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Christian Rufer im Gespräch - Swiss Olympic

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EYOF 2007<br />

in Jaca <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und BASPO:<br />

Gemeinsam für den Schweizer Sport<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> <strong>im</strong> Gespräch<br />

2/07 www.swissolympic.ch


swiss sport 2 | 2007<br />

15. März 2007<br />

7<br />

22<br />

10<br />

4 Fokus Kooperationsvereinbarungen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>-BASPO<br />

Was drin steht<br />

7 Marc-André Giger und Matthias Remund erläutern, was die Vereinbarung bringt<br />

10 <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Inside European Youth <strong>Olympic</strong> Festival 2007 in Jaca, Spanien<br />

14 Eine Broschüre stellt die Nachwuchs-Konzepte der Verbände vor<br />

16 <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> unterzeichnet die «Erklärung des Schweizer Sports zur<br />

Bekämpfung von Gewalt»<br />

17 E-Learning an den Labelschulen<br />

19 Sportpolitik: Benedikt Weibel hat das Wort<br />

20 Leistungsvereinbarungen<br />

22 Im Gespräch Nationaltrainer <strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> erklärt, was hinter den vielen<br />

Medaillen der alpinen Snowboarder steht<br />

24 Panorama Warum Skicross 2010 olympisch wird<br />

26 Das Zentrum der Hallenleichtathletik liegt neu in der Ostschweiz<br />

28 Das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) in Lausanne<br />

30 In Kürze | Kurzmeldungen | Comic | «… for the SPIRIT of SPORT»<br />

IMPRESSUM | swiss sport – offizielles Organ von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> | Herausgeber <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Association Redaktionsadresse<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Association, Abteilung Marketing und Kommunikation, Haus des Sports, Postfach 606, CH-3000 Bern 22, Telefon 031 359 71 11,<br />

Fax 031 359 71 71 E-Mail info@swissolympic.ch Internet www.swissolympic.ch Redaktionsleitung, Koordination Christof Kaufmann, 031 359 71 35,<br />

christof.kaufmann@swissolympic.ch Redaktionsteam Markus Aerni, Werner Augsburger, Judith Conrad, Christoph Emch, Claudia Imhasly, Christof<br />

Kaufmann, Patrick Pfister Inserate Miriam Bäni, 031 359 71 85, miriam.baeni@swissolympic.ch Produktion und Layout Atelier Richner, Visuelle<br />

Gestaltung, Bern. www.atelierrichner.ch Druck und Vertrieb Birkhäuser+GBC AG, Reinach BL Auflage 8500 Ex. (6900 Ex. deutsch, 1600 Ex. französisch)<br />

Erscheint 10 x jährlich Nachdruck Der Nachdruck einzelner Artikel unter Quellenangabe ist erwünscht. Unter www.swissolympic.ch ist das PDF <strong>im</strong> Internet<br />

abrufbar Verteiler Verbände, Athletinnen und Athleten, Trainer, Funktionäre, Gremien und Institutionen von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, Partner, Sportredaktionen<br />

der Schweizer Medien Abonnementspreise Im Mitgliederbeitrag enthalten/Abopreise für Nichtmitglieder: 1Jahr CHF 45.– / 2 Jahre CHF 80.–.<br />

Titelseite Die Medaillengewinner Jaca 2007. Matthias Zurbuchen | Das nächste swiss sport erscheint Mitte April 2007.


E D I T O R I A L<br />

26<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Die beiden Schrittmacher des Schweizer Sports erhöhen den<br />

Takt. Das Bundesamt für Sport (BASPO) und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />

haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Sie regelt<br />

in groben Zügen, welche der beiden Organisationen in welchem<br />

Bereich den «Lead», sprich die Chefrolle inne hat und<br />

welche unterstützend wirken soll. «Das tönt ja verdächtig nach<br />

einem Papiertiger», denken Sie vielleicht. Marc-André Giger,<br />

CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, und BASPO-Direktor Matthias Remund<br />

sind da ganz anderer Meinung. Im Interview erklären sie, warum<br />

diese Vereinbarung absolut notwendig ist und welche konkreten<br />

Auswirkungen sie auf den Schweizer Sport haben wird.<br />

Mitte Februar hat in den spanischen Pyrenäen das Olympische<br />

Winterfestival der Europäischen Jugend stattgefunden. Es war<br />

inspirierend dabei zu sein, als 1300 Jugendliche auf höchstem<br />

Niveau um Medaillen kämpften und gleichzeitig gemeinsam<br />

den olympischen Spirit erlebten und feierten. Und das Wissen,<br />

dass das eine oder andere Mitglied der Schweizer Delegation<br />

vielleicht schon in Vancouver 2010 um die Medaillen miteifern<br />

könnte, steigert den Wert dieser Veranstaltung noch mehr.<br />

Wie die Schweizer Nachwuchsathleten in Jaca abgeschnitten<br />

haben, lesen Sie in diesem Heft.<br />

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre.<br />

Christof Kaufmann<br />

Redaktor «swiss sport»


F O K U S<br />

Vereinbarung regelt<br />

Kompetenzen <strong>im</strong><br />

Eine Kooperationsvereinbarung regelt seit<br />

Anfang Jahr die Zusammenarbeit zwischen<br />

dem Bundesamt für Sport und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />

Das Dokument wird frischen Wind in die<br />

Schweizer Sportförderung bringen, sind sich<br />

die Beteiligten einig.<br />

Text Christof Kaufmann Bild Keystone<br />

Bundesrat Samuel Schmid sagt: «Die Kooperationsvereinbarung<br />

bildet das Fundament für<br />

eine langfristige und effiziente Zusammenarbeit<br />

zwischen dem VBS und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />

Letztlich wollen wir alle dasselbe: Bewegung<br />

und Sport entwickeln, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern,<br />

die Gesundheit zu fördern, die Bildungschancen<br />

zu nutzen und – nicht zuletzt – um Lebensfreude zu vermitteln!»<br />

Das Dokument, von dem Schmid spricht, heisst «Kooperationsvereinbarung<br />

zur Sportförderung Schweiz». Die<br />

Präambel präzisiert, dass die Vereinbarung die Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Eidgenössischen Departement<br />

für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)<br />

«Die Kompetenzen sind nun klar geregelt»: BASPO-Direktor Matthias<br />

Remund, Bundesrat Samuel Schmid, <strong>Swiss</strong>-<strong>Olympic</strong>-Präsident Jörg Schild<br />

und der ehemalige CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, Marco Blatter (v.l.n.r.), unterzeichnen<br />

die Kooperationsvereinbarung.<br />

4 swiss sport 2 2007


Das definiert die Kooperationsvereinbarung<br />

Allgemeine Sport- und Bewegungsförderung<br />

S<br />

S<br />

L<br />

L<br />

Sport- und Bewegungsförderung <strong>im</strong> Kindes- und Jugendalter<br />

Sport- und Bewegungsförderung <strong>im</strong> Erwachsenenalter<br />

Nachwuchsförderung<br />

L<br />

S<br />

S<br />

L<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Talents<br />

J+S-Nachwuchsförderung<br />

Spitzensport<br />

L<br />

L<br />

L<br />

S<br />

S<br />

S<br />

S<br />

L<br />

Führung Spitzensport<br />

Förderung und Unterstützung der Sportverbände<br />

Olympiamanagement<br />

Nationales Spitzensportzentrum Magglingen<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

L<br />

S<br />

L<br />

S<br />

L<br />

S<br />

Verbandsaus- und -weiterbildungen<br />

Leiter- und Trainerausbildung<br />

Sportmanagement<br />

Ethik /Fairer und sicherer Sport<br />

L S Umsetzung der Prinzipien der Ethik-Charta, insbesondere:<br />

Dopingbekämpfung | Gewaltfreier Sport | Keine sexuellen Übergriffe<br />

<strong>im</strong> Sport | Suchtprävention<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> VBS/BASPO | L Lead S Support<br />

Schweizer Sport<br />

und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> regelt. Und die Einleitung benennt<br />

auch gleich die zentralen Zielsetzungen, die hinter diesem<br />

Abkommen zwischen der Führungsorganisation des<br />

öffentlich-rechtlichen Sports und jener des privatrechtlichen<br />

Sports stehen: Die Regelung der Zusammenarbeit<br />

soll den Stellenwert des Schweizer Sports und die Sportförderung<br />

in allen Facetten stärken. Zudem soll ein effizienterer<br />

und effektiverer Mitteleinsatz möglich werden.<br />

«Opt<strong>im</strong>ale Rahmenbedingungen schaffen»<br />

Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, ist froh, dass<br />

die Vereinbarung zustande gekommen ist. «Wir können<br />

uns in der Schweiz ein Denken, das nicht über den eigenen<br />

Gartenhag hinaus reicht, schlicht nicht leisten.» Das<br />

Papier sei ein riesiger Schritt in Richtung einer vertieften<br />

Zusammenarbeit zwischen dem BASPO und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>.<br />

«Wenn wir opt<strong>im</strong>ale Rahmenbedingungen schaffen<br />

wollen für den Sport, dann müssen wir unsere Kräfte<br />

bündeln und Doppelspurigkeiten unbedingt verhindern»,<br />

sagt Schild. Die Kooperationsvereinbarung definiert denn<br />

auch ganz klar, wer für welchen Bereich zuständig ist. Die<br />

Vereinbarung benennt fünf grosse Handlungsfelder mit<br />

verschiedenen Leistungsbereichen (siehe Kasten). Innerhalb<br />

dieser Leistungsbereiche wird definiert, welcher der<br />

beiden Partner den «Lead» hat und welcher für den «Support»<br />

zuständig ist. «Lead» bedeutet dabei «strategische<br />

und operative Verantwortung», mit «Support» ist inhaltliche<br />

und gegebenenfalls auch finanzielle Unterstützung<br />

gemeint.<br />

Die Kooperationsvereinbarung schreibt <strong>im</strong> Bereich der<br />

Allgemeinen Sport- und Bewegungsförderung die Verantwortung<br />

dem BASPO zu, während <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in<br />

den Bereichen Spitzensport und Ethik die Führung innehat.<br />

Die Nachwuchsförderung steht auf je einem Standbein<br />

der beiden Organisationen, nämlich der J+S-Nach-<br />

2 2007 swiss sport 5


F O K U S<br />

wuchsförderung unter der Ägide des BASPO und <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> Talents. Gleiches gilt für die Aus- und Weiterbildung,<br />

wo das BASPO für die Leiter- und Trainerausbildung<br />

zuständig ist, während <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Verantwortung<br />

für die Ausbildung der Verbandsfunktionäre<br />

und Sportmanager hat.<br />

«Diese Partnerschaft wird<br />

wegweisend sein»<br />

«Partnerschaftlicher Geist»<br />

Für BASPO-Direktor Matthias Remund ist die klare Aufteilung<br />

von Verantwortungsbereichen zwischen seiner<br />

Organisation und <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> von grundlegender<br />

Bedeutung (siehe auch nachfolgendes Interview): «Man<br />

kann Aufgaben nur dann wahrnehmen, wenn man über<br />

die entsprechenden Kompetenzen verfügt und in der<br />

Verantwortung steht.» Es sei ja nicht so, dass das BASPO<br />

seine Partner anders unterstütze als zuvor. «Aber die<br />

Kompetenzen sind nun klar geregelt.» Remunds Pendant,<br />

<strong>Swiss</strong>-<strong>Olympic</strong>-CEO Marc-André Giger, sagt: «Diese Kooperationsvereinbarung<br />

ist in einem äusserst partnerschaftlichen<br />

Geist erarbeitet worden. Und diese Partnerschaft<br />

mit dem BASPO wird wegweisend sein für den Schweizer<br />

Sport.»<br />

Für Marco Blatter, Vorgänger von Marc-André Giger und<br />

seit Ende 2006 <strong>im</strong> Ruhestand, der an der Ausarbeitung<br />

der Vereinbarung massgeblich beteiligt war und sie von<br />

Seiten <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> auch mitunterzeichnet hat, ist die<br />

Kooperationsvereinbarung ebenfalls ein wichtiger Schritt.<br />

«Entscheidend ist letztendlich aber das Verhalten des<br />

Menschen und nicht ein Papier.» Begrüssenswert sei, dass<br />

die Vereinbarung festlege, wer in welchem Bereich den<br />

Lead habe und wer unterstützend wirke, so Blatter. Davon<br />

könne der Schweizer Sport nur profitieren.


