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Dies führt dazu, daß sich die Theologie auch spezifischer Ausdrucksmittel bedient. In<br />

Anbetracht der Unbegreiflichkeit des göttlichen Mysteriums wählt sie den Weg der<br />

Apophatik, unter dem starken E<strong>in</strong>druck der Erfahrung der Wahrheit die Dichtung, die<br />

Hymnographie, Musik, Ikonographie, den Tanz, Gesten und Zeichen, um ihre Erkenntnis<br />

auszudrücken. In ihrer höchsten Ausdrucksform bedient sie sich der "Sprache" des<br />

liturgischen Lebens und f<strong>in</strong>det damit auch ihre Verankerung im Gebet der Kirche, das<br />

Ausgangs- und Endpunkt jeglicher theologischer Forschung ist.<br />

Die dogmatische Überlieferung der Kirche belegt e<strong>in</strong>deutig diese Verb<strong>in</strong>dung von Theologie<br />

und Liturgie <strong>in</strong> der alten Kirche, die <strong>in</strong> ihrer Abwehr gegen die Häresie ihr grundlegendes<br />

Bekenntnis, das Nizäno-Konstant<strong>in</strong>opolitanum aus ihrem liturgischen Leben übernahm und<br />

zur Begründung der Orthodoxie oft auf sie verwies. Dem modernen Theologen ersche<strong>in</strong>t es<br />

etwas befremdlich, daß die Konzilien der alten Kirche den liturgischen Formeln besondere<br />

Aufmerksamkeit schenkten. In der Liturgie aber artikuliert sich der Glaube doxologisch und<br />

werden dogmatische Entscheidungen und Def<strong>in</strong>itionen vorweggenommen oder aber <strong>in</strong> ihrem<br />

Absolutheitscharakter, den sie durch ihr Genus besitzen, relativiert. Man hat bisweilen sogar<br />

den E<strong>in</strong>druck, der Osten def<strong>in</strong>iert Dogmen, um sie <strong>in</strong> der Liturgie aufzuheben. So wurde z.B.<br />

543 die Apokatastasislehre (Wiederherstellung des Urzustandes der Schöpfung, Allversöhnung)<br />

durch e<strong>in</strong>e Konstant<strong>in</strong>opler Synode ausdrücklich verworfen, doch die Johannes<br />

Chrysostomos zugeschriebene Katechetische Rede, die <strong>in</strong> der Osternachtliturgie der<br />

orthodoxen Kirchen gelesen wird, liefert e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Beleg dafür, daß der Gedanke der<br />

alle Grenzen überschreitenden Liebe Gottes, der niemanden ewig bestrafen kann, e<strong>in</strong>en<br />

zentralen Platz <strong>in</strong> der orthodoxen Frömmigkeit und Theologie e<strong>in</strong>nimmt und <strong>in</strong> der Liturgie<br />

den zutreffenden Ausdruck gefunden hat:<br />

"... Denn großmütig ist der Herr...<br />

Tretet also alle e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Freude eures Herrn...<br />

Der Tisch ist reich gedeckt, genießt alle!<br />

Das Kalb ist reichlich, niemand gehe hungrig fort..."<br />

In der Liturgie wird am besten die <strong>in</strong>nere Verb<strong>in</strong>dung von Lehre und Mysterium bewahrt,<br />

<strong>in</strong>dem der gelehrte und gelebte Glaube e<strong>in</strong>en doxologischen Ausdruck f<strong>in</strong>det. Im liturgischen<br />

Kontext f<strong>in</strong>det auch das Wort Gottes se<strong>in</strong>e Interpretation und wird <strong>in</strong> die richtige Dimension<br />

gestellt, wenn <strong>in</strong> der eucharistischen Liturgie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausgewogenen Gestaltung das<br />

Mysterium der Inkarnation des Logos im Fleisch und im Wort aktualisiert wird.<br />

Die Vielfalt der liturgischen Traditionen, die im Osten und Westen früher reicher war, weist<br />

schließlich auf die ökumenische Dimension der liturgischen Theologie h<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> den<br />

unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Glaubens nicht das Trennende, sondern die<br />

Katholizität der Kirche erblickt, die <strong>in</strong> der jeweiligen Ortskirche ihren eigenen Ausdruck f<strong>in</strong>det.<br />

Die Neugew<strong>in</strong>nung des Verständnisses für die Komplementarität der Pluriformität der<br />

Kirchen Gottes <strong>in</strong> der ganzen Welt läßt sich am sichersten von den Liturgien her e<strong>in</strong>leiten,<br />

die den geme<strong>in</strong>samen, authentischen Glauben unterschiedlich akzentuiert ausdrücken<br />

Nach langen lehrmäßigen Anstrengungen zur Überw<strong>in</strong>dung der Kirchentrennung wird mit<br />

Ernüchterung festgestellt, daß rational-doktr<strong>in</strong>elle Übere<strong>in</strong>stimmungen nicht die gewünschte<br />

Geme<strong>in</strong>schaft herbeiführen. So f<strong>in</strong>den die vernachlässigte Spiritualität und die Liturgie<br />

zunehmend die Aufmerksamkeit der Ökumeniker, die hier e<strong>in</strong>e große Chance der gegenseiti-

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