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Ausgabe 2 - Studi38

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Braunschweig | Wolfenbüttel<br />

Wolfsburg | Salzgitter | Suderburg<br />

<strong>Ausgabe</strong> 2 | Wintersemester 2010<br />

Me,<br />

Myself & I<br />

DAS DIGITALE „ICH“ IN BESTFORM<br />

DER GEDANKENLESER<br />

TV-Experte Thorsten<br />

Havener im Interview<br />

UNTERIRDISCH<br />

Wie der Fall Asse wütend<br />

und Hoffnung macht<br />

DER NAZIJÄGER<br />

Klaus Hoenen´s nächtlicher<br />

Kampf auf den Straßen


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Inhalt<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

tue Gutes und sprich darüber – wir<br />

sollten uns diese alte PR-Weisheit<br />

öfter zum Vorbild nehmen. Etwa<br />

wenn es darum geht, dass kreative<br />

Potentiale gefördert, Wissen erweitert,<br />

Forschung vorangetrieben<br />

oder auch kulturelles Leben bereichert<br />

wird. Ein bisschen von allem<br />

findet sich in der vorliegenden <strong>Ausgabe</strong><br />

von „studi38“ wieder. Dieses<br />

Heft ist damit nicht nur Spiegelbild<br />

Andreas Günther<br />

unserer Region. Es ist auch das Ergebnis<br />

einer neuen Partnerschaft<br />

zwischen dem Braunschweiger Zeitungsverlag,<br />

der TU Braunschweig,<br />

der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und<br />

der Hochschule für Bildende Künste.<br />

Studierenden im Fach Medienwissenschaften eröffnen<br />

wir einerseits die Möglichkeit, wertvolle Erfahrungen bei<br />

der Erstellung eines Magazins zu sammeln und andererseits<br />

vom Know-how eines Medienhauses zu partizipieren.<br />

Langjährige Zeitungsmacher – vom Redakteur bis zum<br />

Werbeprofi – stehen beratend den Kommunikationswissenschaftlern<br />

von morgen zur Seite. Unberührt davon liegt die<br />

inhaltliche Ausrichtung des Heftes in der Verantwortung der<br />

Hochschulen.<br />

Was wir in diesem Heft lesen, zeigt den Querschnitt des<br />

gesellschaftlichen Lebens – beobachtet und beschrieben<br />

von denen, die hier leben um zu arbeiten, zu lernen und<br />

zu forschen. Wer das Magazin liest, kommt zwangsläufig<br />

nicht nur zum Schluss, dass wir an einem exzellenten<br />

Wissensstandort leben. Die Quintessenz lautet vielmehr,<br />

dass es sich hier prima leben und arbeiten lässt. Und so ist<br />

„studi38“ auch ein wichtiges Instrument für die berufliche<br />

Orientierung – das Leben nach der Uni.<br />

Der Braunschweiger Zeitungsverlag hat sich zur Aufgabe<br />

gemacht, die Entwicklung der Region publizistisch<br />

voranzutreiben und zu begleiten. Dazu zählt auch, neue<br />

Partnerschaften einzugehen und Neues zu wagen. Wir freuen<br />

uns, dass uns – diesem Anliegen folgend – mit „studi38“<br />

eine Kooperation zwischen gewachsenem Verlagshaus und<br />

studentischem Arbeiten gelungen ist.<br />

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den<br />

Unternehmen bedanken, die das Projekt ebenfalls fördern<br />

und so gewährleisten, das „studi38“ mindestens vierteljährlich<br />

erscheint. Das nächste Mal im Januar 2011. Mehr<br />

Informationen erhalten Sie auf www.facebook.com. Wir<br />

haben dort eine eigene Seite eingerichtet unter dem Namen<br />

„studi38.de“.<br />

Campus<br />

4 Er sagt, Sie sagt<br />

6 „Eine Hochschule muss übersetzen“<br />