«Der Leuchtturm,<br />

an dem wir uns<br />

orientieren»<br />

Marc-André Giger, CEO von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, und BASPO-Direktor Matthias<br />

Remund erläutern <strong>im</strong> Gespräch die Bedeutung der Kooperationsvereinbarung<br />

zwischen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und BASPO für den Schweizer Sport und wie sie<br />

die Zusammenarbeit der beiden Partner künftig sehen.<br />

Interview Christof Kaufmann Bilder Claudia Imhasly<br />

swiss sport Marc-André Giger, Matthias Remund,<br />

warum braucht es die Kooperationsvereinbarung,<br />

die <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und das BASPO <strong>im</strong> vergangenen<br />

Dezember unterzeichnet haben?<br />

Marc-André Giger Als ich hierher ins Haus des Sports<br />

kam, habe ich schnell gemerkt, dass ein extrem grosses<br />

Bedürfnis bestand, die Schnittstellen zum BASPO zu<br />

klären, die gegenseitigen Prozesse zu definieren. Die Kooperationsvereinbarung<br />

zeigt in groben Zügen auf, wer<br />

wo den Lead hat. Sie ist der Leuchtturm, an dem wir uns<br />

orientieren, öffentlich-rechtlicher wie privatrechtlicher<br />

Sport. In den nächsten Monaten werden wir nun davon<br />

ausgehend die strategischen Zielsetzungen für jeden Bereich<br />

formulieren. Bisher waren diese Ziele nicht <strong>im</strong>mer<br />

allen klar. Was ich betonen möchte: Die Kooperationsvereinbarung<br />

ist in einem äusserst partnerschaftlichen<br />

Geist erarbeitet worden. Bei der Umsetzung soll nun der<br />

gleiche partnerschaftliche Geist herrschen.<br />

Matthias Remund Im Zentrum steht der Schweizer<br />

Sport. Wir haben eine Vereinbarung erarbeitet, die seinen<br />

Bedürfnissen entspricht. Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher<br />

Sport sollen sich ergänzen. Das bedeutet,<br />

dass auf der einen Seite die knappen Ressourcen effektiv<br />

und effizient eingesetzt werden. Auf der anderen Seite<br />

sollen bestehende Doppelspurigkeiten el<strong>im</strong>iniert werden<br />

und die Zusammenarbeit in dem Sinn gestaltet werden,<br />

dass sie ergänzend ist. So entsteht auch eine gegenseitige<br />

Sicherheit, was die Tätigkeiten des Partners angeht.<br />

Marc-André Giger Auch hier <strong>im</strong> Haus des Sports werden<br />

Ende Jahr alle wissen, was sie dazu beitragen, dass<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Ziele in den Bereichen, in denen wir<br />

den Lead haben, erreicht. Das ist es, was mir an dieser<br />

Vereinbarung gefällt, das vorwärts Orientierte.<br />

Sie haben Doppelspurigkeiten erwähnt,<br />

Herr Remund. Können Sie konkrete Beispiele<br />

benennen?<br />

Matthias Remund Doppelspurigkeiten gab es beispielsweise<br />

bei Tätigkeiten rund um die negativen Seiten<br />

des Sports. So haben wir uns jetzt abgest<strong>im</strong>mt, wenn es<br />

um die Bekämpfung von sexuellen Übergriffen <strong>im</strong> Sport<br />

2 2007 swiss sport 7


F O K U S<br />

verbänden. Das Schlechteste, was wir in der Schweiz<br />

machen können, ist ein «Gärtlidenken» zu pflegen und<br />

unabgesprochene Massnahmen umzusetzen. Die Mittel<br />

sind viel zu knapp, als dass wir uns das erlauben könnten.<br />

Die Vereinbarung ordnet <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in elf Bereichen<br />

den Lead zu, dem BASPO dagegen nur in fünf.<br />

Matthias Remund In der Schweiz will die Politik, zu<br />

Recht, keinen Staatssport. Der Bund fördert den Sport<br />

subsidiär. Das BASPO garantiert Beständigkeit und<br />

Wissen. Während sich in den Verbänden Leistungssport-<br />

Chefs und Trainer die Klinke in die Hand geben, steht<br />

das BASPO wie ein grosser Fels in der Brandung; zum Beispiel<br />

mit seinen Sportwissenschaftern mit spezifischem<br />

Know-how.<br />

geht, und auch bei der Dopingbekämpfung. Aber auch<br />

die Bereiche Integration, Suchtbekämpfung oder Gewaltbekämpfung<br />

entwickeln wir jetzt gemeinsam weiter.<br />

Ein grauer Bereich bestand auch <strong>im</strong> Bereich Bildung.<br />

Die Doppelspurigkeiten rund um die Sportmanagement-<br />

Ausbildung sind jetzt beseitigt, es gibt mit dem <strong>Swiss</strong><br />

Sport Management Center SSMC nur noch einen Anbieter,<br />

getragen von den Partnern <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, VMI,<br />

Idheap und BASPO.<br />

Wie sieht das <strong>im</strong> Bereich Spitzensport aus?<br />

Matthias Remund Im Spitzensport gab es keine Überlappungen<br />

<strong>im</strong> engeren Sinn, aber man arbeitete nicht<br />

koordiniert. Neu sind die subsidiäre Unterstützung des<br />

BASPO und die Massnahmen von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> abgest<strong>im</strong>mt.<br />

Ich denke da beispielsweise an die Trainerbildung,<br />

an Spitzensport <strong>im</strong> Militär oder an die Nachwuchsförderung.<br />

Marc-André Giger Die Vereinbarung gibt uns eine klare<br />

Vorstellung, wohin wir gemeinsam mit dem BASPO wollen,<br />

und das st<strong>im</strong>mt mich sehr zuversichtlich für die Zukunft.<br />

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Aufgaben,<br />

die uns die Vereinbarung zuweist, nicht nur wahrn<strong>im</strong>mt,<br />

sondern auch einfordert, beispielsweise be<strong>im</strong><br />

Thema Gewalt und Sport. Der privatrechtliche Sport muss<br />

Eigenverantwortung übernehmen, und ich wünsche mir<br />

von den Verbänden, dass sie uns folgen.<br />

Wie bezieht das BASPO seine Partner mit ein bei<br />

der Umsetzung der Vereinbarung?<br />

Matthias Remund Wir werden die Vereinbarung mit<br />

unseren Partnern umsetzen; mit der Konferenz der kantonalen<br />

Sportbeauftragten (KKS), den Kantonsregierungen<br />

und den Gemeindeverbänden, sowie dem Exekutivrat<br />

von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, dem Sportparlament und den Sport-<br />

Marc-André Giger Da muss <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> parallel dazu<br />

nicht auch noch Wissenschaftler beschäftigen. Dagegen<br />

haben wir die Nähe zu den Verbänden, zu den Athleten.<br />

Mit dem neuen Spitzensportkonzept werden wir die Athleten<br />

durchgehend betreuen können, vom Moment, wo<br />

sie als <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Talent bei uns eintreten bis sie am<br />

Schluss wieder…<br />

«Der privatrechtliche Sport<br />

muss Eigenverantwortung<br />

übernehmen»<br />

Marc-André Giger<br />

Matthias Remund … in der Trainerbildung beginnen<br />

als Olympiasieger.<br />

Marc-André Giger [lacht] Nach der Sportkarriere, genau.<br />

Diese Nähe zu den Athleten ist unsere Stärke, und<br />

die müssen wir ausbauen. BASPO wie <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />

haben je ihre Stärken, darauf müssen wir aufbauen.<br />

Matthias Remund Dann erübrigt sich auch die Frage,<br />

wer die Führung hat <strong>im</strong> Schweizer Sport. Falsche Frage!<br />

Die Frage muss anders lauten, nämlich: Wie führt und<br />

fördert man den Sport? Dieser Geist steht auch hinter der<br />

Vereinbarung. Es geht darum, Synergien zu erkennen und<br />

zu nutzen. Das wird meiner Ansicht nach viel Schwung<br />

erzeugen in der Sportförderung Schweiz. Wir hatten viele<br />

gute Anzeichen wie die Spitzensport-RS, NASAK, <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> Talents, Dopingbekämpfung und die Trainerbildung.<br />

In diesen Bereichen haben wir bereits gut mit <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> zusammen gearbeitet. Jetzt geht es darum, diese<br />

Inseln miteinander zu verbinden.<br />

8 swiss sport 2 2007


Wann wird Bilanz gezogen, ob die Vereinbarung<br />

das gebracht hat, was Sie sich von ihr erhoffen?<br />

Marc-André Giger Die konkreten Massnahmen, die wir<br />

jetzt anpacken, sind nicht in Stein gemeisselt. Beispiel<br />

Spitzensport: Bis Ende Jahr will ich ein Konzept haben,<br />

mit dem wir arbeiten können. Aber das wird einer permanenten<br />

Überprüfung unterzogen werden müssen. Und<br />

wenn wir Zielsetzungen nicht erreichen, müssen wir uns<br />

fragen, mit welchen Massnahmen wir die Zielvorgaben<br />

erreichen können. Das ist für mich ein permanenter Prozess.<br />

Zuerst müssen wir jetzt aber eine Basis legen. Man<br />

kann nur überprüfen, was man mal als Zielvorgabe formuliert<br />

hat.<br />

Sie beide weisen gewisse Ähnlichkeiten auf.<br />

Fördern Gemeinsamkeiten eine gute Zusammenarbeit<br />

zwischen Ihnen beiden?<br />

Matthias Remund Marc-André ist ein Ausdauerläufer.<br />

Ich bin zwar von der Konstitution her eher Sprinter, habe<br />

aber früh zum Langlauf und damit auch in den Ausdauersport<br />

gewechselt. Ob uns das hilft, weiss ich nicht. Im<br />

Ernst. Wir sind beide unbelastet, kamen beide von aussen<br />

in unsere Ämter. Und wir wollen beide dasselbe, nämlich<br />

den Sport weiterentwickeln und seine Akzeptanz in der<br />

Gesellschaft verbessern. Wenn jüngere Leute am Ruder<br />

sind, haben diese ihre Ideen, und von denen sollen sie<br />

auch überzeugt sein. Vielleicht passieren Marc-André und<br />

mir Fehler, die unsere Vorgänger nicht mehr machen<br />

würden. Wer weiss. Aber wer arbeitet, der macht Fehler.<br />

Es wird auf jeden Fall schwierig sein, einen Keil zwischen<br />

uns zu schlagen. Ich habe schon gehört, dass man Angst<br />

habe vor der Dynamik, die jetzt entsteht.<br />

Marc-André Giger Aber das ist genau der falsche Ansatz!<br />

«Die wollen uns übers Ohr hauen. Die wollen uns<br />

Mittel entziehen.» Das ist nicht das Thema. Wir arbeiten<br />

nicht gegen etwas oder jemanden, sondern stehen <strong>im</strong><br />

Dienste anderer.<br />

Matthias Remund Wir wollen den Erwartungen der<br />

Verbände, der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler<br />

gerecht werden. Fertig. Und zwar in unserer definierten<br />

Rolle. Nichts anderes.<br />

Marc-André Giger Im Bereich Spitzensport, den du ansprichst,<br />

möchte ich mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> sogar noch einen<br />

