Das Protokoll der AG 4 - Das Programm "Schule - Wirtschaft ...
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6. Fachtagung des <strong>Programm</strong>s "<strong>Schule</strong> - <strong>Wirtschaft</strong>/ Arbeitsleben" zum Thema<br />
"Berufsorientierung – Berufsvorbereitung – Berufsausbildung“<br />
vom 15.05. bis 16.05.2006 in Hamburg<br />
<strong>Protokoll</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe 4: „(Ganztags-) Schulbesuche mit Darstellung von guten<br />
Beispielen“<br />
Mo<strong>der</strong>ation/ <strong>Protokoll</strong>:<br />
Dr. Birgit Schäfer/ Universität Flensburg<br />
1 Einleitungsstatement zur Arbeitsgruppe durch Dr. Birgit Schäfer<br />
Laut Kultusministerkonferenz sind Ganztagsschulen <strong>Schule</strong>n, bei denen im Primar- und Sekundarbereich<br />
I an (1) mindestens drei Tagen in <strong>der</strong> Woche ein ganztägiges – mind. sieben<br />
Zeitstunden umfassendes – Angebot sowie (2) ein Mittagessen bereit gestellt wird, und<br />
(3) die nachmittäglichen Angebote in einem konzeptionellen Zusammenhang mit dem<br />
vormittäglichen Unterricht stehen.<br />
International gibt es den Begriff nicht. <strong>Schule</strong> ist Ganztagsschule.<br />
Einer neuen Studie <strong>der</strong> Kultusministerkonferenz zufolge boten im Schuljahr 2004/2005 in<br />
Deutschland insgesamt 6810 <strong>Schule</strong>n und Schulzentren Ganztagsunterricht an, womit rund<br />
1,1 Millionen von insgesamt 8,7 Millionen Schülerinnen und Schülern des Primar- und Sekundarbereichs<br />
I ganztägig unterrichtet wurden. <strong>Das</strong> heißt, dass rund 13% aller Schülerinnen<br />
und Schüler <strong>der</strong> Grundschule und <strong>der</strong> weiterführenden <strong>Schule</strong>n bis Klasse 10 im letzten<br />
Schuljahr Ganztagsunterricht erhielten.<br />
Dabei waren die Teilnehmerzahlen in den verschiedenen Bundeslän<strong>der</strong>n sehr unterschiedlich,<br />
Spitzenreiter war Thüringen mit 29%, gefolgt von Berlin mit 23% und Sachsen mit 22%.<br />
Am Geringsten war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> am Ganztagsschulbetrieb teilnehmenden Schülerinnen und<br />
Schüler hingegen in Bayern mit 2%, Saarland mit 5% sowie Rheinland-Pfalz und Baden-<br />
Württemberg (beide 7%).<br />
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen voll gebundener – also für alle verpflichten<strong>der</strong> –<br />
, teilweise gebundener – also für einen Teil <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler (z.B. einzelnen<br />
Klassen o<strong>der</strong> Klassenstufen) – und offener – also freiwilliger – Ganztagsschule. Auch bei<br />
den gebundenen <strong>Schule</strong>n können jedoch Unterschiede in <strong>der</strong> Struktur dahingehend auftreten,<br />
dass entwe<strong>der</strong> die reinen Unterrichtsteile auf den Vormittag komprimiert bleiben und nachmittags<br />
eher „Freizeitangebote“ angeboten werden, o<strong>der</strong> dass eine enge Verzahnung bei<strong>der</strong><br />
Teile statt findet.<br />
Die größte Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die ganztägig unterrichtet wurden, besuchte<br />
2004 eine Integrierte Gesamtschule (322.700). In den Grundschulen nahmen<br />
1
214.800 Kin<strong>der</strong> am Ganztagsschulunterricht teil, in den Hauptschulen 156.500, in den Son<strong>der</strong>schulen<br />
150.600 und in den Gymnasien 114.200. Bundesweit wuchs die Teilnehmerinnen-<br />
und Teilnehmerzahl im Vergleich zu 2003 um rund 14%. Dabei können die Grundschulen<br />
(plus 34% gegenüber dem Vorjahr) den höchsten Anstieg verzeichnen. Es folgen die Realschulen<br />
(plus 32%), die Gymnasien (plus 31%), die Hauptschulen (plus 25%) und die Freien<br />
Waldorfschulen (plus 22%). In den Integrierten Gesamtschulen blieben die Teilnehmerinnen-<br />
und Teilnehmerzahlen etwa gleich.<br />
Der Sinn <strong>der</strong> Verknüpfung von berufsorientierenden Aktivitäten mit dem Ganztagsschulgedanken<br />
– im Sinne einer Ausweitung <strong>der</strong> Schulzeit bis nachmittags – liegt auf <strong>der</strong> Hand. Die<br />
Synchronisierung <strong>der</strong> Arbeitszeiten mit den Schulzeiten dürfte nicht nur die Bereitschaft<br />