Interview mit HBK-Präsident Dr. Hubertus von Amelunxen<br />

8 Von der Hand in den Mund?<br />

Wie Studierende heute leben<br />

12 „Weniger Materie und mehr Geist“<br />

Rainer Langhans im Interview<br />

14 Ein alter Menschheitstopos?!<br />

Generationenkonflikte auf dem Prüfstand<br />

16 Die Stunde Null<br />

Studieren in Braunschweig nach dem 2. Weltkrieg<br />

18 Wir brauchen ein Motto!<br />

Kostümdiskussionen<br />

20 Der Nazijäger<br />

Ein Portrait von Klaus Hoenen<br />

24 Work it out<br />

Der neue Outdoorfitnesspark am Sportzentrum<br />

25 Wir brauchen mehr Farbe<br />

Ein Nachruf auf Christoph Schlingensief<br />

Wissenschaft<br />

26 Unterirdisch<br />

Der Fall Asse<br />

29 „Gorleben ist ein Schwarzbau“<br />

Jürgen Trittin über Asse und Atomausstieg<br />

32 Seelenstrip im Netz<br />

Warum wir online unser Innerstes ausbreiten<br />

33 Eine schmutzige Version vom Kinderkarussell<br />

Chatroulette – ein Erfahrungsbericht<br />

34 „Nicht irgendein Hirngespinnst“<br />

Die Geschichte einer jungen Frau mit Depressionen<br />

36 „Viele kommen und wissen nicht, was los ist“<br />

Psychologin Anja Grocholewski über Depressionen und deren Therapie<br />

Karriere<br />

40 „Dieses Konkurrenzdenken ist doch Schmarrn!“<br />

Karrieretipps von Jazzanova-DJ Jürgen von Knoblauch<br />

42 Internetzworking<br />

Kontaktpflege über Soziale Netzwerke<br />

44 Der Gedankenleser<br />

Mimikprofi Thorsten Havener im Interview<br />

Schlussakkord<br />

46 Willkommen in Braunschweig!<br />

Suvival-Guide für Erstsemester<br />

48 Get the Party started<br />

Sechs Tipps für eine gute Party<br />

49 Lieblings...Album? Film? Buch?<br />

50 Heute. Morgen. Gestern.<br />

19 Impressum<br />

3


Campus<br />

Wie, ihr wollt zusammenziehen?<br />

Ihr studiert doch nur<br />

noch anderthalb Jahre? Das<br />

ist kein gutes Timing“, meinten meine<br />

Freunde. Die „Danach-Frage“ hatte ich<br />

mir seit der Schulzeit bisher gut vom<br />

Leib gehalten. Mit den Abizeugnissen<br />

und Hochschulzusagen, kamen damals<br />

die Laufpässe. Nur die wenigsten versuchten<br />

sich mit halbgaren Kompromissen<br />

wie Fernbeziehung und Beziehungspause<br />

eine Weile über Wasser zu halten.<br />

Ein noch kleinerer Teil davon ist auch<br />

heute noch ein Paar.<br />

Wiederholt sich das<br />

große Beziehungssterben<br />

auch nach<br />

dem Studium? Nicht<br />

unbedingt. Die größten<br />

Feinde sind Verschwiegenheit<br />

und<br />

Timing. Aber: Beides<br />

haben wir selbst in<br />

der Hand. Wir müssen<br />

nur rechtzeitig<br />

über unsere Pläne<br />

sprechen, um am<br />

Ende gemeinsame<br />

Pläne zu schaffen.<br />

Wem dazu Mut oder<br />

Muße fehlen, dem<br />

fehlt schnell auch der<br />

vertraute Partner. Fest<br />

steht: Ein Zukunftsplan<br />

funktioniert wie<br />

die erste gemeinsame<br />

Wohnung. Erst suchen<br />

wir lange nach<br />

dem richtigen Ort,<br />

dann heißt es renovieren<br />

und wir streiten<br />

uns über die Farbe an<br />

den Wänden und die<br />

Aufteilung der Zimmer.<br />

Für eine gewisse<br />

Zeit leben wir sogar<br />

auf einer Dauerbaustelle.<br />

Doch am Ende<br />

liegen wir gemeinsam<br />

auf der Couch – im Gegensatz<br />

zu den Wortlosen.<br />

Die sind plötzlich obdachlos und<br />

allein, weil sie nicht reden wollten oder<br />