Schritt weitergehen und den Verbänden aufzeigen, wo<br />

wir hinwollen. So können wir auch entsprechende Zielsetzungen<br />

wecken bei den Verbänden, statt nur darauf<br />

zu warten, was sie von uns wollen.<br />

«Es wird schwierig sein,<br />

einen Keil zwischen uns<br />

zu schlagen»<br />

Matthias Remund<br />

2 2007 swiss sport 9


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Schweiz gewinnt<br />

sechs EYOF-Medaillen<br />

Die Schweizer Delegation hat am Olympischen Winterfestival der<br />

Europäischen Jugend (EYOF) äusserst erfolgreich abgeschnitten.<br />

Die Schweizer Athletinnen und Athleten holten sechs Medaillen und<br />

belegten den anvisierten sechsten Nationenrang.<br />

Text Christof Kaufmann Bilder Matthias Zurbuchen<br />

Eine st<strong>im</strong>mungsvolle Schlussfeier<br />

beendete nach sechs Tagen das<br />

EYOF 2007 in den spanischen<br />

Pyrenäen. 1300 Athleten aus 43<br />

europäischen Ländern hatten<br />

eine Woche lang in den Sportarten Biathlon,<br />

Eishockey, Eislauf, Langlauf, Ski alpin<br />

und Snowboard um olympische Medaillen<br />

gekämpft und zum ersten Mal den<br />

olympischen Geist erfahren. Das zeigte<br />

10 swiss sport 2 2007


sich auch bei der Schlussfeier, als Jacken,<br />

Pullover und Mützen getauscht wurden,<br />

als spanische Athleten leuchtend grüne<br />

Mützen aus Estland ebenso stolz trugen<br />

wie finnische Athleten den roten Kapuzenpullover<br />

mit dem Schweizer Kreuz auf dem<br />

Arm.<br />

«Dieser Sieg ist viel wert<br />

für meine Spieler»<br />

Zwei Doppel-Medaillengewinner<br />

Die Schweizer Delegation konnte sich<br />

über gute Leistungen der 44 Athletinnen<br />

und Athleten freuen, die nach Jaca gereist<br />

waren. Herausragend waren dabei die<br />

Leistungen der Snowboarderin Yvonne<br />

Schütz und des Biathleten Benjamin<br />

Weger, die je zwei Medaillen gewannen.<br />

Die Berner Oberländerin gewann Gold <strong>im</strong><br />

Riesenslalom Einzel und Bronze <strong>im</strong> Parallel-Riesenslalom.<br />

Besonders bei ihrer<br />

Fahrt zuoberst aufs Podest bewies Schütz<br />

grosse Nervenstärke, hatte sie doch nach<br />

dem ersten Durchgang noch auf dem<br />

vierten Platz gelegen. Mit einem sauberen<br />

zweiten Lauf fing sie die drei vor ihr liegenden<br />

Konkurrentinnen noch ab. Benjamin<br />

Weger verdankte seine Silbermedaille<br />

<strong>im</strong> Biathlon-Sprint einer guten Schiessleistung.<br />

Nur einmal hatte er daneben geschossen<br />

und eine Zusatzrunde absolvieren<br />

müssen. Das reichte dem guten Läufer<br />

Weger zum zweiten Platz. Im anschliessenden<br />

Verfolgungsrennen verlor der Walliser<br />

dann nur noch einen Platz und konnte sich<br />

auch noch eine Bronzemedaille umhängen<br />

lassen. Markus Segessenmann, Teamchef<br />

Biathlon, sagte zu Wegers Leistung: «Insgehe<strong>im</strong><br />

habe ich mir ein solches Topresultat<br />

von Benjamin erhofft. Er hat sich be<strong>im</strong><br />

Schiessen jeweils viel Zeit genommen<br />

und das hat sich ausgezahlt.»<br />

Lüschers gute Gene<br />

Die weiteren Medaillen für die Schweizer<br />

Delegation holten der Skifahrer T<strong>im</strong> Lüscher,<br />

der <strong>im</strong> Slalom auf den zweiten Platz<br />

fuhr, und die Schweizer U17-Eishockey-<br />

Nationalmannschaft, die in einem stark<br />

besetzen Turnier Bronze holte. Dass T<strong>im</strong><br />

Lüscher ein guter Skifahrer ist, kann eigentlich<br />

nicht überraschen. Der Romand<br />

hat das Skifahren <strong>im</strong> Blut. Sein Vater, der<br />

Schweizer Peter Lüscher, gewann sechs<br />

Weltcuprennen, 1979 den Gesamtweltcup<br />

und dazu die Silbermedaille an der<br />

WM in Schladming 1982. Seine Mutter,<br />

die Französin Fabienne Serat, ist eben-<br />

falls ehemalige Skirennfahrerin. Er habe<br />

es sehr genossen, auf dem Podest zu stehen,<br />

sagte der junge Skirennfahrer nach<br />

der Medaillenfeier. «Wenn ich das nächste<br />

Mal auf dem Podest stehe, will ich aber<br />

die Schweizer Hymne hören.» Mit seinem<br />

Rennen war Lüscher nicht ganz zufrieden.<br />

«Im ersten Lauf fuhr ich zu verhalten, und<br />

<strong>im</strong> zweiten machte ich einen schweren<br />

Fehler.» Er glaube aber nicht, dass es ihm<br />

ohne diesen Fehler ganz nach oben gereicht<br />

hätte, sagte Lüscher.<br />

Ein wertvoller Sieg über starke Tschechen<br />

Das Schweizer Eishockey-Team verdiente<br />

sich seine Bronzemedaille mit einer<br />

kämpferischen Leistung gegen die favorisierten<br />

Tschechen und gewann den<br />

kleinen Final mit 4:3. Das Team von Alfred<br />

Bohren zeigte eine geschlossene Mannschaftsleistung<br />

und konnte einen 0:2-<br />

Rückstand gegen die technisch versierte-<br />

Von links nach rechts<br />

Nach Bronze <strong>im</strong> Parallel-Riesenslalom (Bild) doppelte<br />

Yvonne Schütz mit Gold <strong>im</strong> Riesenslalom-Einzel nach.<br />

Nach Platz 20 <strong>im</strong> klassischen Stil kämpfte sich Langläufer<br />

Ueli Schnider <strong>im</strong> Rennen über 10 Kilometer freier Stil (Bild)<br />

auf Platz 48.<br />

Die U17-Nationalmannschaft holte Bronze. Im Bild eines der<br />

13 Schweizer Tore aus dem Eröffnungsspiel gegen Spanien.<br />

2 2007 swiss sport 11


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

ren Tschechen in einen Sieg umwandeln<br />

– auch dank der lautstarken Unterstützung<br />

der Schweizer Delegation. Teamchef<br />

Manuele Celio sagte nach dem Spiel:<br />

«Dieser Sieg ist viel wert für meine Spieler.<br />

Sie haben gesehen, was möglich ist, wenn<br />

sich alle in den Dienst der Mannschaft<br />

stellen.» Ein Wermutstropfen war für das<br />

Team, dass einer ihrer Mitspieler diesen<br />

Triumph nicht miterleben konnte. Er war<br />

während des EYOF an einer Hirnhautentzündung<br />

erkrankt und hatte ins Spital<br />

gebracht werden müssen. Weil sich sein<br />

Zustand rasch gebessert hatte, konnte er<br />

aber bereits am Tag nach der Schlussfeier<br />

von der Rega in die Schweiz überführt<br />

werden.<br />

Enttäuschte Eiskunstläufer<br />

Ohne Medaillen blieb die Schweizer Delegation<br />

in den beiden Sportarten Langlauf<br />

und Eiskunstlauf. Immerhin gab das Langlauf-Team<br />

mit dem guten siebten Rang<br />

in der Staffel am Schlusstag noch einmal<br />

ein deutliches Lebenszeichen von sich.<br />

Für die herausragende Einzelleistung war<br />

Lucy Pichard aus Les Diablerets besorgt<br />

gewesen, die <strong>im</strong> Rennen über 7,5 Kilometer<br />

auf den neunten Rang gelaufen war.<br />

Ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten<br />

«Ich hoffe sehr, dass wir uns<br />

in den kommenden Jahren<br />

wieder sehen werden»<br />

die beiden Eiskunstläufer: Noémie Silberer<br />

klassierte sich <strong>im</strong> neunten Schlussrang,<br />

Laurent Alvarez <strong>im</strong> 14. Rang. Entsprechend<br />

enttäuscht waren die beiden Romands.<br />

«Ich wollte unbedingt dabei sein»<br />

Auch die Athletinnen und Athleten, die in<br />

Jaca keine Medaille gewonnen haben,<br />

haben eine bleibende Erinnerung zurück<br />

in die Schweiz genommen. Für manche ist<br />

gar ein lang gehegter Traum in Erfüllung<br />

gegangen. Langläuferin Audrey Virgilio<br />

hatte schon vor zwei Jahren den Entschluss<br />

gefasst, in Jaca dabei zu sein. Damals<br />

war die junge Sportlerin aus dem<br />

jurassischen Fleurier am EYOF in Monthey<br />

dabei gewesen – als Mitarbeiterin an der<br />

«cool and clean»-Bar. «Ich wusste sofort,<br />

dass ich das EYOF unbedingt selber als<br />

12 swiss sport 2 2007


Teilnehmerin erleben wollte», sagt Virgilio.<br />

Diesen Traum hat sie sich erfüllen können.<br />

Nächstes Winter-EYOF in Polen<br />

Mit insgesamt sechs Medaillen erfüllte<br />

die Schweizer Delegation die hohe Vorgabe<br />

des Exekutivrats von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>,<br />

der den sechsten Rang <strong>im</strong> Nationenranking<br />

nach Anzahl Medaillen als Ziel<br />

best<strong>im</strong>mt hatte. Man darf nach den überzeugenden<br />

Schweizer Leistungen in Jaca<br />

gespannt sein, ob der eine oder andere<br />

Athlet auch an den Olympischen Winterspielen<br />

2014 – am noch zu best<strong>im</strong>menden<br />

Austragungsort – für Furore sorgen wird.<br />

Dieser Hoffnung hatte auch Jörg Schild,<br />

Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, in seiner<br />

Begrüssungsrede Ausdruck gegeben. Er<br />

hatte es als gutes Zeichen für den Schweizer<br />

Sport gewertet, dass die Schweiz neben<br />

Russland die grösste Delegation am<br />

EYOF in Jaca stellte. «Ich hoffe sehr, dass<br />

wir uns in den kommenden Jahren an internationalen<br />

Wettkämpfen wieder sehen<br />

werden, spätestens an den Olympischen<br />

Winterspielen 2014», sagte Schild.<br />

Der Traum, an einem Olympischen Winterfestival<br />

der Europäischen Jugend teilzunehmen,<br />

geht für die nächste Handvoll<br />

ausgewählter Nachwuchsathleten bereits<br />

in zwei Jahren in Polen in Erfüllung: Das<br />

EYOF 2009 findet in Slask Beskidy statt.<br />

Danke<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> dankt den Partnern<br />

für die gute Zusammenarbeit:<br />

Leading Partner<br />

International Partner<br />

Partner<br />

Supplier<br />

Von links nach rechts<br />

Die Schweizer Delegation schnitt in Jaca äusserst erfolgreich<br />

ab und klassierte sich <strong>im</strong> Nationenranking nach<br />

Anzahl Medaillen auf Platz 6.<br />

Benjamin Weger auf dem Weg zur Silbermedaille <strong>im</strong><br />

Biathlon-Sprint.<br />

Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, wünschte den<br />

jungen Athletinnen und Athleten vor der Eröffnungsfeier<br />

viel Glück.<br />

www.swissolympic.ch/partner<br />

2 2007 swiss sport 13


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Denkanstösse für die<br />

Nachwuchs<br />

Eine Broschüre vereinigt zum ersten Mal die Nachwuchsförderungskonzepte<br />

der Mitgliedverbände von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>. Das erlaubt<br />

einen umfassenden Überblick und soll die Verbände dazu anregen,<br />

ihre Strukturen zu vergleichen und weiterzuentwickeln.<br />

Text Christof Kaufmann<br />

An die hundert Seiten dick ist<br />

die Broschüre «Nachwuchsförderungskonzepte.<br />

Situation in<br />

den Schweizer Sportverbänden».<br />

Sie listet die Kaderstrukturen<br />

all jener Sportverbände auf, die<br />

über ein Nachwuchsförderungskonzept<br />

auf der Basis des Dokuments «12 Bausteine<br />

zum Erfolg» aufweisen, das die<br />

Grundlage der Nachwuchsförderung in<br />

der Schweiz bildet. Die Broschüre bietet<br />

laut Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung<br />

Schweiz, allen, die sich für den<br />

Leistungssport in der Schweiz interessieren,<br />

einen Überblick, wie in den Verbänden<br />

der Nachwuchs gefördert wird. Neben den<br />

Kaderstrukturen findet man die zuständigen<br />

Kontaktpersonen in den nationalen<br />

Verbänden, Angaben zu den Standorten<br />

der regionalen und nationalen Leistungszentren<br />

sowie Informationen über die<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> (Talents) Card und weitere<br />

Förderinstrumente wie zum Beispiel Sport<br />

Scholarship Top und Future. «Darüber hinaus<br />

erlaubt die Broschüre beispielsweise<br />

den Chefs Leistungssport der Verbände zu<br />

schauen, wie die Nachwuchsförderung in<br />

anderen Verbänden aufgebaut ist», sagt<br />

Hollenstein.<br />

Broschüre soll Diskussionen anregen<br />

Am Ursprung der Broschüre sei die Erkenntnis<br />

gestanden, dass die Nachwuchsförderung<br />

nicht sinnvoll weiterentwickelt<br />

werden könne, so lange kein Gesamtüberblick<br />

über die Kaderstrukturen in den<br />

verschiedenen Sportarten bestehe, sagt<br />

Hollenstein. Dieser Überblick sei mit dem<br />

Erscheinen der Broschüre jetzt vorhanden.<br />

Der Chef Nachwuchsförderung Schweiz<br />

hofft, dass nun in den Verbänden Vergleiche<br />

angestellt und auch Diskussionen zur<br />

«Damit ist nicht gesagt,<br />

dass ich einheitliche Kaderstrukturen<br />

anstrebe»<br />

Opt<strong>im</strong>ierung ihrer Struktur geführt und<br />

Synergien genutzt werden. «Damit ist<br />

aber nicht gesagt, dass ich einheitliche<br />

Kaderstrukturen anstrebe.» Jede Sportart<br />

müsse die Kaderstrukturen haben, von<br />

denen sie am meisten profitieren könne<br />

(siehe Kasten). Das bestätigt Peter Zahner,<br />

Direktor des Schweizerischen Eishockeyverbandes<br />

(SEHV). «Eishockey, zu dessen<br />

Ausübung es vergleichsweise viel Material<br />

und Personal braucht, lässt sich kaum<br />

mit anderen Sportarten wie beispielsweise<br />

Fussball vergleichen», sagt Zahner.<br />

So seien drei nationale Leistungszentren,<br />

wie sie der Fussballverband in Emmen,<br />

Payerne und Tenero unterhalte, für den<br />

Eishockeyverband schlicht nicht finanzierbar.<br />

Trotzdem begrüsst Zahner die<br />

Publikation der Broschüre. «Auch wenn<br />

wir natürlich das Gefühl haben, unseren<br />

Nachwuchs auf die richtige Art und Weise<br />

zu fördern, ist es hochinteressant zu sehen,<br />

wie die anderen Verbände vorgehen.»<br />

Die Förderarbeit der Eishockeyverbände<br />

anderer Länder beobachte der SEHV<br />

schon lange, nun sei auch ein Vergleich<br />

mit anderen Sportarten in der Schweiz<br />

möglich. Es sei ja <strong>im</strong>mer denkbar, dass<br />

14 swiss sport 2 2007


förderung<br />

Förderprojekte oder -strukturen anderer<br />

Verbände in angepasster Form auch für<br />

den Eishockeyverband interessant seien,<br />

so Zahner.<br />

Für Peter Läuppi, Ausbildungschef von<br />

<strong>Swiss</strong>-Ski, hat die Broschüre noch einen<br />

anderen Zweck erfüllt. «Die Broschüre hat<br />

uns motiviert, bei der Bereinigung unserer<br />

Förderstrukturen einen Gang zuzulegen.<br />

Gewisse Massnahmen haben wir<br />

entschlossener angepackt, um sie in der<br />

Broschüre aufführen zu können.» Läuppi<br />

denkt wie Zahner, dass der Skiverband<br />

nicht Kaderstrukturen anderer Verbände<br />

übernehmen wird. Andere Ansätze zu<br />

studieren sei aber <strong>im</strong>mer interessant, so<br />

Läuppi. «Für Denkanstösse bin ich <strong>im</strong>mer<br />

offen.»<br />

Unterschiedliche Kaderstrukturen<br />

Am direkten Vergleich zwischen den drei Sportarten Rodeln, Schw<strong>im</strong>men und Fussball (siehe Illustration)<br />

zeigt Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung Schweiz, auf, wie verschieden Kaderstrukturen sein<br />

können und auch sein müssen. Der Schw<strong>im</strong>mverband fördert seine besten Athletinnen und Athleten<br />

in 29 Leistungszentren, während der Fussballverband seine besten Junioren zuerst in den Regionalauswahlen<br />

