Christian Rufer im Gespräch - Swiss Olympic
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EYOF 2007<br />
in Jaca <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und BASPO:<br />
Gemeinsam für den Schweizer Sport<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> <strong>im</strong> Gespräch<br />
2/07 www.swissolympic.ch
swiss sport 2 | 2007<br />
15. März 2007<br />
7<br />
22<br />
10<br />
4 Fokus Kooperationsvereinbarungen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>-BASPO<br />
Was drin steht<br />
7 Marc-André Giger und Matthias Remund erläutern, was die Vereinbarung bringt<br />
10 <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Inside European Youth <strong>Olympic</strong> Festival 2007 in Jaca, Spanien<br />
14 Eine Broschüre stellt die Nachwuchs-Konzepte der Verbände vor<br />
16 <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> unterzeichnet die «Erklärung des Schweizer Sports zur<br />
Bekämpfung von Gewalt»<br />
17 E-Learning an den Labelschulen<br />
19 Sportpolitik: Benedikt Weibel hat das Wort<br />
20 Leistungsvereinbarungen<br />
22 Im Gespräch Nationaltrainer <strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> erklärt, was hinter den vielen<br />
Medaillen der alpinen Snowboarder steht<br />
24 Panorama Warum Skicross 2010 olympisch wird<br />
26 Das Zentrum der Hallenleichtathletik liegt neu in der Ostschweiz<br />
28 Das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) in Lausanne<br />
30 In Kürze | Kurzmeldungen | Comic | «… for the SPIRIT of SPORT»<br />
IMPRESSUM | swiss sport – offizielles Organ von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> | Herausgeber <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Association Redaktionsadresse<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Association, Abteilung Marketing und Kommunikation, Haus des Sports, Postfach 606, CH-3000 Bern 22, Telefon 031 359 71 11,<br />
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Titelseite Die Medaillengewinner Jaca 2007. Matthias Zurbuchen | Das nächste swiss sport erscheint Mitte April 2007.
E D I T O R I A L<br />
26<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Die beiden Schrittmacher des Schweizer Sports erhöhen den<br />
Takt. Das Bundesamt für Sport (BASPO) und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />
haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Sie regelt<br />
in groben Zügen, welche der beiden Organisationen in welchem<br />
Bereich den «Lead», sprich die Chefrolle inne hat und<br />
welche unterstützend wirken soll. «Das tönt ja verdächtig nach<br />
einem Papiertiger», denken Sie vielleicht. Marc-André Giger,<br />
CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, und BASPO-Direktor Matthias Remund<br />
sind da ganz anderer Meinung. Im Interview erklären sie, warum<br />
diese Vereinbarung absolut notwendig ist und welche konkreten<br />
Auswirkungen sie auf den Schweizer Sport haben wird.<br />
Mitte Februar hat in den spanischen Pyrenäen das Olympische<br />
Winterfestival der Europäischen Jugend stattgefunden. Es war<br />
inspirierend dabei zu sein, als 1300 Jugendliche auf höchstem<br />
Niveau um Medaillen kämpften und gleichzeitig gemeinsam<br />
den olympischen Spirit erlebten und feierten. Und das Wissen,<br />
dass das eine oder andere Mitglied der Schweizer Delegation<br />
vielleicht schon in Vancouver 2010 um die Medaillen miteifern<br />
könnte, steigert den Wert dieser Veranstaltung noch mehr.<br />
Wie die Schweizer Nachwuchsathleten in Jaca abgeschnitten<br />
haben, lesen Sie in diesem Heft.<br />
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre.<br />
Christof Kaufmann<br />
Redaktor «swiss sport»
F O K U S<br />
Vereinbarung regelt<br />
Kompetenzen <strong>im</strong><br />
Eine Kooperationsvereinbarung regelt seit<br />
Anfang Jahr die Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Bundesamt für Sport und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />
Das Dokument wird frischen Wind in die<br />
Schweizer Sportförderung bringen, sind sich<br />
die Beteiligten einig.<br />
Text Christof Kaufmann Bild Keystone<br />
Bundesrat Samuel Schmid sagt: «Die Kooperationsvereinbarung<br />
bildet das Fundament für<br />
eine langfristige und effiziente Zusammenarbeit<br />
zwischen dem VBS und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />
Letztlich wollen wir alle dasselbe: Bewegung<br />
und Sport entwickeln, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern,<br />
die Gesundheit zu fördern, die Bildungschancen<br />
zu nutzen und – nicht zuletzt – um Lebensfreude zu vermitteln!»<br />
Das Dokument, von dem Schmid spricht, heisst «Kooperationsvereinbarung<br />
zur Sportförderung Schweiz». Die<br />
Präambel präzisiert, dass die Vereinbarung die Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Eidgenössischen Departement<br />
für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)<br />
«Die Kompetenzen sind nun klar geregelt»: BASPO-Direktor Matthias<br />
Remund, Bundesrat Samuel Schmid, <strong>Swiss</strong>-<strong>Olympic</strong>-Präsident Jörg Schild<br />
und der ehemalige CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, Marco Blatter (v.l.n.r.), unterzeichnen<br />
die Kooperationsvereinbarung.<br />
4 swiss sport 2 2007
Das definiert die Kooperationsvereinbarung<br />
Allgemeine Sport- und Bewegungsförderung<br />
S<br />
S<br />
L<br />
L<br />
Sport- und Bewegungsförderung <strong>im</strong> Kindes- und Jugendalter<br />
Sport- und Bewegungsförderung <strong>im</strong> Erwachsenenalter<br />
Nachwuchsförderung<br />
L<br />
S<br />
S<br />
L<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Talents<br />
J+S-Nachwuchsförderung<br />
Spitzensport<br />
L<br />
L<br />
L<br />
S<br />
S<br />
S<br />
S<br />
L<br />
Führung Spitzensport<br />
Förderung und Unterstützung der Sportverbände<br />
Olympiamanagement<br />
Nationales Spitzensportzentrum Magglingen<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
L<br />
S<br />
L<br />
S<br />
L<br />
S<br />
Verbandsaus- und -weiterbildungen<br />
Leiter- und Trainerausbildung<br />
Sportmanagement<br />
Ethik /Fairer und sicherer Sport<br />
L S Umsetzung der Prinzipien der Ethik-Charta, insbesondere:<br />
Dopingbekämpfung | Gewaltfreier Sport | Keine sexuellen Übergriffe<br />
<strong>im</strong> Sport | Suchtprävention<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> VBS/BASPO | L Lead S Support<br />
Schweizer Sport<br />
und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> regelt. Und die Einleitung benennt<br />
auch gleich die zentralen Zielsetzungen, die hinter diesem<br />
Abkommen zwischen der Führungsorganisation des<br />
öffentlich-rechtlichen Sports und jener des privatrechtlichen<br />
Sports stehen: Die Regelung der Zusammenarbeit<br />
soll den Stellenwert des Schweizer Sports und die Sportförderung<br />
in allen Facetten stärken. Zudem soll ein effizienterer<br />
und effektiverer Mitteleinsatz möglich werden.<br />
«Opt<strong>im</strong>ale Rahmenbedingungen schaffen»<br />
Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, ist froh, dass<br />
die Vereinbarung zustande gekommen ist. «Wir können<br />
uns in der Schweiz ein Denken, das nicht über den eigenen<br />
Gartenhag hinaus reicht, schlicht nicht leisten.» Das<br />
Papier sei ein riesiger Schritt in Richtung einer vertieften<br />
Zusammenarbeit zwischen dem BASPO und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />
«Wenn wir opt<strong>im</strong>ale Rahmenbedingungen schaffen<br />
wollen für den Sport, dann müssen wir unsere Kräfte<br />
bündeln und Doppelspurigkeiten unbedingt verhindern»,<br />
sagt Schild. Die Kooperationsvereinbarung definiert denn<br />
auch ganz klar, wer für welchen Bereich zuständig ist. Die<br />
Vereinbarung benennt fünf grosse Handlungsfelder mit<br />
verschiedenen Leistungsbereichen (siehe Kasten). Innerhalb<br />
dieser Leistungsbereiche wird definiert, welcher der<br />
beiden Partner den «Lead» hat und welcher für den «Support»<br />
zuständig ist. «Lead» bedeutet dabei «strategische<br />
und operative Verantwortung», mit «Support» ist inhaltliche<br />
und gegebenenfalls auch finanzielle Unterstützung<br />
gemeint.<br />
Die Kooperationsvereinbarung schreibt <strong>im</strong> Bereich der<br />
Allgemeinen Sport- und Bewegungsförderung die Verantwortung<br />
dem BASPO zu, während <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in<br />
den Bereichen Spitzensport und Ethik die Führung innehat.<br />
Die Nachwuchsförderung steht auf je einem Standbein<br />
der beiden Organisationen, nämlich der J+S-Nach-<br />
2 2007 swiss sport 5
F O K U S<br />
wuchsförderung unter der Ägide des BASPO und <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> Talents. Gleiches gilt für die Aus- und Weiterbildung,<br />
wo das BASPO für die Leiter- und Trainerausbildung<br />
zuständig ist, während <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Verantwortung<br />
für die Ausbildung der Verbandsfunktionäre<br />
und Sportmanager hat.<br />
«Diese Partnerschaft wird<br />
wegweisend sein»<br />
«Partnerschaftlicher Geist»<br />
Für BASPO-Direktor Matthias Remund ist die klare Aufteilung<br />
von Verantwortungsbereichen zwischen seiner<br />
Organisation und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> von grundlegender<br />
Bedeutung (siehe auch nachfolgendes Interview): «Man<br />
kann Aufgaben nur dann wahrnehmen, wenn man über<br />
die entsprechenden Kompetenzen verfügt und in der<br />
Verantwortung steht.» Es sei ja nicht so, dass das BASPO<br />
seine Partner anders unterstütze als zuvor. «Aber die<br />
Kompetenzen sind nun klar geregelt.» Remunds Pendant,<br />
<strong>Swiss</strong>-<strong>Olympic</strong>-CEO Marc-André Giger, sagt: «Diese Kooperationsvereinbarung<br />
ist in einem äusserst partnerschaftlichen<br />
Geist erarbeitet worden. Und diese Partnerschaft<br />
mit dem BASPO wird wegweisend sein für den Schweizer<br />
Sport.»<br />
Für Marco Blatter, Vorgänger von Marc-André Giger und<br />
seit Ende 2006 <strong>im</strong> Ruhestand, der an der Ausarbeitung<br />
der Vereinbarung massgeblich beteiligt war und sie von<br />
Seiten <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> auch mitunterzeichnet hat, ist die<br />
Kooperationsvereinbarung ebenfalls ein wichtiger Schritt.<br />
«Entscheidend ist letztendlich aber das Verhalten des<br />
Menschen und nicht ein Papier.» Begrüssenswert sei, dass<br />
die Vereinbarung festlege, wer in welchem Bereich den<br />
Lead habe und wer unterstützend wirke, so Blatter. Davon<br />
könne der Schweizer Sport nur profitieren.