konnten. Also: Timing ist wirklich alles.<br />

Mindestens<br />

haltbar<br />

bis …<br />

Von Christian Matz & Maria Boger<br />

Jetzt ist die Dose Ravioli in pikanter<br />

Fleischsauce noch genießbar. Doch<br />

in einigen Jahren sieht das ganz anders<br />

aus. Man würde sie dann nur in<br />

großer Not verspeisen. Denn sobald das<br />

Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten<br />

ist, landen die Ravioli eher im Müll<br />

als auf dem Herd. Und das obwohl Dosenfutter<br />

ja bekanntlich nie niemals<br />

schlecht werden kann, oder? Genau<br />

wie die große Liebe. Hat man sie einmal<br />

gefunden, braucht man nie wieder<br />

nach ihr zu suchen. Doch ist das wirklich<br />

so? Viele Pärchen<br />

aus dem Freundeskreis<br />

wirken auf<br />

den ersten Blick<br />

bis in alle Ewigkeiten<br />

genießbar.<br />

Aber nicht selten<br />

trügt die Verpackung.<br />

Noch ist es<br />

nur ein Auslandssemester,<br />

aber schon<br />

bald nagt die große<br />

unbekannte Zukunft<br />

an der Liebe.<br />

Er will später mit<br />

seinen zwei Kindern<br />

auf einem alten<br />

Bauernhof leben,<br />

während Sie<br />

eigentlich gar keine<br />

Kinder will und<br />

von einem Loft<br />

in der Großstadt<br />

träumt. Diese Vorstellungen<br />

passen<br />

nicht zusammen<br />

und machen die Beziehung<br />

nach und<br />

nach ungenießbar.<br />

Und irgendwann<br />

ist die große Liebe<br />

schlecht geworden.<br />

Auch Ravioli sind<br />

nicht für die Ewigkeit,<br />

aber für den<br />

Moment, für das<br />

Hier und Jetzt. Und<br />

manchmal auch für Morgen,<br />

für das Dort und Später. So<br />

genau weiß das bei den Ravioli keiner,<br />

und auch bei der Liebe nicht.<br />

Foto: Maggi GmbH<br />

4


Campus<br />

Fotos: Cisco Ripac, Gabriele genannt Gabi Schoenemann, Peter Fenge – pixelio.de<br />

Partyhasen im Netz<br />

VIEL LÄRM UM NICHTS<br />

Und es stimmt doch: Sie jammern viel<br />

und arbeiten wenig. Studierende ackern<br />

im Schnitt nur knapp vier Stunden am<br />

Tag für ihr Studium. Das belegt eine<br />

Studie des Hamburger Zentrums für<br />

Hochschul- und<br />

Weiterbildung.<br />

Zwölf lange<br />

Stunden Freizeit<br />

bleiben dem<br />

Durchschnittsstudierenden<br />

pro Tag, um sie<br />

im Internet zu<br />

vertrödeln...<br />

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– als Studierender muss<br />

man mit wenig Geld gut haushalten.<br />

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SPORTMUFFEL<br />

kurz &<br />

knapp<br />

Was macht eigentlich die Bildungselite<br />

in ihrer Studienfreizeit? Sie trinkt<br />

Bier und raucht Zigaretten. Zu diesen<br />

Ergebnissen kommen Marburger Forscher.<br />

Die Erstsemester sind Partyhasen<br />

und Sportmuffel.<br />

Nur zwei<br />

von fünf treiben<br />

knappe 20 Minuten<br />

Sport in der<br />

Woche. Lediglich<br />

zwei von hundert<br />

Studierenden<br />

leben insgesamt<br />

gesund.<br />

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Interview<br />

„Eine Hochschule<br />

muss übersetzen“<br />

Seit Oktober ist Dr. Hubertus von Amelunxen Präsident der Hochschule für Bildende Künste (HBK). studi38 sprach<br />

mit dem 51-Jährigen an seinem ersten Tag im neuen Büro über alte Schwächen und neue Herausforderungen.<br />

