Pfeiffer - Super Trooper / SUPER TROOPER

Benzin
im Blut
von Judith Wildt Bastos
Gestern in Argentinien,
heute in Österreich und
morgen in Italien –
der Vierfach-Welt- und
Europameister im
Streetbike Freestyle
zeigt seine Tricks
auf der ganzen Welt. Diese
Aufnahme entstand
in Priština (Kosovo)
Ein spektakulärer Sprung machte Streetbike-Fahrer
Chris Pfeiffer über Nacht berühmt. Als er Jahre später den
eigenen Rekord überbieten will, streikt die Technik …
Nürburgring, Sommer 1997:
Auf dem Boden liegen 33
Menschen wie die Ölsardinen. Alle
gertenschlank und Seite an
Seite. Chris Pfeiffer lässt sein
Trail-Motorrad aufheulen. Die
Maschine knattert aufgeregt. Dann
fährt der Profi auf dem Hinterrad
an. Schmeißt schlagartig sein Gewicht
nach vorne und drückt sich
aus den Fußleisten. Das Motorrad
kippt über seinen Schwerpunkt
nach vorne, fliegt ein paar Sekunden
und landet dann wieder auf
dem Vorderrad. Geschafft!
Wow – was für ein Sprung! Und
obendrein haben Sie damit einen
Rekord aufgestellt. Erklären Sie
doch mal, wie Sie das gemacht
haben.
❚ Chris Pfeiffer: Beim sogenannten
Bunny Hop springt man ähnlich
wie ein Hase und kann sich so
kurzzeitig in der Luft halten. So
was ist nur mit einem leichten,
kleinen Motorrad möglich. Damals
ging mir der Sprung relativ
locker von der Hand – heute würde
ich es nicht mehr machen.
Warum?
❚ Weil ich mit meinen Aktionen
keine anderen Leute mehr gefährden
mag.
Hat der Sinneswandel was mit Ihrem
schweren Unfall zu tun? (Anm.
d. Red.: Beim Versuch, den eigenen
Rekord in der ARD-Guinness-Show
der Rekorde zu überbieten, kommt
Pfeiffer wegen eines Bremsdefekts
zu Sturz und wird mit komplizierten
Knochenbrüchen ins Krankenhaus
eingeliefert.)
Nach einem tragischen Unfall wusste Chris
Pfeiffer nicht, ob er jemals wieder in die
Bremstechnik seiner Maschine vertrauen kann.
Doch am Ende war alles gut
❚ Ja, vielleicht habe ich auch deswegen
keine Lust mehr. Der Unfall
war auf jeden Fall ein Scheitelpunkt
in meiner Karriere. Die
Ärzte sagten, ich könne meine
Motorrad-Karriere an den Nagel
hängen, weil mein Handgelenk
das nicht mehr mitmacht. Nach
dieser Ansage war ich fünf
Echte Freestyle-
Stuntmänner bauen
ihre Maschine
nach individuellem
Gusto um. Pfeiffers
BMW F800R hat
Sturzbügel und eine
kürzere Übersetzung
als normale
Straßen-Bikes
Steckbrief
Chris
Profi mit Köpfchen:
Heute weiß der dreifache Vater,
wo seine Grenzen liegen
Pfeiffer
Wohnort: Halblech (Bayern)
Geburtsdatum: 20.4.1970
in Schongau
Beruf: Motorrad-Profi
Disziplin: Streetbike Freestyle
Ausbildung: Abgeschlossenes
Studium in Sport und Biologie
Familienstand: Verheiratet
mit Renate; drei Kinder: Pia,
Amelie und Hannes
Rekorde: Long Jump ohne
Rampe über 33 nebeneinanderliegende
Personen
(„Bunny Hop Long Jump“)
Bikes: Stunt: BMW F 800 R
Enduro: BMW G 450 X
Trial: Beta Evo 300 4T
Titel: 4-facher Stuntriding
Weltmeister 2003,
2007, 2008 und 2009;
4-facher Stuntriding
Europameister 2004, 2006,
2007 und 2008;
1. Platz Stuntwars 2006
Website: www.chrispfeiffer.
com und facebook.com/chris.
pfeiffer.freestyle
28 Super Trooper 1/2011 29

Schon als Junge
wollte er nur eins: Motorrad
fahren am Limit
Was geht ab in
2011? Weniger
Wettwerbe dafür
mehr Shows
und neue Web-
Videos
ECHTERGESCHMACKZEROZUCKER
SO, WIE ES SEIN SOLL
Sekunden am Boden zerstört.
