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Die Folien zum Vortrag von Prof. Dr. Gerald Heidegger

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Perspektiven der<br />

Berufsorientierung aus<br />

berufspädagogischer Sicht<br />

Zwischen Wandel und Stabilität<br />

<strong>Gerald</strong> <strong>Heidegger</strong><br />

Universität Flensburg<br />

biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik


Zukunft der Erwerbsarbeit<br />

• „Krise der Arbeitsgesellschaft“? –<br />

(80er Jahre - vgl. Offe 1984)<br />

• Rationalisierung – Massenarbeitslosigkeit<br />

• Negative Perspektive: Spaltung in Arbeitende und Erwerbslose<br />

‣ Positive Perspektive: weniger (Erwerbs-)Arbeit, mehr „freie Zeit“<br />

• Wertewandel (gesellschaftlich und individuell): geringere Bedeutung<br />

der Erwerbsarbeit (Inglehart 1989)<br />

• „Schöne neue Arbeitswelt“ (Beck 1999): Modelle der<br />

Verbindung <strong>von</strong> Erwerbsarbeit, Familienleben, kreativer<br />

Freizeitgestaltung, bürgergesellschaftliches Engagement<br />

• Und „postmodern“:<br />

‣ „Erlebnisgesellschaft“?<br />

Oder ----


Zukunft der Erwerbsarbeit<br />

• „Erfolgsgesellschaft“? („sozialdarwinistisch“)<br />

(heute: neoliberal – sogar statt „Leistungsgesellschaft“)<br />

• Krise der Muße?<br />

‣ Arbeitssucht?- Verlängerung der Arbeitszeiten in den<br />

USA (Calvinistische Arbeitsethik)<br />

• Jugendstudien zeigen jedoch:<br />

• Kern des Lebensentwurfs (immer noch, und für beide<br />

Geschlechter):<br />

- Familie und Beruf (akzeptable Entlohnung, Sicherheit,<br />

gutes Betriebsklima, interessante Arbeit – „macht Spaß“)<br />

„Erosion des Normalarbeitsverhältnisses“ (?):<br />

‣ Berufsorientierung wichtiger denn je


Bedeutung <strong>von</strong> Beruf und Berufsarbeit<br />

• „Beruf“ auf mittlerer Ebene (nicht akademisch): fast spezifisch für<br />

deutschsprachigen Kulturraum<br />

• International vor allem für Banken, Versicherungen IT-Tätigkeiten<br />

unbekannt<br />

• Ständische Tradition: zukunftsfähig?<br />

‣ Zukunft des Ausbildungsberufs?<br />

• International: Oberes Segment der (deutschen) Ausbildungsberufe<br />

„bedient“ durch Bachelor<br />

- auch für z.B. Industrie-Elektroniker, -Mechatroniker, -Kaufmann<br />

• Jetzt Bachelor auch in Deutschland ---<br />

‣ Wird er solche Ausbildungsberufe ersetzen?<br />

‣ Bedeutung der Orientierung auf „mittlere“ Berufe<br />

auch für Gymnasiasten!


Charakteristika der „mittleren“<br />

Ausbildungsberufe<br />

• Qualifikationsbündel für vielfältige Aufgaben<br />

• „Berufliche Handlungskompetenz“ für Einsatz in unterschiedlichen<br />

Betrieben (anders als „training on the job“)<br />

• Standards zur Strukturierung des Arbeitsmarktes (Abnehmer und<br />

Anbieter)<br />

• Klare Rechte und Pflichten durch Anbindung an Tarifverträge<br />

(Arbeitgeber – Gewerkschaften)<br />

• Rahmen für Persönlichkeitsentwicklung und Absicherung eines<br />

sozialen Status<br />

• Beruhen auf klar geordneter, allgemein verbindlicher<br />

Berufsausbildung<br />

‣ Orientierung auf diese Berufe sinnvoll


Struktur des deutschen<br />

Berufsbildungssystems<br />

• Schwerpunkt : Duales System<br />

• Dualität (Balance – Interessengegensätze austarieren?)<br />

- Praxis – Theorie<br />

- Betrieb - Berufsschule<br />

- Staat (Bund – Länder ) versus<br />

- Sozialpartner (Tarifvertragsparteien): Arbeitgeber –<br />

Gewerkschaften: „Eckpunkte“ – „Ecklohn“<br />

‣ Berufliche Identität – Stütze für Flexibilität?<br />

‣ Strukturierte Aufstiegsmöglichkeiten (aber begrenzt)<br />

Auch Ansehen der „Schulberufe“, (Kranken-)<br />

Pflegeberufe etc. wird gestärkt<br />

‣ Deren Bedeutung nimmt zu<br />

‣ Orientierung auch auf diese Berufe wichtig


Zukunft <strong>von</strong> Berufsarbeit und<br />

„mittlerer“ Berufsbildung<br />

• International: Stark strukturiertes deutsches Ausbildungssystem<br />

- gelobt: Qualitätsarbeit – sozialpolitische Absicherung<br />

- kritisiert: zu unflexibel (für IK-Technologien, wechselnde<br />

Teamarbeit)<br />

• Statt angelsächsischer Flexibilisierung:<br />

• Reformvorschlag: „Offene, dynamische Berufsbilder“ – „Kernberufe“<br />

(<strong>Heidegger</strong>, Rauner 1997) – bei IT-Berufen teils verwirklicht – und<br />

