186 Guter Unterricht
186 Guter Unterricht
186 Guter Unterricht
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Studienseminar Koblenz<br />
Wahlmodul <strong>186</strong><br />
<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong><br />
Kriterien guten <strong>Unterricht</strong>s<br />
1<br />
Zielsetzung des Moduls<br />
• In diesem Modul erhalten Sie einen<br />
synoptischen Überblick über die empirisch<br />
abgesicherten Kriterien eines guten<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
• In diesem Modul lernen Sie Wichtiges<br />
über den Standard 3.3<br />
2<br />
1
Standard 3: Über anschlussfähiges Wissen<br />
zu Lehr- und Lernprozessen verfügen<br />
Die Referendarinnen und Referendare<br />
• kennen und nutzen Ergebnisse der Lehr- und<br />
Lernforschung, um ein gutes Lernklima und<br />
eine lernfördernde Arbeitshaltung herzustellen<br />
• nutzen Ergebnisse der Kognitionsforschung,<br />
um Lernprozesse zu optimieren<br />
• kennen Kriterien guten <strong>Unterricht</strong>s zur<br />
Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen<br />
• kennen Einsatz und Wirkung von Medien in<br />
Schule und Gesellschaft<br />
3<br />
Fragen zu gutem <strong>Unterricht</strong><br />
• Was ist guter <strong>Unterricht</strong>?<br />
• Wer befindet über guten <strong>Unterricht</strong>?<br />
• Wo und wie zeigt sich guter <strong>Unterricht</strong>?<br />
• Was sagt die Forschung zu gutem<br />
<strong>Unterricht</strong>?<br />
• Wie macht man guten <strong>Unterricht</strong>?<br />
4<br />
2
Was ist guter <strong>Unterricht</strong>?<br />
• Dies ist der Titel eines<br />
neuen Buches von<br />
Hilbert Meyer. Bevor<br />
Sie nachfolgend seine<br />
Definition lesen,<br />
formulieren Sie bitte<br />
Ihre eigene Definition<br />
5<br />
Was ist guter <strong>Unterricht</strong>?<br />
• „<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> ist<br />
………………………………………………<br />
………………………………………………<br />
………………………………………………<br />
………………………………………………<br />
………………………………<br />
6<br />
3
<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> nach H. Meyer<br />
„<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> ist ein <strong>Unterricht</strong>, in dem<br />
• im Rahmen einer demokratischen<br />
<strong>Unterricht</strong>skultur<br />
• auf der Grundlage des Erziehungsauftrags<br />
• und mit dem Ziel eines gelingenden<br />
Arbeitsbündnisses<br />
• eine sinnstiftende Orientierung<br />
• und ein Beitrag zur nachhaltigen<br />
Kompetenzentwicklung aller Schüler geleistet<br />
wird.“<br />
Erläuterungen<br />
7<br />
Diese Definition überrascht Sie?<br />
• Ist sie Ihnen zu abstrakt und zu allgemein?<br />
• Weicht sie stark von Ihrer Definition ab?<br />
• Sind sie von der Definition enttäuscht, weil<br />
Sie Konkretes für Ihren <strong>Unterricht</strong> erwartet<br />
haben?<br />
8<br />
4
Was diese Definition leistet und<br />
was nicht<br />
• Diese Definition sagt Ihnen nicht wie Sie guten<br />
<strong>Unterricht</strong> „machen“<br />
• Diese Definition können Sie nur bedingt<br />
unterrichtspraktisch nutzen<br />
• Diese Definition zeigt den Rahmen, in dem guter<br />
<strong>Unterricht</strong> zu finden ist<br />
• Gemäß dieser Definition ist „guter <strong>Unterricht</strong>“ ein<br />
theoretisches Konstrukt<br />
9<br />
Wer befindet über guten<br />
<strong>Unterricht</strong>?<br />
• Lehrkräfte, die ihn täglich gestalten<br />