Doch gleich darauf umso motivierter,
allen zu zeigen, dass es
doch geht. Ich hatte viel Zeit, nachzudenken
und habe gespürt, dass
Motorradfahren meine Bestimmung
ist. Nach Reha-Aufenthalt
und Training habe ich das härteste
Motorrad-Rennen, das Erzberger
Rennen, gewonnen und war zurück
– mit einem Paukenschlag!
Wie und wann haben Sie sich mit
dem Motorrad-Virus infiziert?
❚ Motorradfahren liegt mir im
Blut. Mein Vater ist auch leidenschaftlicher
Motorradfahrer. Be-
Was für ein
Was macht ein Streetbike Freestyler eigentlich? Ganz einfach: Diese Motorrad-
Fahrer zeigen Freestyle-Tricks auf Straßenmotorrädern. Je nachdem bauen die
Biker ihre Maschinen mit speziellen Features aus.
Dabei unterscheidet man vier Kategorien von Tricks: Wheelies (das heißt Hinterradfahren),
Stoppies (also Fahren auf dem Vorderrad), Akrobatik und Donuts.
Auf was kommt es bei Wettkämpfen an? Die Fahrer müssen möglichst schwierige
Tricks mit guten Styles zeigen. Die Jury vergibt Punkte, ähnlich wie beim
Eiskunstlauf oder anderen Sportarten. Der Fahrer, der am Ende die meisten
Punkte bekommen hat, gewinnt den Wettbewerb.
30 Super Trooper 1/2011
irrer Sport!
reits mit fünf Jahren wollte ich
auch aufs Motorrad meines Vaters.
Also hat mir mein Dad ein kleines
Bike „gebastelt“, mit dem ich dann
meine ersten Runden im Garten
gedreht habe. Mit zehn Jahren
nahm ich zum ersten Mal an einem
Trial-Wettbewerb teil. Bereits
im Kindesalter hatte ich Lust auf
Tricks und übte schon damals das
Fahren auf dem Hinterrad. Ich bin
dann eine ganze Weile klassisch
Trial gefahren, bis ich an einen
Punkt kam, wo ich kreativer sein
wollte. So entdeckte ich das Freestyle-Fahren
für mich und lebe
diese Leidenschaft bis heute aus.
Was fasziniert Sie eigentlich an
diesem Wahnsinns-Sport?
❚ Freiheit, Abenteuer, der Wind
pfeift dir um die Ohren – Motorsport
hat so viele Facetten. Da gibt
es die Racer, die Harley- Cruiser,
die Geländefahrer und viele mehr.
All die Fahrer kann man nicht über
einen Kamm scheren. Jeder hat seine
eigenen Emotionen. Für mich ist
Motorradfahren Sport. Ich fahre
extrem und besonders reizt mich
das enorme Beschleunigen und die
Möglichkeiten, die sich dadurch
bieten. Man hat keinen Sicherheitskäfig
um sich herum, muss also
immer voll konzentriert sein. Dazu
„Leben und leben lassen“ –
mit diesem Motto fährt
Chris Pfeiffer im wahrsten
Sinne des Wortes gut
kommt die Kreativität. Will heißen,
ich arbeite ständig an neuen Tricks.
Mal ehrlich, Sie sind doch längst
süchtig nach diesen Adrenalin-
Kicks, oder?
❚ (Lacht) Oh ja. Wenn ich im
Winter nur in der Halle trainieren
kann, fehlt mir was. Ich bin definitiv
süchtig nach diesem Gefühl.
Wie stellen Sie sich einen perfekten
Tag vor?
❚ Wenig E-Mails, ein freier Kopf,
Sonnenschein und guter Asphalt! ✖
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