Von Holger Zelder<br />

Ihre Tätigkeit zog Sie an viele Orte in der<br />

Welt, von Kalifornien über Frankreich und<br />

über die Schweiz. Was führt Sie jetzt ausgerechnet<br />

nach Braunschweig an die HBK?<br />

Nichts anderes als das, was mich nach Amerika<br />

oder Frankreich geführt hat: Nämlich<br />

die Qualität dessen, was dort geschieht. Das<br />

war Kalifornien, dann lange Zeit Paris und<br />

in Braunschweig ist es eine Kunstuniversität,<br />

die herausragend ist in der europäischen<br />

Landschaft.<br />

Welchen ersten<br />

Eindruck hat die<br />

HBK bei ihnen<br />

hinterlassen?<br />

Was zeichnet die HBK denn aus?<br />

Die HBK zeichnet sich sowohl in der Wissenschaft<br />

und Kunst, als auch im Design durch<br />

eine herausragende Qualität der Lehrenden<br />

aus. Viele Absolventen machen der Hochschule<br />

später eine enorme Ehre. Durch deren<br />

Tätigkeit hat die HBK einen exzellenten<br />

Ruf. Mich fasziniert auch der universitäre<br />

Status. Meines Wissens nach ist die HBK in<br />

Braunschweig die erste Kunsthochschule in<br />

der Bundesrepublik, die den universitären<br />

Status bekam. Das ist ein wichtiges Zeichen<br />

für die Zusammenarbeit von Kunst und Wissenschaft,<br />

lange bevor dies dogmatisch in die<br />

Hochschulreform eingebracht wurde. Und es<br />

kommt ja nicht darauf an, an welchen Orten<br />

man ist, sondern welche Orte man schafft.<br />

Das ist das Wichtige.<br />

Ihre Reaktion<br />

auf die Ernennung<br />

zum HBK-<br />

Präsidenten?<br />

Sind Sie in der Vergangenheit mal mit einem<br />

Projekt gescheitert?<br />

Ich bedauere zutiefst, dass die International<br />

School of New Media in Lübeck nicht langlebig<br />

genug war, um wirklich existieren zu können.<br />

Da ist sehr viel Zeit und Herzblut hineingeflossen,<br />

aber das Projekt ist an der Ungeduld der<br />

Förderer gescheitert.<br />

Warum?<br />

Ich dachte, man kann eine private Hochschule<br />

in drei bis fünf Jahren aufbauen, um<br />

sich einen guten Ruf weltweit zu erarbeiten.<br />

Sie brauchen aber sehr viel Geld im Hintergrund<br />

und mindestens acht bis zehn Jahre,<br />

um in einem weltweiten Netzwerk die Qualität<br />

und das dort geführte, ungewöhnliche<br />

Studienmodell behaupten zu können. Aber<br />

das war im Jahr 2000, heute wäre es vielleicht<br />

einfacher.<br />

In die Amtszeit ihrer Vorgängerin fielen<br />

der Bolognaprozess und die Umstellung<br />

vom Diplom auf Bachelor und Master. Was<br />

kommt in den nächsten sechs Jahren auf<br />

die HBK zu?<br />

Sie wissen, dass die Reform im Begriff ist, reformiert<br />

zu werden. Ich denke, die HBK wird<br />

einen entscheidenden Anteil an dieser Reformierung<br />

haben, um den Studierenden kein zu<br />

eng gefasstes Raster vorzugeben. Die Freiheit<br />

der Wahl, die Arbeit zwischen den drei Bereichen<br />

Wissenschaft, Design und Kunst , die<br />

Mobilität der Studierenden sollten auch und<br />

gerade im Rahmen von Bologna erhalten bleiben.<br />

Das sehe ich als eine Aufgabe an.<br />

Gibt es weitere eigene Ziele?<br />

Ja, ich möchte versuchen, die interne Organisation<br />

zu verbessern und die Hochschule nach<br />

außen zu bringen. Meine Hoffnung ist, dass<br />

wir einen großen Teil der Bürokratie in den<br />

nächsten sechs Jahren abbauen und die Bürokratie<br />

im Gegenzug durch ein beidseitig verfügtes<br />

Vertrauen ersetzen werden. Ein damit<br />

einhergehendes Ziel ist die Platzierung der<br />

HBK in der Bundesrepublik, in der Europäischen<br />

Landschaft und darüber hinaus als eine<br />

künstlerisch und wissenschaftlich herausragende<br />

Universität.<br />

Sie möchten also mit der HBK möglichst international<br />

auftreten?<br />

Nicht nur möglichst, sondern gewiss!<br />

Gibt es Kunst,<br />

die sie nicht<br />

mögen?<br />

6


Interview<br />

Was können Sie<br />