• Schüler, die ihn täglich vielfältig erleben<br />
• Ausbilder, die ihn beurteilen<br />
• <strong>Unterricht</strong>sforscher, die ihn erforschen<br />
• Bildungsplaner, die ihn festlegen<br />
10<br />
5
Alle sind Experten<br />
• Beteiligte aller genannten Gruppen<br />
verfügen über eine Expertise zur<br />
Beurteilung von <strong>Unterricht</strong><br />
• Die Beteiligten haben jedoch<br />
unterschiedliche Motive und Perspektiven<br />
• Der Diskurs über guten <strong>Unterricht</strong> schafft<br />
zwar nicht zwingend Konsens, gibt<br />
Sicherheit oder verunsichert, regt an<br />
11<br />
<strong>Unterricht</strong> aus unterschiedlicher<br />
Perspektive<br />
• Sie nehmen an einer<br />
<strong>Unterricht</strong>shospitation teil und sollen die<br />
Stunde am Ende mit einer Note bewerten<br />
• Ohne großes Zögern bewerten Sie die<br />
Stunde mit der Note „gut“ und werden<br />
durch die Stellungnahmen der Beteiligten<br />
bestätigt<br />
12<br />
6
Stellungnahme der Fachleiterin<br />
„Der Stunde liegt ein tragfähiges didaktisches<br />
Konzept zu Grunde. Die Sachanalyse ist fachlich<br />
korrekt und im genau passenden<br />
Anspruchsniveau. Das Thema ist<br />
altersangemessen in den Horizont der Schüler<br />
gerückt und methodisch sinnvoll und geschickt<br />
angegangen, wenngleich der Übergang zur<br />
Gruppenarbeit brüchig war. Das zeigte sich in<br />
den Bearbeitungsschwierigkeiten. Insofern<br />
blieben die Ergebnisse hinter den Möglichkeiten<br />
des guten Materials und der Leistungsfähigkeit<br />
der Klasse zurück.“<br />
13<br />
Schwerpunkte der Fachleiterin<br />
„Der Stunde liegt ein tragfähiges didaktisches<br />
Konzept zu Grunde. Die Sachanalyse ist fachlich<br />
korrekt und im genau passenden<br />
Anspruchsniveau. Das Thema ist<br />
altersangemessen in den Horizont der Schüler<br />
gerückt und methodisch sinnvoll und geschickt<br />
angegangen, wenngleich der Übergang zur<br />
Gruppenarbeit brüchig war. Das zeigte sich in<br />
den Bearbeitungsschwierigkeiten. Insofern<br />
blieben die Ergebnisse hinter den Möglichkeiten<br />
des guten Materials und der Leistungsfähigkeit<br />
der Klasse zurück.“<br />
14<br />
7
Stellungnahme der Lehrerin<br />
„Ich bin nicht ganz durchgekommen, aber ich mit<br />
der Stunde im Ganzen zufrieden. Ich war froh,<br />
dass der Einstieg so gut geklappt hat. Die<br />
Schüler haben toll mitgemacht und es hat ihnen<br />
auch Spaß gemacht. Bei der Gruppenarbeit<br />
hatten sie mehr Probleme, als ich dachte. Hier<br />
müsste ich beim nächsten Mal besser erklären,<br />
was sie machen sollen. Ja, so haben mir am<br />
Ende noch 5 Minuten gefehlt.“<br />
15<br />
Schwerpunkte der Lehrerin<br />
„Ich bin nicht ganz durchgekommen, aber ich mit<br />
der Stunde im Ganzen zufrieden. Ich war froh,<br />
dass der Einstieg so gut geklappt hat. Die<br />
Schüler haben toll mitgemacht und es hat ihnen<br />
auch Spaß gemacht. Bei der Gruppenarbeit<br />
hatten sie mehr Probleme, als ich dachte. Hier<br />
müsste ich beim nächsten Mal besser erklären,<br />
was sie machen sollen. Ja, so haben mir am<br />
Ende noch 5 Minuten gefehlt.“<br />
16<br />
8
Stellungsnahme der Schülerin<br />
„Ich hab das Thema heute ganz gut verstanden.<br />
Nur bei der Gruppenarbeit war es am Anfang<br />
etwas chaotisch, weil wir nicht so genau<br />
wussten wie wir anfangen sollten. Aber dann hat<br />
uns die Lehrerin dabei geholfen und lief es ganz<br />