„Gestaltungsorientierung“ der Berufsbildung<br />

‣ Schule: Förderung der Selbstständigkeit!<br />

• Aber auch Einfluss der angelsächsischen ökonomischen Erfolge:<br />

‣ Auflockerung der Berufsstruktur befürwortet<br />

‣ „Oben“: Bachelor – „Unten“: Angelernte<br />

‣ „Lohnspreizung“: sozialpolitische Absicherung als „Hemmschuh“


Prognosen der Berufsstruktur zur<br />

Berufsorientierung<br />

• „Megatrends“:<br />

• Sektoraler Strukturwandel: <strong>von</strong> der Industrie- zur<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaft (Organisation, Management, Beraten, Lehren) –<br />

Bachelor!, aber auch Pflege (teils Bachelor)<br />

• Höherqualifizierung (begrenzt) – „neue Schlüsselqualifikationen“<br />

(Teamfähigkeit, Kundenbezug etc.) – IT-Kompetenzen<br />

• Demographisch: Fachkräftemangel – aber Zunahme der<br />

Frauenerwerbstätigkeit<br />

• Abnahme der Dauer-Erwerbstätigkeit („Erosion des<br />

Normalarbeitsverhältnisses“) – nicht übertreiben!<br />

• Genauere Szenarios fragwürdig<br />

‣ Problem für Berufsorientierung<br />

‣ Also Gestaltungswillen und Selbständigkeit fördern<br />

(Lumpe 2002)


Orientierungsproblem: Mangelhafte<br />

Abstimmung Berufsbildungs -<br />

Beschäftigungssystem<br />

• Grund: ungenügende Abstimmung Ausbildungsstellenmarkt –<br />

Arbeitsmarkt (Stooß 1997)<br />

- 70% <strong>Die</strong>nstleistungs- und Infrastrukturaufgaben<br />

- nur 50% darin ausgebildet, 50% für Produktions –und<br />

Instandhaltungsaufgaben<br />

• Ursache: Ausbildung bringt für das Handwerk oft noch billige<br />

Arbeitskräfte<br />

‣ Berufsausbildung muss Flexibilität/Mobilität hin zu neuen Tätigkeiten<br />

fördern durch<br />

‣ „alte“ „Schlüsselkompetenzen“ Mertens (1974):<br />

Problemlösendes Denken, selbständige Auswahl und Bewertung<br />

<strong>von</strong> Informationen, „Selbstkompetenz“ (Roth 1974)<br />

‣ Zentrale Aufgabe der Schule!


Orientierungsaufgabe: Abstimmung<br />

<strong>von</strong> Interessen und Möglichkeiten<br />

• Problem: einseitige Ausrichtung auf altersspezifische „Traumberufe“<br />

- Jungen: Astronaut, Pilot, Rennfahrer ---- Kfz-Mechaniker<br />

- Mädchen: Tierärztin, Rechtsanwältin, Krankenschwester ----<br />

Tierpflegerin, Floristin<br />

‣ Schlechte Berufsaussichten!<br />

<br />

Dann mittlerer Realitätsbezug: „Weiße-Kragen-Berufe“<br />

- reale Attraktivität der Arbeit oft überschätzt<br />

‣ Ergebnis: Bewerber-Mangel für z.B. Industrie-Mechatroniker<br />

<br />

„Problem“ (?): Vermittlung der Ausbildungsstellen durch persönliche<br />

Kontakte der Eltern etc. – wenig Kenntnis der Zukunftsmöglichkeiten<br />

‣ Entscheidende Aufklärungsaufgabe der<br />

Schule!


Orientierung für Benachteiligte<br />

(mit schlechten Startchancen)<br />

• Entscheidend: Verbindung <strong>von</strong> theoretischem und<br />

praktischem Lernen<br />

• Projektunterricht als Regel<br />

• Erlebnispädagogik – Hinausgehen aus der Schule<br />

• Frühzeitige Anbindung an Arbeitswelt<br />

- Beispiel: Jahrespraktikum (ein Tag wöchentlich)<br />

Vorübergehendes Hereinholen <strong>von</strong> Handwerksmeistern<br />

als Lehrkräfte<br />

Integration der Schwachen als Ziel<br />

Längerfristig: Günstigere Schüler-Lehrer-Relation<br />

Langfristig: Unmittelbares Einbeziehen <strong>von</strong><br />

Schulsozialarbeit


Orientierungsziel:<br />

Berufsbiographische Kompetenz<br />

• Berufseinstieg als „Optionswahl“ (Famulla 2001)<br />

- Jugendalter eigentlich Phase der Horizonterweiterung,<br />

Selbstfindung, des Ausprobierens<br />

- dennoch vorläufige Festlegung unumgänglich – aber<br />

als „Option“ auf Umorientierung<br />

- (teilweise) Freisetzung aus Traditionen auch als<br />

Chance begreifen, nicht nur als Risiko<br />

- „lebensbegleitendes Lernen in der Schule vorbereiten!<br />

- aber möglichst selbstbestimmte Umorientierung<br />

Damit Vorbereitung auf Kompetenz zur Gestaltung der<br />

Berufsbiographie


Aufgaben der Schule bei der<br />

Berufsorientierung<br />

• Förderung der Selbständigkeit<br />

(„Selbstkompetenz“)<br />

• Förderung <strong>von</strong> „Schlüsselkompetenzen“<br />

• Viel engere Anbindung an Arbeitswelt<br />

• damit aufklärende Berufsorientierung erst<br />

möglich<br />

• Dabei Benachteiligte integrieren

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