«Der Leuchtturm,<br />
an dem wir uns<br />
orientieren»<br />
Marc-André Giger, CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, und BASPO-Direktor Matthias<br />
Remund erläutern <strong>im</strong> Gespräch die Bedeutung der Kooperationsvereinbarung<br />
zwischen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und BASPO für den Schweizer Sport und wie sie<br />
die Zusammenarbeit der beiden Partner künftig sehen.<br />
Interview Christof Kaufmann Bilder Claudia Imhasly<br />
swiss sport Marc-André Giger, Matthias Remund,<br />
warum braucht es die Kooperationsvereinbarung,<br />
die <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und das BASPO <strong>im</strong> vergangenen<br />
Dezember unterzeichnet haben?<br />
Marc-André Giger Als ich hierher ins Haus des Sports<br />
kam, habe ich schnell gemerkt, dass ein extrem grosses<br />
Bedürfnis bestand, die Schnittstellen zum BASPO zu<br />
klären, die gegenseitigen Prozesse zu definieren. Die Kooperationsvereinbarung<br />
zeigt in groben Zügen auf, wer<br />
wo den Lead hat. Sie ist der Leuchtturm, an dem wir uns<br />
orientieren, öffentlich-rechtlicher wie privatrechtlicher<br />
Sport. In den nächsten Monaten werden wir nun davon<br />
ausgehend die strategischen Zielsetzungen für jeden Bereich<br />
formulieren. Bisher waren diese Ziele nicht <strong>im</strong>mer<br />
allen klar. Was ich betonen möchte: Die Kooperationsvereinbarung<br />
ist in einem äusserst partnerschaftlichen<br />
Geist erarbeitet worden. Bei der Umsetzung soll nun der<br />
gleiche partnerschaftliche Geist herrschen.<br />
Matthias Remund Im Zentrum steht der Schweizer<br />
Sport. Wir haben eine Vereinbarung erarbeitet, die seinen<br />
Bedürfnissen entspricht. Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher<br />
Sport sollen sich ergänzen. Das bedeutet,<br />
dass auf der einen Seite die knappen Ressourcen effektiv<br />
und effizient eingesetzt werden. Auf der anderen Seite<br />
sollen bestehende Doppelspurigkeiten el<strong>im</strong>iniert werden<br />
und die Zusammenarbeit in dem Sinn gestaltet werden,<br />
dass sie ergänzend ist. So entsteht auch eine gegenseitige<br />
Sicherheit, was die Tätigkeiten des Partners angeht.<br />
Marc-André Giger Auch hier <strong>im</strong> Haus des Sports werden<br />
Ende Jahr alle wissen, was sie dazu beitragen, dass<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Ziele in den Bereichen, in denen wir<br />
den Lead haben, erreicht. Das ist es, was mir an dieser<br />
Vereinbarung gefällt, das vorwärts Orientierte.<br />
Sie haben Doppelspurigkeiten erwähnt,<br />
Herr Remund. Können Sie konkrete Beispiele<br />
benennen?<br />
Matthias Remund Doppelspurigkeiten gab es beispielsweise<br />
bei Tätigkeiten rund um die negativen Seiten<br />
des Sports. So haben wir uns jetzt abgest<strong>im</strong>mt, wenn es<br />
um die Bekämpfung von sexuellen Übergriffen <strong>im</strong> Sport<br />
2 2007 swiss sport 7
F O K U S<br />
verbänden. Das Schlechteste, was wir in der Schweiz<br />
machen können, ist ein «Gärtlidenken» zu pflegen und<br />
unabgesprochene Massnahmen umzusetzen. Die Mittel<br />
sind viel zu knapp, als dass wir uns das erlauben könnten.<br />
Die Vereinbarung ordnet <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in elf Bereichen<br />
den Lead zu, dem BASPO dagegen nur in fünf.<br />
Matthias Remund In der Schweiz will die Politik, zu<br />
Recht, keinen Staatssport. Der Bund fördert den Sport<br />
subsidiär. Das BASPO garantiert Beständigkeit und<br />
Wissen. Während sich in den Verbänden Leistungssport-<br />
Chefs und Trainer die Klinke in die Hand geben, steht<br />
das BASPO wie ein grosser Fels in der Brandung; zum Beispiel<br />
mit seinen Sportwissenschaftern mit spezifischem<br />
Know-how.<br />
geht, und auch bei der Dopingbekämpfung. Aber auch<br />
die Bereiche Integration, Suchtbekämpfung oder Gewaltbekämpfung<br />
entwickeln wir jetzt gemeinsam weiter.<br />
Ein grauer Bereich bestand auch <strong>im</strong> Bereich Bildung.<br />
Die Doppelspurigkeiten rund um die Sportmanagement-<br />
Ausbildung sind jetzt beseitigt, es gibt mit dem <strong>Swiss</strong><br />
Sport Management Center SSMC nur noch einen Anbieter,<br />
getragen von den Partnern <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, VMI,<br />
Idheap und BASPO.<br />
Wie sieht das <strong>im</strong> Bereich Spitzensport aus?<br />
Matthias Remund Im Spitzensport gab es keine Überlappungen<br />
<strong>im</strong> engeren Sinn, aber man arbeitete nicht<br />
koordiniert. Neu sind die subsidiäre Unterstützung des<br />
BASPO und die Massnahmen von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> abgest<strong>im</strong>mt.<br />
Ich denke da beispielsweise an die Trainerbildung,<br />
an Spitzensport <strong>im</strong> Militär oder an die Nachwuchsförderung.<br />
Marc-André Giger Die Vereinbarung gibt uns eine klare<br />
Vorstellung, wohin wir gemeinsam mit dem BASPO wollen,<br />
und das st<strong>im</strong>mt mich sehr zuversichtlich für die Zukunft.<br />
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Aufgaben,<br />
die uns die Vereinbarung zuweist, nicht nur wahrn<strong>im</strong>mt,<br />
sondern auch einfordert, beispielsweise be<strong>im</strong><br />
Thema Gewalt und Sport. Der privatrechtliche Sport muss<br />
Eigenverantwortung übernehmen, und ich wünsche mir<br />
von den Verbänden, dass sie uns folgen.<br />
Wie bezieht das BASPO seine Partner mit ein bei<br />
der Umsetzung der Vereinbarung?<br />
Matthias Remund Wir werden die Vereinbarung mit<br />
unseren Partnern umsetzen; mit der Konferenz der kantonalen<br />
Sportbeauftragten (KKS), den Kantonsregierungen<br />
und den Gemeindeverbänden, sowie dem Exekutivrat<br />
von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, dem Sportparlament und den Sport-<br />
Marc-André Giger Da muss <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> parallel dazu<br />
nicht auch noch Wissenschaftler beschäftigen. Dagegen<br />
haben wir die Nähe zu den Verbänden, zu den Athleten.<br />
Mit dem neuen Spitzensportkonzept werden wir die Athleten<br />
durchgehend betreuen können, vom Moment, wo<br />
sie als <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Talent bei uns eintreten bis sie am<br />
Schluss wieder…<br />
«Der privatrechtliche Sport<br />
muss Eigenverantwortung<br />
übernehmen»<br />
Marc-André Giger<br />
Matthias Remund … in der Trainerbildung beginnen<br />
als Olympiasieger.<br />
Marc-André Giger [lacht] Nach der Sportkarriere, genau.<br />
Diese Nähe zu den Athleten ist unsere Stärke, und<br />
die müssen wir ausbauen. BASPO wie <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />
haben je ihre Stärken, darauf müssen wir aufbauen.<br />
Matthias Remund Dann erübrigt sich auch die Frage,<br />
wer die Führung hat <strong>im</strong> Schweizer Sport. Falsche Frage!<br />
Die Frage muss anders lauten, nämlich: Wie führt und<br />
fördert man den Sport? Dieser Geist steht auch hinter der<br />
Vereinbarung. Es geht darum, Synergien zu erkennen und<br />
zu nutzen. Das wird meiner Ansicht nach viel Schwung<br />
erzeugen in der Sportförderung Schweiz. Wir hatten viele<br />
gute Anzeichen wie die Spitzensport-RS, NASAK, <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> Talents, Dopingbekämpfung und die Trainerbildung.<br />
In diesen Bereichen haben wir bereits gut mit <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> zusammen gearbeitet. Jetzt geht es darum, diese<br />
Inseln miteinander zu verbinden.<br />
8 swiss sport 2 2007
Wann wird Bilanz gezogen, ob die Vereinbarung<br />
das gebracht hat, was Sie sich von ihr erhoffen?<br />
Marc-André Giger Die konkreten Massnahmen, die wir<br />
jetzt anpacken, sind nicht in Stein gemeisselt. Beispiel<br />
Spitzensport: Bis Ende Jahr will ich ein Konzept haben,<br />
mit dem wir arbeiten können. Aber das wird einer permanenten<br />
Überprüfung unterzogen werden müssen. Und<br />
wenn wir Zielsetzungen nicht erreichen, müssen wir uns<br />
fragen, mit welchen Massnahmen wir die Zielvorgaben<br />
erreichen können. Das ist für mich ein permanenter Prozess.<br />
Zuerst müssen wir jetzt aber eine Basis legen. Man<br />
kann nur überprüfen, was man mal als Zielvorgabe formuliert<br />
hat.<br />
Sie beide weisen gewisse Ähnlichkeiten auf.<br />
Fördern Gemeinsamkeiten eine gute Zusammenarbeit<br />
zwischen Ihnen beiden?<br />
Matthias Remund Marc-André ist ein Ausdauerläufer.<br />
Ich bin zwar von der Konstitution her eher Sprinter, habe<br />
aber früh zum Langlauf und damit auch in den Ausdauersport<br />
gewechselt. Ob uns das hilft, weiss ich nicht. Im<br />
Ernst. Wir sind beide unbelastet, kamen beide von aussen<br />
in unsere Ämter. Und wir wollen beide dasselbe, nämlich<br />
den Sport weiterentwickeln und seine Akzeptanz in der<br />
Gesellschaft verbessern. Wenn jüngere Leute am Ruder<br />
sind, haben diese ihre Ideen, und von denen sollen sie<br />
auch überzeugt sein. Vielleicht passieren Marc-André und<br />
mir Fehler, die unsere Vorgänger nicht mehr machen<br />
würden. Wer weiss. Aber wer arbeitet, der macht Fehler.<br />
Es wird auf jeden Fall schwierig sein, einen Keil zwischen<br />
uns zu schlagen. Ich habe schon gehört, dass man Angst<br />
habe vor der Dynamik, die jetzt entsteht.<br />
Marc-André Giger Aber das ist genau der falsche Ansatz!<br />
«Die wollen uns übers Ohr hauen. Die wollen uns<br />
Mittel entziehen.» Das ist nicht das Thema. Wir arbeiten<br />
nicht gegen etwas oder jemanden, sondern stehen <strong>im</strong><br />
Dienste anderer.<br />
Matthias Remund Wir wollen den Erwartungen der<br />
Verbände, der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler<br />
gerecht werden. Fertig. Und zwar in unserer definierten<br />
Rolle. Nichts anderes.<br />
Marc-André Giger Im Bereich Spitzensport, den du ansprichst,<br />
möchte ich mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> sogar noch einen<br />
Schritt weitergehen und den Verbänden aufzeigen, wo<br />
wir hinwollen. So können wir auch entsprechende Zielsetzungen<br />
wecken bei den Verbänden, statt nur darauf<br />
zu warten, was sie von uns wollen.<br />
«Es wird schwierig sein,<br />
einen Keil zwischen uns<br />
zu schlagen»<br />
Matthias Remund<br />
2 2007 swiss sport 9
S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />
Schweiz gewinnt<br />
sechs EYOF-Medaillen<br />
Die Schweizer Delegation hat am Olympischen Winterfestival der<br />
Europäischen Jugend (EYOF) äusserst erfolgreich abgeschnitten.<br />
Die Schweizer Athletinnen und Athleten holten sechs Medaillen und<br />
belegten den anvisierten sechsten Nationenrang.<br />
Text Christof Kaufmann Bilder Matthias Zurbuchen<br />
Eine st<strong>im</strong>mungsvolle Schlussfeier<br />
beendete nach sechs Tagen das<br />
EYOF 2007 in den spanischen<br />
Pyrenäen. 1300 Athleten aus 43<br />
europäischen Ländern hatten<br />
eine Woche lang in den Sportarten Biathlon,<br />
Eishockey, Eislauf, Langlauf, Ski alpin<br />
und Snowboard um olympische Medaillen<br />
gekämpft und zum ersten Mal den<br />
olympischen Geist erfahren. Das zeigte<br />
10 swiss sport 2 2007
sich auch bei der Schlussfeier, als Jacken,<br />
Pullover und Mützen getauscht wurden,<br />
als spanische Athleten leuchtend grüne<br />
