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Stadtgespräch<br />
Stadtgespräch<br />
Red Blood Cells:<br />
Ready to take off<br />
Freising verglichen. Perspektiven einst und jetzt<br />
Aus der Fotosammlung des Stadtarchivs Freising<br />
Das Licht geht an im Abseits, die Meute<br />
tobt. Thomas Kozel, Frontmann der Freisinger<br />
Indie-Rock-Formation zieht den Stecker<br />
aus seiner E-Gitarre. Gerade haben er<br />
und seine Mitstreiter Twana Nedamaldeen<br />
(drums), Marcel Heinrich (Bass) und Bruderherz<br />
Ferdi Kozel (git., voc.) tüchtig eingeheizt<br />
in der Neustifter Kult-Katakombe.<br />
Viel Zeit bleibt nicht den Erfolg auszukosten.<br />
Der Hauptact „The Aberdeens“ will auf<br />
die Bühne. Den begeisterten „Cells“-Fans<br />
scheint das egal zu sein in diesem Moment.<br />
Der Applaus will nicht verstummen. Gefragt,<br />
was er sich jetzt noch wünscht, antwortet<br />
Tom wie aus der Pistole geschossen:<br />
„Ich würde gern mal auf dem Plus-Festival<br />
am Vöttinger spielen“.<br />
Die junge Band hat sich viel vorgenommen.<br />
Alle sind so Anfang Zwanzig. Auch wenn<br />
sie viel um die Ohren haben mit Ausbildung<br />
und Studium wollen sie ihr Musik-Projekt<br />
nach vorne bringen. „Wir proben jede Woche,<br />
bevor etwas live gespielt wird, muss<br />
es perfekt sein“, verrät Nedamaldeen über<br />
die Sorgfalt mit der die Cells zu Werke gehen.<br />
Das kommt an. Der gekonnte Mix aus<br />
Indie-Rock, Garage und Alternative hat<br />
dazu geführt, dass sich die Formation einen<br />
Namen gemacht hat in der Region. Vierzig<br />
Auftritte in Freising und München schlagen<br />
inzwischen zu Buche. Es sollen bald<br />
mehr werden. Die Band ist auf der Suche<br />
nach Spielstätten, will sich um Gigs in anderen<br />
Städten kümmern. Einfach ist das nicht,<br />
ohne Manager. Alle haben Verpflichtungen,<br />
sind am Studieren oder stecken mitten in<br />
einer Ausbildung. „Wir sind eigentlich bodenständig,<br />
wollen keinen Höhenflug kriegen“,<br />
verrät Ferdi. Gleichzeitig will man die<br />
Band auf einem guten Weg sehen, mehr tun<br />
dafür, dass es vorwärts geht. Auf großen<br />
Festivals spielen - das wär's. „Oder einfach<br />
losfahren und schauen, was geht“, spekuliert<br />
Nedamaldeen auf eine Spontan-Tournee.<br />
Wie auch immer, an Empfehlungen mangelt<br />
es nicht. Seit 2009 spielt man in der<br />
Formation zusammen. Die EP „In Your<br />
Veins“ ist allerfeinst eingespielt. Im Studio<br />
der Kammerspiele in München. Kumpel<br />
Georg Wörle hat das eingefädelt. „Wir hatten<br />
Glück“, sagt Ferdi, „der Schorschi hat<br />
dort ein freiwilliges soziales Jahr eingelegt,<br />
wir waren sein Projekt“. Gemixt und gemastert<br />
ist das gute Stück von Ludwig Maier<br />
(Blumentopf, etc.) Man hat beim München-<br />
Marathon auf dem Königsplatz vor großer<br />
Kulisse bestanden, ist einfach rausgegangen<br />
und hat sich vor fremdem Publikum die<br />
Seele aus dem Leib gespielt. „Die Leute sind<br />
danach gekommen und haben uns beglückwünscht“,<br />
erinnert sich Heinrich. Ihren<br />
Vorbildern, den „White Stripes“, „Jet“ oder<br />
„Kasabian“ machen sie alle Ehre. Nicht nur<br />
auf der Bühne. Auch im Internet und im Radio.<br />
Der Take „Bring Back Brightness“ hat<br />
