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die sich mit der Erforschung dessen befaßt, was nach der Physik (μετά τά φυσικά)<br />

liegt. Der metaphysische Versuch, durch die Zusammenschau wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

das unfaßbare Mysterium zu ergründen, vermag nicht die kategoriale Grenze der menschlichen<br />

Logik zu überw<strong>in</strong>den und verfehlt se<strong>in</strong> Ziel. Diese Metaphysik bleibt d<strong>in</strong>glich,<br />

endokosmisch und daher für die Theologie unergiebig, denn die unternimmt die Überw<strong>in</strong>dung<br />

des Endokosmischen durch die Verd<strong>in</strong>glichung des Transzendenten, das <strong>in</strong> den Bereich des<br />

Mythos abgleitet. Gott aber, als der Überseiende, kann nicht Gegenstand e<strong>in</strong>er solchen<br />

Metaphysik werden.<br />

Dar<strong>in</strong> unterscheidet sich grundsätzlich die Theologie der Väter von der philosophischen Metaphysik,<br />

da ihr Fragen nach Gott nicht im S<strong>in</strong>ne der Metaphysik erfolgte. Bei den großen<br />

Kirchenvätern, die auch <strong>in</strong> der Geschichte der Philosophie e<strong>in</strong>en besonderen Platz e<strong>in</strong>nehmen,<br />

war die rational-systematische Ause<strong>in</strong>andersetzung mit theologischen Fragen eigentlich ke<strong>in</strong>e<br />

re<strong>in</strong> wissenschaftliche Beschäftigung mit metaphysischen Aporien, sondern e<strong>in</strong> existentielles<br />

Fragen, das im Gebet erfolgte und <strong>in</strong> die Doxologie e<strong>in</strong>mündete. Es liegt sicherlich e<strong>in</strong><br />

pr<strong>in</strong>zipielles Mißverständnis vor, wenn vor allem <strong>in</strong> philologischen und philosophischen<br />

Arbeiten auf dem Gebiet der Patristik die Schriften der Kirchenväter ausschließlich unter dem<br />

Aspekt der Fortführung der Gedankenwelt der alten philosophischen Schulen studiert werden,<br />

und demzufolge ihre Theologie als das christliche Gewand des Piatonismus oder Aristotelismus<br />

dargestellt wird. Bei dieser Betrachtung wird man weder der geistesgeschichtlichen noch<br />

der theologischen Leistung der Kirchenväter gerecht, die als Wissenschaftler Theologie als<br />

e<strong>in</strong>en liturgischen Dienst auffaßten. Die Beherrschung e<strong>in</strong>er oder mehrerer wissenschaftlicher<br />

Diszipl<strong>in</strong>en besaß ke<strong>in</strong>en autonomen,selbstgenügsamen S<strong>in</strong>n, sie galt vielmehr als e<strong>in</strong>e<br />

Ausrüstung, die im Dienst des pastoralen und kerygmatischen Auftrags der Kirche stand.<br />

Für die orthodoxe Theologie, die sich durch ihre Treue zur Tradition und ihre tiefe Ehrfurcht<br />

vor den Kirchenvätern als Zeugen des Glaubens der Kirche ihrer Zeit auszeichnet, bedeutet<br />

neupatristische Theologie <strong>in</strong> unserer Zeit nicht, daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Papageientheologie das<br />

Überlieferte geschützt und unverändert als e<strong>in</strong>e verehrungswürdige Reliquie weitergegeben<br />

werden muß, daß man auf Fragen des modernen Menschen und der Gesellschaft mit Zitaten<br />

aus den Vätern antwortet, sondern daß <strong>in</strong> echter Nachahmung ihres Wirkens mit Hilfe neuer<br />

Erkenntnisse auch aus dem Gebiet der profanen Wissenschaften der überlieferte Glaube neu<br />

artikuliert, mit den Mitteln der Zeit erforscht und verkündet wird. Der theologische<br />

Grundsatz, den Johannes von Damaskus an den Anfang se<strong>in</strong>er "Quelle des Wissens" gestellt<br />

hat: "Ich sage nichts Eigenes" (Dial. 2,9, ed. B. Kotter), entspr<strong>in</strong>gt nicht e<strong>in</strong>er Epigonenmentalität,<br />

sondern dem Bewußtse<strong>in</strong>, daß Theologie ke<strong>in</strong>e private Gelehrtenangelegenheit ist,<br />

sondern e<strong>in</strong> synodal-kirchliches Werk, das <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft "mit allen Heil<strong>in</strong>ge" (Eph 3,18)<br />

aller Zeiten unter dem Beistand des heiligen Geistes erfolgt. In diesem Bewußtse<strong>in</strong> berät und<br />

entscheidet die Jerusalemer Versammlung der Apostel und der Ältesten mit der Geme<strong>in</strong>de<br />

(Apg 15,1-35), <strong>in</strong>dem sie ihre Beschlüsse mit dem Satz e<strong>in</strong>leitet: "Denn es hat dem Heiligen<br />

Geist und uns gefallen..." (ebd. 15,28) wie auch jede Kirchenversammlung, wie es vor allem<br />

die Väter der ökumenischen Konzilien mit der E<strong>in</strong>leitungsformel ihrer Lehrentscheidungen<br />

demonstrieren: "Indem wir den heiligen Vätern folgen...".<br />

Im S<strong>in</strong>ne der Vätertheologie bedeutet allerd<strong>in</strong>gs wissenschaftliche Ausbildung und<br />

Wissenschaftlichkeit des Theologen ke<strong>in</strong>en Selbstzweck, ke<strong>in</strong> Endziel der wissenschaftlich<br />

theologischen Betätigung, sondern nur e<strong>in</strong>e Vorstufe, die nicht verselbständigt werden darf.<br />

Textkritik, philologische Methoden, historische Hilfswissenschaften, Philosophie, Soziologie<br />

und Naturwissenschaften liefern das Gerüst für den theologischen Bau, der himmlische

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