Mützen aus Estland ebenso stolz trugen<br />
wie finnische Athleten den roten Kapuzenpullover<br />
mit dem Schweizer Kreuz auf dem<br />
Arm.<br />
«Dieser Sieg ist viel wert<br />
für meine Spieler»<br />
Zwei Doppel-Medaillengewinner<br />
Die Schweizer Delegation konnte sich<br />
über gute Leistungen der 44 Athletinnen<br />
und Athleten freuen, die nach Jaca gereist<br />
waren. Herausragend waren dabei die<br />
Leistungen der Snowboarderin Yvonne<br />
Schütz und des Biathleten Benjamin<br />
Weger, die je zwei Medaillen gewannen.<br />
Die Berner Oberländerin gewann Gold <strong>im</strong><br />
Riesenslalom Einzel und Bronze <strong>im</strong> Parallel-Riesenslalom.<br />
Besonders bei ihrer<br />
Fahrt zuoberst aufs Podest bewies Schütz<br />
grosse Nervenstärke, hatte sie doch nach<br />
dem ersten Durchgang noch auf dem<br />
vierten Platz gelegen. Mit einem sauberen<br />
zweiten Lauf fing sie die drei vor ihr liegenden<br />
Konkurrentinnen noch ab. Benjamin<br />
Weger verdankte seine Silbermedaille<br />
<strong>im</strong> Biathlon-Sprint einer guten Schiessleistung.<br />
Nur einmal hatte er daneben geschossen<br />
und eine Zusatzrunde absolvieren<br />
müssen. Das reichte dem guten Läufer<br />
Weger zum zweiten Platz. Im anschliessenden<br />
Verfolgungsrennen verlor der Walliser<br />
dann nur noch einen Platz und konnte sich<br />
auch noch eine Bronzemedaille umhängen<br />
lassen. Markus Segessenmann, Teamchef<br />
Biathlon, sagte zu Wegers Leistung: «Insgehe<strong>im</strong><br />
habe ich mir ein solches Topresultat<br />
von Benjamin erhofft. Er hat sich be<strong>im</strong><br />
Schiessen jeweils viel Zeit genommen<br />
und das hat sich ausgezahlt.»<br />
Lüschers gute Gene<br />
Die weiteren Medaillen für die Schweizer<br />
Delegation holten der Skifahrer T<strong>im</strong> Lüscher,<br />
der <strong>im</strong> Slalom auf den zweiten Platz<br />
fuhr, und die Schweizer U17-Eishockey-<br />
Nationalmannschaft, die in einem stark<br />
besetzen Turnier Bronze holte. Dass T<strong>im</strong><br />
Lüscher ein guter Skifahrer ist, kann eigentlich<br />
nicht überraschen. Der Romand<br />
hat das Skifahren <strong>im</strong> Blut. Sein Vater, der<br />
Schweizer Peter Lüscher, gewann sechs<br />
Weltcuprennen, 1979 den Gesamtweltcup<br />
und dazu die Silbermedaille an der<br />
WM in Schladming 1982. Seine Mutter,<br />
die Französin Fabienne Serat, ist eben-<br />
falls ehemalige Skirennfahrerin. Er habe<br />
es sehr genossen, auf dem Podest zu stehen,<br />
sagte der junge Skirennfahrer nach<br />
der Medaillenfeier. «Wenn ich das nächste<br />
Mal auf dem Podest stehe, will ich aber<br />
die Schweizer Hymne hören.» Mit seinem<br />
Rennen war Lüscher nicht ganz zufrieden.<br />
«Im ersten Lauf fuhr ich zu verhalten, und<br />
<strong>im</strong> zweiten machte ich einen schweren<br />
Fehler.» Er glaube aber nicht, dass es ihm<br />
ohne diesen Fehler ganz nach oben gereicht<br />
hätte, sagte Lüscher.<br />
Ein wertvoller Sieg über starke Tschechen<br />
Das Schweizer Eishockey-Team verdiente<br />
sich seine Bronzemedaille mit einer<br />
kämpferischen Leistung gegen die favorisierten<br />
Tschechen und gewann den<br />
kleinen Final mit 4:3. Das Team von Alfred<br />
Bohren zeigte eine geschlossene Mannschaftsleistung<br />
und konnte einen 0:2-<br />
Rückstand gegen die technisch versierte-<br />
Von links nach rechts<br />
Nach Bronze <strong>im</strong> Parallel-Riesenslalom (Bild) doppelte<br />
Yvonne Schütz mit Gold <strong>im</strong> Riesenslalom-Einzel nach.<br />
Nach Platz 20 <strong>im</strong> klassischen Stil kämpfte sich Langläufer<br />
Ueli Schnider <strong>im</strong> Rennen über 10 Kilometer freier Stil (Bild)<br />
auf Platz 48.<br />
Die U17-Nationalmannschaft holte Bronze. Im Bild eines der<br />
13 Schweizer Tore aus dem Eröffnungsspiel gegen Spanien.<br />
2 2007 swiss sport 11
S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />
ren Tschechen in einen Sieg umwandeln<br />
– auch dank der lautstarken Unterstützung<br />
der Schweizer Delegation. Teamchef<br />
Manuele Celio sagte nach dem Spiel:<br />
«Dieser Sieg ist viel wert für meine Spieler.<br />
Sie haben gesehen, was möglich ist, wenn<br />
sich alle in den Dienst der Mannschaft<br />
stellen.» Ein Wermutstropfen war für das<br />
Team, dass einer ihrer Mitspieler diesen<br />
Triumph nicht miterleben konnte. Er war<br />
während des EYOF an einer Hirnhautentzündung<br />
erkrankt und hatte ins Spital<br />
gebracht werden müssen. Weil sich sein<br />
Zustand rasch gebessert hatte, konnte er<br />
aber bereits am Tag nach der Schlussfeier<br />
von der Rega in die Schweiz überführt<br />
werden.<br />
Enttäuschte Eiskunstläufer<br />
Ohne Medaillen blieb die Schweizer Delegation<br />
in den beiden Sportarten Langlauf<br />
und Eiskunstlauf. Immerhin gab das Langlauf-Team<br />
mit dem guten siebten Rang<br />
in der Staffel am Schlusstag noch einmal<br />
ein deutliches Lebenszeichen von sich.<br />
Für die herausragende Einzelleistung war<br />
Lucy Pichard aus Les Diablerets besorgt<br />
gewesen, die <strong>im</strong> Rennen über 7,5 Kilometer<br />
auf den neunten Rang gelaufen war.<br />
Ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten<br />
«Ich hoffe sehr, dass wir uns<br />
in den kommenden Jahren<br />
wieder sehen werden»<br />
die beiden Eiskunstläufer: Noémie Silberer<br />
klassierte sich <strong>im</strong> neunten Schlussrang,<br />
Laurent Alvarez <strong>im</strong> 14. Rang. Entsprechend<br />
enttäuscht waren die beiden Romands.<br />
«Ich wollte unbedingt dabei sein»<br />
Auch die Athletinnen und Athleten, die in<br />
Jaca keine Medaille gewonnen haben,<br />
haben eine bleibende Erinnerung zurück<br />
in die Schweiz genommen. Für manche ist<br />
gar ein lang gehegter Traum in Erfüllung<br />
gegangen. Langläuferin Audrey Virgilio<br />
hatte schon vor zwei Jahren den Entschluss<br />
gefasst, in Jaca dabei zu sein. Damals<br />
war die junge Sportlerin aus dem<br />
jurassischen Fleurier am EYOF in Monthey<br />
dabei gewesen – als Mitarbeiterin an der<br />
«cool and clean»-Bar. «Ich wusste sofort,<br />
dass ich das EYOF unbedingt selber als<br />
12 swiss sport 2 2007
Teilnehmerin erleben wollte», sagt Virgilio.<br />
Diesen Traum hat sie sich erfüllen können.<br />
Nächstes Winter-EYOF in Polen<br />
Mit insgesamt sechs Medaillen erfüllte<br />
die Schweizer Delegation die hohe Vorgabe<br />
des Exekutivrats von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>,<br />
der den sechsten Rang <strong>im</strong> Nationenranking<br />
nach Anzahl Medaillen als Ziel<br />
best<strong>im</strong>mt hatte. Man darf nach den überzeugenden<br />
Schweizer Leistungen in Jaca<br />
gespannt sein, ob der eine oder andere<br />
Athlet auch an den Olympischen Winterspielen<br />
2014 – am noch zu best<strong>im</strong>menden<br />
Austragungsort – für Furore sorgen wird.<br />
Dieser Hoffnung hatte auch Jörg Schild,<br />
Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, in seiner<br />
Begrüssungsrede Ausdruck gegeben. Er<br />
hatte es als gutes Zeichen für den Schweizer<br />
Sport gewertet, dass die Schweiz neben<br />
Russland die grösste Delegation am<br />
EYOF in Jaca stellte. «Ich hoffe sehr, dass<br />
wir uns in den kommenden Jahren an internationalen<br />
Wettkämpfen wieder sehen<br />
werden, spätestens an den Olympischen<br />
Winterspielen 2014», sagte Schild.<br />
Der Traum, an einem Olympischen Winterfestival<br />
der Europäischen Jugend teilzunehmen,<br />
geht für die nächste Handvoll<br />
ausgewählter Nachwuchsathleten bereits<br />
in zwei Jahren in Polen in Erfüllung: Das<br />
EYOF 2009 findet in Slask Beskidy statt.<br />
Danke<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> dankt den Partnern<br />
für die gute Zusammenarbeit:<br />
Leading Partner<br />
International Partner<br />
Partner<br />
Supplier<br />
Von links nach rechts<br />
Die Schweizer Delegation schnitt in Jaca äusserst erfolgreich<br />
ab und klassierte sich <strong>im</strong> Nationenranking nach<br />
Anzahl Medaillen auf Platz 6.<br />
Benjamin Weger auf dem Weg zur Silbermedaille <strong>im</strong><br />
Biathlon-Sprint.<br />
Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, wünschte den<br />
jungen Athletinnen und Athleten vor der Eröffnungsfeier<br />
viel Glück.<br />
www.swissolympic.ch/partner<br />
2 2007 swiss sport 13
S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />
Denkanstösse für die<br />
Nachwuchs<br />
Eine Broschüre vereinigt zum ersten Mal die Nachwuchsförderungskonzepte<br />
der Mitgliedverbände von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>. Das erlaubt<br />
einen umfassenden Überblick und soll die Verbände dazu anregen,<br />
ihre Strukturen zu vergleichen und weiterzuentwickeln.<br />
Text Christof Kaufmann<br />
An die hundert Seiten dick ist<br />
die Broschüre «Nachwuchsförderungskonzepte.<br />
Situation in<br />
den Schweizer Sportverbänden».<br />
Sie listet die Kaderstrukturen<br />
all jener Sportverbände auf, die<br />
über ein Nachwuchsförderungskonzept<br />
auf der Basis des Dokuments «12 Bausteine<br />
zum Erfolg» aufweisen, das die<br />
Grundlage der Nachwuchsförderung in<br />
der Schweiz bildet. Die Broschüre bietet<br />
laut Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung<br />
Schweiz, allen, die sich für den<br />
Leistungssport in der Schweiz interessieren,<br />
einen Überblick, wie in den Verbänden<br />
der Nachwuchs gefördert wird. Neben den<br />
Kaderstrukturen findet man die zuständigen<br />
Kontaktpersonen in den nationalen<br />
Verbänden, Angaben zu den Standorten<br />
der regionalen und nationalen Leistungszentren<br />
sowie Informationen über die<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> (Talents) Card und weitere<br />
Förderinstrumente wie zum Beispiel Sport<br />
Scholarship Top und Future. «Darüber hinaus<br />
erlaubt die Broschüre beispielsweise<br />
den Chefs Leistungssport der Verbände zu<br />
schauen, wie die Nachwuchsförderung in<br />
anderen Verbänden aufgebaut ist», sagt<br />
Hollenstein.<br />
Broschüre soll Diskussionen anregen<br />
Am Ursprung der Broschüre sei die Erkenntnis<br />
gestanden, dass die Nachwuchsförderung<br />
nicht sinnvoll weiterentwickelt<br />
werden könne, so lange kein Gesamtüberblick<br />
über die Kaderstrukturen in den<br />
verschiedenen Sportarten bestehe, sagt<br />
Hollenstein. Dieser Überblick sei mit dem<br />
Erscheinen der Broschüre jetzt vorhanden.<br />
Der Chef Nachwuchsförderung Schweiz<br />
hofft, dass nun in den Verbänden Vergleiche<br />
angestellt und auch Diskussionen zur<br />
«Damit ist nicht gesagt,<br />
dass ich einheitliche Kaderstrukturen<br />
anstrebe»<br />
Opt<strong>im</strong>ierung ihrer Struktur geführt und<br />
Synergien genutzt werden. «Damit ist<br />
aber nicht gesagt, dass ich einheitliche<br />
Kaderstrukturen anstrebe.» Jede Sportart<br />
müsse die Kaderstrukturen haben, von<br />
denen sie am meisten profitieren könne<br />
(siehe Kasten). Das bestätigt Peter Zahner,<br />
Direktor des Schweizerischen Eishockeyverbandes<br />
(SEHV). «Eishockey, zu dessen<br />
Ausübung es vergleichsweise viel Material<br />
und Personal braucht, lässt sich kaum<br />