U13 und U14 aufbaut, die Besten dieser Stufe in drei Ausbildungszentren zusammenzieht und<br />

ab der U16 bis zur U21 jeweils eine nationale Auswahl führt. Regionale Leistungszentren würden für den<br />

Rodelverband wohl allein deshalb keinen Sinn machen, weil er insgesamt nur gerade max<strong>im</strong>al 26 Nachwuchs-<br />

und Eliteathleten in speziellen Kadern fördert. Ein weiterer augenfälliger Unterschied liegt darin,<br />

dass sich die verschiedenen Förderstufen von der regionalen bis zur nationalen Ebene einerseits und in<br />

den verschiedenen Altersstufen andererseits mehr oder weniger überschneiden. So kann eine talentierte<br />

Schw<strong>im</strong>merin bereits <strong>im</strong> Alter von zehn Jahren vom Verein ins Regionalkader aufsteigen und ein Jahr<br />

später schon zum nationalen Nachwuchskader gehören. Sie kann aber beispielsweise auch bis <strong>im</strong> Alter<br />

von 16 Jahren <strong>im</strong> Regionalkader verbleiben und dann direkt den Sprung ins Nationalkader schaffen,<br />

da sich die Kaderstrukturen des Schw<strong>im</strong>mverbandes altersmässig stark überlappen. Ein Rodler dagegen<br />

schafft mit 15 Jahren entweder den Sprung vom regionalen D- ins nationale C-Kader, oder er muss in<br />

seinen Verein zurück. Die beiden Kader überlappen sich bezüglich Alter der Athleten nicht.<br />

2 2007 swiss sport 15


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Gemeinsamer Aktionsplan<br />

gegen die Gewalt<br />

<strong>im</strong> Sport<br />

Auf Einladung von Sportminister Samuel Schmid hat <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Ende Januar<br />

zusammen mit Vertretern von Sportverbänden, Bund und Kantonen über die<br />

Gewaltbekämpfung <strong>im</strong> Sport diskutiert. Die Essenz daraus ist eine gemeinsame<br />

Erklärung, die als Basis für einen Aktions- und Massnahmenplan dient.<br />

Text Claudia Imhasly<br />

Es war Bundesrat und Sportminister<br />

Samuel Schmid persönlich, der die<br />

wichtigsten Exponenten <strong>im</strong> Schweizer<br />

Sport am 29. Januar 2007 zu<br />

einem «Runden Tisch» eingeladen hatte,<br />

um Massnahmen gegen Gewalt <strong>im</strong> Sport,<br />

namentlich in den Sportarten Fussball und<br />

Eishockey, zu diskutieren. Neben dem Bundesamt<br />

für Verteidigung, Bevölkerungsschutz<br />

und Sport (VBS) waren Vertreter des<br />

Bundesamts für Sport, des Fussball- und<br />

Eishockeyverbands, der <strong>Swiss</strong> Football League<br />

sowie Sicherheits- und Polizeiverantwortliche<br />

von Bund und Kantonen und<br />

Vertreter von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> anwesend.<br />

Mit der Verabschiedung der gemeinsamen<br />

«Erklärung des Schweizer Sports zur Bekämpfung<br />

von Gewalt <strong>im</strong> und um den<br />

Sport» sowie einem Aktions- und Massnahmenplan<br />

setzte die Versammlung verbindliche<br />

Meilensteine, was die Gewaltbekämpfung<br />

<strong>im</strong> Sport angeht.<br />

Zwölf Thesen für mehr Sicherheit<br />

Jörg Schild, Präsident von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>,<br />

unterstützt die Initiative des Bundesrats.<br />

«Sicherheit <strong>im</strong> Sport geht uns alle an»,<br />

sagt Schild. «Je breiter abgestützt wir die<br />

Gewaltproblematik diskutieren und angehen<br />

können, desto mehr können wir sensibilisieren<br />

und Sicherheit schaffen.»<br />

Als Ansprechpartner für die Verbände in<br />

Sicherheitsfragen hat die Sicherheitskommission<br />

von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in den vergangenen<br />

Monaten ein Grundlagenpapier<br />

mit zwölf Thesen zur Sicherheit an Sportveranstaltungen<br />

erarbeitet. Die Thesen<br />

decken die ganze Bandbreite der Sicherheitsthematik<br />

ab – von der Ausbildung<br />

des Sicherheitspersonals über die Fanbetreuung<br />

bis zur Vorbildfunktion von<br />

Trainern, Sportlern und Funktionären.<br />

Diese Thesen waren eine der Diskussionsgrundlagen<br />

am «Runden Tisch» und wurden<br />

in die gemeinsam verabschiedete<br />

Erklärung integriert. Was die Weiterentwicklung<br />

und Umsetzung der Thesen angeht,<br />

so wird die Sicherheitskommission<br />

unter der Leitung des früheren Kommandanten<br />

der Stadtpolizei Bern, Christoph<br />

Hoffmann, dafür verantwortlich sein.<br />

«<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wird entsprechend handeln<br />

und auf die Verbände Einfluss nehmen»,<br />

so Jörg Schild.<br />

«Wir müssen die Athleten<br />

in die Pflicht nehmen»<br />

Mehr Öffentlichkeit, mehr Sensibilisierung,<br />

bessere Schulung<br />

Aus Sicht von Marc-André Giger, CEO von<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, resultieren aus der gemeinsamen<br />

Erklärung für die Dachorganisation<br />

des privatrechtlichen Sports in der<br />

Schweiz drei Schwerpunktbereiche: mehr<br />

Öffentlichkeit für Sicherheitsanliegen, die<br />

Sensibilisierung der Athleten durch Trainer<br />

und Nachwuchsverantwortliche sowie<br />

die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen.<br />

Mehr Öffentlichkeit für die Sicherheitsproblematik.<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wolle der fast<br />

durchwegs negativ gefärbten Wahrneh-<br />

16 swiss sport 2 2007


mung der Sicherheitssituation an Sportveranstaltungen<br />

entgegenwirken, sagt Giger.<br />

Er denkt beispielsweise an ein Stadionrating<br />

bezüglich Sicherheit, wobei diese<br />

Hitliste anschliessend auch publiziert wird.<br />

«Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu<br />

wissen, welche Stadien sicher sind und<br />

welche den Vorschriften weniger genügen»,<br />

so Giger. Im Bewusstsein, dass die<br />

Probleme eines dreissigjährigen Stadions<br />

nicht von heute auf morgen zu lösen<br />

seien, könne mit einer Hitliste dennoch<br />

Druck aufgesetzt und die Sicherheit nachhaltig<br />

verbessert werden. Einen weiterer<br />

Punkt, der für Giger zentral ist: «<strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> zählt auch auf eine rasche und<br />

pragmatische Umsetzung der geplanten<br />

Hooligan-Datenbank.»<br />

Sensibilisierung der Sportlerinnen und<br />

Sportler für das Thema Sicherheit. <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> werde grosse Anstrengungen<br />

unternehmen, um die Sportlerinnen und<br />

Sportler vermehrt für die Thematik zu<br />

sensibilisieren, so Giger. Sportler, die mit<br />

einem Glas Bier in der Hand in die Kamera<br />

winken; Sportler, die nach einem Spiel<br />

aufeinander oder auf Schiedsrichter losgehen<br />

– solche Bilder dürfe es in Zukunft<br />

nicht mehr geben. «Wir müssen die Athleten<br />

in die Pflicht nehmen», so Giger, «am<br />

besten über die Trainerinnen und Trainer<br />

und die Betreuenden.» Diese stünden in<br />

täglichem Kontakt mit den Athleten. In<br />

ihrer Vorbildfunktion seien sie bestens<br />

geeignet, die Sportler für das Thema Sicherheit<br />

zu sensibilisieren. Im Sommer<br />

2007 werde <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> ein Aus- und<br />

Weiterbildungskonzept vorlegen, das die<br />

Gewaltprävention zum festen Bestandteil<br />

der Trainerausbildung machen wird, kündet<br />

Giger an. Der CEO weist auch darauf<br />

hin, dass mit dem nationalen Suchtpräventionsprogramm<br />

<strong>im</strong> Sport, «cool and<br />

clean», die Nachwuchsverantwortlichen<br />

bereits heute angesprochen werden. Von<br />

den 550 000 Kindern und Jugendlichen,<br />

die mit J+S Sport treiben, machen bereits<br />

30 000 bei «cool and clean» mit und setzen<br />

sich so für fairen und sauberen Sport<br />

ein.<br />

Unterstützung der Sicherheitsverantwortlichen<br />

von Verbänden, Klubs und Vereinen.<br />

Die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen<br />

durch <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in eigens<br />

dafür konzipierten Seminaren ist bereits<br />

angelaufen. Im Zentrum steht dabei die<br />

Schulung an einer neu erarbeiteten Software,<br />

der so genannten Toolbox. Mit dieser<br />

internetbasierten Software lassen sich<br />

Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen<br />

jeglicher Grösse erstellen. Der Eishockeyund<br />

der Fussballverband werden diesen<br />

digitalen «Werkzeugkasten» demnächst als<br />

erste in Betrieb nehmen.<br />

Sportschüler lernen flexibel<br />

Dank E-Learning können Sportschülerinnen und Sportschüler zeitlich und<br />

räumlich flexibler den Schulstoff bewältigen. In einem Weiterbildungskurs<br />

lernten die Lehrkräfte die Grundlagen, um E-Learning anbieten zu können.<br />

Text Matthias Zurbuchen<br />

Zwanzig Lehrerinnen und Lehrer, die an den <strong>Swiss</strong>-<br />

<strong>Olympic</strong>-Label-Schulen unterrichten, besuchten Mitte<br />

Januar in Zug eine von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> organisierte Weiterbildung<br />

zum Thema E-Learning. Benno Sidler, Geschäftsführer<br />

der Vinto Sportschule in Zug, vermittelte den Teilnehmenden<br />

Grundlagenkenntnisse <strong>im</strong> Bereich E-Learning.<br />

Diese Methode kann einen Lehrer zwar nicht ersetzen,<br />

erlaubt es Schülerinnen und Schülern aber, sich mit <strong>im</strong><br />

Internet zur Verfügung gestellten Lerninhalten zeitlich und<br />

räumlich flexibel zu beschäftigen. Für Sportler, die wegen<br />

der Teilnahme an Wettkämpfen <strong>im</strong> Unterricht oft fehlen,<br />

ist E-Learning natürlich besonders interessant.<br />

Im Mittelpunkt der Weiterbildung stand das Erstellen<br />

und Verwalten einer E-Learning-Plattform. «Das <strong>im</strong> Kurs<br />

vermittelte Wissen soll den Label-Schulen helfen, dem<br />

Bedürfnis der Sporttalente nach orts- und zeitunabhängigen<br />

Lernangeboten zu entsprechen», sagt Sidler.<br />

2 2007 swiss sport 17


SPORTPOLITIK<br />

Höchste Eisenbahn<br />

Ein bekannter liberaler Ökonom hat vor Jahrzehnten einen Aufsatz mit einem einprägsamen Titel geschrieben:<br />

«Die Zerstörung der Marktwirtschaft durch ihre Anhänger». Die Analogie liegt nahe: «Die Zerstörung des<br />

Sports durch seine Anhänger». Und gerade wer den Sport liebt, der muss sich schon seit einiger Zeit ernsthafte<br />

Gedanken um seine Zukunft machen. Doping und Gewalt sind die Geisseln des Sports.<br />

Meine engsten Mitarbeiter haben mir <strong>im</strong> letzten Jahr mit einem grossartigen Geburtstagsgeschenk einen<br />

