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Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt

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Aufgr<strong>und</strong> der Trägheit des gesellschaftlichen Systems <strong>und</strong> des Widerstands der <strong>in</strong><br />

der Vergangenheit privilegierten Gruppe der Männer – <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der<br />

erfolgreichen Bee<strong>in</strong>flussung auch des Bewusstse<strong>in</strong>s von weiblichen Individuen -<br />

wird aber das obsolete Verfahren der Prägung <strong>und</strong> Bewertung sog. männlicher <strong>und</strong><br />

weiblicher Individuen unverändert weiter praktiziert. Dabei entstehen e<strong>in</strong>e Menge<br />

dysfunktionaler Effekte für die Gesellschaft <strong>und</strong> ihre Individuen.<br />

Sowohl aus pragmatischer Sicht, als auch aus moralisch-ethischen Erwägungen<br />

heraus steht e<strong>in</strong>e Gleichstellung der Individuen <strong>in</strong> den <strong>Gesellschaften</strong> <strong>und</strong> damit<br />

e<strong>in</strong>e Aufhebung überflüssiger sozialer Kategorienbildung an.<br />

Die Aufhebung der Diskrim<strong>in</strong>ierung zwischen den Geschlechtern würde für die<br />

derzeit die Gesellschaft prägenden Kräfte der größten sozialen Revolution<br />

gleichkommen, die die bekannte Menschheitsgeschichte kennen würde. Bis <strong>in</strong> die<br />

fe<strong>in</strong>sten Verästelungen der gesellschaftlichen Funktionen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> ist die<br />

Geschlechterdifferenz ausgeprägt. Unverdrossen sp<strong>in</strong>nen die Individuen <strong>in</strong> den<br />

<strong>Gesellschaften</strong> an e<strong>in</strong>em Netzwerk von E<strong>in</strong>flüssen, E<strong>in</strong>schätzungen, Prägungen,<br />

Aktionen, das die Geschlechterdifferenz aufrecht erhält. Die Herrschaft der<br />

„Männer“ über die „Frauen“ wird sorgfältiger abgesichert als jede Herrschaft von<br />

Besitzenden gegenüber Nicht-Besitzenden, Privilegierten gegenüber Nicht-<br />

Privilegierten oder Menschen unterschiedlicher Rassen oder Herkunft.<br />

E<strong>in</strong> Programm sozialer Veränderung h<strong>in</strong>sichtlich der Geschlechterfrage steht damit<br />

vor den größten Herausforderungen. Es muss sowohl se<strong>in</strong>e Ziele klar def<strong>in</strong>ieren,<br />

Mitstreiter <strong>und</strong> Mitstreiter<strong>in</strong>nen gew<strong>in</strong>nen, methodisch perfekt sozialen Wandel<br />

<strong>in</strong>szenieren, Widerstände bewältigen, wie auch mögliche Erfolge <strong>in</strong> den sozialen<br />

Praktiken durch Bewusstse<strong>in</strong>sarbeit möglich machen <strong>und</strong> zugleich absichern. E<strong>in</strong><br />

solches Veränderungsprogramm braucht gesicherte Instrumentarien aus der<br />

psychologischen, sozial-psychologischen, soziologischen <strong>und</strong> politologischen,<br />

Rechts- , Wirtschafts- <strong>und</strong> staatswissenschaftlichen Forschung ebenso wie aus der<br />

pädagogischen Theorie. Es stellt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Herausforderung dar, die so<br />

groß ist, dass laufend der Gefahr begegnet werden muss, dass nicht nur e<strong>in</strong><br />

Rückfall <strong>in</strong> die alten Verhältnisse, sondern sogar e<strong>in</strong>e Verschärfung der Gegensätze<br />

hervorgerufen wird.<br />

Selbst wenn sich alle <strong>in</strong> der Gesellschaft e<strong>in</strong>ig wären, dass Chancengleichheit e<strong>in</strong><br />

wichtiges Ziel darstellt, ließe sich aufgr<strong>und</strong> der etablierten Strukturen <strong>und</strong><br />

Funktionsweisen <strong>in</strong> den <strong>Gesellschaften</strong> Gleichheit <strong>und</strong> <strong>Gerechtigkeit</strong> nicht<br />

kurzfristig erreichen <strong>und</strong> schon gar nicht erzw<strong>in</strong>gen.<br />

E<strong>in</strong>e wirkliche Revolution im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es raschen, gewaltsamen Umsturzes der<br />

Verhältnisse kommt deshalb nicht <strong>in</strong> Frage, weil die Individuen die Unterscheidung<br />

zwischen den Geschlechterkategorien so selbstverständlich ver<strong>in</strong>nerlicht haben,<br />

dass sie selbst an die postulierten Unterschiede glauben <strong>und</strong> das hervorgerufene<br />

Leiden für gottgegeben oder durch die Biologie gegeben halten. Und damit werden<br />

die Unterschiede zwischen den Geschlechtern immer wieder reproduziert. Die<br />

Erkenntnis, dass die Biologie außer den Reproduktionsfunktionen ke<strong>in</strong>e anderen<br />

gesellschaftlichen Funktionen prädest<strong>in</strong>iert, muss sich erst mühsam durchsetzen.<br />

Februar 2007

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