethoprim 0,45 10 Bactrim®<br />
TRIS-Puffer 0,1 7 TRIS®<br />
Valproinsäure 0,95 12 Ergenyl®<br />
Vancomycin 0,03 6 Vancomycin®<br />
Vasopressin 1,0 0,1 Pitressin®<br />
Verapamil 1,0 5 Isoptin®<br />
Viloxazin 0,9 3 Vivalan®<br />
Vinblastin 0,95 3 Velbe®<br />
Vincristin 0,95 3 Vincristin®<br />
Warfarin 1,0 40 Coumadin®<br />
Xipamid 0,7 7 Aquaphor®<br />
Die individuelle Eliminationsfraktion Q eines Patienten wird mit Hilfe eines<br />
Nomogrammes und der minimalen Eliminationsfraktion Q 0 sowie der<br />
Kreatininclearance CL bestimmt.
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Die gemessene oder geschätzte Kreatininclearance auf der unteren Abszisse wird<br />
mit der Linie der für das Medikament charakteristischen minimalen<br />
Eliminationsfraktion verbunden.<br />
Durch die Projektion des so gefundenen Punktes auf die linke Achse kann jetzt die<br />
individuelle Eliminationsfraktion direkt abgelesen werden. Zur Anpassung der<br />
Dosierung des Pharmakons an die Nierenleistung des Patienten gibt es jetzt zwei<br />
Möglichkeiten:<br />
a) die Dosierung wird durch Verkleinerung der normalen Erhaltungsdosis angepaßt,<br />
d.h. die individuelle Eliminationsfraktion Q wird mit der „normalen“ Dosierung<br />
eines gesunden Patienten multipliziert; das Ergebnis ist die zu verabreichende<br />
Stoffmenge. Das Dosierungsintervall wird wie bei jedem gesunden Probanden<br />
gehandhabt.<br />
b) die Dosierung wird durch Verlängerung des Dosierungsintervalles bei<br />
Beibehaltung einer normalen Dosierung angepaßt, d.h. das normale<br />
Dosierungsintervall wird durch die individuelle Eliminationsfraktion Q dividiert.
A N V - Das akute <strong>Nierenversagen</strong><br />
Hierbei ist zu beachten, das das so gefundene Dosierungsintervall nicht die<br />
Eliminations-Halbwertzeit überschreitet.<br />
Bei beiden Verfahren zur Dosierungsanpassung bleibt die normale Initialdosis, die<br />
sogenannte „loading dose“ unverändert.<br />
Abkürzungen<br />
ACT Blood Activated Coagulation Time, dies ist die aktivierte<br />
Gerinnungszeit<br />
ANP<br />
ANV<br />
BUN<br />
CAVH<br />
COP<br />
CVVH<br />
CVVHD<br />
DIG<br />
atriales natriuretisches Peptid<br />
akutes <strong>Nierenversagen</strong><br />
Blood Urea Nitrogen = Blut-Harnstoff-Stickstoff<br />
kontinuierliche arterio-venöse Hämofiltration<br />
Colloid Osmotic Pressure<br />
kontinuierliche veno-venöse Hämofiltration<br />
kontinuierliche veno-venöse Hämo-Diafiltration<br />
disseminierter intravasaler Gerinnung<br />
ETO Ethylenoxid; Substanz, welche für die Gassterilisation von<br />
Dialysematerial Verwendung findet<br />
EZV Extrazellulärraum; Interstitium und Plasmaraum, entspricht etwa 1/3<br />
des Gesamtkörpervolumens<br />
GFR<br />
IZV<br />
KOD<br />
TMP<br />
glomeruläre Filtrationsrate<br />
Intrazellulärraum; etwa 2/3 des Gesamtkörpervolumens<br />
Kolloid-Osmotischer Druck<br />
Trans Membran Pressure