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Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt

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Was bedeutet diese Betrachtung von <strong>Gerechtigkeit</strong> <strong>und</strong> Fairness als<br />

gesellschaftliche Norm für die <strong>Gender</strong>-Kategorien?<br />

Angewandt auf die Frage der gerechten Behandlung von <strong>Gender</strong>-Kategorien <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft ist der <strong>Gerechtigkeit</strong>sgr<strong>und</strong>satz Nr. zwei von Rawls (Soziale <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche Ungleichheiten s<strong>in</strong>d so zu gestalten, dass a) vernünftigerweise zu<br />

erwarten ist, dass sie zu jedermanns Vorteil dienen, <strong>und</strong> b) sie mit Positionen <strong>und</strong><br />

Ämtern verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, die jedem offen stehen) so <strong>in</strong>terpretierbar, dass e<strong>in</strong>e<br />

Arbeitsteilung, Güterverteilung, Machtverteilung zwischen den Kategorien nicht<br />

gleich, sondern pareto-optimal se<strong>in</strong> muss (Pareto-optimal ist e<strong>in</strong>e Verteilung dann,<br />

wenn e<strong>in</strong>e ke<strong>in</strong>e Umverteilung gibt, bei der nicht m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Beteiligter besser<br />

<strong>und</strong> ke<strong>in</strong>er schlechter dasteht als zuvor). Rawls formuliert, dass nach se<strong>in</strong>em<br />

Modell „...unverdiente Ungleichheiten ausgeglichen werden sollten. Da nun<br />

Ungleichheiten der Geburt <strong>und</strong> der natürlichen Gaben unverdient s<strong>in</strong>d, müssen sie<br />

irgendwie ausgeglichen werden. (S. 121)“ „Das Unterschiedspr<strong>in</strong>zip bedeutet<br />

faktisch, dass man die Verteilung der natürlichen Gaben <strong>in</strong> gewisser H<strong>in</strong>sicht als<br />

Geme<strong>in</strong>schaftssache betrachtet <strong>und</strong> <strong>in</strong> jedem Falle die größeren sozialen <strong>und</strong><br />

wirtschaftlichen Vorteile aufteilt, die durch die Komplementaritäten dieser<br />

Verteilung ermöglicht werden. Die Unterschiede zwischen den Menschen sollen den<br />

weniger begünstigten zugute kommen. ... es ist auch nicht ungerecht, dass die<br />

Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Position der Gesellschaft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geboren werden. Das<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach natürliche Tatsachen. Gerecht oder ungerecht ist die Art, wie sich die<br />

Institutionen angesichts dieser Tatsachen verhalten.“ (S. 123)<br />

Rawls verkennt dabei aber nicht, dass die „Verteilung der natürlichen Gaben“ ke<strong>in</strong>e<br />

re<strong>in</strong>e Naturtatsache sei, sondern er formuliert. „doch <strong>in</strong> gewissem Maße wird sie<br />

vom Gesellschaftssystem bee<strong>in</strong>flusst. (S. 129)<br />

Soziale <strong>Gerechtigkeit</strong> entsteht also dann, wenn Individuen nicht auf wirklich oder<br />

sche<strong>in</strong>bar natürliche Unterschiede <strong>in</strong> den Startchancen festgenagelt werden,<br />

sondern aktiv durch Umverteilung von Ressourcen daran gearbeitet wird, solche<br />

„Defizite“ zu kompensieren.<br />

Geht man wie wir davon aus, dass Unterschiede zwischen den <strong>Gender</strong>-Kategorien<br />

sozial hergestellt werden, liegt das Hauptgewicht von Rawls Forderungen <strong>in</strong><br />

unserem Kontext dar<strong>in</strong>, dass<br />

a) für Frauen <strong>und</strong> Männer das Pr<strong>in</strong>zip der Freiheit gilt,<br />

b) für Frauen <strong>und</strong> Männer Chancen, E<strong>in</strong>kommen, Vermögen <strong>und</strong> die sozialen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Gr<strong>und</strong>achten gleichmäßig zu verteilen s<strong>in</strong>d, soweit nicht e<strong>in</strong>e<br />

ungleiche Verteilung jedermann zum Vorteil gereicht (S. 83).<br />

c) Frauen <strong>und</strong> Männer gleichen Zugang zu Positionen <strong>und</strong> Ämtern, <strong>und</strong> damit zu<br />

Entscheidungsbefugnissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft haben müssen.<br />

Rawls Modell weist demnach darauf h<strong>in</strong>, dass die Ressourcenverteilung e<strong>in</strong><br />

zentraler Faktor bei der Herstellung von <strong>Gerechtigkeit</strong> ist, der die Basis für die freie<br />

<strong>und</strong> gleiche Chance zur Verfolgung zentraler menschlicher Interessen darstellt.<br />

Februar 2007

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