auf You-Tube binnen kurzer Zeit über 1000<br />
Klicks erzielt. Bis nach Australien reicht der<br />
Ruf der „Cells“. Ein Beitrag bei EGO-FM<br />
kommt Anfang Februar, der Radio-Sender<br />
strahlt die eigens eingespielte Unplugged-<br />
Nummer „Omen“ aus. Bei Bayern 3 waren<br />
die Cells auch schon zu hören. Das lässt sich<br />
doch gut an. Die „Red Blood Cells“ wollen<br />
durchstarten – keine Frage. Das Zeug dazu<br />
hätten sie. (AF)<br />
Die beiden Fotografien wurden von der<br />
kleinen Verbindungsgasse zwischen der Johannisstraße<br />
und dem Veitsmüllerweg aus<br />
aufgenommen, Blickrichtung ist Westen,<br />
zum Weihenstephaner Berg hin. Die historische<br />
Aufnahme ist vor 1955 entstanden,<br />
der Fotograf ist unbekannt.<br />
Die eigenartig gestalteten Ziegelmauern,<br />
die den Weihenstephaner Berg (unterhalb<br />
des Lindenkellers) gegen die Vöttinger<br />
Straße stützen, sind den meisten Freisingerinnen<br />
und Freisingern ein vertrautes Bild.<br />
Etwas eigenartig sind sie deshalb, weil sie<br />
nicht geradlinig (wie z. B. die Bergstützmauer<br />
in der Bahnhofstraße) verlaufen,<br />
sondern große Unebenheiten aufweisen,<br />
wie etwa Vor- und Rücksprünge, Stützpfeiler<br />
oder auch (verschlossene) Zugänge<br />
in den Berg. Tatsächlich handelt es sich bei<br />
diesen Mauern um die Überreste (Rückseiten)<br />
zweier historisch interessanter Gebäude,<br />
die Mitte der 1950er Jahre aus verkehrspolitischen<br />
Gründen abgebrochen wurden.<br />
Eben jene beiden Gebäude sind auf der historischen<br />
Aufnahme zu sehen bzw. angeschnitten.<br />
Beide gehörten bis zur Säkularisation<br />
1803 zum Besitz des Kollegiatstiftes<br />
St. Veit. Das vordere Haus (Bildmitte)<br />
diente dem Stift als Kasten (Getreidespeicher);<br />
seine wirtschaftliche Funktion ist<br />
an den kleinen, teils vergitterten Fenstern,<br />
am Aufzugsgiebel oder auch an den beiden<br />
Toren – eines davon schon halbgeschossig<br />
unter der Erde – zu erkennen. Beim<br />
direkt daran anschließenden Haus handelte<br />
es sich um das ehemalige Pfarrhaus<br />
von St. Veit. Der geschweifte Giebel und<br />
das Mansarddach gehen auf einen Umbau<br />
sellier druck GmbH · Angerstraße 54 · 85354 Freising · Tel +49 (0) 81 61/187-20 · www.appl.de<br />
in der Zeit um 1900 zurück, im Kern hat<br />
sich das Haus, das wohl frühneuzeitlichen<br />
Ursprungs war, bis zu seinem Abriss in der<br />
Originalsubstanz erhalten. Zuletzt wurde<br />
es als Kramerladen genutzt. Infolge des<br />
Baus der Johannisstraße Mitte der 1950er<br />
Jahre kam es zu tiefgreifenden städtebaulichen<br />
Veränderungen vor allem im Bereich<br />
des Johannisplatzes und der heutigen<br />
„Karlwirt-Kreuzung“. Ein vorstadtähnliches<br />
Ensemble musste dem Konzept der<br />
„autogerechten Stadt“ weichen: Um von<br />
der Vöttinger Straße eine Rechtsabbiege-<br />
Spur in die neue Johannisstraße realisieren<br />
zu können, mussten mehrere Gebäude<br />
weichen, darunter die beiden genannten<br />
Anwesen. Aus statischen Gründen wurden<br />
lediglich Teile der rückwärtigen Mauern<br />
erhalten. (FN)<br />
8 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />
fink Das Freisinger Stadtmagazin Januar 2013<br />
Von hier von dort und anderen guten Dingen 9