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Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt

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In der Praxis war diese Aussage nicht für Frauen bestimmt, nicht für Männer, die<br />

Sklaven oder Dienstboten waren, nicht für e<strong>in</strong>geborene Amerikaner.<br />

Bis heute muss um die Selbstverständlichkeit gekämpft werden, Frauen als<br />

gleichwertige Menschen anzusehen, die Anwendung der allgeme<strong>in</strong>en<br />

Menschenrechte als selbstverständlich auf für die Kategorie Frauen anzusehen <strong>und</strong><br />

es als Verpflichtung von <strong>Gesellschaften</strong> zu sehen, für Frauenrechte zu sorgen.<br />

Es ist auch <strong>in</strong> den europäischen Ländern noch nicht allzu lange her, dass Frauen<br />

selbstverständliche Bürgerrechte wie das Wahlrecht, das Recht auf eigene<br />

Erwerbstätigkeit oder Freizügigkeit <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziellen Fragen nicht zugestanden<br />

wurden. In Ländern wie vielen islamisch geprägten Afrikas <strong>und</strong> des Nahen Ostens<br />

kämpfen Frauen um ihre Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> ihr Leben – e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fordern von<br />

Menschenrechten oder bürgerlichen Freiheiten wird gar als absurd betrachtet (s.<br />

Afghanistan).<br />

Judith Lorber (deutsch: 1999 11 ) formuliert: „die großen Revolutionen der Modern <strong>in</strong><br />

Frankreich, Rußland <strong>und</strong> Ch<strong>in</strong>a haben die Klassenverhältnisse der Männer<br />

verändert <strong>und</strong> die Macht im Staat <strong>in</strong> die Hände von e<strong>in</strong>stmals unterdrückten<br />

Männern gelegt. Für die Frauen dieser neuen herrschenden Klassen, die diese<br />

Revolutionen aktiv mitgemacht hatten, endeten sie mit ihrer politischen<br />

Unterdrückung durch die Männer.“ (S. 355)<br />

Gleichheit <strong>und</strong> Emanzipation der Menschen<br />

Was bedeutet es, wenn wir davon reden, dass Frauen im sozialen Leben <strong>und</strong> im<br />

Erwerbsleben gleichgestellt werden sollen? Nicht etwa, wie polemisch unterstellt<br />

werden kann, dass weibliche Individuen nicht entsprechend ihren Fähigkeiten <strong>und</strong><br />

Neigungen, ihren Unterschieden <strong>und</strong> ihren <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnissen behandelt<br />

werden sollten, sondern fortan nach „männlichen“ Anforderungen zu behandeln<br />

seien. Dies wäre nur die Umkehrung e<strong>in</strong>er stereotypen <strong>und</strong> nicht-<strong>in</strong>dividuellen<br />

Behandlung im Geme<strong>in</strong>wesen, das dem Primat der sensiblen Verfolgung von<br />

Menschenrechten ebenso wenig entsprechen würde wie die Frauendiskrim<strong>in</strong>ierung.<br />

Stattdessen kann die alte Forderung nach e<strong>in</strong>er „Emanzipation“, e<strong>in</strong>er Befreiung<br />

von Denk- <strong>und</strong> Handlungszwängen, erhoben werden. Diese beschrieb Charles<br />

Fourier, der 1837 der Schöpfer des Wortes „Fem<strong>in</strong>ismus“ war, mit dem Spruch: Der<br />

Grad der weiblichen Emanzipation ist das natürliche Maß der allgeme<strong>in</strong>en<br />

Emanzipation.<br />

In dem Maße, <strong>in</strong> dem Frauen sensibilisiert, ermutigt <strong>und</strong> aktiviert s<strong>in</strong>d, ihr Leben <strong>in</strong><br />

die eigene Hand zu nehmen <strong>und</strong> die Bed<strong>in</strong>gungen dieses Lebens mitzugestalten,<br />

wird auch die ganze Bevölkerung e<strong>in</strong>e befreite <strong>und</strong> bereichernde E<strong>in</strong>stellung<br />

erhalten. Gefordert s<strong>in</strong>d also <strong>in</strong> allen Lebensbereichen emanzipatorische<br />

Anstrengungen, die sowohl die Interaktion, das Zusammenleben, Kommunizieren,<br />

Kooperieren – also prozesshafte Aspekte – als auch gleiche Chancen durch die<br />

Gestaltung von politischen, gesellschaftlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Strukturen<br />

betreffen.<br />

11 Lorber, Judith <strong>Gender</strong> Paradoxien, Opladen: Leske <strong>und</strong> Budrich, 1999<br />

Februar 2007

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