Traum erfüllt: eine Etappe der Tour de France <strong>im</strong> Begleitfahrzeug von Phonak. Ich habe nicht irgend eine<br />

Etappe gewählt, sondern die grosse Pyrenäenetappe über vier Pässe und mit einer Bergankunft. Und genau<br />

in dieser Etappe hat Phonak erstmals in seiner Geschichte das Maillot Jaune geholt. Ich bin in Frankreich<br />

geblieben und habe jeden Tag am Fernsehen die Tour zelebriert. Der Einbruch von Landis, seinen Husarenritt<br />

am Tag danach, richtiges Heldenepos eben. Und dann der Schock: Landis gedopt. In einer Sekunde hat man<br />

mir die Freude und Begeisterung genommen.<br />

Der Aufschrei war gross. Aber die Aufregung hat sich bald gelegt. Verdrängen, vergessen, Tagesordnung.<br />

Die Diskussion ist bisweilen bizarr: «Ein Manager n<strong>im</strong>mt ja auch Aufputschmittel» mag man etwa hören.<br />

Wenn er das täte, ist das allein seine Sache, er wird dann einfach nicht allzu lange Spitzenmanager bleiben.<br />

Er unterliegt aber anderen Regeln: Wenn er beispielsweise die Bilanzierungsvorschriften verletzt, dann wird<br />

er bestraft. Auch wer sich <strong>im</strong> Sport unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschafft, ist ganz einfach ein Betrüger<br />

und zwar <strong>im</strong> strafrechtlichen Sinne. Man muss nur endlich die Gesetze anpassen.<br />

Komplexer ist die Geissel der Gewalt. Auch als SBB-Chef war ich damit konfrontiert und habe die verschiedenen<br />

Phasen durchlaufen. Zuerst geht es darum, ein Phänomen überhaupt als zentrales Problem wahrzunehmen<br />

und den Willen zur Lösung zu entwickeln. Dann müssen das Problem fundiert analysiert und die<br />

Wirkungszusammenhänge aufgezeigt werden. Oft sind diese Zusammenhänge so komplex, dass es keine<br />

einfachen Lösungen gibt. Das gilt auch hier. Gesucht ist deshalb ein Bündel von Massnahmen, welches auf<br />

allen Ebenen ansetzt. Bei der SBB ist es uns gelungen, dank konsequenter Umsetzung solcher Massnahmen<br />

die Lage deutlich zu verbessern.<br />

Ich war am 29. Januar an dem von Bundesrat Schmid einberufenen runden Tisch über die Gewalt <strong>im</strong> Sport<br />

dabei. Der Teilnehmerkreis war breit: Fussball, Eishockey, Polizei, Städte, Kantone und Bund waren vertreten.<br />

Es bestand nicht der geringste Zweifel über die Bedeutung des Problems und die dringende Notwendigkeit,<br />

konsequent Gegensteuer zu geben. Am Schluss wurde nicht nur eine Deklaration unterschrieben, sondern<br />

auch ein breit angelegtes Massnahmenprogramm mit sehr engen Terminen beschlossen. Noch vor Mitte Jahr<br />

wird sich das Gremium wieder treffen und sich über den Stand der Umsetzung orientieren lassen.<br />

Als alter Eisenbahner sage ich: Es ist höchste Eisenbahn, aber der Zug ist noch nicht abgefahren.<br />

Freundliche Grüsse<br />

Benedikt Weibel<br />

Delegierter des Bundesrates für die Euro 2008<br />

2 2007 swiss sport 19


S W I S S O L Y M P I C I N S I D E<br />

Mit bisher sechs Verbänden hat <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />

eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen,<br />

mit dem Eishockey- und dem Curlingverband<br />

wird intensiv verhandelt. <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> wie<br />

Verbände schätzen die klare Definition von Zielen<br />

und Dienstleistungen durch eine Leistungsvereinbarung.<br />

Text Christof Kaufmann Bild Keystone<br />

Ein Zwang,<br />

den die Verbände<br />

schätzen<br />

Im Sommer ist es zwei Jahre her, dass<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit <strong>Swiss</strong> Triathlon<br />

die erste Leistungsvereinbarung abgeschlossen<br />

hat. Mittlerweile sind<br />

fünf weitere Verbände dazu gekommen.<br />

«Die ersten Erfahrungen sind gemacht»,<br />

sagt Thomas Burch, Verbandsbegleiter<br />

von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>, «und die<br />

Zwischenbilanz fällt aus unserer Sicht sehr<br />

positiv aus.» Die Vereinbarungen sind auf<br />

einen Zeithorizont von sieben bis acht<br />

Jahren ausgelegt, was den Verbänden<br />

erlaubt, beständig und kontinuierlich zu<br />

arbeiten. Weil gleichzeitig ehrgeizige Ziele<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf die Olympischen Spiele in<br />

London 2012 sowie Beijing 2008 formuliert<br />

wurden, sind die Verbände gezwungen,<br />

ihre Kräfte effektiv und effizient einzusetzen,<br />

ist Burch überzeugt. Hinzu komme,<br />

dass die Vereinbarungen die Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und den<br />

Verbänden erleichtere. «Bei den Verbandsgesprächen<br />

<strong>im</strong> vergangenen Herbst haben<br />

wir mit den Vertretern jener Verbände,<br />

mit denen wir bereits eine Leistungsvereinbarung<br />

abgeschlossen haben, nur ganz<br />

wenig Zeit investiert, um mittel- und langfristige<br />

Ziele des jeweiligen Verbandes zu<br />

diskutieren», sagt Burch. Dank der Leistungsvereinbarung<br />

wisse <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong><br />

wie auch der Verband, was dieser in den<br />

nächsten Jahren erreichen wolle. So bleibe<br />

bei den jährlichen Gesprächen mehr Zeit<br />

20 swiss sport 2 2007


«Wertvoll war für uns vor allem der Prozess, den die Erarbeitung<br />

der Leistungsvereinbarung in unserem Verband<br />

ausgelöst hat. Wir waren gezwungen, uns vertieft mit<br />

unseren Strukturen auseinander zu setzen. So haben wir<br />

in enger Zusammenarbeit mit Verbandsbegleiter Martin<br />

Rhyner von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> Schwächen erkennen und<br />

ausmerzen können. Ich schätze auch die Langfristigkeit,<br />

welche die Vereinbarung bringt. Das Erreichen mittelfristiger<br />

Ziele wie Medaillen an den Olympischen Spielen<br />

in Peking 2008 erleichtert es uns, auf unser grosses Ziel<br />

hinzuarbeiten, nämlich möglichst viele Profivolleyballer,<br />

sei es in der Halle oder <strong>im</strong> Sand, zu generieren.»<br />

Roger Schnegg, Direktor <strong>Swiss</strong> Volley (LV seit Januar 2006)<br />

«Diese Leistungsvereinbarungen sind meiner Ansicht<br />

nach eine grosse Chance für die Verbände. Sie drücken das<br />

Interesse aus, das <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> der jeweiligen Sportart<br />

entgegen bringt. Gemeinsam werden Lösungen erarbeitet,<br />

die <strong>im</strong>mer wieder neue Türen öffnen. Beispiel Sportwissenschaft:<br />

Weil jetzt klar definiert ist, wo wir in diesem Bereich<br />

Defizite haben, kommt nun wertvolle Unterstützung von<br />

<strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> und dem Bundesamt für Sport. Die Vereinbarung<br />

zwingt uns auch, uns mit Bereichen zu beschäftigen,<br />

die wir sonst aus zeitlichen oder finanziellen Gründen vernachlässigen<br />

würden. Das ist ein sehr nützlicher Zwang.»<br />

Michel Ansermet, Chef Leistungssport Schiesssportverband<br />

(LV seit Oktober 2006)<br />

für andere wichtige Themen. Mit einer<br />

Leistungsvereinbarung werde eine äusserst<br />

solide Basis für eine systematische<br />

und partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />

gelegt, sagt Burch. «Beide Seiten wissen,<br />

wohin der Weg führen soll.»<br />

Potenzial für Olympia-Spitzenränge<br />

erforderlich<br />

Bisher haben sechs Verbände mit <strong>Swiss</strong><br />

<strong>Olympic</strong> eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen,<br />

nämlich <strong>Swiss</strong> Triathlon,<br />

<strong>Swiss</strong> Volley, <strong>Swiss</strong> Cycling, der Schweizerische<br />

Judo & Ju-Jitsu Verband, der Schweizerische<br />

Amateurringerverband und der<br />

Schweizer Schiesssportverband. Weitere<br />

Verbände werden dazukommen. Aktuell<br />

steht <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit <strong>Swiss</strong> Curling und<br />

dem Schweizerischen Eishockeyverband in<br />

intensiven Verhandlungen. Ob einem Verband<br />

angeboten wird, eine Leistungsvereinbarung<br />

zu erarbeiten, hängt laut Burch<br />

hauptsächlich davon ab, ob die Athleten<br />

des Verbandes über das Potenzial verfügen,<br />

in Zukunft an internationalen Meisterschaften<br />

erfolgreich abzuschneiden.<br />

20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen hat<br />

<strong>Swiss</strong> Curling in den letzten sechs Jahren gewonnen<br />

und erarbeitet nun mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> eine Leistungsvereinbarung.<br />

«Im Zuge der Ausarbeitung unserer Leistungsvereinbarung<br />

sind wir von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> auf das Wesentliche fokussiert<br />

worden. Wir haben nun klare Prioritäten, dadurch kann<br />

uns <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> viel gezielter unterstützen und spezifischere<br />

Informationen liefern. Einer unserer neuen Schwerpunkte<br />

ist die Weiterentwicklung der Physis unserer Athleten.<br />

Hier haben sich uns durch die Vereinbarung ganz<br />

neue Möglichkeiten eröffnet. Beispielsweise führen wir in<br />

Zusammenarbeit mit der Armee temporäre Trainingslehrgänge<br />

in Magglingen durch. Auch haben wir ein intensives<br />

sportpsychologisches Projekt gestartet. Dass in der Vereinbarung<br />

Ziele und Zwischenziele definiert sind, erlaubt uns<br />

eine sehr gute Orientierung. Wir haben einen klaren Fahrplan<br />

und wissen <strong>im</strong>mer, wo wir stehen.»<br />

Gerhard Seebacher, Technischer Direktor Ringen (LV seit Oktober 2006)<br />

«Dass <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> mit uns eine Leistungsvereinbarung<br />

ausarbeitet, zeigt uns, dass unsere Erfolge – <strong>im</strong>merhin<br />

20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen in den letzten<br />

sechs Jahren – nicht unbemerkt geblieben sind. Es ist schön,<br />

so eng mit unserem Hauptsponsor zusammen arbeiten zu<br />

können. Auch, dass wir in Ittigen mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> unter<br />

ein Dach ziehen, soll dazu beitragen, dass wir Synergien<br />

noch besser nutzen können. Der Vertrag fordert einiges von<br />

uns, andererseits können wir von erweiterten Dienstleistungen<br />

von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> profitieren, beispielsweise <strong>im</strong><br />

medizinischen oder <strong>im</strong> psychologischen Bereich. Die Vereinbarung<br />

macht uns stolz, ist gleichzeitig aber auch eine<br />

Verpflichtung, dass wir nicht nachlassen dürfen, damit wir<br />

in den kommenden Jahren weiterhin so erfolgreich, wenn<br />

nicht gar noch erfolgreicher sein können.»<br />

Beat Jäggi, Chef Leistungssport <strong>Swiss</strong> Curling (LV wird erarbeitet)<br />

2 2007 swiss sport 21


I M G E S P R Ä C H<br />

Man kennt ihn nicht,<br />

und das ist gut so<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> ist Nationaltrainer Snowboard<br />

Alpin und mitverantwortlich für die<br />

erdrückende Dominanz der Schweizerinnen<br />

und Schweizer in den letzten drei Jahren.<br />

Im Gespräch erklärt er, worauf ein Erfolgstrainer<br />

achten muss, damit sein Team erfolgreich<br />

bleibt.<br />

Interview Christof Kaufmann Bilder zvg, Keystone (S. 23 links)<br />

swiss sport In den vergangenen drei Jahren haben<br />

die Schweizer Alpinen <strong>im</strong> Snowboard-Weltcup<br />

mehr als ein Drittel aller Podestplätze erobert.<br />

Was bedeutet Ihnen als Trainer des Teams diese<br />

Dominanz?<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> Wir Schweizer sind die Gejagten <strong>im</strong><br />