gut. Sie hat uns eine Unmenge an Materialien<br />
gegeben und wir kamen nicht ganz durch damit.<br />
Das ist meistens so bei ihr, aber wir lernen auch<br />
viel bei ihr.“<br />
17<br />
Schwerpunkte der Schülerin<br />
„Ich hab das Thema heute ganz gut verstanden.<br />
Nur bei der Gruppenarbeit war es am Anfang<br />
etwas chaotisch, weil wir nicht so genau<br />
wussten wie wir anfangen sollten. Aber dann hat<br />
uns die Lehrerin dabei geholfen und lief es ganz<br />
gut. Sie hat uns eine Unmenge an Materialien<br />
gegeben und wir kamen nicht ganz durch damit.<br />
Das ist meistens so bei ihr, aber wir lernen auch<br />
viel bei ihr.“<br />
18<br />
9
Synopse der Schwerpunkte<br />
Fachleiterin<br />
• Konzept<br />
• Sachanalyse<br />
• Niveau<br />
• Methodik<br />
• Übergänge<br />
• Lernprobleme<br />
• Lernertrag<br />
Lehrerin<br />
• Zufriedenheit<br />
• Lernklima<br />
• Einstieg<br />
• Mitarbeit<br />
• Lernprobleme<br />
• Zeit<br />
Schülerin<br />
• Thematik<br />
• Verständlichkeit<br />
• Organisation<br />
• Förderung<br />
• Material<br />
• Lernertrag<br />
19<br />
Wo und wie zeigt sich guter<br />
<strong>Unterricht</strong>?<br />
• Übereinstimmend haben alle die Stunde mit der<br />
Note „gut“ bewertet. Sie haben also eine gute<br />
<strong>Unterricht</strong>sstunde gesehen<br />
• Haben Sie auch „guten <strong>Unterricht</strong>“ gesehen?<br />
• Eine gute <strong>Unterricht</strong>sstunde ist nicht unbedingt<br />
„guter <strong>Unterricht</strong>“<br />
• Ein schöner Sommertag macht bekanntlich auch<br />
noch keinen „schönen Sommer“<br />
20<br />
10
Was ist in schöner Sommer?<br />
• Mit dem „guten <strong>Unterricht</strong>“ verhält es sich wie mit dem<br />
„schönen Sommer“<br />
• Ein schöner Sommer ist in erster Linie ein „empfundener<br />
Sommer“ mit (nicht ausschließlich) metereologischen<br />
Merkmalen:<br />
– Viele Sonnentage<br />
– Angenehm hohe Temperaturen, aber keine unerträgliche Hitze<br />
– Angenehme Luftfeuchtigkeit, ohne Schwüle<br />
– Schöne Sonnenauf- und untergänge<br />
– Ein kollektiv gutes Lebensgefühl, etc.<br />
• Ein schöner Sommer ist ein mentales Konstrukt<br />
21<br />
Gute <strong>Unterricht</strong>sstunden und guter<br />
<strong>Unterricht</strong><br />
• Es reicht nicht, einen schönen Sommertag zu<br />
zeigen und auch viele schöne Sommertage<br />
machen noch keinen schönen Sommer<br />
• Es reicht nicht, eine gute <strong>Unterricht</strong>sstunde zu<br />
zeigen und auch viele gute <strong>Unterricht</strong>sstunden<br />
machen noch keinen guten <strong>Unterricht</strong><br />
• „<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong>“ lässt sich nicht an isolierten<br />
Elementen einer Stunde lokalisieren und ist<br />
nicht die Akkumulation verschiedener Merkmale<br />
22<br />
11
Gute <strong>Unterricht</strong>sstunden und guter<br />
<strong>Unterricht</strong><br />
• In <strong>Unterricht</strong>sstunden lassen sich aber empirisch<br />
„Merkmale guten <strong>Unterricht</strong>s“ finden, die zu<br />
nachhaltig hohen Lernergebnissen führen<br />
• Daraus lassen sich theoretisch fundierte<br />
„Kriterien und Indikatoren für guten <strong>Unterricht</strong>“<br />
formulieren<br />
23<br />
Ermitteln Sie spontan Ihre<br />
Einstellungen zum guten <strong>Unterricht</strong><br />
1. Für mich persönlich sind die zwei<br />
wichtigsten Merkmale guten <strong>Unterricht</strong>s:<br />