nicht besonders<br />

gut?<br />

Fotos: Maria Boger<br />

Was bedeutet für Sie Internationalisierung?<br />

Der Austausch mit anderen Hochschulen<br />

oder eine Angleichung an diese?<br />

Nein, es gibt mehrere Formen, zum Beispiel<br />

Erasmus. Sie können direkte Kooperationen<br />

mit Hochschulen eingehen, zum Beispiel<br />

für gemeinsame Studiengänge oder gar gemeinsame<br />

Abschlüsse. Sie können Programme<br />

dieser Hochschule komplett auch an anderen<br />

Hochschulen führen, oder umgekehrt. Die<br />

HBK könnte beispielsweise irgendwo in der<br />

Welt einen Satelliten haben, wo bestimmte<br />

Aufgaben ganz anders wirken können. Überlegen<br />

Sie: Die HBK war engagiert in Burkina<br />

Faso mit Christoph Schlingensief und seinen<br />

Studierenden. Christoph Schlingensief ist gestorben,<br />

doch das heißt nicht, dass dieses Projekt<br />

gestorben ist. Es muss weiterleben.<br />

Wie soll das genau aussehen?<br />

Es geht um viele Fragen. Wie gestalten wir<br />

den Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden?<br />

Welche Veranstaltungen können<br />

hier vor Ort auch in anderen Sprachen gehalten<br />

werden? Wie können wir mehr Studierende<br />

aus dem Ausland hier nach Braunschweig<br />

holen? Und umgekehrt genauso: Wie können<br />

wir die Mobilität unserer Studierenden in die<br />

Welt hinein erleichtern? Das ist Internationalisierung.<br />

Was heißt es, wenn unsere Publikationen<br />

grundlegend zweisprachig erscheinen?<br />

Die Frage der Internationalisierung ist eine<br />

Frage, die genauso für den nationalen oder<br />

regionalen Kontext relevant ist: Wer ist unser<br />

Publikum? Wie wollen wir wen erreichen?<br />

In welcher Sprache? Da jede Sprache eine andere<br />

Kultur bedeutet, bedeutet dies auch, uns<br />

auf anderes Denken einzulassen. Wir wollen<br />

übersetzen. Eine Hochschule muss übersetzen.<br />

Welche Rolle spielt dabei das eigene<br />

Hochschulprofil?<br />

Es ist ja nicht so, dass wir das Rad neu erfinden.<br />

Das Internationale gehört bedingt bereits<br />

zum Profil der HBK. Basisprofilierung<br />

heißt dann Respekt und Offenheit. Das ist das<br />

Dr. Hubertus von Amelunxen studierte Romanistik, Germanistik<br />

und Kunstgeschichte und promovierte an der Universität Mannheim<br />

über französische Literatur. Der Experte für Fotografie ist Mitglied<br />

der Akademie der Künste in Berlin und hat den Walter Benjamin<br />

Chair der European Graduate School in Saas Fee inne. Neben seiner<br />

vielfältigen wissenschaftlichen Arbeit hat er zahlreiche internationale<br />

Ausstellungen kuratiert.<br />

Wichtigste überhaupt. Und damit einhergehend<br />

das Vertrauen. Ob das nun die Verwaltung<br />

ist, die Lehrenden oder die Studierenden.<br />

Sie müssen gleichermaßen dieser Hochschule<br />

ein Vertrauen entgegen bringen. Und Vertrauen,<br />

das wissen wir von Niklas Luhmann<br />

soll Komplexität reduzieren.<br />

Wenn Sie bei einem<br />

Feueralarm<br />

nur einen Gegenstand<br />

aus Ihrem<br />

Büro retten<br />

könnten, welcher<br />

wäre das?<br />

Würden Sie im<br />

Alter in Braunschweig<br />

sesshaft<br />

werden?<br />

Wie wichtig ist das Verhältnis zwischen<br />

Braunschweig und der HBK?<br />

Meine Vorgängerin hat absolut zu Recht sehr<br />

viel Wert auf die regionale Verankerung der<br />

Hochschule gelegt. Wenn Sie eine Hochschule<br />

einerseits in einem globalen Netzwerk begreifen<br />

wollen, andererseits ihre Singularität<br />

nicht Opfer der Globalisierung werden soll,<br />

dann ist die regionale Verwurzelung und konzertierte<br />

Arbeit mit Partnern elementar. Sie<br />

müssen tiefe Wurzeln haben, um in alle Richtungen<br />

wachsen zu können. Und diese wachsen<br />

zunächst in Braunschweig, Niedersachsen,<br />

und in Deutschland. Wenn Sie diese Verankerung<br />

nicht haben, ist es sehr schwierig, das<br />