zum Durchstehen eines Achtstundenarbeitstages erhöhen, son<strong>der</strong>n auch organisatorisch die<br />
Zusammenarbeit mit außerschulischen Lernorten und externem Fachpersonal för<strong>der</strong>n.<br />
Die meisten Projekte im SWA-<strong>Programm</strong> erfor<strong>der</strong>n einen flexiblen Umgang mit den Stundentafeln,<br />
eine enge Verzahnung von Arbeits- und Lernphasen sowie einen erhöhten Zeitbedarf<br />
und erhebliches Engagement seitens <strong>der</strong> durchführenden Lehrkräfte wie auch <strong>der</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler. Dies führt nicht nur zu organisatorischen Herausfor<strong>der</strong>ungen und „Opferung“<br />
von Freizeit von Lehrkräften und Jugendlichen, son<strong>der</strong>n auch zu Unterrichtsausfall.<br />
Ganztagsschulen könnten hier Abhilfe schaffen. Berufsorientierende Maßnahmen ließen sich<br />
an Ganztagsschulen leichter realisieren. Für die optimale Umsetzung bieten sich jedoch in<br />
erster Linie gebundene bzw. teilgebundene Ganztagsschulen an. Diese waren laut KMK-<br />
Bericht 2004 allerdings lediglich im Gesamtschul- und im För<strong>der</strong>schulbereich überproportional<br />
vertreten. Ansonsten überwiegt in hohem Maße <strong>der</strong> Typ <strong>der</strong> offenen Ganztagsschule.<br />
2 Berufsorientierung als fester Bestandteil des schulischen Konzepts<br />
<strong>der</strong> Ganztagsschule Osterbrook in Hamburg; vorgestellt durch Sabine<br />
Wolle, Ute Seifert, Christiane Becker, Knut Behling (alle Ganztagsschule<br />
Osterbrook) sowie Doris Wenzel-O’Connor (außerschulische<br />
Kooperationspartnerin; Institut für Sozial- und Bildungspolitik Hamburg<br />
e.V.)<br />
Die <strong>Schule</strong> Osterbrook ist eine voll ausgebaute Grund-, Haupt- und Realschule mit Vorschule<br />
und Hort in Hamburg. Seit dem 1. August 1998 ist sie eine Offene Ganztagsschule.<br />
An <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> gibt es zusätzlich zu dem regulären Unterricht an vier Nachmittagen <strong>der</strong> Woche<br />
beson<strong>der</strong>e Angebote, die teils verpflichtend und teils frei wählbar sind.<br />
Für die Klassen 5 bis 10 beginnt <strong>der</strong> Unterricht an den vier Tagen um 8.20 Uhr und endet um<br />
16.00 Uhr. In <strong>der</strong> großen Mittagspause – von 12.00 bis 13.00 Uhr – wird den Schülerinnen<br />
und Schülern in <strong>der</strong> Cafeteria ein frisch zubereitetes Essen angeboten. Darüber hinaus stehen<br />
den Schülerinnen und Schülern in dieser Zeit verschiedene Räume (wie Sporthalle, „Mädchenraum“,<br />
„Jungenraum“, Disco, Computerraum) für Aktivitäten zur Verfügung. Die<br />
2
Betreuung erfolgt in dieser Zeit durch Lehrkräfte, Honorarkräfte sowie ältere Schülerinnen<br />
und Schüler („Streitschlichterinnen und -schlichter“ <strong>der</strong> Oberstufe). Ferner können die Schülerinnen<br />
und Schüler in dieser Zeit Hausaufgaben machen. Sie werden von einer Lehrerin in<br />
einem extra für diesen Zweck eingerichteten Raum betreut. Nach weiteren zwei Unterrichtsstunden<br />
beginnt montags bis donnerstags um 14.40 Uhr das Nachmittagsangebot.<br />
Projekte und Schwerpunkte <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> sind „Demokratie lernen und leben“, wo Streitschlichtung<br />
sowie die Stärkung <strong>der</strong> Schülerinnen- und Schülermitverantwortung und soziales<br />
Lernen im Vor<strong>der</strong>grund stehen, „Family Literacy“ – ein Projekt zur Sprachför<strong>der</strong>ung für<br />
Mütter und Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Muttersprache nicht deutsch ist –, „<strong>Schule</strong> und <strong>Wirtschaft</strong>“, hier<br />
geht es um die Stärkung von Berufsorientierung, sowie „Sinus“, ein Projekt, das <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
von Mathematik dienlich ist.<br />
Ein wesentlicher Vorteil <strong>der</strong> Ganztagsschule wird im größeren Zeitfenster – im Vergleich<br />
zum zeitlich begrenzten Unterricht einer Halbtagsschule – gesehen. Selbstständiges Lernen,<br />
handlungsorientierter Unterricht, Projektarbeit, Lernortwechsel sowie auch <strong>der</strong> Auf- und<br />