• …………………<br />
• ………………….<br />
2. Für mich persönlich wird der<br />
<strong>Unterricht</strong>serfolg am meisten gefährdet<br />
durch:<br />
• …………………<br />
• ………………….<br />
24<br />
12
Zehn Merkmale guten <strong>Unterricht</strong>s<br />
• Hilbert Meyer hat zehn Merkmale guten<br />
<strong>Unterricht</strong>s definiert, die<br />
– empirisch weitgehend abgesichert sind<br />
– theoretisch begründet sind<br />
– sich im <strong>Unterricht</strong> beobachten lassen<br />
– nicht auf ein <strong>Unterricht</strong>skonzept festgelegt<br />
sind (z.B. geschlossener vs. offener<br />
<strong>Unterricht</strong>)<br />
25<br />
Zehn Merkmale guten <strong>Unterricht</strong>s<br />
nach H. Meyer<br />
1. Klare Strukturierung des <strong>Unterricht</strong>s<br />
2. Hoher Anteil echter Lernzeit<br />
3. Lernförderliches Klima<br />
4. Inhaltliche Klarheit<br />
5. Sinnstiftendes Kommunizieren<br />
6. Methodenvielfalt<br />
7. Individuelles Fördern<br />
8. Intelligentes Üben<br />
9. Transparente Leistungserwartungen<br />
10. Vorbereitete Umgebung<br />
Erläuterungen<br />
26<br />
13
Eine praktische Übung<br />
Konzentrieren Sie sich auf eine Ihrer Stunden und markieren Sie den<br />
Ausprägungsgrad des Merkmals<br />
1. Klare Strukturierung des <strong>Unterricht</strong>s<br />
2. Hoher Anteil echter Lernzeit<br />
3. Lernförderliches Klima<br />
4. Inhaltliche Klarheit<br />
5. Sinnstiftendes Kommunizieren<br />
6. Methodenvielfalt<br />
7. Individuelles Fördern<br />
8. Intelligentes Üben<br />
9. Transparente Leistungserwartungen<br />
10. Vorbereitete Umgebung<br />
+ +<br />
+<br />
0<br />
-<br />
- -<br />
27<br />
Feststellungen<br />
Sie stellen fest, dass<br />
• sich die Merkmale nicht so gut beobachten<br />
lassen wie behauptet<br />
• nicht alle Merkmale in Ihrer Stunde vorkommen<br />
• Sie den Ausprägungsgrad der Merkmale<br />
lediglich als Mittelwert angeben<br />
• diese Merkmale nicht so leicht zu fassen sind<br />
28<br />
14
Worin liegt der Wert der Merkmale<br />
guten <strong>Unterricht</strong>s?<br />
• Die Merkmale taugen als didaktischer<br />
Referenzrahmen für Lehrerentscheidungen bei<br />
der Planung und Durchführung von <strong>Unterricht</strong><br />
• Sie taugen als Eckpunkte der epistemologischen<br />
Überzeugungen von Lehrern zum <strong>Unterricht</strong>,<br />
sogenannte subjektive Lehrertheorien<br />
• Sie taugen als Reflexionsinstrument über das<br />
Fundament und die Architektur meines<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
• Sie taugen nur bedingt als Kriterienkatalog zur<br />
Beobachtung einer <strong>Unterricht</strong>sstunde<br />
29<br />
Das didaktische Sechseck<br />
• In der nachfolgenden Abbildung sind die<br />
zehn Merkmale in ein didaktisches<br />
Sechseck gebunden<br />
• Sie werden feststellen, dass der Verzicht<br />
auf ein Merkmal wesentliche Strukturen<br />
des <strong>Unterricht</strong>s ausblenden würde<br />
30<br />
15
9<br />
Klare Leistungs<br />
erwartungen<br />
10<br />
Gute Lernumgebungen<br />
5<br />
Sinnstiftendes<br />
Kommunizieren<br />
Raumstruktur<br />
Zielstruktur<br />
Inhaltsstruktur<br />
Prozessstruktur<br />
4<br />
Inhaltliche<br />
Klarheit<br />
1<br />
Klare<br />
Strukturierung<br />
2<br />
Echte Lernzeit<br />
3<br />
Lernförderliches<br />
Klima<br />
Handlungsstruktur<br />
Sozialstruktur<br />
6<br />
Methodenvielfalt<br />
7<br />