Weltcup. Alle schauen auf uns. Sie versuchen, uns zu kopieren<br />

und hoffen vor einem Rennen auf ein Favoritensterben.<br />

Damit umzugehen, ist nicht einfach. Wenn Du dann<br />

trotzdem Erfolg hast, dann stellt sich ein unglaubliches<br />

Entspannungsgefühl ein. Als ich die Nationalmannschaft<br />

vor drei Jahren übernahm, gab es bereits einige Spitzenfahrer<br />

<strong>im</strong> Team. Mein erster Gedanke war, dass ich als<br />

Trainer mit einem so erfolgreichen Team nur verlieren<br />

könne. Und dann haben wir die Anzahl der Podestplätze<br />

verdoppelt und diese Leistung in den beiden letzten Jahren<br />

bestätigen können.<br />

Wie gross schätzen Sie Ihren eigenen Beitrag zu<br />

diesen Erfolgen ein?<br />

Es ist mir gelungen, <strong>im</strong>mer wieder Leader aufzubauen.<br />

Die braucht es in einem Team. Hinter Daniela Meuli und<br />

Ursula Bruhin konnte Fränzi Kohli wachsen und gewann<br />

an der WM in Arosa die Bronzemedaille. Hinter Philipp<br />

Schoch konnten wir eine zweite Reihe aufbauen. In dieser<br />

Saison gewinnt sein Bruder S<strong>im</strong>on Rennen um Rennen,<br />

und Anfang Februar gewann Roland Haldi sein erstes<br />

Weltcup-Rennen. Ich muss einerseits dem Leader gerecht<br />

werden, er muss anders behandelt werden. Andererseits<br />

muss ich dem Rest des Teams erklären, warum es einen<br />

Leader braucht.<br />

Das ist Ihnen offensichtlich gelungen in den letzten<br />

drei Jahren.<br />

Auf diesem Niveau muss ein Trainer sehr genau spüren,<br />

wann er eingreifen muss, um das Team zu schützen.<br />

Spannungen, die aufgrund von Missverständnissen oder<br />

Emotionen entstehen, können plötzlich zur Explosion<br />

kommen, und das schadet dem Team. Das muss ich verhindern,<br />

und das habe ich wohl ziemlich gut geschafft.<br />

Wichtig ist, dass ich eine entstehende Negativspirale<br />

schon früh stoppen kann. Auf der anderen Seite versuche<br />

ich, alles, was das Potenzial hat, eine erfolgreiche Spirale<br />

anzutreiben, zu fördern.<br />

22 swiss sport 2 2007


Wie gehen Sie mit jenen Fahrern Ihres Teams um,<br />

die hinter den Stars <strong>im</strong> Schatten stehen?<br />

Ihnen mache ich klar, dass sie ohne ein so erfolgreiches<br />

Team möglicherweise nicht so weit wären. Und dass ihre<br />

Zeit noch kommt.<br />

Das ist schon alles?<br />

Ich schaue mir oft die Biographie, den Werdegang von<br />

erfolgreichen Sportlern an. Das ist sehr spannend. Ihnen<br />

allen ist gemeinsam, dass sie Schicksalsschläge überwunden<br />

haben. Nehmen wir den Skifahrer Hermann<br />

Maier. Er wurde aus dem Nationalkader geworfen, hat<br />

sich davon nicht beeindrucken lassen und selber trainiert,<br />

bis er ganz oben stand. Oder Michael Jordan. Er<br />

wurde einst aus der Basketballmannschaft seiner Univer-<br />

Von links nach rechts<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> ist der Mann hinter den Erfolgen<br />

der alpinen Snowboarder.<br />

Dem Nationaltrainer ist es <strong>im</strong>mer wieder gelungen,<br />

Leader in seinem Snowboard-Team aufzubauen.<br />

Fränzi Kohli und <strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong> bei Kohlis erstem<br />

Weltcupsieg in Sölden, <strong>im</strong> Oktober 2006.<br />

sität geworden, weil er koordinativ so schlecht war. Und<br />

dann wird er der Grösste seiner Sportart überhaupt. Als<br />

Roland Haldi vor drei Jahren in Bad Gastein schon früh<br />

ausschied, sagte er danach <strong>im</strong> TV-Interview: Man muss<br />

ganz unten stehen, um ganz nach oben zu kommen.<br />

Nach seinem Sieg Anfang Februar habe ich ihn an diese<br />

Aussage erinnert.<br />

Haben Sie keine Angst davor, dass Ihre Fahrerinnen<br />

und Fahrer auf einmal nicht mehr gewinnen?<br />

Dass ein Fahrer plötzlich nicht mehr gewinnt, obwohl er<br />

genau weiss, wie es ginge, kann passieren. Wichtig ist<br />

aber, dass man keine Entschuldigungen sucht. Wer eine<br />

Erklärung dafür hat, warum er nicht gewinnen könnte,<br />

der hat schon verloren. Auf diesem Niveau passiert alles<br />

<strong>im</strong> Kopf. Der ehemalige schwedische Coach hat einmal zu<br />

mir gesagt: «Wenn ich in einen Esssaal komme, weiss ich<br />

ohne zu schauen, ob die Schweizer da sind oder nicht.<br />

Die strahlen eine ungeheure Gelassenheit und Macht<br />

aus.» Das ist schön zu hören, aber wir müssen uns bewusst<br />

sein, dass diese Souveränität sehr schnell verloren<br />

gehen kann.<br />

Stört es Sie, dass ausserhalb des Snowboard-Sports<br />

kaum jemand Ihren Namen kennt?<br />

Nicht wirklich. Klar gibt es Momente – die Wahl zum<br />

Trainer des Jahres war so einer –, da denke ich, es wäre<br />

schön … Aber ich brauche es nicht. Trainer werden ja oft<br />

bekannt, wenn es nicht gut läuft, und dann entlässt man<br />

sie. So gesehen ist es nicht schlecht, dass man mich nicht<br />

kennt. Mir genügt die Anerkennung meiner Athleten.<br />

Wenn einer von ihnen zu mir sagt: «Rufi, Du bist für mich<br />

der Beste», dann reicht mir das.<br />

Was macht eigentlich ein Snowboard-Trainer<br />

<strong>im</strong> Sommer?<br />

Im Sommer verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie.<br />

Meine Kinder brauchen mich, auch meine wunderbare<br />

Frau. Würde es zu Hause nicht so gut funktionieren, dann<br />

könnte ich nicht so viel Energie ins Nationalteam investieren.<br />

Das ist sehr wertvoll. Im Sommer pflege ich zudem<br />

meine beiden Hobbys: gärtnern und Filme schneiden.<br />

Und in der Regel arbeite ich auf Baustellen, um ein paar<br />

Franken dazu zu verdienen, aber diesen Sommer hatte<br />

ich dafür schlicht keine Zeit.<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Rufer</strong><br />

Alter 38 | Familie verheiratet, drei Kinder – 13, 11 und<br />

5 Jahre | Wohnort Ebnat-Kappel (SG)<br />

2 2007 swiss sport 23


P A N O R A M A<br />

Trendsport<br />

als olympischer<br />

Spektakulärer, kämpferischer, jünger: Die Olympischen<br />

Spiele verändern ihr Gesicht, besonders deutlich die Olympischen<br />

Winterspiele.<br />

Text Dominik Meier Bild Keystone<br />

Sie katapultieren sich aus den Startboxen, vier Skirennfahrer<br />

gleichzeitig. Sie jagen über Buckel, Wellen<br />

und durch Steilwandkurven. Sie kämpfen mit<br />

Taktik, Technik, Tricks und Ellbogen. Knapp eine<br />

Minute dauert ein Rennen. Kleine Rangeleien und grosse<br />

Emotionen sind an der Tagesordnung. Skicross ist erst<br />

zehn Jahre alt, gross geworden in der Freestyle-Szene<br />

(siehe Kasten). Und bereits tritt Skicross in den sportlichen<br />

Adelstand: Im letzten Herbst hat das Exekutivkomitee<br />

des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) den<br />

Skicross in das Programm für die Olympischen Winterspiele<br />

2010 in Vancouver aufgenommen. Snowboardcross<br />

hatte es bereits an die Winterspiele 2006 in Turin geschafft<br />

und wurde zum Renner: In den USA und in Kanada erzielte<br />

der Snowboardcross die höchsten Einschaltquoten. Der<br />

Erfolg des Snowboardcross bereitete dem Pendant auf<br />

zwei Brettern, dem Skicross, den Weg.<br />

24 swiss sport 2 2007


Schweiz setzt auf Skicross<br />

Der Skicross entstand Ende der 1990er-Jahre in den USA <strong>im</strong> Rahmen der Extremsportveranstaltung<br />

X-Games. Vor vier Jahren anerkannte die FIS den Skicross und<br />

gründete eine Weltcup-Serie. Die erste Weltmeisterschaft fand 2005 statt. In der<br />

Schweiz ist Skicross dem Freestyle-Bereich von <strong>Swiss</strong>-Ski angegliedert. Die Schweizer<br />

Athletinnen und Athleten gehören <strong>im</strong> Weltcup zur erweiterten Weltspitze.<br />

Seit bekannt ist, dass Skicross olympisch wird, beobachtet <strong>Swiss</strong> Ski ein wachsendes<br />

Interesse der Sponsoren. Auch bemühten sich mehr Skiorte um die Austragung eines<br />

Weltcup-Rennens, sagt Christoph Perreten, Chef Freestyle bei <strong>Swiss</strong> Ski.<br />

Für Vancouver 2010 strebt <strong>Swiss</strong>-Ski eine Skicross-Medaille an. Diesen Frühling will<br />

der Skiverband zusammen mit <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> die Medaillenchancen analysieren und<br />

ein Olympiaprojekt beantragen.<br />

Olympische Verjüngungskur<br />

Das IOC-Exekutivkomitee begründete seinen Entscheid<br />

für das jüngste Kind in der olympischen Familie mit der<br />

jugendlichen, spektakulären und kämpferischen Natur<br />

des Skicross. Junge Trendsportarten sollen die Olympischen<br />

Spiele moderner machen, so die erklärte Absicht<br />

des IOC. Bereits stehen drei Snowboard- und zwei Ski-<br />

Freestyle-Disziplinen (Buckelpiste, Skiakrobatik) auf dem<br />

olympischen Programm, nun kommt noch Skicross hinzu.<br />

Und bereits bereitet der internationale Skiverband FIS<br />

das Terrain vor für eine Aufnahme des Ski-Halfpipe-Wettbewerbs.<br />

Ähnlich verläuft die Entwicklung bei den Olympischen<br />

Sommerspielen: Mit Triathlon, Beach Volleyball und<br />

Mountain Bike wurden in den letzten zehn Jahren verschiedene<br />

Trendsportarten olympisch. Und – Zufall oder<br />

Jungbrunnen<br />

nicht – in Peking feiert 2008 eine Sportart olympische<br />

Premiere, die dem Skicross verblüffend ähnlich ist: BMX,<br />

also spektakuläre Radrennen über Schanzen, Wellen und<br />

Steilwandkurven.<br />

Olympische Eintagsfliegen?<br />

Trendsportarten haftet zum Teil das Image von sportlichen<br />

Eintagesfliegen an, die rasch wieder an Bedeutung<br />

verlieren könnten. Doch <strong>im</strong>merhin haben sich die Trendsportarten<br />

bei den Olympischen Spielen mit kleineren<br />

Korrekturen behaupten können. Dennoch ist die Frage<br />

gerade be<strong>im</strong> Skicross berechtigt: Wird die Popularität<br />

dieses jungen Sports von Dauer sein? Ja, sagt Christoph<br />

Perreten, Chef Freestyle bei <strong>Swiss</strong>-Ski. Denn Skicross liege<br />

ganz an den Wurzeln des Skifahrens: «Kinder exper<strong>im</strong>entieren<br />

auf den Skis ähnlich wie be<strong>im</strong> Skicross: Sie<br />

fahren direkt gegeneinander, sie bauen Schanzen und<br />

Hindernisse in die Rennen ein.» Skicross sei sehr vielseitig,<br />

neben Technik und Kondition brauche es viel Gespür für<br />

Taktik und ein grosses Kämpferherz: «Diese Mischung<br />

wird den Skicross dauerhaft attraktiv machen für Athleten<br />

und Zuschauer.» In den letzten Jahren haben sogar<br />

mehrere Alpin-Rennfahrer zum Skicross gewechselt, zum<br />

Beispiel der US-Athlet Daron Rahlves.<br />

Olympiastatus nicht garantiert<br />

Die sanfte Renovation der Olympischen Spiele schafft<br />

auch Verlierer. Das IOC verwehrte in den letzten Monaten<br />

und Jahren verschiedenen Disziplinen und Sportarten<br />

die Aufnahme ins olympische Programm – zum Beispiel<br />

dem Skispringen der Frauen, verschiedenen neuen Disziplinen<br />

<strong>im</strong> Biathlon, Langlauf und Curling, aber auch<br />

Sportarten wie Squash und Karate. Aber auch Sportarten,<br />

die heute olympisch sind, können sich ihres Status nicht<br />

sicher sein: An den Sommerspielen 2008 in Peking werden<br />

zum letzten Mal Medaillen <strong>im</strong> Baseball und Softball vergeben.<br />

