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Christian Rufer im Gespräch - Swiss Olympic

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SPORTPOLITIK<br />

Höchste Eisenbahn<br />

Ein bekannter liberaler Ökonom hat vor Jahrzehnten einen Aufsatz mit einem einprägsamen Titel geschrieben:<br />

«Die Zerstörung der Marktwirtschaft durch ihre Anhänger». Die Analogie liegt nahe: «Die Zerstörung des<br />

Sports durch seine Anhänger». Und gerade wer den Sport liebt, der muss sich schon seit einiger Zeit ernsthafte<br />

Gedanken um seine Zukunft machen. Doping und Gewalt sind die Geisseln des Sports.<br />

Meine engsten Mitarbeiter haben mir <strong>im</strong> letzten Jahr mit einem grossartigen Geburtstagsgeschenk einen<br />

Traum erfüllt: eine Etappe der Tour de France <strong>im</strong> Begleitfahrzeug von Phonak. Ich habe nicht irgend eine<br />

Etappe gewählt, sondern die grosse Pyrenäenetappe über vier Pässe und mit einer Bergankunft. Und genau<br />

in dieser Etappe hat Phonak erstmals in seiner Geschichte das Maillot Jaune geholt. Ich bin in Frankreich<br />

geblieben und habe jeden Tag am Fernsehen die Tour zelebriert. Der Einbruch von Landis, seinen Husarenritt<br />

am Tag danach, richtiges Heldenepos eben. Und dann der Schock: Landis gedopt. In einer Sekunde hat man<br />

mir die Freude und Begeisterung genommen.<br />

Der Aufschrei war gross. Aber die Aufregung hat sich bald gelegt. Verdrängen, vergessen, Tagesordnung.<br />

Die Diskussion ist bisweilen bizarr: «Ein Manager n<strong>im</strong>mt ja auch Aufputschmittel» mag man etwa hören.<br />

Wenn er das täte, ist das allein seine Sache, er wird dann einfach nicht allzu lange Spitzenmanager bleiben.<br />

Er unterliegt aber anderen Regeln: Wenn er beispielsweise die Bilanzierungsvorschriften verletzt, dann wird<br />

er bestraft. Auch wer sich <strong>im</strong> Sport unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschafft, ist ganz einfach ein Betrüger<br />

und zwar <strong>im</strong> strafrechtlichen Sinne. Man muss nur endlich die Gesetze anpassen.<br />

Komplexer ist die Geissel der Gewalt. Auch als SBB-Chef war ich damit konfrontiert und habe die verschiedenen<br />

Phasen durchlaufen. Zuerst geht es darum, ein Phänomen überhaupt als zentrales Problem wahrzunehmen<br />

und den Willen zur Lösung zu entwickeln. Dann müssen das Problem fundiert analysiert und die<br />

Wirkungszusammenhänge aufgezeigt werden. Oft sind diese Zusammenhänge so komplex, dass es keine<br />

einfachen Lösungen gibt. Das gilt auch hier. Gesucht ist deshalb ein Bündel von Massnahmen, welches auf<br />

allen Ebenen ansetzt. Bei der SBB ist es uns gelungen, dank konsequenter Umsetzung solcher Massnahmen<br />

die Lage deutlich zu verbessern.<br />

Ich war am 29. Januar an dem von Bundesrat Schmid einberufenen runden Tisch über die Gewalt <strong>im</strong> Sport<br />

dabei. Der Teilnehmerkreis war breit: Fussball, Eishockey, Polizei, Städte, Kantone und Bund waren vertreten.<br />

Es bestand nicht der geringste Zweifel über die Bedeutung des Problems und die dringende Notwendigkeit,<br />

konsequent Gegensteuer zu geben. Am Schluss wurde nicht nur eine Deklaration unterschrieben, sondern<br />

auch ein breit angelegtes Massnahmenprogramm mit sehr engen Terminen beschlossen. Noch vor Mitte Jahr<br />

wird sich das Gremium wieder treffen und sich über den Stand der Umsetzung orientieren lassen.<br />

Als alter Eisenbahner sage ich: Es ist höchste Eisenbahn, aber der Zug ist noch nicht abgefahren.<br />

Freundliche Grüsse<br />

Benedikt Weibel<br />

Delegierter des Bundesrates für die Euro 2008<br />

2 2007 swiss sport 19

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