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Anastasios Kallis<br />

7<br />

E I N F Ü H R U N G<br />

Orthodoxie als Doxologie<br />

"Die Botschaft der Apostel<br />

und die Lehren der Väter<br />

sicherten der Kirche den e<strong>in</strong>en Glauben,<br />

die, das Gewand der Wahrheit tragend,<br />

das von der himmlischen Theologie gewebte,<br />

lehrt recht und verherrlicht<br />

das große Mysterium der Frömmigkeit."<br />

(Kontakion zum Fest der Väter des I. ökum. Konzils)<br />

Der Begriff Orthodoxie wird im allgeme<strong>in</strong>en deutschen Sprachgebrauch entsprechend der<br />

Etymologie vom Adverb orthos (= gerade, aufrecht, richtig, recht) und dem Verb dokeo ( —<br />

me<strong>in</strong>en, glauben, sich bekennen) als Bezeichnung für e<strong>in</strong> System verwendet, das an der<br />

strengen Doktr<strong>in</strong> festhält. So spricht man von orthodoxem Marxismus, Kommunismus (=<br />

"Betonköpfen") oder Judentum als Grundhaltungen, deren Sorge der "re<strong>in</strong>en Lehre" e<strong>in</strong>er<br />

Religion oder Ideologie gilt. Damit ist oft schließlich das engstirnige, unnachgiebige<br />

Festhalten an Dogmen und Lehrme<strong>in</strong>ungen geme<strong>in</strong>t, das dem Neuen verschlossen bleibt. Auf<br />

die orthodoxe Kirche bezogen me<strong>in</strong>t man, daß es sich um e<strong>in</strong>e Kirche handelt, die sich als<br />

"recht-, strenggläubig" versteht (Duden).<br />

Dieses Verständnis, das die genannten negativen Implikationen assoziiert, widerspricht<br />

allerd<strong>in</strong>gs grundsätzlich der orthodoxen Wirklichkeit als lebendigem Organismus, der se<strong>in</strong>en<br />

Ausdruck im liturgischen Leben der Kirche f<strong>in</strong>det. Daher ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e andere - komplementär<br />

verstandene - Etymologie am ehesten dem Wesen der orthodoxen Kirche zu<br />

entsprechen, die vom Verb doxazo (= preisen) ausgeht. Der rechte Glaube ist demnach nicht<br />

abstrakte Doktr<strong>in</strong>, sondern rechte Lobpreisung Gottes. Im Leben der Kirche, das e<strong>in</strong>e<br />

Doxologie, e<strong>in</strong> Dank für das erfahrende Heil ist, wird die geoffenbarte Wahrheit <strong>in</strong> der<br />

Geschichte ununterbrochen manifestiert. Die Identität der Orthodoxie besteht weder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Lehrsystem gesicherter Wahrheiten noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Organisationssystem, sondern <strong>in</strong> ihrer<br />

Liturgie, <strong>in</strong> der die Schöpfung die Geme<strong>in</strong>schaft mit ihrem Schöpfer erfahrt und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Theologie der Hymnen "das große Mysterium der Frömmigkeit" doxologisch artikuliert, ohne<br />

die Absicht, e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dlich-lehrmäßige Formulierung zu geben.<br />

Das Unbehagen bzw. Mißverständnis westlicher Theologen, die an Hand gelehrter Dogmatikhandbücher<br />

e<strong>in</strong> Bild von der orthodoxen Kirche und Theologie zu entwerfen versuchen, geht<br />

auf das oben genannte Verständnis e<strong>in</strong>er doktr<strong>in</strong>ären Orthodoxie zurück, das auch ihr<br />

unangemessenes Vorgehen bestimmt, die östlich-orthodoxe Denkweise und Spiritualität mit<br />

eigenen, systemgebundenen Kriterien und Denkstrukturen zu erschließen. Dar<strong>in</strong> liegt<br />

schließlich die Ursache für viele Fehl- und Vorurteile sowie für e<strong>in</strong>e gewisse Ratlosigkeit

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