mit anderen Sportarten wie beispielsweise<br />
Fussball vergleichen», sagt Zahner.<br />
So seien drei nationale Leistungszentren,<br />
wie sie der Fussballverband in Emmen,<br />
Payerne und Tenero unterhalte, für den<br />
Eishockeyverband schlicht nicht finanzierbar.<br />
Trotzdem begrüsst Zahner die<br />
Publikation der Broschüre. «Auch wenn<br />
wir natürlich das Gefühl haben, unseren<br />
Nachwuchs auf die richtige Art und Weise<br />
zu fördern, ist es hochinteressant zu sehen,<br />
wie die anderen Verbände vorgehen.»<br />
Die Förderarbeit der Eishockeyverbände<br />
anderer Länder beobachte der SEHV<br />
schon lange, nun sei auch ein Vergleich<br />
mit anderen Sportarten in der Schweiz<br />
möglich. Es sei ja <strong>im</strong>mer denkbar, dass<br />
14 swiss sport 2 2007
förderung<br />
Förderprojekte oder -strukturen anderer<br />
Verbände in angepasster Form auch für<br />
den Eishockeyverband interessant seien,<br />
so Zahner.<br />
Für Peter Läuppi, Ausbildungschef von<br />
<strong>Swiss</strong>-Ski, hat die Broschüre noch einen<br />
anderen Zweck erfüllt. «Die Broschüre hat<br />
uns motiviert, bei der Bereinigung unserer<br />
Förderstrukturen einen Gang zuzulegen.<br />
Gewisse Massnahmen haben wir<br />
entschlossener angepackt, um sie in der<br />
Broschüre aufführen zu können.» Läuppi<br />
denkt wie Zahner, dass der Skiverband<br />
nicht Kaderstrukturen anderer Verbände<br />
übernehmen wird. Andere Ansätze zu<br />
studieren sei aber <strong>im</strong>mer interessant, so<br />
Läuppi. «Für Denkanstösse bin ich <strong>im</strong>mer<br />
offen.»<br />
Unterschiedliche Kaderstrukturen<br />
Am direkten Vergleich zwischen den drei Sportarten Rodeln, Schw<strong>im</strong>men und Fussball (siehe Illustration)<br />
zeigt Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung Schweiz, auf, wie verschieden Kaderstrukturen sein<br />
können und auch sein müssen. Der Schw<strong>im</strong>mverband fördert seine besten Athletinnen und Athleten<br />
in 29 Leistungszentren, während der Fussballverband seine besten Junioren zuerst in den Regionalauswahlen<br />
U13 und U14 aufbaut, die Besten dieser Stufe in drei Ausbildungszentren zusammenzieht und<br />
ab der U16 bis zur U21 jeweils eine nationale Auswahl führt. Regionale Leistungszentren würden für den<br />
Rodelverband wohl allein deshalb keinen Sinn machen, weil er insgesamt nur gerade max<strong>im</strong>al 26 Nachwuchs-<br />
und Eliteathleten in speziellen Kadern fördert. Ein weiterer augenfälliger Unterschied liegt darin,<br />
dass sich die verschiedenen Förderstufen von der regionalen bis zur nationalen Ebene einerseits und in<br />
den verschiedenen Altersstufen andererseits mehr oder weniger überschneiden. So kann eine talentierte<br />
Schw<strong>im</strong>merin bereits <strong>im</strong> Alter von zehn Jahren vom Verein ins Regionalkader aufsteigen und ein Jahr<br />
später schon zum nationalen Nachwuchskader gehören. Sie kann aber beispielsweise auch bis <strong>im</strong> Alter<br />
von 16 Jahren <strong>im</strong> Regionalkader verbleiben und dann direkt den Sprung ins Nationalkader schaffen,<br />
da sich die Kaderstrukturen des Schw<strong>im</strong>mverbandes altersmässig stark überlappen. Ein Rodler dagegen<br />
schafft mit 15 Jahren entweder den Sprung vom regionalen D- ins nationale C-Kader, oder er muss in<br />
seinen Verein zurück. Die beiden Kader überlappen sich bezüglich Alter der Athleten nicht.<br />
2 2007 swiss sport 15
S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />
Gemeinsamer Aktionsplan<br />
gegen die Gewalt<br />
<strong>im</strong> Sport<br />
Auf Einladung von Sportminister Samuel Schmid hat <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Ende Januar<br />
zusammen mit Vertretern von Sportverbänden, Bund und Kantonen über die<br />
Gewaltbekämpfung <strong>im</strong> Sport diskutiert. Die Essenz daraus ist eine gemeinsame<br />
Erklärung, die als Basis für einen Aktions- und Massnahmenplan dient.<br />
Text Claudia Imhasly<br />
Es war Bundesrat und Sportminister<br />
Samuel Schmid persönlich, der die<br />
wichtigsten Exponenten <strong>im</strong> Schweizer<br />
Sport am 29. Januar 2007 zu<br />
einem «Runden Tisch» eingeladen hatte,<br />
um Massnahmen gegen Gewalt <strong>im</strong> Sport,<br />
namentlich in den Sportarten Fussball und<br />
Eishockey, zu diskutieren. Neben dem Bundesamt<br />
für Verteidigung, Bevölkerungsschutz<br />
und Sport (VBS) waren Vertreter des<br />
Bundesamts für Sport, des Fussball- und<br />
Eishockeyverbands, der <strong>Swiss</strong> Football League<br />
sowie Sicherheits- und Polizeiverantwortliche<br />
von Bund und Kantonen und<br />
Vertreter von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> anwesend.<br />
Mit der Verabschiedung der gemeinsamen<br />
«Erklärung des Schweizer Sports zur Bekämpfung<br />
von Gewalt <strong>im</strong> und um den<br />
Sport» sowie einem Aktions- und Massnahmenplan<br />
setzte die Versammlung verbindliche<br />
Meilensteine, was die Gewaltbekämpfung<br />
<strong>im</strong> Sport angeht.<br />
Zwölf Thesen für mehr Sicherheit<br />
Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>,<br />
unterstützt die Initiative des Bundesrats.<br />
«Sicherheit <strong>im</strong> Sport geht uns alle an»,<br />
sagt Schild. «Je breiter abgestützt wir die<br />
Gewaltproblematik diskutieren und angehen<br />
können, desto mehr können wir sensibilisieren<br />
und Sicherheit schaffen.»<br />
Als Ansprechpartner für die Verbände in<br />
Sicherheitsfragen hat die Sicherheitskommission<br />
von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in den vergangenen<br />
Monaten ein Grundlagenpapier<br />
mit zwölf Thesen zur Sicherheit an Sportveranstaltungen<br />
erarbeitet. Die Thesen<br />
decken die ganze Bandbreite der Sicherheitsthematik<br />
ab – von der Ausbildung<br />
des Sicherheitspersonals über die Fanbetreuung<br />
bis zur Vorbildfunktion von<br />
Trainern, Sportlern und Funktionären.<br />
Diese Thesen waren eine der Diskussionsgrundlagen<br />
am «Runden Tisch» und wurden<br />
in die gemeinsam verabschiedete<br />
Erklärung integriert. Was die Weiterentwicklung<br />
und Umsetzung der Thesen angeht,<br />
so wird die Sicherheitskommission<br />
unter der Leitung des früheren Kommandanten<br />
der Stadtpolizei Bern, Christoph<br />
Hoffmann, dafür verantwortlich sein.<br />
«<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wird entsprechend handeln<br />
und auf die Verbände Einfluss nehmen»,<br />
so Jörg Schild.<br />
«Wir müssen die Athleten<br />
in die Pflicht nehmen»<br />
Mehr Öffentlichkeit, mehr Sensibilisierung,<br />
bessere Schulung<br />
Aus Sicht von Marc-André Giger, CEO von<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, resultieren aus der gemeinsamen<br />
Erklärung für die Dachorganisation<br />
des privatrechtlichen Sports in der<br />
Schweiz drei Schwerpunktbereiche: mehr<br />
Öffentlichkeit für Sicherheitsanliegen, die<br />
Sensibilisierung der Athleten durch Trainer<br />
und Nachwuchsverantwortliche sowie<br />
die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen.<br />
Mehr Öffentlichkeit für die Sicherheitsproblematik.<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wolle der fast<br />
durchwegs negativ gefärbten Wahrneh-<br />
16 swiss sport 2 2007
mung der Sicherheitssituation an Sportveranstaltungen<br />
entgegenwirken, sagt Giger.<br />
Er denkt beispielsweise an ein Stadionrating<br />
bezüglich Sicherheit, wobei diese<br />
Hitliste anschliessend auch publiziert wird.<br />
«Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu<br />
wissen, welche Stadien sicher sind und<br />
welche den Vorschriften weniger genügen»,<br />
so Giger. Im Bewusstsein, dass die<br />
Probleme eines dreissigjährigen Stadions<br />
nicht von heute auf morgen zu lösen<br />
seien, könne mit einer Hitliste dennoch<br />
Druck aufgesetzt und die Sicherheit nachhaltig<br />
verbessert werden. Einen weiterer<br />
Punkt, der für Giger zentral ist: «<strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> zählt auch auf eine rasche und<br />
pragmatische Umsetzung der geplanten<br />
Hooligan-Datenbank.»<br />
Sensibilisierung der Sportlerinnen und<br />
Sportler für das Thema Sicherheit. <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> werde grosse Anstrengungen<br />
unternehmen, um die Sportlerinnen und<br />
Sportler vermehrt für die Thematik zu<br />
sensibilisieren, so Giger. Sportler, die mit<br />
einem Glas Bier in der Hand in die Kamera<br />
winken; Sportler, die nach einem Spiel<br />
aufeinander oder auf Schiedsrichter losgehen<br />
– solche Bilder dürfe es in Zukunft<br />
nicht mehr geben. «Wir müssen die Athleten<br />
in die Pflicht nehmen», so Giger, «am<br />
besten über die Trainerinnen und Trainer<br />
und die Betreuenden.» Diese stünden in<br />
täglichem Kontakt mit den Athleten. In<br />
ihrer Vorbildfunktion seien sie bestens<br />
geeignet, die Sportler für das Thema Sicherheit<br />
zu sensibilisieren. Im Sommer<br />
2007 werde <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> ein Aus- und<br />
Weiterbildungskonzept vorlegen, das die<br />
Gewaltprävention zum festen Bestandteil<br />
der Trainerausbildung machen wird, kündet<br />
Giger an. Der CEO weist auch darauf<br />
hin, dass mit dem nationalen Suchtpräventionsprogramm<br />
<strong>im</strong> Sport, «cool and<br />
clean», die Nachwuchsverantwortlichen<br />
bereits heute angesprochen werden. Von<br />
den 550 000 Kindern und Jugendlichen,<br />
die mit J+S Sport treiben, machen bereits<br />
30 000 bei «cool and clean» mit und setzen<br />
sich so für fairen und sauberen Sport<br />
ein.<br />
Unterstützung der Sicherheitsverantwortlichen<br />
von Verbänden, Klubs und Vereinen.<br />
Die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen<br />
durch <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in eigens<br />
dafür konzipierten Seminaren ist bereits<br />
angelaufen. Im Zentrum steht dabei die<br />
Schulung an einer neu erarbeiteten Software,<br />
der so genannten Toolbox. Mit dieser<br />
internetbasierten Software lassen sich<br />
Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen<br />
jeglicher Grösse erstellen. Der Eishockeyund<br />
der Fussballverband werden diesen<br />
digitalen «Werkzeugkasten» demnächst als<br />
erste in Betrieb nehmen.<br />
Sportschüler lernen flexibel<br />
Dank E-Learning können Sportschülerinnen und Sportschüler zeitlich und<br />
räumlich flexibler den Schulstoff bewältigen. In einem Weiterbildungskurs<br />
lernten die Lehrkräfte die Grundlagen, um E-Learning anbieten zu können.<br />
Text Matthias Zurbuchen<br />
Zwanzig Lehrerinnen und Lehrer, die an den <strong>Swiss</strong>-<br />
<strong>Olympic</strong>-Label-Schulen unterrichten, besuchten Mitte<br />
Januar in Zug eine von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> organisierte Weiterbildung<br />
zum Thema E-Learning. Benno Sidler, Geschäftsführer<br />
der Vinto Sportschule in Zug, vermittelte den Teilnehmenden<br />
Grundlagenkenntnisse <strong>im</strong> Bereich E-Learning.<br />
Diese Methode kann einen Lehrer zwar nicht ersetzen,<br />
erlaubt es Schülerinnen und Schülern aber, sich mit <strong>im</strong><br />
Internet zur Verfügung gestellten Lerninhalten zeitlich und<br />
