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Gender und Gerechtigkeit in Gesellschaften - Hochschule Darmstadt

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Menschenrechte <strong>und</strong> soziale Realität<br />

Der erste Pfeiler e<strong>in</strong>er gesellschaftlichen Konstruktion von Ungleichheit besteht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Differenzierung von Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> soziale Kategorien. Dadurch<br />

wird die vorhandene Heterogenität durch Segmentierung <strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlich homogene<br />

Teilmengen unterteilt.<br />

Der erste Verstoß von <strong>Gesellschaften</strong> gegen die Gleichheits-Norm besteht<br />

dabei <strong>in</strong> der Konstruktion sozialer Kategorien auf der Basis biologischer<br />

Konstituanten, die „beliebig“ gewählt s<strong>in</strong>d. (Männer <strong>und</strong> Frauen, Weiße <strong>und</strong><br />

Nicht-Weiße, Ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Beh<strong>in</strong>derte.) Dah<strong>in</strong>ter verbergen sich aber soziale<br />

Differenzierungen, die aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Machtbasen zustande<br />

kommen.<br />

Der zweite Verstoß der <strong>Gesellschaften</strong> gegen diese Norm liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Zwangshomogenisierung <strong>und</strong> Zwangszuweisung durch stereotype<br />

Zuschreibung von Eigenschaften, Fähigkeiten, Rechten, Erwartungen,<br />

Sanktionen etc. zu den Individuen, die den sozialen s<br />

Kategorien angehören -<br />

nicht nur weil man dadurch der Realität der Individuen dieser Kategorien<br />

<strong>in</strong>folge ihrer vorhandenen Heterogenität nicht gerecht wird, sondern weil<br />

durch diese Stereotypen Realität (Bewusstse<strong>in</strong>, Motivation, Emotion,<br />

Selbste<strong>in</strong>schätzung, Fähigkeiten, Handlungsvermögen) geschaffen wird,<br />

aufgr<strong>und</strong> derer z. B e<strong>in</strong>e diskrim<strong>in</strong>ierende Arbeitsteilung oder<br />

diskrim<strong>in</strong>ierende Zuschreibungen von Gewalt- <strong>und</strong> Herrschaftsrechten<br />

erklärt <strong>und</strong> legitimiert wird.<br />

<strong>Gesellschaften</strong> prägen die ihnen angehörenden Individuen. Der Sündenfall<br />

liegt also auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zielorientierten Prägung von Individuen bestimmter<br />

sozialer Kategorien mit der Intention, Ungleichheit <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung bis<br />

h<strong>in</strong> zur Rechtlosigkeit zu legitimieren, <strong>in</strong>dem sie als quasi-natürlich<br />

dargestellt wird. Die „Prägung“ der Individuen durch stereotype<br />

Zuschreibungen ist jedoch nicht durchgängig so stark, dass das Bewusstse<strong>in</strong><br />

nicht rational „Unrichtigkeiten“ der stereotypen Zuschreibung feststellen<br />

könnte. Individuen s<strong>in</strong>d also nicht h<strong>und</strong>ertprozentig gesellschaftlich<br />

programmiert. Z.B. kann alle Zuschreibung von Sanftmut <strong>und</strong> Nicht-<br />

Aggressivität zur Kategorie weiblicher Menschen die Erkenntnis oder die<br />

Beobachtung nicht auslöschen, dass es enorm aggressive Frauen gibt. Die<br />

kognitive Reaktion auf e<strong>in</strong>e solche „Abweichung“ kann dar<strong>in</strong> bestehen, die<br />

Ursache des Verhaltens <strong>in</strong> ungewöhnlichen Umständen zu sehen (Injektion<br />

von Testosteron bei Sportler<strong>in</strong>nen), oder die Person als eigentlich nicht der<br />

Kategorie „Frauen“ zugehörig zu bezeichnen (ke<strong>in</strong>e „richtige“ Frau).<br />

Der dritte Verstoß gegen die Gleichheitsnorm besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er willkürlichen<br />

vertikalen Differenzierung der Position sozialer Kategorien, die Zuweisung<br />

höheren <strong>und</strong> niederen Status <strong>und</strong> damit der Zuweisung unterschiedlicher<br />

Rechte <strong>und</strong> Lebens- <strong>und</strong> Entwicklungschancen durch unterschiedliche<br />

Bewertung der Personen der sozialen Kategorien.<br />

Februar 2007

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