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h<strong>in</strong>sichtlich der Verb<strong>in</strong>dlichkeit e<strong>in</strong>er konkreten Form orthodoxer Identität bzw. Lehrformuliernng.<br />

Mir sche<strong>in</strong>t, daß trotz e<strong>in</strong>er beachtlichen Zahl von Arbeiten, die mit viel F<strong>in</strong>gerspitzengefühl<br />

die Welt der Orthodoxie dem westlichen Leser zugänglich zu machen versuchen, immer noch<br />

selbst bei "Ostkirchenspezialisten" e<strong>in</strong> wichtiges Pr<strong>in</strong>zip im Eifer der theologischen Forschung<br />

außer acht gelassen wird: <strong>Orthodoxe</strong> Denkweise, Theologie und Spiritualität f<strong>in</strong>den ihren<br />

genu<strong>in</strong> orthodoxen Ausdruck <strong>in</strong> der Liturgie. Daher stellt die Liturgie mit ihrer anschaulichen,<br />

tiefgründigen Symbolik und doxologischen Theologie als Ausdruck der Erfahrung <strong>in</strong> der Begegnung<br />

mit Gott den besten Zugang zur orthodoxen Kirche und Theologie dar. In e<strong>in</strong>em den<br />

ganzen Menschen - Verstand und Herz, Seele und Leib - umfassenden Ereignis, das den Menschen<br />

aus dem Bereich der endokosmischen Vergänglichkeit <strong>in</strong> die Wirklichkeit des Heils als<br />

e<strong>in</strong>e Vorwegnahme der Parusie, der Begegnung mit Christus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Herrlichkeit, überleitet,<br />

offenbart sich e<strong>in</strong> Kosmos, der durch re<strong>in</strong> wissenschaftlich-<strong>in</strong>tellektuelle Anstrengungen<br />

alle<strong>in</strong> nicht begriffen werden kann. Der Glaube ist Leben, das durch die Teilhabe erkannt<br />

werden kann als e<strong>in</strong> Vorgang, der mehr Empf<strong>in</strong>den und <strong>in</strong>nere Sensibilität als rationale<br />

Anstrengung erfordert. Dort läßt sich der Glaube als Leben vernehmen, der Herzschlag der<br />

Orthodoxie hören als e<strong>in</strong> Signal, das Heil verkündet. Daher erklärt sich, daß im orthodoxen<br />

Verständnis die Liturgie nicht nur e<strong>in</strong>en Gegenstand e<strong>in</strong>er theologischen Diszipl<strong>in</strong>, der Liturgiewissenschaft,<br />

darstellt, sondern vor allem e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zip theologischen Denkens und<br />

Wirkens ist. E<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong> orthodoxe Theologie versteht sich als e<strong>in</strong>e liturgische Theologie.<br />

Diese E<strong>in</strong>schätzung setzt gewiß voraus, daß Liturgie nicht bloß die zeremonielle,<br />

rubrizistische Gestaltung gottesdienstlicher Handlungen me<strong>in</strong>t, sondern den dar<strong>in</strong> zum<br />

Ausdruck kommenden Inbegriff der Erfahrung des Heils <strong>in</strong> der Kirche als der Fortdauer des<br />

<strong>in</strong>karnierten Logos.<br />

Insofern ist für das Selbstverständnis der Theologie auch als e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Diszipl<strong>in</strong><br />

ihre E<strong>in</strong>stellung zur Liturgie und zur Liturgiewissenschaft als e<strong>in</strong>e ihrer Diszipl<strong>in</strong>en nicht<br />

bedeutungslos. Hier stellt sich die Frage ihrer Identität, denn es geht schließlich um den<br />

Standort theologischen Forschens <strong>in</strong> der Kirche und se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>ndeutung, noch mehr um die<br />

Identität des Theologen, der e<strong>in</strong> Wissenschaftler eigener Art ist, ohne <strong>in</strong>nere Parallelen zu<br />

Kollegen anderer Diszipl<strong>in</strong>en.<br />

In diesem liturgisch geprägten Horizont fällt dem Betrachter der Theologie, wie sie heute <strong>in</strong><br />

allen Kirchen, <strong>in</strong> Ost und West, Nord und Süd, mit den anderen wissenschaftlichen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en wetteifert, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Ant<strong>in</strong>omie auf, die <strong>in</strong> unterschiedlichen Formen und<br />

Schärfen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ause<strong>in</strong>anderklaffen von Glauben <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vollzug und Theologie als<br />

wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Gegenstand des Glaubens liegt. Geme<strong>in</strong>t ist die<br />

schon längst, vor Jahrhunderten vollzogene Entfernung der wissenschaftlichen Theologie vom<br />

Leben der Kirche, e<strong>in</strong>em Leben, das e<strong>in</strong>e Leitourgia ist. Die spezifisch-theologisch widrige<br />

Scheidung zwischen theologischer Forschung und Spiritualität wirkt nicht mehr befremdend.<br />

Die historisch-kritische Exegese, die Fundamentaltheologie, ja selbst die Dogmatik und<br />

Pastoraltheologie - um e<strong>in</strong>ige Fächer zu nennen - fühlen sich so sehr emanzipiert und<br />

entwickelt, daß der Versuch e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Verb<strong>in</strong>dung zum Gebet und zur Liturgie der Kirche<br />

Gefahr liefe, als anachronistisch, unsachlich und schwärmerisch zu gelten. Man furchtet,<br />

daß bei e<strong>in</strong>er solchen Verknüpfung der theologischen Forschung mit der Spiritualität die für<br />

die Wissenschaft erforderliche Nüchternheit und unbeirrbare Rationalität leiden würde. Die

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