Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt
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ohne gesetzliche Vorgaben ke<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende Veränderung der Situation zu<br />
erreichen ist.<br />
Dennoch ist der Widerstand so groß, dass beispielsweise die derzeitige Regierung<br />
<strong>in</strong> Deutschland trotz e<strong>in</strong>deutigen Bekenntnisses für den Antidiskrim<strong>in</strong>ierungskurs<br />
es nicht geschafft hat, e<strong>in</strong> verpflichtendes Frauenförderungs- oder <strong>Gender</strong>-<br />
Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g-Programm für die Privatwirtschaft zu etablieren. Sogar der Versuch<br />
des Instituts für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit,<br />
durch e<strong>in</strong>e Befragung Daten über die Lage der weiblichen Beschäftigten <strong>in</strong> den<br />
Betrieben zu sammeln, wurde im wesentlichen durch die Wirtschaft vereitelt.<br />
Entsprechende Items <strong>in</strong> der Umfrage des Jahres 2003 wurde die Umsetzung<br />
verweigert. Und auch die derzeitigen Bemühungen der UNO-<br />
Menschenrechtskommission, die freiwillige E<strong>in</strong>haltung von Menschenrechts- <strong>und</strong><br />
Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstandards durch mult<strong>in</strong>ationale oder transnationale<br />
Unternehmen im Rahmen des „global compact“ durch verb<strong>in</strong>dliche Vorschriften zu<br />
ergänzen, stößt auf heftigen Widerstand der Wirtschaft.<br />
Die hier vorzuschlagenden Maßnahmen bedürfen aufgr<strong>und</strong> der vorhandenen<br />
Entscheidungs- <strong>und</strong> Machtstrukturen <strong>in</strong> den Betrieben deshalb e<strong>in</strong>er sorgfältigen<br />
Begründung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ausgefeilten Durchführungsstrategie. In ihrer Gesamtheit<br />
gleichen sie e<strong>in</strong>em Projekt, von dessen Nutzen zwar die Projektbearbeiter<br />
überzeugt s<strong>in</strong>d, das sie aber den Entscheidungsträgern schmackhaft machen<br />
müssen – notfalls mithilfe deren eigener Logik wirtschaftlicher Notwendigkeit oder<br />
wirtschaftlicher Vorteile. Gesellschaftliche Vorteile <strong>und</strong> ethische Effekte spielen<br />
dann die Rolle der erwünschten Begleitersche<strong>in</strong>ungen.<br />
Werte <strong>und</strong> <strong>Gerechtigkeit</strong>snormen <strong>in</strong> der Gesellschaft.<br />
Frauenpolitik verfolgt seit langer Zeit das Ziel, <strong>in</strong> den verschiedensten<br />
Zusammenhängen Chancengleichheit <strong>und</strong> Chancengerechtigkeit für Frauen <strong>in</strong> der<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> ihren Institutionen herzustellen. Dabei wurde <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />
das Fortbestehen der Bedeutung der bei uns gängigen <strong>Gender</strong>-Kategorisierungen<br />
als selbstverständlich betrachtet. Der Rückbezug auf die verme<strong>in</strong>tliche biologische<br />
Zweiteilung von Menschen führte zur Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>er b<strong>in</strong>ären <strong>Gender</strong>def<strong>in</strong>ition, die<br />
ebenso wie die biologische unveränderbar sei.<br />
Dass der Stand der Forschung <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong> anderer ist – es ist bekannt, dass<br />
weder der biologische Sexus, noch die Anzahl verschiedener <strong>Gender</strong>-Kategorien<br />
sich auf zwei beschränken lässt, <strong>und</strong> es ist ebenso bekannt, dass sich Frauen <strong>und</strong><br />
Männer <strong>in</strong> bezug auf zentrale psychische <strong>und</strong> <strong>in</strong>tellektuelle Funktionen nicht<br />
unterscheiden – ändert nichts daran, dass gesellschaftliche Zuschreibung Fakten<br />
schafft, die für die derzeit lebenden Individuen von Bedeutung s<strong>in</strong>d. Frauen erleben<br />
als Frauen <strong>in</strong> den <strong>Gesellschaften</strong> Benachteiligung, Diskrim<strong>in</strong>ierung, ja teilweise<br />
auch krasse Formen der Verletzung ihrer Menschenrechte. An diesem Zustand der<br />
derzeitigen Gesellschaft soll normativ gerüttelt werden.<br />
Februar 2007