Individuelles<br />
Fördern<br />
8<br />
Intelligentes<br />
Üben<br />
31<br />
Die Merkmale als ein Puzzle<br />
• Es handelt sich bei den Merkmalen um ein<br />
Puzzle aus einzelnen Bausteinen, die erst<br />
zusammengefügt ein Ganzes ergeben<br />
32<br />
16
Was sagt die Forschung zu gutem<br />
<strong>Unterricht</strong>?<br />
• Es gibt keine Hierarchie der Merkmale (Die<br />
Nummerierung der Merkmale beinhaltet keine<br />
Rangfolge)<br />
• Die Merkmale haben indes unterschiedliche<br />
Effektstärken, so ist die „klare Strukturierung“<br />
unangefochten die Nummer Eins<br />
• Die Merkmale müssen wohl einen gewissen<br />
Schwellenwert überschreiten, um Effekte<br />
auszulösen<br />
33<br />
Die nachgewiesene Toleranz des<br />
Merkmalsystems<br />
• <strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> ist möglich, auch wenn einige<br />
Merkmale schwach ausgeprägt sind<br />
– Wer seinen <strong>Unterricht</strong> klar strukturiert und das<br />
Lerntempo geschickt wählt, kann auch ohne<br />
Methodenvielfalt zu guten Ergebnissen kommen<br />
– Wer die Lernumgebung einmal schlecht vorbereitet<br />
hat, kann seine Schüler auch dann zu guten<br />
Lernergebnissen führen<br />
– Ältere Schüler lernen auch dann, wenn ein Lehrer ein<br />
kühles Lernklima produziert, aber ein faires<br />
Arbeitsbündnis anbietet<br />
34<br />
17
Die nachgewiesene gegenseitige<br />
Abhängigkeit der Merkmale<br />
• Einige Merkmale entfalten wie ein<br />
Kombinationspräparat ihre Wirkung erst in<br />
Kombination mit anderen<br />
– Individuelles Fördern wirkt nur bei klarer<br />
Strukturierung (Merkmal 1) und gutem<br />
Zeitmanagement (Merkmal 2)<br />
– Alltagsmaterialien und Schülerexperimente alleine<br />
bringen nicht mehr Lernerfolg, sondern nur bei<br />
intensiver Einbindung in den <strong>Unterricht</strong><br />
• Synergieeffekte treten erst unter bestimmten<br />
Bedingungen ein<br />
35<br />
Nachgewiesenes in der IPN-<br />
Videostudie (Physik)<br />
• Methodenvielfalt alleine bringt nicht mehr<br />
Lernerfolg<br />
• Alltagsmaterialien bringen nicht zwingend<br />
mehr Lernerfolg<br />
• Schülerexperimente alleine bringen nicht<br />
mehr Lernerfolg<br />
• Frontalunterricht ist nicht unbedingt<br />
weniger wirksam als Gruppenarbeit<br />
36<br />
18
Ein Nutzungs-Wirkungs-Modell<br />
• <strong>Unterricht</strong> ist lediglich ein Angebot, davon wird<br />
nur ein Teil genutzt und nur ein Teil davon hat<br />
die gewünschte Wirkung oder hat nicht<br />
gewünschte Wirkungen.<br />
<strong>Unterricht</strong><br />
Nutzung<br />
Wirkung<br />
37<br />
Lehrer<br />
<strong>Unterricht</strong><br />
Indiv. Eingangsvoraussetzungen<br />
Expertise in<br />
• Fachwissenschaft<br />
• (Fach)Didaktik<br />
• Klassenführung<br />
• Motivierung<br />
• Diagnostik<br />
Werte und Ziele<br />
Subjektive Theorien<br />
Bereitschaft<br />
zur Selbstreflexion,<br />
Selbstverbesserung<br />
Selbstwirksamkeit<br />
Qualität<br />
des <strong>Unterricht</strong>s<br />
1. Passung<br />
2. Adaptivität<br />
3. Klarheit<br />
4. Methodenvariation<br />
5. Individualisierung<br />
6. Motivation<br />
7. Effizienz der<br />
Klassenführung<br />
8. Quantität des<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
9. Qualität des<br />
Lehrmaterials<br />
Mediations-<br />
Prozesse auf<br />
Schülerseite<br />
Motivationale und<br />
emotionale<br />
Vermittlungsprozesse<br />