räumlich flexibel zu beschäftigen. Für Sportler, die wegen<br />
der Teilnahme an Wettkämpfen <strong>im</strong> Unterricht oft fehlen,<br />
ist E-Learning natürlich besonders interessant.<br />
Im Mittelpunkt der Weiterbildung stand das Erstellen<br />
und Verwalten einer E-Learning-Plattform. «Das <strong>im</strong> Kurs<br />
vermittelte Wissen soll den Label-Schulen helfen, dem<br />
Bedürfnis der Sporttalente nach orts- und zeitunabhängigen<br />
Lernangeboten zu entsprechen», sagt Sidler.<br />
2 2007 swiss sport 17
SPORTPOLITIK<br />
Höchste Eisenbahn<br />
Ein bekannter liberaler Ökonom hat vor Jahrzehnten einen Aufsatz mit einem einprägsamen Titel geschrieben:<br />
«Die Zerstörung der Marktwirtschaft durch ihre Anhänger». Die Analogie liegt nahe: «Die Zerstörung des<br />
Sports durch seine Anhänger». Und gerade wer den Sport liebt, der muss sich schon seit einiger Zeit ernsthafte<br />
Gedanken um seine Zukunft machen. Doping und Gewalt sind die Geisseln des Sports.<br />
Meine engsten Mitarbeiter haben mir <strong>im</strong> letzten Jahr mit einem grossartigen Geburtstagsgeschenk einen<br />
Traum erfüllt: eine Etappe der Tour de France <strong>im</strong> Begleitfahrzeug von Phonak. Ich habe nicht irgend eine<br />
Etappe gewählt, sondern die grosse Pyrenäenetappe über vier Pässe und mit einer Bergankunft. Und genau<br />
in dieser Etappe hat Phonak erstmals in seiner Geschichte das Maillot Jaune geholt. Ich bin in Frankreich<br />
geblieben und habe jeden Tag am Fernsehen die Tour zelebriert. Der Einbruch von Landis, seinen Husarenritt<br />
am Tag danach, richtiges Heldenepos eben. Und dann der Schock: Landis gedopt. In einer Sekunde hat man<br />
mir die Freude und Begeisterung genommen.<br />
Der Aufschrei war gross. Aber die Aufregung hat sich bald gelegt. Verdrängen, vergessen, Tagesordnung.<br />
Die Diskussion ist bisweilen bizarr: «Ein Manager n<strong>im</strong>mt ja auch Aufputschmittel» mag man etwa hören.<br />
Wenn er das täte, ist das allein seine Sache, er wird dann einfach nicht allzu lange Spitzenmanager bleiben.<br />
Er unterliegt aber anderen Regeln: Wenn er beispielsweise die Bilanzierungsvorschriften verletzt, dann wird<br />
er bestraft. Auch wer sich <strong>im</strong> Sport unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschafft, ist ganz einfach ein Betrüger<br />
und zwar <strong>im</strong> strafrechtlichen Sinne. Man muss nur endlich die Gesetze anpassen.<br />
Komplexer ist die Geissel der Gewalt. Auch als SBB-Chef war ich damit konfrontiert und habe die verschiedenen<br />
Phasen durchlaufen. Zuerst geht es darum, ein Phänomen überhaupt als zentrales Problem wahrzunehmen<br />
und den Willen zur Lösung zu entwickeln. Dann müssen das Problem fundiert analysiert und die<br />
Wirkungszusammenhänge aufgezeigt werden. Oft sind diese Zusammenhänge so komplex, dass es keine<br />
einfachen Lösungen gibt. Das gilt auch hier. Gesucht ist deshalb ein Bündel von Massnahmen, welches auf<br />
allen Ebenen ansetzt. Bei der SBB ist es uns gelungen, dank konsequenter Umsetzung solcher Massnahmen<br />
die Lage deutlich zu verbessern.<br />
Ich war am 29. Januar an dem von Bundesrat Schmid einberufenen runden Tisch über die Gewalt <strong>im</strong> Sport<br />
dabei. Der Teilnehmerkreis war breit: Fussball, Eishockey, Polizei, Städte, Kantone und Bund waren vertreten.<br />
Es bestand nicht der geringste Zweifel über die Bedeutung des Problems und die dringende Notwendigkeit,<br />
konsequent Gegensteuer zu geben. Am Schluss wurde nicht nur eine Deklaration unterschrieben, sondern<br />
auch ein breit angelegtes Massnahmenprogramm mit sehr engen Terminen beschlossen. Noch vor Mitte Jahr<br />
wird sich das Gremium wieder treffen und sich über den Stand der Umsetzung orientieren lassen.<br />
Als alter Eisenbahner sage ich: Es ist höchste Eisenbahn, aber der Zug ist noch nicht abgefahren.<br />
Freundliche Grüsse<br />
Benedikt Weibel<br />
Delegierter des Bundesrates für die Euro 2008<br />
2 2007 swiss sport 19
S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />
Mit bisher sechs Verbänden hat <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />
eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen,<br />
mit dem Eishockey- und dem Curlingverband<br />
wird intensiv verhandelt. <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wie<br />
Verbände schätzen die klare Definition von Zielen<br />
und Dienstleistungen durch eine Leistungsvereinbarung.<br />
Text Christof Kaufmann Bild Keystone<br />
Ein Zwang,<br />
den die Verbände<br />
schätzen<br />
Im Sommer ist es zwei Jahre her, dass<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit <strong>Swiss</strong> Triathlon<br />
die erste Leistungsvereinbarung abgeschlossen<br />
hat. Mittlerweile sind<br />
fünf weitere Verbände dazu gekommen.<br />
«Die ersten Erfahrungen sind gemacht»,<br />
sagt Thomas Burch, Verbandsbegleiter<br />
von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, «und die<br />
Zwischenbilanz fällt aus unserer Sicht sehr<br />
positiv aus.» Die Vereinbarungen sind auf<br />
einen Zeithorizont von sieben bis acht<br />
Jahren ausgelegt, was den Verbänden<br />
erlaubt, beständig und kontinuierlich zu<br />
arbeiten. Weil gleichzeitig ehrgeizige Ziele<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf die Olympischen Spiele in<br />
London 2012 sowie Beijing 2008 formuliert<br />
wurden, sind die Verbände gezwungen,<br />
ihre Kräfte effektiv und effizient einzusetzen,<br />
ist Burch überzeugt. Hinzu komme,<br />
dass die Vereinbarungen die Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und den<br />
Verbänden erleichtere. «Bei den Verbandsgesprächen<br />
<strong>im</strong> vergangenen Herbst haben<br />
wir mit den Vertretern jener Verbände,<br />
mit denen wir bereits eine Leistungsvereinbarung<br />
abgeschlossen haben, nur ganz<br />
wenig Zeit investiert, um mittel- und langfristige<br />
Ziele des jeweiligen Verbandes zu<br />
diskutieren», sagt Burch. Dank der Leistungsvereinbarung<br />
wisse <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />
wie auch der Verband, was dieser in den<br />
nächsten Jahren erreichen wolle. So bleibe<br />
bei den jährlichen Gesprächen mehr Zeit<br />
20 swiss sport 2 2007
«Wertvoll war für uns vor allem der Prozess, den die Erarbeitung<br />
der Leistungsvereinbarung in unserem Verband<br />
ausgelöst hat. Wir waren gezwungen, uns vertieft mit<br />
unseren Strukturen auseinander zu setzen. So haben wir<br />
in enger Zusammenarbeit mit Verbandsbegleiter Martin<br />
Rhyner von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Schwächen erkennen und<br />
ausmerzen können. Ich schätze auch die Langfristigkeit,<br />
welche die Vereinbarung bringt. Das Erreichen mittelfristiger<br />
Ziele wie Medaillen an den Olympischen Spielen<br />
in Peking 2008 erleichtert es uns, auf unser grosses Ziel<br />
hinzuarbeiten, nämlich möglichst viele Profivolleyballer,<br />
sei es in der Halle oder <strong>im</strong> Sand, zu generieren.»<br />
Roger Schnegg, Direktor <strong>Swiss</strong> Volley (LV seit Januar 2006)<br />
«Diese Leistungsvereinbarungen sind meiner Ansicht<br />
nach eine grosse Chance für die Verbände. Sie drücken das<br />
Interesse aus, das <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> der jeweiligen Sportart<br />
entgegen bringt. Gemeinsam werden Lösungen erarbeitet,<br />
die <strong>im</strong>mer wieder neue Türen öffnen. Beispiel Sportwissenschaft:<br />
Weil jetzt klar definiert ist, wo wir in diesem Bereich<br />
Defizite haben, kommt nun wertvolle Unterstützung von<br />
<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und dem Bundesamt für Sport. Die Vereinbarung<br />
zwingt uns auch, uns mit Bereichen zu beschäftigen,<br />
die wir sonst aus zeitlichen oder finanziellen Gründen vernachlässigen<br />
würden. Das ist ein sehr nützlicher Zwang.»<br />
Michel Ansermet, Chef Leistungssport Schiesssportverband<br />
(LV seit Oktober 2006)<br />
für andere wichtige Themen. Mit einer<br />
Leistungsvereinbarung werde eine äusserst<br />
solide Basis für eine systematische<br />
und partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
gelegt, sagt Burch. «Beide Seiten wissen,<br />
wohin der Weg führen soll.»<br />
Potenzial für Olympia-Spitzenränge<br />
erforderlich<br />
Bisher haben sechs Verbände mit <strong>Swiss</strong><br />
<strong>Olympic</strong> eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen,<br />
nämlich <strong>Swiss</strong> Triathlon,<br />
<strong>Swiss</strong> Volley, <strong>Swiss</strong> Cycling, der Schweizerische<br />
Judo & Ju-Jitsu Verband, der Schweizerische<br />
Amateurringerverband und der<br />
Schweizer Schiesssportverband. Weitere<br />
Verbände werden dazukommen. Aktuell<br />
steht <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit <strong>Swiss</strong> Curling und<br />
dem Schweizerischen Eishockeyverband in<br />
intensiven Verhandlungen. Ob einem Verband<br />
angeboten wird, eine Leistungsvereinbarung<br />
zu erarbeiten, hängt laut Burch<br />
hauptsächlich davon ab, ob die Athleten<br />
des Verbandes über das Potenzial verfügen,<br />
in Zukunft an internationalen Meisterschaften<br />
erfolgreich abzuschneiden.<br />
20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen hat<br />
<strong>Swiss</strong> Curling in den letzten sechs Jahren gewonnen<br />
und erarbeitet nun mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> eine Leistungsvereinbarung.<br />
«Im Zuge der Ausarbeitung unserer Leistungsvereinbarung<br />
sind wir von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> auf das Wesentliche fokussiert<br />
worden. Wir haben nun klare Prioritäten, dadurch kann<br />
uns <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> viel gezielter unterstützen und spezifischere<br />
Informationen liefern. Einer unserer neuen Schwerpunkte<br />
ist die Weiterentwicklung der Physis unserer Athleten.<br />
Hier haben sich uns durch die Vereinbarung ganz<br />
neue Möglichkeiten eröffnet. Beispielsweise führen wir in<br />
Zusammenarbeit mit der Armee temporäre Trainingslehrgänge<br />
in Magglingen durch. Auch haben wir ein intensives<br />
sportpsychologisches Projekt gestartet. Dass in der Vereinbarung<br />
Ziele und Zwischenziele definiert sind, erlaubt uns<br />
eine sehr gute Orientierung. Wir haben einen klaren Fahrplan<br />
und wissen <strong>im</strong>mer, wo wir stehen.»<br />
Gerhard Seebacher, Technischer Direktor Ringen (LV seit Oktober 2006)<br />
«Dass <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit uns eine Leistungsvereinbarung<br />
ausarbeitet, zeigt uns, dass unsere Erfolge – <strong>im</strong>merhin<br />
20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen in den letzten<br />
sechs Jahren – nicht unbemerkt geblieben sind. Es ist schön,<br />
so eng mit unserem Hauptsponsor zusammen arbeiten zu<br />
können. Auch, dass wir in Ittigen mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> unter<br />
ein Dach ziehen, soll dazu beitragen, dass wir Synergien<br />
noch besser nutzen können. Der Vertrag fordert einiges von<br />
uns, andererseits können wir von erweiterten Dienstleistungen<br />
von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> profitieren, beispielsweise <strong>im</strong><br />
