Christian Rufer im Gespräch - Swiss Olympic
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Wie gehen Sie mit jenen Fahrern Ihres Teams um,<br />
die hinter den Stars <strong>im</strong> Schatten stehen?<br />
Ihnen mache ich klar, dass sie ohne ein so erfolgreiches<br />
Team möglicherweise nicht so weit wären. Und dass ihre<br />
Zeit noch kommt.<br />
Das ist schon alles?<br />
Ich schaue mir oft die Biographie, den Werdegang von<br />
erfolgreichen Sportlern an. Das ist sehr spannend. Ihnen<br />
allen ist gemeinsam, dass sie Schicksalsschläge überwunden<br />
haben. Nehmen wir den Skifahrer Hermann<br />
Maier. Er wurde aus dem Nationalkader geworfen, hat<br />
sich davon nicht beeindrucken lassen und selber trainiert,<br />
bis er ganz oben stand. Oder Michael Jordan. Er<br />
wurde einst aus der Basketballmannschaft seiner Univer-<br />
Von links nach rechts<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> ist der Mann hinter den Erfolgen<br />
der alpinen Snowboarder.<br />
Dem Nationaltrainer ist es <strong>im</strong>mer wieder gelungen,<br />
Leader in seinem Snowboard-Team aufzubauen.<br />
Fränzi Kohli und <strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> bei Kohlis erstem<br />
Weltcupsieg in Sölden, <strong>im</strong> Oktober 2006.<br />
sität geworden, weil er koordinativ so schlecht war. Und<br />
dann wird er der Grösste seiner Sportart überhaupt. Als<br />
Roland Haldi vor drei Jahren in Bad Gastein schon früh<br />
ausschied, sagte er danach <strong>im</strong> TV-Interview: Man muss<br />
ganz unten stehen, um ganz nach oben zu kommen.<br />
Nach seinem Sieg Anfang Februar habe ich ihn an diese<br />
Aussage erinnert.<br />
Haben Sie keine Angst davor, dass Ihre Fahrerinnen<br />
und Fahrer auf einmal nicht mehr gewinnen?<br />
Dass ein Fahrer plötzlich nicht mehr gewinnt, obwohl er<br />
genau weiss, wie es ginge, kann passieren. Wichtig ist<br />
aber, dass man keine Entschuldigungen sucht. Wer eine<br />
Erklärung dafür hat, warum er nicht gewinnen könnte,<br />
der hat schon verloren. Auf diesem Niveau passiert alles<br />
<strong>im</strong> Kopf. Der ehemalige schwedische Coach hat einmal zu<br />
mir gesagt: «Wenn ich in einen Esssaal komme, weiss ich<br />
ohne zu schauen, ob die Schweizer da sind oder nicht.<br />
Die strahlen eine ungeheure Gelassenheit und Macht<br />
aus.» Das ist schön zu hören, aber wir müssen uns bewusst<br />
sein, dass diese Souveränität sehr schnell verloren<br />
gehen kann.<br />
Stört es Sie, dass ausserhalb des Snowboard-Sports<br />
kaum jemand Ihren Namen kennt?<br />
Nicht wirklich. Klar gibt es Momente – die Wahl zum<br />
Trainer des Jahres war so einer –, da denke ich, es wäre<br />
schön … Aber ich brauche es nicht. Trainer werden ja oft<br />
bekannt, wenn es nicht gut läuft, und dann entlässt man<br />
sie. So gesehen ist es nicht schlecht, dass man mich nicht<br />
kennt. Mir genügt die Anerkennung meiner Athleten.<br />
Wenn einer von ihnen zu mir sagt: «Rufi, Du bist für mich<br />
der Beste», dann reicht mir das.<br />
Was macht eigentlich ein Snowboard-Trainer<br />
<strong>im</strong> Sommer?<br />
Im Sommer verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie.<br />
Meine Kinder brauchen mich, auch meine wunderbare<br />
Frau. Würde es zu Hause nicht so gut funktionieren, dann<br />
könnte ich nicht so viel Energie ins Nationalteam investieren.<br />
Das ist sehr wertvoll. Im Sommer pflege ich zudem<br />
meine beiden Hobbys: gärtnern und Filme schneiden.<br />
Und in der Regel arbeite ich auf Baustellen, um ein paar<br />
Franken dazu zu verdienen, aber diesen Sommer hatte<br />
ich dafür schlicht keine Zeit.<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong><br />
Alter 38 | Familie verheiratet, drei Kinder – 13, 11 und<br />
5 Jahre | Wohnort Ebnat-Kappel (SG)<br />
2 2007 swiss sport 23