Erst 1992 wurden diese Sportarten olympisch und<br />

nun werden sie als erste Sportarten seit über 70 Jahren<br />

wieder aus dem olympischen Programm gestrichen. Weitere<br />

Sportarten könnten folgen: Das IOC will alle Disziplinen<br />

laufend evaluieren und hat dazu einen Katalog mit<br />

33 Kriterien entwickelt. Dazu gehören unter anderem die<br />

Zahl aktiver Athleten, die weltweite Verbreitung einer Disziplin,<br />

vor allem aber auch das Publikums- und Medieninteresse.<br />

Von neuen Sportarten erwartet das IOC zudem<br />

explizit eine besondere Ausrichtung auf die Jugend. Und<br />

deshalb haben es neue Trendsportarten am einfachsten<br />

auf dem Weg in den sportlichen Olymp – sie sind jung,<br />

dynamisch und attraktiv für Medien und Sponsoren.<br />

Technik, Taktik, Kampf: Diese Mischung macht<br />

Skicross für Athleten und Zuschauer attraktiv.<br />

2 2007 swiss sport 25


P A N O R A M A<br />

Ein Meilenstein<br />

für die Leichtathletik<br />

Am 16. Februar wurde das Athletik Zentrum St. Gallen offiziell<br />

eröffnet. Für den Leichathletiksport soll damit eine neue,<br />

erfolgreiche Ära beginnen. Aber wieviel Einfluss haben Indoor-<br />

Anlagen überhaupt auf die Leistungen draussen?<br />

Text Christoph Emch Bilder Marcello Engi (S. 26), Anna Tina Eberhard (S. 27)<br />

41,1 Millionen Franken (siehe Kasten) hat das Projekt<br />

gekostet – wie budgetiert. Acht Jahre hat die gesamte<br />

Finanzierung und Realisation gedauert – wie geplant.<br />

Und nun steht die erste Halle der Schweiz mit einer<br />

permanenten 200-Meter-Rundbahn. Genau genommen<br />

sind es gleich vier Hallen, denn in den Bau wurden zwei<br />

bestehende Turnhallen integriert, die zusätzlich mit<br />

einer Kletterhalle ergänzt wurden. Das Athletik Zentrum<br />

St. Gallen (AZSG) soll nicht nur eine Trainings- und Wettkampfbasis<br />

für Leistungssportler sein, sondern auch<br />

durch den Breiten- und Schulsport benutzt werden. Ein<br />

Modell, das von <strong>Swiss</strong> Athletics begrüsst wird. «Die Initiative<br />

für das Athletik Zentrum kam von der Stadt St. Gallen»,<br />

sagt Peter Haas, Chef Leistungssport. «Deshalb ist<br />

auch klar, dass bei der Umsetzung gewisse Kompromisse<br />

eingegangen wurden.» So sei in der neuen Halle bei der<br />

höhenverstellbaren 200-Meter-Rennbahn nicht ein üblicher<br />

Laufbahnbelag (Tartan) verwendet worden, sondern,<br />

um einen homogenen Hallenboden zu haben, ein polyvalent<br />

nutzbarer Belag «Aber wir haben hier eine Halle, die<br />

man wirklich als Leichtathletikhalle bezeichnen kann»,<br />

betont Haas. «Es wird sich zeigen, ob der Betrieb <strong>im</strong> AZSG<br />

den Leichtathleten, insbesondere dem Spitzensporttraining,<br />

genügend Trainingszeiten zur Verfügung stellen<br />

kann.»<br />

Entscheidender Impuls<br />

Haas ist überzeugt, dass die Kompromisse bei der Wahl<br />

der Unterlage die Nützlichkeit des Zentrums kaum schmälern,<br />

auch wenn die Athletinnen und Athleten höchstens<br />

5 Mill<strong>im</strong>eter lange Spikes an ihren Schuhen tragen dürfen.<br />

Dass der Belag «schnell» ist, das haben 60-Meter-Sprinterin<br />

Fabienne Weyermann und 60-Meter-Hürdenläufer<br />

Andreas Kundert an der Hallenschweizermeisterschaft<br />

26 swiss sport 2 2007


eindrücklich bewiesen. Beide erreichten die L<strong>im</strong>ite für<br />

die Leichtathletik-Halleneuropameisterschaft in Birmingham<br />

(ENG). Für ihn sei schlussendlich entscheidend,<br />

so Haas, dass der Leichtathletik-Sport, besonders in der<br />

Ostschweiz, durch das Athletik Zentrum einen positiven<br />

Impuls mit nationaler Ausstrahlung erhalte. Gerade in der<br />

Region St. Gallen habe man nach vielen erfolgreichen<br />

Leichtathletik-Jahren eine Durststrecke hinter sich und sei<br />

nun für die Zukunft gerüstet. «Ich erwarte keine schnelle<br />

Wende hin zu riesigen Erfolgen, aber eine gute Infrastruktur<br />

ist die Basis für einen Aufschwung», sagt Haas.<br />

Kein Ersatz für Trainingslager<br />

Haas hält aber fest, dass Indoor-Training nur begrenzt<br />

Einfluss auf die Leistungen in der Sommersaison haben<br />

kann. Zu unterschiedlich seien die Bedingungen. «Einzig<br />

für die technischen Disziplinen wie beispielsweise die<br />

Sprünge (Hoch-, Weit-, Drei- und Stabhochsprung) ist der<br />

Unterschied zwischen Halle und Outdoor relativ klein»,<br />

sagt Haas. Zudem komme trotz den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten<br />

der Halle die 200-Meter-Rundbahn<br />

für das Training der Langstreckenläufer nur bedingt in<br />

Frage. Und dennoch, ist Haas überzeugt, gewinne die<br />

Leichtathletik durch das Zentrum insgesamt an Bedeutung.<br />

Was für den Leichtathletik-Sport gilt, ist auch in anderen<br />

Outdoor-Sportarten zu beobachten. So steigt zum Beispiel<br />

die Zahl von Indoor-Beachvolley-Anlagen in der<br />

Schweiz stetig, aber auch hier werden diese Anlagen<br />

keine Trainingslager <strong>im</strong> Ausland ersetzen. «Wir begrüssen<br />

zwar die Entwicklung», meint Roger Schnegg, Chef<br />

Leistungssport be<strong>im</strong> Volleyballverband, «aber zu einem<br />

Das Athletik Zentrum in Zahlen<br />

Finanzierung in Franken Kanton St. Gallen, 15 Millionen<br />

(davon 3 Mio. aus Sport-Toto-Geldern) | Stadt St. Gallen,<br />

13.5 Mio. | Cityparking AG St. Gallen, 6.3 Mio. | NASAK, 4 Mio. |<br />

Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), 2.3 Mio. |<br />

Total, 41.1 Mio.<br />

Volumen 117 334 m 3<br />

Infrastruktur 200-Meter-Rundbahn mit höhenverstellbaren<br />

Kurven | flexibel einteilbare Vierfach-Sporthalle | Tribüne mit<br />

bis zu 3000 Sitzplätzen | Kletterwand | Dreifach-Sporthalle |<br />

Seminar- und Gastrobereich | 10 Einzel-/Doppelz<strong>im</strong>mer |<br />

Tiefgarage mit über 150 Parkplätzen | Doping-Kontrollraum |<br />

Fitnessraum | Gymnastikraum | 14 Garderoben | Gruppenunterkunft<br />

| Outdoor-Hartplatz<br />

Trainingslager gehört mehr als ein Beachvolley-Feld.»<br />

Er denke dabei – wie Haas – an die unterschiedlichen äusseren<br />

Bedingungen, aber auch an die Trainingspartner,<br />

die <strong>im</strong> Ausland spielen würden.<br />

Provisorium Magglingen<br />

Nichtsdestotrotz ist das Athletik Zentrum St. Gallen in den<br />

Augen des Direktors des Bundesamts für Sport (BASPO),<br />

Matthias Remund, ein Meilenstein für den Leichathletik-<br />

Sport. «Die Sporthalle ‹End der Welt› in Magglingen ist<br />

<strong>im</strong>mer ein Provisorium gewesen», sagt Remund. 30 Jahre<br />

lang haben die Schweizer Hallenleichtathletikmeisterschaften<br />

dort stattgefunden. Überdies war Magglingen<br />

die wichtigste Trainingsbasis in der Wintersaison. Es sei<br />

Zeit geworden für eine zweite Möglichkeit, und die Stadt<br />

St. Gallen habe agiert, so Remund. Dass das BASPO dem<br />

Athletik Zentrum entsprechende Wichtigkeit be<strong>im</strong>isst,<br />

zeigen auch die 4 Millionen Franken, mit der es sich über<br />

das Nationale Sportanlagenkonzept (NASAK) an der Finanzierung<br />

des Projekts beteiligt hat. Das Athletik Zentrum<br />

St. Gallen soll nun Nährboden für Spitzenleistungen<br />

in der Leichtathletik, insbesondere der Hallenleichtathletik<br />

sein. Die Ausgangslage ist verheissungsvoll.<br />

Von links nach rechts<br />

In St. Gallen steht die erste permanente und höhenverstellbare<br />

200-Meter-Indoorbahn der Schweiz.<br />

«Das Athletik Zentrum St. Gallen gibt der Leichtathletik<br />

einen wichtigen Impuls», ist Peter Haas überzeugt.<br />

2 2007 swiss sport 27


P A N O R A M A<br />

Im Dienste<br />

der Athleten und<br />

der Verbände<br />

Seit über zwanzig Jahren richtet das Internationale Sportschiedsgericht<br />

mit Sitz in Lausanne bei Streitigkeiten und sorgt für Recht<br />

und Ordnung in der Sportwelt.<br />

Text Jean-François Berdat Bild Keystone<br />

«Wenn es das TAS nicht gäbe, dann müsste man es erfinden.»<br />

Diese Aussage von Beat Hodler wischt bereits<br />

alle Fragen beiseite, welche die Existenzberechtigung des<br />

Internationalen Sportschiedsgerichts TAS (steht für Tribunal<br />

Arbitral du Sport) in Zweifel ziehen könnten. Pro Jahr<br />

gehen 200 Fälle be<strong>im</strong> TAS ein, über welche die Schiedsrichter<br />

befinden müssen.<br />

Vervielfachung der Konfliktursachen<br />

Die Entwicklung des Profi-Sports und vor allem auch die<br />

wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklung hatten<br />

zur Folge, dass die Anforderungen an alle Beteiligten<br />

ständig stiegen. Dies führte wiederum zu einer Vervielfachung<br />

von möglichen Konfliktursachen, denen die<br />

staatlichen Gerichte zunehmend hilflos gegenüber standen.<br />

Unter diesen Umständen wurde die Gründung des<br />

TAS zur Notwendigkeit – am 30. Juni 1984 war es soweit.<br />

Zu Beginn war das TAS dem Internationalen Olympischen<br />

Komitee (IOC) angegliedert, das sämtliche Kosten, die der<br />

Gerichtshof verursachte, trug. Am 15. März 1993 stellte<br />

das TAS seinen Betrieb vorübergehend ein. Allerdings<br />

nur, um ein Jahr später, am 22. Juni 1994, in neuer Frische<br />

zu erstrahlen. Fast alle bedeutenden Vertreter des globalen<br />

Sports waren anwesend, als die Konvention von Paris<br />

unterzeichnet wurde. Sie übertrug die Finanzierung und<br />

Verwaltung des TAS der neu gegründeten, vom IOC unabhängigen<br />

Internationalen Schiedsgerichtskammer für<br />

Sportfragen (CIAS).<br />

Heikle Fälle<br />

236 Schiedsrichter aus 87 verschiedenen Ländern beschäftigt<br />

das TAS. Und die Urteile, die das TAS fällt, sind<br />

ebenso rechtskräftig wie diejenigen eines normalen Gerichts.<br />

«Wir bieten eine Dienstleistung für die Athleten wie<br />

für die Verbände», sagt Beat Hodler, Schiedsrichter am TAS<br />

und externer Rechtsberater von <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong>. «Besonders<br />

wichtig erscheint mir, dass das TAS die Linie, welche<br />

es gewählt hat, durchzieht, und seine Rechtssprechung<br />

nicht von Fall zu Fall ändert.» Hodler richtet pro Jahr über<br />

fünf bis acht Fälle. Besonders in Erinnerung geblieben ist<br />

dem Berner Anwalt der Fall des Radprofi-Teams Phonak,<br />

dem der Internationale Rad-Verband die Lizenz verweigert<br />

hatte. Diesen Entscheid hob das TAS wieder auf.<br />

Knifflig sei auch der Fall der Snowboarderin Andrea Schuler<br />

gewesen, sagt Hodler. Sie hatte ihre Nichtselektion für<br />

die Olympischen Winterspiele in Turin vor einem Jahr vor<br />

dem TAS angefochten. «Ich habe <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> in diesem<br />