medizinischen oder <strong>im</strong> psychologischen Bereich. Die Vereinbarung<br />
macht uns stolz, ist gleichzeitig aber auch eine<br />
Verpflichtung, dass wir nicht nachlassen dürfen, damit wir<br />
in den kommenden Jahren weiterhin so erfolgreich, wenn<br />
nicht gar noch erfolgreicher sein können.»<br />
Beat Jäggi, Chef Leistungssport <strong>Swiss</strong> Curling (LV wird erarbeitet)<br />
2 2007 swiss sport 21
I M G E S P R Ä C H<br />
Man kennt ihn nicht,<br />
und das ist gut so<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> ist Nationaltrainer Snowboard<br />
Alpin und mitverantwortlich für die<br />
erdrückende Dominanz der Schweizerinnen<br />
und Schweizer in den letzten drei Jahren.<br />
Im Gespräch erklärt er, worauf ein Erfolgstrainer<br />
achten muss, damit sein Team erfolgreich<br />
bleibt.<br />
Interview Christof Kaufmann Bilder zvg, Keystone (S. 23 links)<br />
swiss sport In den vergangenen drei Jahren haben<br />
die Schweizer Alpinen <strong>im</strong> Snowboard-Weltcup<br />
mehr als ein Drittel aller Podestplätze erobert.<br />
Was bedeutet Ihnen als Trainer des Teams diese<br />
Dominanz?<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> Wir Schweizer sind die Gejagten <strong>im</strong><br />
Weltcup. Alle schauen auf uns. Sie versuchen, uns zu kopieren<br />
und hoffen vor einem Rennen auf ein Favoritensterben.<br />
Damit umzugehen, ist nicht einfach. Wenn Du dann<br />
trotzdem Erfolg hast, dann stellt sich ein unglaubliches<br />
Entspannungsgefühl ein. Als ich die Nationalmannschaft<br />
vor drei Jahren übernahm, gab es bereits einige Spitzenfahrer<br />
<strong>im</strong> Team. Mein erster Gedanke war, dass ich als<br />
Trainer mit einem so erfolgreichen Team nur verlieren<br />
könne. Und dann haben wir die Anzahl der Podestplätze<br />
verdoppelt und diese Leistung in den beiden letzten Jahren<br />
bestätigen können.<br />
Wie gross schätzen Sie Ihren eigenen Beitrag zu<br />
diesen Erfolgen ein?<br />
Es ist mir gelungen, <strong>im</strong>mer wieder Leader aufzubauen.<br />
Die braucht es in einem Team. Hinter Daniela Meuli und<br />
Ursula Bruhin konnte Fränzi Kohli wachsen und gewann<br />
an der WM in Arosa die Bronzemedaille. Hinter Philipp<br />
Schoch konnten wir eine zweite Reihe aufbauen. In dieser<br />
Saison gewinnt sein Bruder S<strong>im</strong>on Rennen um Rennen,<br />
und Anfang Februar gewann Roland Haldi sein erstes<br />
Weltcup-Rennen. Ich muss einerseits dem Leader gerecht<br />
werden, er muss anders behandelt werden. Andererseits<br />
muss ich dem Rest des Teams erklären, warum es einen<br />
Leader braucht.<br />
Das ist Ihnen offensichtlich gelungen in den letzten<br />
drei Jahren.<br />
Auf diesem Niveau muss ein Trainer sehr genau spüren,<br />
wann er eingreifen muss, um das Team zu schützen.<br />
Spannungen, die aufgrund von Missverständnissen oder<br />
Emotionen entstehen, können plötzlich zur Explosion<br />
kommen, und das schadet dem Team. Das muss ich verhindern,<br />
und das habe ich wohl ziemlich gut geschafft.<br />
Wichtig ist, dass ich eine entstehende Negativspirale<br />
schon früh stoppen kann. Auf der anderen Seite versuche<br />
ich, alles, was das Potenzial hat, eine erfolgreiche Spirale<br />
anzutreiben, zu fördern.<br />
22 swiss sport 2 2007
Wie gehen Sie mit jenen Fahrern Ihres Teams um,<br />
die hinter den Stars <strong>im</strong> Schatten stehen?<br />
Ihnen mache ich klar, dass sie ohne ein so erfolgreiches<br />
Team möglicherweise nicht so weit wären. Und dass ihre<br />
Zeit noch kommt.<br />
Das ist schon alles?<br />
Ich schaue mir oft die Biographie, den Werdegang von<br />
erfolgreichen Sportlern an. Das ist sehr spannend. Ihnen<br />
allen ist gemeinsam, dass sie Schicksalsschläge überwunden<br />
haben. Nehmen wir den Skifahrer Hermann<br />
Maier. Er wurde aus dem Nationalkader geworfen, hat<br />
sich davon nicht beeindrucken lassen und selber trainiert,<br />
bis er ganz oben stand. Oder Michael Jordan. Er<br />
wurde einst aus der Basketballmannschaft seiner Univer-<br />
Von links nach rechts<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> ist der Mann hinter den Erfolgen<br />
der alpinen Snowboarder.<br />
Dem Nationaltrainer ist es <strong>im</strong>mer wieder gelungen,<br />
Leader in seinem Snowboard-Team aufzubauen.<br />
Fränzi Kohli und <strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> bei Kohlis erstem<br />
Weltcupsieg in Sölden, <strong>im</strong> Oktober 2006.<br />
sität geworden, weil er koordinativ so schlecht war. Und<br />
dann wird er der Grösste seiner Sportart überhaupt. Als<br />
Roland Haldi vor drei Jahren in Bad Gastein schon früh<br />
ausschied, sagte er danach <strong>im</strong> TV-Interview: Man muss<br />
ganz unten stehen, um ganz nach oben zu kommen.<br />
Nach seinem Sieg Anfang Februar habe ich ihn an diese<br />
Aussage erinnert.<br />
Haben Sie keine Angst davor, dass Ihre Fahrerinnen<br />
und Fahrer auf einmal nicht mehr gewinnen?<br />
Dass ein Fahrer plötzlich nicht mehr gewinnt, obwohl er<br />
genau weiss, wie es ginge, kann passieren. Wichtig ist<br />
aber, dass man keine Entschuldigungen sucht. Wer eine<br />
Erklärung dafür hat, warum er nicht gewinnen könnte,<br />
der hat schon verloren. Auf diesem Niveau passiert alles<br />
<strong>im</strong> Kopf. Der ehemalige schwedische Coach hat einmal zu<br />
mir gesagt: «Wenn ich in einen Esssaal komme, weiss ich<br />
ohne zu schauen, ob die Schweizer da sind oder nicht.<br />
Die strahlen eine ungeheure Gelassenheit und Macht<br />
aus.» Das ist schön zu hören, aber wir müssen uns bewusst<br />
sein, dass diese Souveränität sehr schnell verloren<br />
gehen kann.<br />
Stört es Sie, dass ausserhalb des Snowboard-Sports<br />
kaum jemand Ihren Namen kennt?<br />
Nicht wirklich. Klar gibt es Momente – die Wahl zum<br />
Trainer des Jahres war so einer –, da denke ich, es wäre<br />
schön … Aber ich brauche es nicht. Trainer werden ja oft<br />
bekannt, wenn es nicht gut läuft, und dann entlässt man<br />
sie. So gesehen ist es nicht schlecht, dass man mich nicht<br />
kennt. Mir genügt die Anerkennung meiner Athleten.<br />
Wenn einer von ihnen zu mir sagt: «Rufi, Du bist für mich<br />
der Beste», dann reicht mir das.<br />
Was macht eigentlich ein Snowboard-Trainer<br />
<strong>im</strong> Sommer?<br />
Im Sommer verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie.<br />
Meine Kinder brauchen mich, auch meine wunderbare<br />
Frau. Würde es zu Hause nicht so gut funktionieren, dann<br />
könnte ich nicht so viel Energie ins Nationalteam investieren.<br />
Das ist sehr wertvoll. Im Sommer pflege ich zudem<br />
meine beiden Hobbys: gärtnern und Filme schneiden.<br />
Und in der Regel arbeite ich auf Baustellen, um ein paar<br />
Franken dazu zu verdienen, aber diesen Sommer hatte<br />
ich dafür schlicht keine Zeit.<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong><br />
Alter 38 | Familie verheiratet, drei Kinder – 13, 11 und<br />
5 Jahre | Wohnort Ebnat-Kappel (SG)<br />
2 2007 swiss sport 23
P A N O R A M A<br />
Trendsport<br />
als olympischer<br />
Spektakulärer, kämpferischer, jünger: Die Olympischen<br />
Spiele verändern ihr Gesicht, besonders deutlich die Olympischen<br />
Winterspiele.<br />
Text Dominik Meier Bild Keystone<br />
Sie katapultieren sich aus den Startboxen, vier Skirennfahrer<br />
gleichzeitig. Sie jagen über Buckel, Wellen<br />
und durch Steilwandkurven. Sie kämpfen mit<br />
Taktik, Technik, Tricks und Ellbogen. Knapp eine<br />
Minute dauert ein Rennen. Kleine Rangeleien und grosse<br />
Emotionen sind an der Tagesordnung. Skicross ist erst<br />
zehn Jahre alt, gross geworden in der Freestyle-Szene<br />
(siehe Kasten). Und bereits tritt Skicross in den sportlichen<br />
Adelstand: Im letzten Herbst hat das Exekutivkomitee<br />
des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) den<br />
Skicross in das Programm für die Olympischen Winterspiele<br />
2010 in Vancouver aufgenommen. Snowboardcross<br />
hatte es bereits an die Winterspiele 2006 in Turin geschafft<br />
und wurde zum Renner: In den USA und in Kanada erzielte<br />
der Snowboardcross die höchsten Einschaltquoten. Der<br />
Erfolg des Snowboardcross bereitete dem Pendant auf<br />
zwei Brettern, dem Skicross, den Weg.<br />
24 swiss sport 2 2007
Schweiz setzt auf Skicross<br />
Der Skicross entstand Ende der 1990er-Jahre in den USA <strong>im</strong> Rahmen der Extremsportveranstaltung<br />
X-Games. Vor vier Jahren anerkannte die FIS den Skicross und<br />
gründete eine Weltcup-Serie. Die erste Weltmeisterschaft fand 2005 statt. In der<br />
Schweiz ist Skicross dem Freestyle-Bereich von <strong>Swiss</strong>-Ski angegliedert. Die Schweizer<br />
Athletinnen und Athleten gehören <strong>im</strong> Weltcup zur erweiterten Weltspitze.<br />
Seit bekannt ist, dass Skicross olympisch wird, beobachtet <strong>Swiss</strong> Ski ein wachsendes<br />
Interesse der Sponsoren. Auch bemühten sich mehr Skiorte um die Austragung eines<br />
Weltcup-Rennens, sagt Christoph Perreten, Chef Freestyle bei <strong>Swiss</strong> Ski.<br />
Für Vancouver 2010 strebt <strong>Swiss</strong>-Ski eine Skicross-Medaille an. Diesen Frühling will<br />
der Skiverband zusammen mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Medaillenchancen analysieren und<br />
ein Olympiaprojekt beantragen.<br />
Olympische Verjüngungskur<br />
Das IOC-Exekutivkomitee begründete seinen Entscheid<br />
für das jüngste Kind in der olympischen Familie mit der<br />
jugendlichen, spektakulären und kämpferischen Natur<br />
des Skicross. Junge Trendsportarten sollen die Olympischen<br />
Spiele moderner machen, so die erklärte Absicht<br />
des IOC. Bereits stehen drei Snowboard- und zwei Ski-<br />
Freestyle-Disziplinen (Buckelpiste, Skiakrobatik) auf dem<br />
olympischen Programm, nun kommt noch Skicross hinzu.<br />
Und bereits bereitet der internationale Skiverband FIS<br />
das Terrain vor für eine Aufnahme des Ski-Halfpipe-Wettbewerbs.<br />
Ähnlich verläuft die Entwicklung bei den Olympischen<br />
Sommerspielen: Mit Triathlon, Beach Volleyball und<br />
Mountain Bike wurden in den letzten zehn Jahren verschiedene<br />
Trendsportarten olympisch. Und – Zufall oder<br />
Jungbrunnen<br />
nicht – in Peking feiert 2008 eine Sportart olympische<br />
Premiere, die dem Skicross verblüffend ähnlich ist: BMX,<br />
also spektakuläre Radrennen über Schanzen, Wellen und<br />
Steilwandkurven.<br />
Olympische Eintagsfliegen?<br />
Trendsportarten haftet zum Teil das Image von sportlichen<br />
Eintagesfliegen an, die rasch wieder an Bedeutung<br />
verlieren könnten. Doch <strong>im</strong>merhin haben sich die Trendsportarten<br />
bei den Olympischen Spielen mit kleineren<br />
Korrekturen behaupten können. Dennoch ist die Frage<br />
gerade be<strong>im</strong> Skicross berechtigt: Wird die Popularität<br />
dieses jungen Sports von Dauer sein? Ja, sagt Christoph<br />
Perreten, Chef Freestyle bei <strong>Swiss</strong>-Ski. Denn Skicross liege<br />
ganz an den Wurzeln des Skifahrens: «Kinder exper<strong>im</strong>entieren<br />
auf den Skis ähnlich wie be<strong>im</strong> Skicross: Sie<br />
fahren direkt gegeneinander, sie bauen Schanzen und<br />
Hindernisse in die Rennen ein.» Skicross sei sehr vielseitig,<br />