Wahrnehmung<br />
und Interpretation<br />
des <strong>Unterricht</strong>s<br />
Lernaktivitäten<br />
der Schüler<br />
(Nutzung)<br />
Aktive Lernzeit<br />
Im <strong>Unterricht</strong><br />
Außerschulische<br />
Lernaktivitäten<br />
Wirkungen<br />
(Ertrag)<br />
Fachliche<br />
Effekte<br />
Fachwissen<br />
Grundverständnis<br />
Lernstrategien<br />
Fertigkeiten<br />
Überfachliche<br />
Effekte<br />
Schlüsselkompetenzen<br />
Sozialisations-<br />
Effekte<br />
Klassenkontext und fachlicher Kontext<br />
38<br />
19
Bemerkungen zu dem Modell<br />
• <strong>Unterricht</strong> ist ein Angebot. Wir Lehrer sind nicht<br />
verantwortlich für das, was ein Schüler daraus<br />
macht, ob und wie er lernt.<br />
• Wir sind aber dafür verantwortlich, dass das<br />
Lernangebot nach allen Regeln der Profession<br />
auf modernstem Stand gestaltet ist.<br />
• Von den fünf Erklärungsblöcken liegen nur die<br />
ersten beiden vollständig und der dritte bedingt<br />
in der Hand des Lehrers.<br />
• Vordringliche Aufgabe muss es sein, die<br />
Lehrerexpertise und die <strong>Unterricht</strong>squalität zu<br />
entwickeln.<br />
39<br />
Die didaktische Expertise<br />
Die didaktische Expertise umfasst nach Helmke:<br />
• Klarheit des <strong>Unterricht</strong>s: diese klassische Kategorie von<br />
<strong>Unterricht</strong>squalität hat vor allem bei der unverzichtbaren<br />
direkten Unterweisung Bedeutung<br />
• Methodenvielfalt: die vorfindbare Vielfalt an<br />
Persönlichkeits-, Lernstil-, Fähigkeits-, Verhaltens- und<br />
Leistungsunterschieden ebenso wie die verschiedenen<br />
Lernziele, Themen und Probleme erfordern zwingend<br />
unterschiedliche Lehrmethoden<br />
• Individualisierung: Der Umgang mit Heterogenität gehört<br />
heute auch am Gymnasium zu den zentralen<br />
Herausforderungen des <strong>Unterricht</strong>s und umfasst<br />
unterschiedliche Methoden, Materialien, Inhalte,<br />
Niveaus, Motivierungstechniken, …<br />
40<br />
20
Die Klassenführungskompetenz als<br />
Element der Lehrerexpertise<br />
• „Die effiziente Führung einer Klasse ist eine<br />
Vorausbedingung für anspruchsvollen <strong>Unterricht</strong>: Sie<br />
optimiert den zeitlichen und motivationalen Rahmen für<br />
den Fachunterricht, indem z. B. "Zeitdiebe" (wie<br />
langwierige Übergänge von einer <strong>Unterricht</strong>saktivität zur<br />
anderen oder zeitraubende Erklärungen von Regeln<br />
oder Eingehen auf Regelverletzungen) ausgeschaltet<br />
bzw. minimiert und Störungen und Chaos vermieden<br />
werden.“ (Helmke, S. 78)<br />
• Weitere Ausführungen zur Klassenführungskompetenz<br />
41<br />
Die Motivierungsqualität als Element<br />
der Lehrerexpertise<br />
• Man kann nicht motivieren, aber jeder Mensch hat<br />
Motive und an die muss ich als Lehrer herankommen.<br />
• Motivieren in diesem Sinne heißt, einen ausreichenden<br />
Anreiz für die Beschäftigung mit dem <strong>Unterricht</strong>sstoff zu<br />
schaffen.<br />
• Motive werden immer dann leicht angezapft, wenn für<br />
den Lernenden sichtbar wird, dass sich der <strong>Unterricht</strong><br />
lohnt. Ansprengungsbereitschaft geht immer einher mit<br />
der Aussicht auf Belohnung.<br />
• Die Motivationsforschung hat Befunde zur<br />
Motivierungsqualität zusammengestellt.<br />
42<br />
21
Wie macht man guten <strong>Unterricht</strong>?<br />
• Es gibt viele, aber nicht beliebige Wege zu<br />