Ausbau von Kooperationen sind damit besser möglich. Sowohl <strong>der</strong> Lernortwechsel wie auch<br />
die Zusammenarbeit mit externen Partnern stellen im Rahmen <strong>der</strong> Ganztagsschule kein<br />
Problem dar.<br />
<strong>Das</strong> Konzept zur Stärkung <strong>der</strong> Berufsorientierung an <strong>der</strong> Ganztagsschule Osterbrook<br />
sieht (kurzgefasst) wie folgt aus:<br />
1. Berufsfindungsprozess<br />
Findet in jedem Unterrichtsfach statt;<br />
Elternhaus muss mit einbezogen werden;<br />
Lehrerfortbildung zu Arbeitslehrespezialisten;<br />
Betriebspraktikum für Lehrerinnen und Lehrer;<br />
Es muss Klarheit in bestimmten Fragen geschaffen werden;<br />
2. Fragen zur Berufsentscheidung<br />
Wie bin ich?<br />
Was kann ich?/ Was kann ich nicht so gut?<br />
Wo liegen meine Stärken/ Schwächen?<br />
Welche Ziele, Wünsche, Träume habe ich?<br />
Was bin ich bereit, für meine Ziele zu tun?<br />
3. Klassenstufen 5/6<br />
Projektarbeit „Eigenständig werden“ o.ä.;<br />
Girls’Day/ Boys’Day (positiv: geschlechtergetrennt an 2 Tagen);<br />
Zur Durchführung kann <strong>der</strong> Ganztagsschul-Klassenlehrernachmittag genutzt werden (auch<br />
in den folgenden Klassenstufen);<br />
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4. Klassenstufe 7 (Haupt- und Realschule)<br />
Lebenslauf/ Bewerbung schreiben;<br />
Besuch des Berufsinformationszentrums;<br />
Straße des Handwerks;<br />
Rallye <strong>der</strong> Handwerkskammer (für Mädchen);<br />
Infotage <strong>der</strong> Berufsschulen;<br />
Messen und Ausstellungen;<br />
Höhere Klassen präsentieren ihr Praktikum;<br />
Einbeziehung von Expertinnen und Experten;<br />
Speziell für Hauptschule 7: Europäischer Computer-Führerschein;<br />
5. Hauptschule Klasse 8<br />
Berufsinformationszentrum/ Straße des Handwerks;<br />
Lehrstellenbörse;<br />
Messen und Ausstellungen;<br />
3-wöchiges Betriebspraktikum;<br />
Wunsch: Praxislerntag;<br />
6. Hauptschule Klasse 9<br />
Berufsinformationszentrum/ Lehrstellenbörse;<br />
Lehrstellensuche;<br />
Arbeitsstiftung Hamburg/ Koordinierungsstelle Ausbildung<br />
Evtl. 3-wöchiges Betriebspraktikum;<br />
Präsentation des Praktikums vor jüngeren Klassen und/ o<strong>der</strong> Eltern;<br />
7. Realschule Klasse 8<br />
Inhalte wie Hauptschule Klasse 8 und zusätzlich:<br />
Präsentation des Betriebspraktikums vor jüngeren Klassen und vor den Eltern;<br />
Praktikumsergebnisse als Ausstellung;<br />
Infotage <strong>der</strong> Berufsschulen;<br />
Externe Fachleute/ Personalmanager einladen;<br />
8. Realschule Klasse 9<br />
Berufsinformationszentrum/ Lehrstellenbörse;<br />
Berufsorientierungsseminar (Finanzierung?);<br />
Kooperation mit Betrieben (sdw – Stiftung <strong>der</strong> Deutschen <strong>Wirtschaft</strong>);<br />
2- o<strong>der</strong> 3-wöchiges Betriebspraktikum;<br />
Diskussion mit externen Fachleuten (Sparkasse, Gewerkschaft, Arbeitgeberverband);<br />
9. Realschule Klasse 10<br />
Berufsinformationszentrum/ Lehrstellenbörse;<br />
Kurzpraktikum bei Bedarf/ alternativ: Sozialpraktikum;<br />
Kooperation mit Betrieben (sdw – Stiftung <strong>der</strong> Deutschen <strong>Wirtschaft</strong>);<br />
Bewerbungstraining bei <strong>der</strong> Krankenkasse;<br />
Mentoring-Projekt;<br />
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10. Weitere Ideen und Wünsche<br />
Kooperation mit Betrieben in <strong>der</strong> näheren Umgebung <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>;<br />
Näherbringen von typischen Handwerksberufen;<br />
Eltern über neue Berufe informieren;<br />
Ehemalige Schülerinnen und Schüler sowie Azubis berichten;<br />
Info-Material zentral in <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> sammeln;<br />
Qualitätsstandards für Praktikumsplätze definieren;<br />
Koordinator Berufsorientierung mit Wochenarbeitszeit-Entlastung;<br />
Die Effektivität <strong>der</strong> geleisteten Arbeit kann an einem Praxisprojekt am Beispiel „Aufzucht <strong>der</strong><br />
Kaffeepflanze“ sehr schön veranschaulicht werden.<br />
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