neben Technik und Kondition brauche es viel Gespür für<br />
Taktik und ein grosses Kämpferherz: «Diese Mischung<br />
wird den Skicross dauerhaft attraktiv machen für Athleten<br />
und Zuschauer.» In den letzten Jahren haben sogar<br />
mehrere Alpin-Rennfahrer zum Skicross gewechselt, zum<br />
Beispiel der US-Athlet Daron Rahlves.<br />
Olympiastatus nicht garantiert<br />
Die sanfte Renovation der Olympischen Spiele schafft<br />
auch Verlierer. Das IOC verwehrte in den letzten Monaten<br />
und Jahren verschiedenen Disziplinen und Sportarten<br />
die Aufnahme ins olympische Programm – zum Beispiel<br />
dem Skispringen der Frauen, verschiedenen neuen Disziplinen<br />
<strong>im</strong> Biathlon, Langlauf und Curling, aber auch<br />
Sportarten wie Squash und Karate. Aber auch Sportarten,<br />
die heute olympisch sind, können sich ihres Status nicht<br />
sicher sein: An den Sommerspielen 2008 in Peking werden<br />
zum letzten Mal Medaillen <strong>im</strong> Baseball und Softball vergeben.<br />
Erst 1992 wurden diese Sportarten olympisch und<br />
nun werden sie als erste Sportarten seit über 70 Jahren<br />
wieder aus dem olympischen Programm gestrichen. Weitere<br />
Sportarten könnten folgen: Das IOC will alle Disziplinen<br />
laufend evaluieren und hat dazu einen Katalog mit<br />
33 Kriterien entwickelt. Dazu gehören unter anderem die<br />
Zahl aktiver Athleten, die weltweite Verbreitung einer Disziplin,<br />
vor allem aber auch das Publikums- und Medieninteresse.<br />
Von neuen Sportarten erwartet das IOC zudem<br />
explizit eine besondere Ausrichtung auf die Jugend. Und<br />
deshalb haben es neue Trendsportarten am einfachsten<br />
auf dem Weg in den sportlichen Olymp – sie sind jung,<br />
dynamisch und attraktiv für Medien und Sponsoren.<br />
Technik, Taktik, Kampf: Diese Mischung macht<br />
Skicross für Athleten und Zuschauer attraktiv.<br />
2 2007 swiss sport 25
P A N O R A M A<br />
Ein Meilenstein<br />
für die Leichtathletik<br />
Am 16. Februar wurde das Athletik Zentrum St. Gallen offiziell<br />
eröffnet. Für den Leichathletiksport soll damit eine neue,<br />
erfolgreiche Ära beginnen. Aber wieviel Einfluss haben Indoor-<br />
Anlagen überhaupt auf die Leistungen draussen?<br />
Text Christoph Emch Bilder Marcello Engi (S. 26), Anna Tina Eberhard (S. 27)<br />
41,1 Millionen Franken (siehe Kasten) hat das Projekt<br />
gekostet – wie budgetiert. Acht Jahre hat die gesamte<br />
Finanzierung und Realisation gedauert – wie geplant.<br />
Und nun steht die erste Halle der Schweiz mit einer<br />
permanenten 200-Meter-Rundbahn. Genau genommen<br />
sind es gleich vier Hallen, denn in den Bau wurden zwei<br />
bestehende Turnhallen integriert, die zusätzlich mit<br />
einer Kletterhalle ergänzt wurden. Das Athletik Zentrum<br />
St. Gallen (AZSG) soll nicht nur eine Trainings- und Wettkampfbasis<br />
für Leistungssportler sein, sondern auch<br />
durch den Breiten- und Schulsport benutzt werden. Ein<br />
Modell, das von <strong>Swiss</strong> Athletics begrüsst wird. «Die Initiative<br />
für das Athletik Zentrum kam von der Stadt St. Gallen»,<br />
sagt Peter Haas, Chef Leistungssport. «Deshalb ist<br />
auch klar, dass bei der Umsetzung gewisse Kompromisse<br />
eingegangen wurden.» So sei in der neuen Halle bei der<br />
höhenverstellbaren 200-Meter-Rennbahn nicht ein üblicher<br />
Laufbahnbelag (Tartan) verwendet worden, sondern,<br />
um einen homogenen Hallenboden zu haben, ein polyvalent<br />
nutzbarer Belag «Aber wir haben hier eine Halle, die<br />
man wirklich als Leichtathletikhalle bezeichnen kann»,<br />
betont Haas. «Es wird sich zeigen, ob der Betrieb <strong>im</strong> AZSG<br />
den Leichtathleten, insbesondere dem Spitzensporttraining,<br />
genügend Trainingszeiten zur Verfügung stellen<br />
kann.»<br />
Entscheidender Impuls<br />
Haas ist überzeugt, dass die Kompromisse bei der Wahl<br />
der Unterlage die Nützlichkeit des Zentrums kaum schmälern,<br />
auch wenn die Athletinnen und Athleten höchstens<br />
5 Mill<strong>im</strong>eter lange Spikes an ihren Schuhen tragen dürfen.<br />
Dass der Belag «schnell» ist, das haben 60-Meter-Sprinterin<br />
Fabienne Weyermann und 60-Meter-Hürdenläufer<br />
Andreas Kundert an der Hallenschweizermeisterschaft<br />
26 swiss sport 2 2007
eindrücklich bewiesen. Beide erreichten die L<strong>im</strong>ite für<br />
die Leichtathletik-Halleneuropameisterschaft in Birmingham<br />
(ENG). Für ihn sei schlussendlich entscheidend,<br />
so Haas, dass der Leichtathletik-Sport, besonders in der<br />
Ostschweiz, durch das Athletik Zentrum einen positiven<br />
Impuls mit nationaler Ausstrahlung erhalte. Gerade in der<br />
Region St. Gallen habe man nach vielen erfolgreichen<br />
Leichtathletik-Jahren eine Durststrecke hinter sich und sei<br />
nun für die Zukunft gerüstet. «Ich erwarte keine schnelle<br />
Wende hin zu riesigen Erfolgen, aber eine gute Infrastruktur<br />
ist die Basis für einen Aufschwung», sagt Haas.<br />
Kein Ersatz für Trainingslager<br />
Haas hält aber fest, dass Indoor-Training nur begrenzt<br />
Einfluss auf die Leistungen in der Sommersaison haben<br />
kann. Zu unterschiedlich seien die Bedingungen. «Einzig<br />
für die technischen Disziplinen wie beispielsweise die<br />
Sprünge (Hoch-, Weit-, Drei- und Stabhochsprung) ist der<br />
Unterschied zwischen Halle und Outdoor relativ klein»,<br />
sagt Haas. Zudem komme trotz den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten<br />
der Halle die 200-Meter-Rundbahn<br />
für das Training der Langstreckenläufer nur bedingt in<br />
Frage. Und dennoch, ist Haas überzeugt, gewinne die<br />
Leichtathletik durch das Zentrum insgesamt an Bedeutung.<br />
Was für den Leichtathletik-Sport gilt, ist auch in anderen<br />
Outdoor-Sportarten zu beobachten. So steigt zum Beispiel<br />
die Zahl von Indoor-Beachvolley-Anlagen in der<br />
Schweiz stetig, aber auch hier werden diese Anlagen<br />
keine Trainingslager <strong>im</strong> Ausland ersetzen. «Wir begrüssen<br />
zwar die Entwicklung», meint Roger Schnegg, Chef<br />
Leistungssport be<strong>im</strong> Volleyballverband, «aber zu einem<br />
Das Athletik Zentrum in Zahlen<br />
Finanzierung in Franken Kanton St. Gallen, 15 Millionen<br />
(davon 3 Mio. aus Sport-Toto-Geldern) | Stadt St. Gallen,<br />
13.5 Mio. | Cityparking AG St. Gallen, 6.3 Mio. | NASAK, 4 Mio. |<br />
Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), 2.3 Mio. |<br />
Total, 41.1 Mio.<br />
Volumen 117 334 m 3<br />
Infrastruktur 200-Meter-Rundbahn mit höhenverstellbaren<br />
Kurven | flexibel einteilbare Vierfach-Sporthalle | Tribüne mit<br />
bis zu 3000 Sitzplätzen | Kletterwand | Dreifach-Sporthalle |<br />
Seminar- und Gastrobereich | 10 Einzel-/Doppelz<strong>im</strong>mer |<br />
Tiefgarage mit über 150 Parkplätzen | Doping-Kontrollraum |<br />
Fitnessraum | Gymnastikraum | 14 Garderoben | Gruppenunterkunft<br />
| Outdoor-Hartplatz<br />
Trainingslager gehört mehr als ein Beachvolley-Feld.»<br />
Er denke dabei – wie Haas – an die unterschiedlichen äusseren<br />
Bedingungen, aber auch an die Trainingspartner,<br />
die <strong>im</strong> Ausland spielen würden.<br />
Provisorium Magglingen<br />
Nichtsdestotrotz ist das Athletik Zentrum St. Gallen in den<br />
Augen des Direktors des Bundesamts für Sport (BASPO),<br />
Matthias Remund, ein Meilenstein für den Leichathletik-<br />
Sport. «Die Sporthalle ‹End der Welt› in Magglingen ist<br />
<strong>im</strong>mer ein Provisorium gewesen», sagt Remund. 30 Jahre<br />
lang haben die Schweizer Hallenleichtathletikmeisterschaften<br />
dort stattgefunden. Überdies war Magglingen<br />
die wichtigste Trainingsbasis in der Wintersaison. Es sei<br />
Zeit geworden für eine zweite Möglichkeit, und die Stadt<br />
St. Gallen habe agiert, so Remund. Dass das BASPO dem<br />
Athletik Zentrum entsprechende Wichtigkeit be<strong>im</strong>isst,<br />
zeigen auch die 4 Millionen Franken, mit der es sich über<br />
das Nationale Sportanlagenkonzept (NASAK) an der Finanzierung<br />
des Projekts beteiligt hat. Das Athletik Zentrum<br />
St. Gallen soll nun Nährboden für Spitzenleistungen<br />
in der Leichtathletik, insbesondere der Hallenleichtathletik<br />
sein. Die Ausgangslage ist verheissungsvoll.<br />
Von links nach rechts<br />
In St. Gallen steht die erste permanente und höhenverstellbare<br />
200-Meter-Indoorbahn der Schweiz.<br />
«Das Athletik Zentrum St. Gallen gibt der Leichtathletik<br />
einen wichtigen Impuls», ist Peter Haas überzeugt.<br />
2 2007 swiss sport 27
P A N O R A M A<br />
Im Dienste<br />
der Athleten und<br />
der Verbände<br />
Seit über zwanzig Jahren richtet das Internationale Sportschiedsgericht<br />
mit Sitz in Lausanne bei Streitigkeiten und sorgt für Recht<br />
und Ordnung in der Sportwelt.<br />
Text Jean-François Berdat Bild Keystone<br />
«Wenn es das TAS nicht gäbe, dann müsste man es erfinden.»<br />
Diese Aussage von Beat Hodler wischt bereits<br />
alle Fragen beiseite, welche die Existenzberechtigung des<br />
Internationalen Sportschiedsgerichts TAS (steht für Tribunal<br />
Arbitral du Sport) in Zweifel ziehen könnten. Pro Jahr<br />
gehen 200 Fälle be<strong>im</strong> TAS ein, über welche die Schiedsrichter<br />
befinden müssen.<br />
Vervielfachung der Konfliktursachen<br />
Die Entwicklung des Profi-Sports und vor allem auch die<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklung hatten<br />
zur Folge, dass die Anforderungen an alle Beteiligten<br />
ständig stiegen. Dies führte wiederum zu einer Vervielfachung<br />
von möglichen Konfliktursachen, denen die<br />
staatlichen Gerichte zunehmend hilflos gegenüber standen.<br />
Unter diesen Umständen wurde die Gründung des<br />
TAS zur Notwendigkeit – am 30. Juni 1984 war es soweit.<br />
Zu Beginn war das TAS dem Internationalen Olympischen<br />
Komitee (IOC) angegliedert, das sämtliche Kosten, die der<br />
Gerichtshof verursachte, trug. Am 15. März 1993 stellte<br />
das TAS seinen Betrieb vorübergehend ein. Allerdings<br />
nur, um ein Jahr später, am 22. Juni 1994, in neuer Frische<br />
zu erstrahlen. Fast alle bedeutenden Vertreter des globalen<br />
Sports waren anwesend, als die Konvention von Paris<br />
unterzeichnet wurde. Sie übertrug die Finanzierung und<br />
Verwaltung des TAS der neu gegründeten, vom IOC unabhängigen<br />
Internationalen Schiedsgerichtskammer für<br />
Sportfragen (CIAS).<br />
Heikle Fälle<br />
236 Schiedsrichter aus 87 verschiedenen Ländern beschäftigt<br />
das TAS. Und die Urteile, die das TAS fällt, sind<br />
ebenso rechtskräftig wie diejenigen eines normalen Gerichts.<br />
«Wir bieten eine Dienstleistung für die Athleten wie<br />
für die Verbände», sagt Beat Hodler, Schiedsrichter am TAS<br />
und externer Rechtsberater von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>. «Besonders<br />
wichtig erscheint mir, dass das TAS die Linie, welche<br />
es gewählt hat, durchzieht, und seine Rechtssprechung<br />
nicht von Fall zu Fall ändert.» Hodler richtet pro Jahr über<br />
fünf bis acht Fälle. Besonders in Erinnerung geblieben ist<br />
dem Berner Anwalt der Fall des Radprofi-Teams Phonak,<br />
dem der Internationale Rad-Verband die Lizenz verweigert<br />
hatte. Diesen Entscheid hob das TAS wieder auf.<br />
