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Abendprogramm (PDF) - Philharmonie

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Aufstrebenden Begabungen war Ullmann Mentor und Förderer:<br />

Er, der Zemlinsky- und Schönberg-Schüler, gründete ein «Studio<br />

für Neue Musik», um den Theresienstädter Musikern eine Plattform<br />

zu geben. Im Lager wurde der Anthroposoph Ullmann sich<br />

seiner jüdischen Wurzeln bewusst; den jiddischen Liederzyklus<br />

Brˇezulinka mit «Beryozkele» komponierte er kurz vor seiner Deportation<br />

nach Auschwitz. Als die Wehrmacht 1939 die Tschechoslowakei<br />

besetzte, wurde der gefeierte Komponist Ullmann über<br />

Nacht zu einem «lebensunwerten Untermenschen»: Er erhielt<br />

Auftrittsverbot, seine Werke verschwanden von den Bühnen.<br />

Einen ähnlichen Absturz hatte auch der Jánaček-Schüler Pavel<br />

Haas (geboren 1899 in Brünn) vor seiner Deportation erlebt.<br />

Er war bereits im Dezember 1941 als Mitglied des «Aufbaukommandos»<br />

ins Ghetto gekommen. Die täglichen Demütigungen<br />

und Erniedrigungen lähmten ihn. Er fiel in eine tiefe Lethargie,<br />

aus der er sich schließlich mit Hilfe der anderen Musiker befreite.<br />

Das letzte Werk, das Pavel Haas in Theresienstadt vollendete,<br />

zugleich sein heute bekanntestes, sind die Vier Lieder nach Worten<br />

der chinesischen Poesie, die im Juni 1944 in Theresienstadt von dem<br />

Sänger und Komponisten Karel Berman aufgeführt wurden. Berman<br />

(geboren 1919 in Jindřichův Hradec respektive Neuhaus)<br />

überlebte und schrieb nach der Befreiung die Klaviersuite Reminiscences<br />

1938–1944. Die Suite pour piano op. 13 von Pavel Haas<br />

wiederum stammt aus der Zeit vor seiner Deportation, ebenso<br />

wie die Sieben Lieder im Volkston op. 18. Es ist Ullmann zu verdanken,<br />

dass beide Werke im Lager aufgeführt wurden.<br />

In seiner Funktion als Musikkritiker appellierte Ullmann wiederholt<br />

an die Theresienstädter Musiker, neben dem klassischen<br />

und romantischen Repertoire häufiger auch Werke jener modernen<br />

Komponisten aufzuführen, die die NS-Diktatur aus dem<br />

Kulturleben verbannt hatte. In seinen Aufrufen nannte er neben<br />

Arnold Schönberg, Ernest Bloch, Erich Wolfgang Korngold, Wilhelm<br />

Grosz, Kurt Weill, Hanns Eisler, Carl Rathaus, Egon Wellesz<br />

und Ernst Toch auch Erwin Schulhoff (geboren 1894 in Prag).<br />

Ullmanns Appelle zeigten durchaus Wirkung, etliche Werke der<br />

genannten Komponisten tauchten in den Programmen seines<br />

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