gutem <strong>Unterricht</strong><br />
• <strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> ist nicht auf die Schnelle<br />
mit wenigen operativen Maßnahmen zu<br />
erreichen<br />
• <strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong> ist eine Langzeitaufgabe<br />
• Die größten Erfolge sind bei den fünf<br />
wichtigsten Merkmalen zu erreichen<br />
43<br />
Die fünf wichtigsten Merkmale<br />
1. Klare Strukturierung des <strong>Unterricht</strong>s<br />
2. Hoher Anteil echter Lernzeit<br />
3. Lernförderliches Klima<br />
4. Inhaltliche Klarheit<br />
5. Sinnstiftendes Kommunizieren<br />
44<br />
22
1. Klare Strukturierung des<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
• Definition: <strong>Unterricht</strong> ist klar strukturiert, wenn<br />
sich für Schüler wie Lehrer ein erkennbarer<br />
„roter Faden“ durch die Stunde zieht<br />
• Kennzeichen: Eine klare Strukturierung des<br />
<strong>Unterricht</strong>s ist gekennzeichnet durch:<br />
– Aufgabenklarheit: Schüler wissen, was angesagt ist<br />
– Regelklarheit: Die Arbeitsbeziehungen sind<br />
verlässlich<br />
– Rollenklarheit: Schüler und Lehrer wissen um ihre<br />
situative Rolle (Moderator, Erklärer, Zuhörer,<br />
Präsentator, Organisator) und nehmen sie ein<br />
45<br />
1. Klare Strukturierung des<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
• Ratschläge: Die klare Strukturierung wird<br />
verbessert durch<br />
– Klarheit in der Aufgabenstellung, z.B. advanced<br />
organizer,<br />
– Im <strong>Unterricht</strong>sverlauf ist ein roter Faden erkennbar,<br />
d.h. die einzelnen Phasen ermöglichen einen<br />
schlüssigen Lernweg<br />
– fachliche Kohärenz, d.h. neue Lernstoffe sind<br />
schlüssig und mit vorhandenen Wissen verknüpft<br />
– Reibungslosigkeit von Lehrerinterventionen<br />
– Klarheit in der Rollenverteilung zwischen Lehrer und<br />
Schülern<br />
47<br />
23
2. Hoher Anteil echter Lernzeit<br />
• Definition: Die echte Lernzeit ist die vom Schüler<br />
tatsächlich aufgewendete Zeit für das Erreichen<br />
der angestrebten Ziele<br />
• Kennzeichen: Ein hoher Anteil echter Lernzeit ist<br />
gekennzeichnet durch:<br />
– guten Umgang mit der Zeit (Pünktlichkeit,<br />
Auslagerung von „non-instructional activities“)<br />
– geschickte Regulierung des Lerntempos<br />
(Beschleunigung und Verlangsamung)<br />
– geschickten Wechsel zwischen Phasen intensiver<br />
Arbeit und Entspannung (Gewährung von<br />
Freiräumen, Warming-ups und Cooling-downs)<br />
49<br />
2. Hoher Anteil echter Lernzeit<br />
• Ratschläge: Der hohe Anteil echter Lernzeit wird erhöht<br />
durch<br />
– gute Vorbereitung des Lehrers und der Schüler<br />
– Pünktlichkeit des Lehrers und der Schüler<br />
– die Auslagerung von Organisationskram<br />
– klare Strukturierung der <strong>Unterricht</strong>sverläufe<br />
– die geschickte Rhythmisierung Stunde und der Reihe<br />
– eine dem Leistungsvermögen der Schüler angemessene enge<br />
oder weite Führung bei der Aufgabenformulierung<br />
– Konzentrationsübungen, Warming-ups und Cooling-downs<br />
– Vermeidung von Zeitdieben, z.B. Langwierige Übergänge<br />
zwischen <strong>Unterricht</strong>saktivitäten<br />
51<br />
24
3. Lernförderliches Klima<br />
• Definition: Ein lernförderliches Klima bezeichnet<br />
eine <strong>Unterricht</strong>satmosphäre mit humaner<br />
Qualität der Beziehungen<br />
• Kennzeichen: Ein lernförderliches Klima ist<br />