Knifflig sei auch der Fall der Snowboarderin Andrea Schuler<br />
gewesen, sagt Hodler. Sie hatte ihre Nichtselektion für<br />
die Olympischen Winterspiele in Turin vor einem Jahr vor<br />
dem TAS angefochten. «Ich habe <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in diesem<br />
Fall beraten.» Die Basler Athletin begründete ihre Klage<br />
damit, dass sie bessere Resultate erreicht habe als einige<br />
der selektionierten Athleten. Das TAS lehnte Schulers<br />
28 swiss sport 2 2007
Seit mehr als 20 Jahren arbeitet<br />
das Tribunal Arbitral du Sport in<br />
Lausanne <strong>im</strong> Dienste der Athleten<br />
und Verbände.<br />
Die Schweizer Schiedsrichter<br />
29 der 236 Schiedsrichter des TAS kommen aus den USA,<br />
die damit das grösste Kontingent stellen. An zweiter Stelle<br />
steht die Schweiz, die 21 Schiedsrichter stellt und damit am<br />
zweitmeisten aller Länder. Die Schweizer Schiedsrichter<br />
sind Lucas Anderes | Luc Argand | Carole Barbey | Jacques<br />
Baumgartner | Michele Bernasconi | Quentin Byrne-Sutton |<br />
François Carrard | Olivier Carrard | Jean Gay | André Gossin |<br />
Beat Hodler | Patrick Lafranchi | Pierre Laville d’Epinay |<br />
Jean-Pierre Morand | Hans Nater | Stephan Netzle | Denis<br />
Oswald | Jean-Philippe Rochat | Corinne Schmidhauser |<br />
Bernhard Welten | Ralph Zloczower<br />
Klage ab, was <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> nicht nur davor bewahrte, einen<br />
selektionierten Athleten während der Spiele aus Turin<br />
nach Hause zu schicken. Das Urteil bestätigte auch die<br />
Hieb- und Stichfestigkeit des angewandten Selektionsverfahrens.<br />
Auch Stephan Netzle, ein anderer Schweizer<br />
Schiedsrichter des TAS, erinnert sich an zwei besonders<br />
heikle Fälle. «Der Fall der rumänischen Turnerin Andreea<br />
Raducan stellte uns vor eine echte Gewissensfrage», erinnert<br />
sich Netzle. Die Mehrkampf-Olympiasiegerin an den<br />
Olympischen Spielen 2000 in Sydney hatte vom Teamarzt<br />
ein Medikament gegen ihre Erkältung erhalten und war<br />
deshalb des Dopings überführt worden. «Glauben Sie mir,<br />
es war eine schwierige Entscheidung, dieses 16-jährige<br />
Mädchen seine Medaille wieder zurückgeben zu lassen.»<br />
Der ehemalige Ruderer Netzle war auch <strong>im</strong> Fall des österreichischen<br />
Skifahrers Hans Knauss, dem Nandrolon-<br />
Missbrauch nachgewiesen worden war, als Schiedsrichter<br />
<strong>im</strong> Einsatz. «Er war ein Medaillenkandidat für Turin, aber<br />
wir haben ihm die Teilnahme verbieten müssen.»<br />
Ständige Weiterentwicklung<br />
Für jeden Fall, über den das TAS entscheidet, werden drei<br />
Schiedsrichter aufgeboten. «Die Tatsache, dass wir jeweils<br />
zu dritt entscheiden, garantiert eine gewisse Unabhängigkeit»,<br />
sagt Netzle, der nicht glaubt, dass die Verwirtschaftlichung<br />
den Sport zerstören wird. «Sicher ist aber,<br />
dass der Sport sich verändert hat.» Auffallend sei, dass<br />
<strong>im</strong>mer mehr Disziplinarfälle vor das TAS kämen. So ging<br />
es beispielsweise <strong>im</strong> Jahr 2000 in 65 Prozent aller Fälle um<br />
Doping. Im selben Jahr stieg übrigens das Budget von<br />
CIAS und TAS auf 1,8 Millionen Franken.<br />
In den zwanzig Jahren seines Bestehens hat sich das TAS<br />
ständig weiterentwickelt und entwickelt sich <strong>im</strong>mer noch<br />
weiter. Zum Beispiel denkt die CIAS darüber nach, weitere<br />
dezentrale Büros zu eröffnen, um den Zugang zur Gerichtsbarkeit<br />
des TAS zu erleichtern. Bereits bestehen zwei<br />
solche Büros in Sydney und New York. Auch mit dem Gedanken,<br />
während sportlichen Grossanlässen temporäre<br />
Kammern zu installieren, wird gespielt. Dabei soll <strong>im</strong>mer<br />
das Prinzip gewahrt werden, dass es kostenlos ist, das TAS<br />
anzurufen.<br />
2 2007 swiss sport 29
I N K Ü R Z E<br />
SWISS OLYMPIC<br />
Trainerausbildung<br />
abgeschlossen<br />
Diplomierte Trainer Spitzensport<br />
Baur Daniel Eishockey | Brigger Hanspeter<br />
Faustball | Cavalli Paola Ski Alpin |<br />
Ceriani Francesco Tennis | Codoni Camille<br />
Rudern | Eberle Petra Ski Alpin | Fankhauser<br />
Marcel Eishockey | Hammel Andrea<br />
Leichtathletik | Hauser Mark Curling |<br />
Jeanneret Thierry Ski Orientierungslauf |<br />
Jegler Ralf Ski Alpin | Läubli Eskil Ski Alpin |<br />
Rüdisüli Ralph Kanu | Sumi Bruno Ski<br />
Alpin | Teutschmann Patrick Rollstuhlrugby<br />
| Winteler Urs Volleyball<br />
TERMINPLAN FÜR DIE MITGLIEDVERBÄNDE<br />
Datum<br />
Anlass<br />
28.03.2007 Nationale Konferenz «Leistungssport, Schule und Ausbildung»<br />
03.05.2007 Forum Chef Leistungssport (–04.05.07)<br />
13.05.2007 Talent Treff Tenero I (–19.05.07)<br />
07.07.2007 Gigathlon 2007 (–14.07.07)<br />
22.07.2007 Summer European Youth <strong>Olympic</strong> Festival (EYOF), Belgrad<br />
(Serbien) (–27.07.07)<br />
23.09.2007 Talent Treff Tenero II (–29.09.07)<br />
26.10.2007 Super10Kampf<br />
31.10.2007 Trainerherbsttagung (–02.11.07)<br />
23.11.2007 Sport Session, Bern<br />
24.11.2007 11. Versammlung des Sportparlaments, Bern<br />
11.12.2007 5. Nationale Konferenz Nachwuchsförderung<br />
2008<br />
08.08.2008 Olympische Sommerspiele Peking (–24.08.08)<br />
06.09.2008 Paralympics Peking (–17.09.08)<br />
Trainer Leistungssport mit<br />
eidgenössischem Fachausweis<br />
Amstutz Schläppi Kristin Kanu Abfahrt |<br />
Baumgartner Marc Handball | Bernet<br />
Peter Ski Alpin | Bovet Christophe Golf |<br />
Bucheli Thomas Leichtathletik | Doyer<br />
Anne-Catherine Basketball | Dreyfuss<br />
Philippe Trampolin | Feuz Daniel Streethockey<br />
| Habegger Martin Reiten | Hartmann<br />
Erwin Ski Alpin | Hebeisen<br />
Marianne Orientierungslauf | Heynen<br />
Dirk Volleyball | Inderkum <strong>Christian</strong><br />
Snowboard | Jeanneret Ophélia Eislauf |<br />
Jin Lin Lin Tischtennis | Kästli Irene Badminton<br />
| Keller Vroni Handball | Keller-<br />
Ehinger Josiane Eiskunstlauf | Kobel<br />
Stefan Volleyball/Beachvolleyball |<br />
Kressig Patrick Golf | Kunz Johannes Kanu<br />
Regatta | Kurzen Noël Teakwondo |<br />
Lobello René Fussball | Locher Stève Ski<br />
Alpin | Loukili Nadia Wasserspringen |<br />
Lussi Rumo Ski Alpin | Luykx Roeland<br />
Schw<strong>im</strong>men | Mathis Martin Eishockey |<br />
Mezquita Roberto Unihockey | Muino<br />
Laura Eiskunstlauf | Nicodet Yahel Eislauf |<br />
Polesana Franco Leichtathletik | Reinicke<br />
Dirk Schw<strong>im</strong>men | Rentsch Thomas Radsport<br />
| Rey Steve Golf | Rossini Arno<br />
Fussball | Rothenbühler Adrian Leichtathletik<br />
| Schönenberger Urs Sportklettern<br />
| Steingruber Florian Volleyball |<br />
Stöckli Ralph Curling | Tamani Cédric<br />
Skeleton | Ursea Adrian Fussball | Zürcher<br />
Eric-Pi Fussball<br />
Korrigendum In der Ausgabe 1/07 von<br />
swiss sport fehlten in der Liste der Schweizer<br />
Medaillen an Olympischen Spielen,<br />
Paralympics, Welt- und Europameisterschaften<br />
der Elite und Junioren 2006<br />
einige Namen. Wir entschuldigen uns<br />
dafür und publizieren hier die fehlenden<br />
Medaillengewinner:<br />
Gold<br />
Rad Bahn Atzeni Giuseppe, Durst<br />
Dieter Steher, EM Forst GER | Behindertensport<br />
Schw<strong>im</strong>men Cavin Chantal<br />
S11, 100 m Crawl (neuer Weltrekord), WM<br />
Durban RSA<br />
Silber<br />
Behindertensport Schw<strong>im</strong>men Cavin<br />
Chantal S11, 50 m Crawl | 100 m Brust |<br />
400 m Crawl, WM Durban RSA<br />
Bronze<br />
Rad Bahn Carlolina Lüthi Omnium, EM<br />
Athen GRE | Behindertensport Leichtathletik<br />
Kolly Urs P44 Fünfkampf, WM<br />
Assen NED<br />
AUS- UND WEITERBILDUNG SWISS OLYMPIC<br />
Unsere aktuellen Kurse finden Sie unter<br />
www.swissolympic.ch > Ausbildung/Entwicklung > Kurse<br />
30 swiss sport 2 2007
Youth Sport Session 2007<br />
Die Youth Sport Session ist ein Programm,<br />
das von Jungen für Junge organisiert<br />
wird, damit sie sich zu aktuellen<br />
Themen rund um den Sport äussern können.<br />
Die zweite Ausgabe findet am Freitag und<br />
Samstag, 23. und 24. November 2007, <strong>im</strong><br />
Haus des Sports in Ittigen bei Bern statt.<br />
Wie <strong>im</strong> Vorjahr werden Workshops unter<br />
der Leitung von Moderatoren und Experten<br />
organisiert. Diskutiert wird über die<br />
verschiedenen Facetten des Sports, positive<br />
wie negative. Die Teilnehmenden<br />
können – entsprechend den olympischen<br />
Ringen – aus fünf Themen wählen:<br />
Sportpolitik Schweiz Die positiven Auswirkungen<br />
des Sports auf die Gesellschaft<br />
sind vom Bundesrat offiziell anerkannt,<br />
aber wie steht es mit der konkreten Umsetzung?<br />
Olympische Spiele und Wirtschaft Was<br />
sind die wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
von Olympischen Spielen <strong>im</strong> Allgemeinen<br />
und der Spiele 2008 in Peking <strong>im</strong><br />
Speziellen?<br />
Doping Welches sind die Hintergründe<br />
des Dopings, die der Bevölkerung häufig<br />
wenig bekannt sind?<br />
Ehrenamt Wie können die Verbände dabei<br />
unterstützt werden, die Wertschätzung<br />
des Ehrenamts zu stärken?<br />
Gewaltprävention <strong>im</strong> Sport Wie kann<br />
die Gewalt durch den Sport vermindert<br />
werden?<br />
Die entscheidende Frage lautet aber: Werden<br />
die Teilnehmenden an der Youth<br />
Sport Session 2007 ihre Begeisterung und<br />
ihre Leidenschaft für den Sport einbringen<br />
können? Auskünfte:<br />
www.swissolympic.ch > Events<br />
oder direkt bei<br />
sylvie.schopper@swissolympic.ch SYS<br />
«cool and clean»<br />
schw<strong>im</strong>mt obenauf<br />
Am Wochenende vom 3. und 4. Februar fielen<br />
an den Schweizer Vereinsmeisterschaften<br />
<strong>im</strong> Hallenbad Nid-du-crô in Neuchâtel<br />
die Entscheidungen. Je 24 Damen- und<br />
Herrenteams kämpften in der Nationalliga<br />
A und B um Titel, Auf- und Abstieg.<br />
Die Gastgeber von «Red-Fish Neuchâtel»<br />
präsentierten während beiden Wettkampftagen<br />
eine tolle Show, wie man sie sonst<br />
nur aus Amerika kennt. Die Frauen präsentierten<br />
sich als «cool and clean» Cheerlea-<br />
ders und die Männer als American-Football-Spieler<br />
verkleidet. Auch sonst war<br />
«cool and clean» an diesem Wochenende<br />
omnipräsent. Mit über 800 Athleten und<br />
Zuschauern konnte das Präventionsprogramm<br />
ein grosses Publikum erreichen.<br />
Am Eingang des Schw<strong>im</strong>mkomplexes warben<br />
die Nachwuchsschw<strong>im</strong>mer von Red-<br />
Fish an einer Info-Bar für fairen und sauberen<br />
Sport. Banderolen rund um das Becken<br />
und regelmässige Jingles, welche die Zuschauer<br />
zu fairen Bedingungen und rauchfreier<br />
Atmosphäre aufforderten, komplettierten<br />
den Auftritt von «cool and clean».<br />
Die an Spannung kaum zu überbietende<br />
Schlussphase dieser Meisterschaften hat<br />
einmal mehr bewiesen: Die Vereinsmeisterschaften<br />
gehören zu den Highlights<br />
<strong>im</strong> Schweizer Wettkampfkalender der<br />
Schw<strong>im</strong>mer.<br />
Ein grosser Dank gilt dem Team Red-Fish<br />
Neuchâtel für den grossen Einsatz für fairen<br />
und rauchfreien Sport!<br />
SG<br />
zvg<br />
10 2 2006 2007 swiss sport 31