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Dieses existentielle Axiom, das <strong>in</strong> der Vätertheologie, im Unterschied zum re<strong>in</strong> rationalen<br />

Vorgehen der Häretiker, allgeme<strong>in</strong> Gültigkeit hat, läuft Gefahr, ausschließlich auf das Gebiet<br />

der Mystik verdrängt zu werden, denn die säkularisierte Theologie steht unter dem Druck der<br />

ständigen Versuchung, ihren Gegenstand zu rationalisieren und den Glauben als e<strong>in</strong>e<br />

Angelegenheit des Kopfes darzustellen. Damit wird sie aber ihrer Macht beraubt, den Weg<br />

des Aufstiegs zu bahnen, den die Kirche als Ko<strong>in</strong>onia des Geistes geht. Es gibt jedoch ke<strong>in</strong>en<br />

anderen theologischen Erkenntnisweg als den der personalen Begegnung:<br />

"Er kam <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Eigentum,<br />

aber die Se<strong>in</strong>en nahmen ihn nicht auf.<br />

Allen aber, die ihn aufnahmen,<br />

gab er Macht, K<strong>in</strong>der Gottes zu werden" (Joh 1,11 f.).<br />

Dar<strong>in</strong> liegt gerade die Eigenart theologischer Erkenntnis, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er personalen Beziehung<br />

zum Erkenntnisgegenstand möglich ist. Sie ist nicht das Ergebnis e<strong>in</strong>er Anstrengung des<br />

menschlichen Verstandes alle<strong>in</strong>, sondern e<strong>in</strong>er den ganzen Menschen umfassenden<br />

Erneuerung, die Teilhabe an der himmlischen Berufung (Hebr 3,1) bedeutet. Auf diesem Weg<br />

"sollen wir alle zur E<strong>in</strong>heit im Glauben und <strong>in</strong> der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen,<br />

damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er vollendeten Gestalt<br />

darstellen" (Eph 4,13). Im Verständnis der Kirchenväter ist Theologie als re<strong>in</strong>e Lehre bzw.<br />

Theorie nicht möglich, obschon sie als Betätigung grundsätzlich e<strong>in</strong>en hohen Rang e<strong>in</strong>nimmt:<br />

"Es ist groß das Reden von Gott, größer jedoch, sich zu re<strong>in</strong>igen vor Gott, da <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

schlechte Seele die Weisheit nicht e<strong>in</strong>geht" (Gregorios Naz., Or. XXXII, 12: PG 36,188 C).<br />

In dieser existentiellen Begegnung des Menschen mit Gott s<strong>in</strong>d Denken und Überlegen nicht<br />

bestimmend und autonom; sie werden nicht alle<strong>in</strong> durch den Verstand und die rationale Logik<br />

bewegt, sondern durch den göttlichen Eros, von dem der Theologe ergriffen wird.<br />

Rationalistische Ausflüge e<strong>in</strong>er metaphysisch-philosophisch ausgerichteten Theologie, die Gott<br />

objektiviert und zum Gegenstand verstandesmäßiger Betrachtung macht, kann leicht dem<br />

Atheismus anheimfallen, denn dieses Vorgehen bedeutet Verne<strong>in</strong>ung Gottes, wenn der<br />

Schöpfer zu e<strong>in</strong>em wie auch immer gearteten Geschöpf se<strong>in</strong>es Geschöpfes wird.<br />

Dar<strong>in</strong> unterscheidet sich aber die Theologie von anderen Geisteswissenschaften, <strong>in</strong> denen die<br />

Autonomie der Logik absolute Gültigkeit hat, während bei ihr die Erfahrung der Wahrheit<br />

als e<strong>in</strong> personal-existentielles Ereignis Denken und Handeln <strong>in</strong>spiriert. In ihrer genu<strong>in</strong>en Gestalt<br />

ist sie nicht rationalistisch, sondern pneumatisch und <strong>in</strong> ihrem Ausdruck nicht re<strong>in</strong><br />

logisch, sondern doxo-logisch. In der Doxologie äußert sich der Dank für die gewonnene Erkenntnis<br />

als Erfahrung göttlicher Realitäten. Diese übersteigen jegliche Verstandeskraft, und<br />

darum fragt schließlich der Theologe nicht, ob die Doxologie e<strong>in</strong>er wissenschaftlichobjektiven<br />

Analyse durch "Une<strong>in</strong>geweihte" standhalten würde.<br />

Dies bedeutet ke<strong>in</strong>eswegs, daß die doxologische Theologie das rationale Ergründen und<br />

Fragen verne<strong>in</strong>t oder für überflüssig hält, sondern daß sie sie <strong>in</strong> den Dienst der Erkenntnis<br />

der gelebten Offenbarung stellt, da sich ihr Denken und Ergründen im Mysterium der<br />

Gotteserfahrung vollzieht. Die theologischen Anstrengungen begleiten e<strong>in</strong>en Prozeß der<br />

Inkarnation des Logos, an dessen Mysterium der Theologe mit se<strong>in</strong>em wissenschaftlichen<br />

E<strong>in</strong>satz partizipiert.

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