gekennzeichnet durch:<br />
– gegenseitigen Respekt<br />
– verlässlich eingehaltene Regeln<br />
– gemeinsam geteilte Verantwortung<br />
– Gerechtigkeit des Lehrers gegenüber jedem<br />
Einzelnen und dem Lernverband insgesamt<br />
– Fürsorge des Lehrers für die Schüler und der Schüler<br />
untereinander<br />
52<br />
3. Lernförderliches Klima<br />
• Ratschläge: Ein lernförderliches Klima wird<br />
erhöht durch<br />
– Klare Verhaltensregeln<br />
– Respektvoller Umgang und Wertschätzung<br />
– Übernahme von Verantwortung und Mitgestaltung<br />
– Gerechtigkeit<br />
– Stärkung des Könnensbewusstseins und Förderung<br />
des Selbstwirksamkeitskonzepts<br />
– Vorbild in der Förderung der Arbeitshaltung und der<br />
Leistungsbereitschaft<br />
– Vorbild in der optimistischen Einstellung zu <strong>Unterricht</strong><br />
und Schule<br />
54<br />
25
4. Inhaltliche Klarheit<br />
• Definition: Inhaltliche Klarheit liegt dann vor,<br />
wenn die Aufgabenstellung verständlich, die<br />
inhaltlichen Zusammenhänge deutlich und die<br />
Ergebnissicherung klar und verbindlich sind<br />
• Kennzeichen: Inhaltliche Klarheit ist<br />
gekennzeichnet durch:<br />
– Der <strong>Unterricht</strong> entspricht den Lehrplanvorgaben<br />
– Den Schülern gelingt ein systematischer und<br />
kumulativer Wissensaufbau<br />
– Sie haben Erfolgserlebnisse durch<br />
Könnenserfahrungen<br />
55<br />
4. Inhaltliche Klarheit<br />
• Ratschläge: Inhaltliche Klarheit wird erhöht<br />
durch<br />
– Ernstnehmen der Alltagserfahrungen<br />
– Genaue, auch individuelle Klärung des<br />
Anspruchsniveaus der Aufgabenstellungen<br />
– Rückmeldeschleifen<br />
– Transferorientierte Aufgabenstellungen<br />
– Intelligenten Umgang mit Fehlern<br />
– Geduldiges Wiederholen und Zusammenfügen der<br />
Teile<br />
57<br />
26
5. Sinnstiftendes Kommunizieren<br />
• Definition: Sinnstiftendes Kommunizieren liegt<br />
vor, wenn die Beteiligten ihrem Tun Sinn und<br />
persönliche Bedeutung zusprechen<br />
• Kennzeichen: Sinnstiftendes Kommunizieren ist<br />
gekennzeichnet durch:<br />
– Der <strong>Unterricht</strong> ist diskursiv angelegt und die<br />
Sprechanteile sind ausgewogen<br />
– Die Schüler vertrauen dem Lehrer, weil sie aus<br />
Erfahrung wissen, dass der <strong>Unterricht</strong> „was bringt“<br />
– Kompetenzzuwächse sind für alle erkennbar<br />
58<br />
5. Sinnstiftendes<br />
Kommunizieren<br />
• Ratschläge: Sinnstiftendes<br />
Kommunizieren wird erhöht durch<br />
– Metareflexionen über den <strong>Unterricht</strong><br />
– Rückmeldungen über Lernfortschritte geben<br />
– Einnehmen von Schülerfeedback und<br />
Entwicklung einer Feedbackkultur<br />
– Planungsgespräche und Partizipation der<br />
Schüler<br />
– Entwickeln einer Gesprächskultur<br />
(Gesprächsregeln, Stuhlkreis, just community)<br />
59<br />
27
Ausblick<br />
• „<strong>Guter</strong> <strong>Unterricht</strong>“ ist ein theoretisches Konstrukt<br />
• Die Umsetzung des theoretischen Konstruktes<br />
verweist auf andere Themen (Planung von<br />
<strong>Unterricht</strong>)<br />
• Die Merkmale guten <strong>Unterricht</strong>s taugen als<br />
Eckpunkte der epistemologischen<br />
Überzeugungen von Lehrern zum <strong>Unterricht</strong><br />
• Sie taugen als Reflexionsinstrument über das<br />
Fundament und die Architektur meines<br />
<strong>Unterricht</strong>s<br />
60<br />
28