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Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt

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Es gibt <strong>in</strong> der Tat Theorien, die davon ausgehen, dass wirtschaftliche <strong>und</strong> kulturelle<br />

Blüte e<strong>in</strong>er Gesellschaft nur dann entsteht, wenn diese Gesellschaft über<br />

unbezahlte Arbeit – z.B. Sklavenarbeit verfügen kann. Muss alle Arbeit gleich<br />

„entlohnt“ werden <strong>und</strong> kann jede/r e<strong>in</strong>en gleichen Anteil an den Gütern<br />

beanspruchen, kann nur Mittelmäßigkeit entstehen; die große Masse verbraucht die<br />

geschaffenen Güter für ihr Wohlleben, ohne dass Güter massiert für die Produktion<br />

von Kultur, Wissenschaft, überlegener Wirtschaftsorganisation o.ä. zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Andere Theorien gehen davon aus, dass <strong>Gesellschaften</strong> dann am erfolgreichsten<br />

s<strong>in</strong>d bzw. wären, wenn sie alle Fähigkeiten ihrer Mitglieder ohne falsche<br />

Kategorisierungen e<strong>in</strong>setzen <strong>und</strong> die Basis für e<strong>in</strong>e solche Chancengleichheit <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er säkularen Ethik oder e<strong>in</strong>er religiös begründeten Moral legen.<br />

Das moderne Menschenbild geht davon aus, dass auch dann, wenn es für e<strong>in</strong>e<br />

„Gesellschaft“ nützlich wäre, sich der Fron unbezahlter oder unterbezahlter Kräfte<br />

zu bedienen, dieses auf der Basis der Gültigkeit der allgeme<strong>in</strong>en Menschenrechte<br />

nicht legitim wäre. Stattdessen soll e<strong>in</strong> Organisationsmodell für Staaten entwickelt<br />

werden, das zu e<strong>in</strong>er überlegenen Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung der Fähigkeiten der<br />

Mitglieder e<strong>in</strong>er Gesellschaft führt <strong>und</strong> gleichzeitig <strong>Gerechtigkeit</strong>snormen gerecht<br />

wird. Außerdem ist die These der Vorteilhaftigkeit von Polarisierung <strong>in</strong> der<br />

Verfügungsrechten über Ressourcen <strong>in</strong> der Gesellschaft (viele Ressourcen <strong>in</strong> der<br />

Hand weniger, fähiger! Personen <strong>und</strong> wenig Ressourcen <strong>in</strong> der Hand vieler,<br />

unfähiger Personen) umstritten. Gerade <strong>in</strong> unseren westliche Industriestaaten zeigt<br />

sich derzeit, wie die Polarisierung von Vermögen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>kommen eben nicht zu<br />

mehr Kulturproduktion, Fortschritt, Wohlstand <strong>und</strong> sozialer Organisation führt,<br />

sondern eher zu e<strong>in</strong>er Destabilisierung, sozialen Unruhen, Unproduktivität <strong>und</strong><br />

sozialen Konflikten. So beschreibt Paul Krugman <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Essay im November<br />

2002 9 wie <strong>in</strong> den USA die Reichen, befreit von allen Gleichheitsidealen, immer mehr<br />

Wohlstand an sich reißen. Die Mittelschicht löst sich auf; immer mehr Menschen<br />

s<strong>in</strong>ken <strong>in</strong> die Armut ab <strong>und</strong> immer mehr häufen e<strong>in</strong>en unvorstellbaren Reichtum<br />

unter ihren Eigentumsrechten an. „Die Ungleichheit <strong>in</strong> den USA hat e<strong>in</strong> Niveau<br />

erreicht, das kontraproduktiv ist“ merkt Krugman an. Und Krugmann stellt e<strong>in</strong>e<br />

hohe Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit fest, dass diese Polarisierung die Form e<strong>in</strong>es sich selbst<br />

verstärkenden Prozesses annimmt: Neben den Möglichkeiten, sich zunehmend<br />

materielle Ressourcen anzueignen, wächst den Reichen <strong>in</strong> den USA auch immer<br />

mehr E<strong>in</strong>fluss auf die Politik <strong>und</strong> sogar auf <strong>in</strong>tellektuelle Kreise zu. Politik, die im<br />

Pr<strong>in</strong>zip die Aufgabe hat, auszugleichen <strong>und</strong> umzuverteilen, läßt sich zunehmend <strong>in</strong><br />

den Dienst der Wohlhabenden stellen. Krugmann zitiert Kev<strong>in</strong> Philipps` Buch<br />

„Wohlstand <strong>und</strong> Demokratie“ mit se<strong>in</strong>er Warnung vor dem Entstehen e<strong>in</strong>er<br />

Plutokratie <strong>in</strong> den USA.<br />

Politische Praxis zur Veränderung, die auf der Gr<strong>und</strong>lage e<strong>in</strong>er universalistischen<br />

Norm der Gleichheit agiert, muss zunächst alle Mechanismen, die zu Ungleichheit<br />

9 Krugman Paul Der amerikanische Alptraum In DIE ZEIT Nr. 46, 7. November 2002, S. 25f<br />

(Universität Pr<strong>in</strong>ceton)<br />

Februar 2007

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