Fall beraten.» Die Basler Athletin begründete ihre Klage<br />

damit, dass sie bessere Resultate erreicht habe als einige<br />

der selektionierten Athleten. Das TAS lehnte Schulers<br />

28 swiss sport 2 2007


Seit mehr als 20 Jahren arbeitet<br />

das Tribunal Arbitral du Sport in<br />

Lausanne <strong>im</strong> Dienste der Athleten<br />

und Verbände.<br />

Die Schweizer Schiedsrichter<br />

29 der 236 Schiedsrichter des TAS kommen aus den USA,<br />

die damit das grösste Kontingent stellen. An zweiter Stelle<br />

steht die Schweiz, die 21 Schiedsrichter stellt und damit am<br />

zweitmeisten aller Länder. Die Schweizer Schiedsrichter<br />

sind Lucas Anderes | Luc Argand | Carole Barbey | Jacques<br />

Baumgartner | Michele Bernasconi | Quentin Byrne-Sutton |<br />

François Carrard | Olivier Carrard | Jean Gay | André Gossin |<br />

Beat Hodler | Patrick Lafranchi | Pierre Laville d’Epinay |<br />

Jean-Pierre Morand | Hans Nater | Stephan Netzle | Denis<br />

Oswald | Jean-Philippe Rochat | Corinne Schmidhauser |<br />

Bernhard Welten | Ralph Zloczower<br />

Klage ab, was <strong>Swiss</strong> <strong>Olympic</strong> nicht nur davor bewahrte, einen<br />

selektionierten Athleten während der Spiele aus Turin<br />

nach Hause zu schicken. Das Urteil bestätigte auch die<br />

Hieb- und Stichfestigkeit des angewandten Selektionsverfahrens.<br />

Auch Stephan Netzle, ein anderer Schweizer<br />

Schiedsrichter des TAS, erinnert sich an zwei besonders<br />

heikle Fälle. «Der Fall der rumänischen Turnerin Andreea<br />

Raducan stellte uns vor eine echte Gewissensfrage», erinnert<br />

sich Netzle. Die Mehrkampf-Olympiasiegerin an den<br />

Olympischen Spielen 2000 in Sydney hatte vom Teamarzt<br />

ein Medikament gegen ihre Erkältung erhalten und war<br />

deshalb des Dopings überführt worden. «Glauben Sie mir,<br />

es war eine schwierige Entscheidung, dieses 16-jährige<br />

Mädchen seine Medaille wieder zurückgeben zu lassen.»<br />

Der ehemalige Ruderer Netzle war auch <strong>im</strong> Fall des österreichischen<br />

Skifahrers Hans Knauss, dem Nandrolon-<br />

Missbrauch nachgewiesen worden war, als Schiedsrichter<br />

<strong>im</strong> Einsatz. «Er war ein Medaillenkandidat für Turin, aber<br />

wir haben ihm die Teilnahme verbieten müssen.»<br />

Ständige Weiterentwicklung<br />

Für jeden Fall, über den das TAS entscheidet, werden drei<br />

Schiedsrichter aufgeboten. «Die Tatsache, dass wir jeweils<br />

zu dritt entscheiden, garantiert eine gewisse Unabhängigkeit»,<br />

sagt Netzle, der nicht glaubt, dass die Verwirtschaftlichung<br />

den Sport zerstören wird. «Sicher ist aber,<br />

dass der Sport sich verändert hat.» Auffallend sei, dass<br />

<strong>im</strong>mer mehr Disziplinarfälle vor das TAS kämen. So ging<br />

es beispielsweise <strong>im</strong> Jahr 2000 in 65 Prozent aller Fälle um<br />

Doping. Im selben Jahr stieg übrigens das Budget von<br />

CIAS und TAS auf 1,8 Millionen Franken.<br />

In den zwanzig Jahren seines Bestehens hat sich das TAS<br />

ständig weiterentwickelt und entwickelt sich <strong>im</strong>mer noch<br />

weiter. Zum Beispiel denkt die CIAS darüber nach, weitere<br />

dezentrale Büros zu eröffnen, um den Zugang zur Gerichtsbarkeit<br />

des TAS zu erleichtern. Bereits bestehen zwei<br />

solche Büros in Sydney und New York. Auch mit dem Gedanken,<br />

während sportlichen Grossanlässen temporäre<br />

Kammern zu installieren, wird gespielt. Dabei soll <strong>im</strong>mer<br />

das Prinzip gewahrt werden, dass es kostenlos ist, das TAS<br />

anzurufen.<br />

2 2007 swiss sport 29


I N K Ü R Z E<br />

SWISS OLYMPIC<br />

Trainerausbildung<br />

abgeschlossen<br />

Diplomierte Trainer Spitzensport<br />

Baur Daniel Eishockey | Brigger Hanspeter<br />

Faustball | Cavalli Paola Ski Alpin |<br />

Ceriani Francesco Tennis | Codoni Camille<br />

Rudern | Eberle Petra Ski Alpin | Fankhauser<br />

Marcel Eishockey | Hammel Andrea<br />

Leichtathletik | Hauser Mark Curling |<br />

Jeanneret Thierry Ski Orientierungslauf |<br />

Jegler Ralf Ski Alpin | Läubli Eskil Ski Alpin |<br />

Rüdisüli Ralph Kanu | Sumi Bruno Ski<br />

Alpin | Teutschmann Patrick Rollstuhlrugby<br />

| Winteler Urs Volleyball<br />

TERMINPLAN FÜR DIE MITGLIEDVERBÄNDE<br />

Datum<br />

Anlass<br />

28.03.2007 Nationale Konferenz «Leistungssport, Schule und Ausbildung»<br />

03.05.2007 Forum Chef Leistungssport (–04.05.07)<br />

13.05.2007 Talent Treff Tenero I (–19.05.07)<br />

07.07.2007 Gigathlon 2007 (–14.07.07)<br />

22.07.2007 Summer European Youth <strong>Olympic</strong> Festival (EYOF), Belgrad<br />

(Serbien) (–27.07.07)<br />

23.09.2007 Talent Treff Tenero II (–29.09.07)<br />

26.10.2007 Super10Kampf<br />

31.10.2007 Trainerherbsttagung (–02.11.07)<br />

23.11.2007 Sport Session, Bern<br />

24.11.2007 11. Versammlung des Sportparlaments, Bern<br />

11.12.2007 5. Nationale Konferenz Nachwuchsförderung<br />

2008<br />

08.08.2008 Olympische Sommerspiele Peking (–24.08.08)<br />

06.09.2008 Paralympics Peking (–17.09.08)<br />

Trainer Leistungssport mit<br />

eidgenössischem Fachausweis<br />

Amstutz Schläppi Kristin Kanu Abfahrt |<br />

Baumgartner Marc Handball | Bernet<br />

Peter Ski Alpin | Bovet Christophe Golf |<br />

Bucheli Thomas Leichtathletik | Doyer<br />

Anne-Catherine Basketball | Dreyfuss<br />

Philippe Trampolin | Feuz Daniel Streethockey<br />

| Habegger Martin Reiten | Hartmann<br />

Erwin Ski Alpin | Hebeisen<br />

Marianne Orientierungslauf | Heynen<br />

Dirk Volleyball | Inderkum <strong>Christian</strong><br />

Snowboard | Jeanneret Ophélia Eislauf |<br />

Jin Lin Lin Tischtennis | Kästli Irene Badminton<br />

| Keller Vroni Handball | Keller-<br />

Ehinger Josiane Eiskunstlauf | Kobel<br />

Stefan Volleyball/Beachvolleyball |<br />

Kressig Patrick Golf | Kunz Johannes Kanu<br />

Regatta | Kurzen Noël Teakwondo |<br />

Lobello René Fussball | Locher Stève Ski<br />

Alpin | Loukili Nadia Wasserspringen |<br />

Lussi Rumo Ski Alpin | Luykx Roeland<br />

Schw<strong>im</strong>men | Mathis Martin Eishockey |<br />

Mezquita Roberto Unihockey | Muino<br />

Laura Eiskunstlauf | Nicodet Yahel Eislauf |<br />

Polesana Franco Leichtathletik | Reinicke<br />

Dirk Schw<strong>im</strong>men | Rentsch Thomas Radsport<br />

| Rey Steve Golf | Rossini Arno<br />

Fussball | Rothenbühler Adrian Leichtathletik<br />

| Schönenberger Urs Sportklettern<br />

| Steingruber Florian Volleyball |<br />

Stöckli Ralph Curling | Tamani Cédric<br />

Skeleton | Ursea Adrian Fussball | Zürcher<br />

Eric-Pi Fussball<br />

Korrigendum In der Ausgabe 1/07 von<br />

swiss sport fehlten in der Liste der Schweizer<br />

Medaillen an Olympischen Spielen,<br />

Paralympics, Welt- und Europameisterschaften<br />

der Elite und Junioren 2006<br />

einige Namen. Wir entschuldigen uns<br />

dafür und publizieren hier die fehlenden<br />

Medaillengewinner:<br />

Gold<br />

Rad Bahn Atzeni Giuseppe, Durst<br />

Dieter Steher, EM Forst GER | Behindertensport<br />

Schw<strong>im</strong>men Cavin Chantal<br />

S11, 100 m Crawl (neuer Weltrekord), WM<br />

Durban RSA<br />

Silber<br />

Behindertensport Schw<strong>im</strong>men Cavin<br />

Chantal S11, 50 m Crawl | 100 m Brust |<br />

400 m Crawl, WM Durban RSA<br />

Bronze<br />

Rad Bahn Carlolina Lüthi Omnium, EM<br />

Athen GRE | Behindertensport Leichtathletik<br />

Kolly Urs P44 Fünfkampf, WM<br />

Assen NED<br />

AUS- UND WEITERBILDUNG SWISS OLYMPIC<br />

Unsere aktuellen Kurse finden Sie unter<br />

www.swissolympic.ch > Ausbildung/Entwicklung > Kurse<br />

30 swiss sport 2 2007


Youth Sport Session 2007<br />

Die Youth Sport Session ist ein Programm,<br />

das von Jungen für Junge organisiert<br />

wird, damit sie sich zu aktuellen<br />

Themen rund um den Sport äussern können.<br />

Die zweite Ausgabe findet am Freitag und<br />

Samstag, 23. und 24. November 2007, <strong>im</strong><br />

Haus des Sports in Ittigen bei Bern statt.<br />

Wie <strong>im</strong> Vorjahr werden Workshops unter<br />

der Leitung von Moderatoren und Experten<br />

organisiert. Diskutiert wird über die<br />

verschiedenen Facetten des Sports, positive<br />

wie negative. Die Teilnehmenden<br />

können – entsprechend den olympischen<br />

Ringen – aus fünf Themen wählen:<br />

Sportpolitik Schweiz Die positiven Auswirkungen<br />

des Sports auf die Gesellschaft<br />

sind vom Bundesrat offiziell anerkannt,<br />

aber wie steht es mit der konkreten Umsetzung?<br />

Olympische Spiele und Wirtschaft Was<br />

sind die wirtschaftlichen Herausforderungen<br />

von Olympischen Spielen <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

und der Spiele 2008 in Peking <strong>im</strong><br />

Speziellen?<br />

Doping Welches sind die Hintergründe<br />

des Dopings, die der Bevölkerung häufig<br />

wenig bekannt sind?<br />

Ehrenamt Wie können die Verbände dabei<br />

unterstützt werden, die Wertschätzung<br />

des Ehrenamts zu stärken?<br />

Gewaltprävention <strong>im</strong> Sport Wie kann<br />

die Gewalt durch den Sport vermindert<br />

werden?<br />

Die entscheidende Frage lautet aber: Werden<br />

die Teilnehmenden an der Youth<br />

Sport Session 2007 ihre Begeisterung und<br />

ihre Leidenschaft für den Sport einbringen<br />

können? Auskünfte:<br />

www.swissolympic.ch > Events<br />

oder direkt bei<br />

sylvie.schopper@swissolympic.ch SYS<br />

«cool and clean»<br />

schw<strong>im</strong>mt obenauf<br />

Am Wochenende vom 3. und 4. Februar fielen<br />

an den Schweizer Vereinsmeisterschaften<br />

<strong>im</strong> Hallenbad Nid-du-crô in Neuchâtel<br />

die Entscheidungen. Je 24 Damen- und<br />

Herrenteams kämpften in der Nationalliga<br />

A und B um Titel, Auf- und Abstieg.<br />

Die Gastgeber von «Red-Fish Neuchâtel»<br />

präsentierten während beiden Wettkampftagen<br />

eine tolle Show, wie man sie sonst<br />

nur aus Amerika kennt. Die Frauen präsentierten<br />

sich als «cool and clean» Cheerlea-<br />

ders und die Männer als American-Football-Spieler<br />

verkleidet. Auch sonst war<br />

«cool and clean» an diesem Wochenende<br />

omnipräsent. Mit über 800 Athleten und<br />

Zuschauern konnte das Präventionsprogramm<br />

ein grosses Publikum erreichen.<br />

Am Eingang des Schw<strong>im</strong>mkomplexes warben<br />

die Nachwuchsschw<strong>im</strong>mer von Red-<br />

Fish an einer Info-Bar für fairen und sauberen<br />

Sport. Banderolen rund um das Becken<br />

und regelmässige Jingles, welche die Zuschauer<br />

zu fairen Bedingungen und rauchfreier<br />

Atmosphäre aufforderten, komplettierten<br />

den Auftritt von «cool and clean».<br />

Die an Spannung kaum zu überbietende<br />

Schlussphase dieser Meisterschaften hat<br />

einmal mehr bewiesen: Die Vereinsmeisterschaften<br />

gehören zu den Highlights<br />

<strong>im</strong> Schweizer Wettkampfkalender der<br />

Schw<strong>im</strong>mer.<br />

Ein grosser Dank gilt dem Team Red-Fish<br />

Neuchâtel für den grossen Einsatz für fairen<br />

und rauchfreien Sport!<br />

SG<br />

zvg<br />

10 2 2006 2007 swiss sport 31

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