Netzwerk zu halten. So wie die Region auf die<br />

Partnerschaft der Hochschule zählt, zähle ich<br />

auf die Zusammenarbeit mit der Stadt und<br />

den Institutionen vor Ort, um gesetzte Grenzen<br />

verlassen zu können. #<br />

7


Campus<br />

Von der Hand<br />

in den Mund?<br />

Wie Studierende heute leben<br />

zeigt die 19. Sozialerhebung des<br />

Studentenwerks<br />

Von Hannes Graubohm<br />

Tim geht 18,2 Stunden in die Uni.<br />

Für Vor- und Nachbereitung, Fachlektüre,<br />

Hausarbeiten und Sprechstunden<br />

braucht er nochmal 18,4 Stunden.<br />

Wöchentlich jobbt er 5,7 Stunden,<br />

wobei er netto 9,30 Euro verdient. Insgesamt<br />

hat er von Montag bis Sonntag also<br />

42,3 Stunden gearbeitet. Auf einer Skala<br />

von 1 bis 5, würde Tim seine zeitliche<br />

Belastung durch das Studium mit einer<br />

3,4 beurteilen, wenn 1 einer zu geringen<br />

und 5 einer zu hohen zeitlichen Belastung<br />

entspricht. Monatlich hat er insgesamt<br />

785,80 Euro zur Verfügung. Das<br />

reicht für seine Miete von 270,70 Euro,<br />

Lernmittel für 33,30 Euro, Kleidung für<br />

51,70 Euro und Lebensmittel für 155,70<br />

Euro. Für Freizeit, Kultur und Sport bleiben<br />

Tim monatlich 52,60 Euro.<br />

Tim gibt es nicht. Aber er ist nach der<br />

19. Sozialerhebung des Studentenwerks<br />

der Durchschnittsstudierende an der TU<br />

Braunschweig (Einzeln ausgewiesene<br />

Zahlen für die Ostfalia und die HBK liegen<br />

leider nicht vor).<br />

Auf immerhin 586 Seiten kann man<br />

dort nachlesen wie unterschiedlich Studierende<br />

heute leben. Das sieht dann<br />

so aus: Fast jeder zehnte Studierende<br />

an der TU investieren keinerlei Zeit in<br />

Lehrveranstaltungen. Dagegen geben<br />

18 Prozent der Befragten an, in der Woche<br />

einen Gesamtstudienaufwand von<br />

über 50 Stunden zu haben. David (20),<br />

Fotos: Hannes Graubohm, Holger Isermann<br />

8


Campus<br />

„Ich hab Informatik an der<br />

TU studiert und in dieser<br />

Zeit effektiv 5 Stunden<br />

in der Woche ins Studium<br />

investiert.“<br />

Peter, 3. Semester Informatik (FH)<br />

studiert im dritten Semester Architektur<br />

an der TU und kann über diese Zahlen<br />

nur lachen: „Die Zeitbelastung ist<br />

sehr hoch. Ich arbeite wöchentlich sicherlich<br />

70 Stunden für die Uni, wenn<br />

man alles einrechnet.“ Dies sei manchmal<br />

„echt nicht mehr feierlich, aber<br />

wenn man alles geschafft hat, ist es die<br />

Mühe wert gewesen.“ Zeit für einen Nebenjob<br />

hat David nicht.<br />

Ganz anders sieht es bei Peter aus.<br />

Der 22-Jährige Informatikstudent von<br />

Erwerbstätigenquoten<br />

nach Hochschulstandort<br />

Studierende im Erststudium<br />

Standort Erwerbstätigenquote<br />

Wuppertal 84 %<br />

Köln 79 %<br />

Berlin 73 %<br />

Hamburg 72 %<br />

München 71 %<br />

Kassel 70 %<br />

Hannover 69 %<br />

Braunschweig 59 %<br />

Magdeburg 58 %<br />

Göttingen 56 %<br />

Marburg 54 %<br />

Jena 50 %<br />

DSW/HIS 19. Sozialerhebung<br />

der Ostfalia betont: „Ich habe früher Informatik<br />

an der TU studiert und in dieser<br />

Zeit effektiv 5 Stunden in der Woche<br />

ins Studium investiert. Den Studienaufwand<br />

halte ich für angemessen, bei mir<br />

lief es zwar nicht so gut bisher, aber es<br />

lief. Bei einer 20 Stunden-Woche würde<br />

ich es locker durchziehen.“ Peter investierte<br />

stattdessen viel Zeit in „diverse<br />

Nebenjobs“. Nach dem Wechsel an<br />

die FH, an der es in seinem Studiengang<br />

eine Anwesenheitspflicht gibt, verschob<br />

er allerdings seine Prioritäten und konzentriert<br />

sich nun voll auf das Studium.<br />

Ein ganz anderes Beispiel ist Annemarie<br />

(21), aus Wolfsburg. Sie absolviert<br />

ein duales Studium bei Volkswagen. Im<br />

Semester sitzt sie mit ihren Kommilitonen<br />

in den Maschinenbauvorlesungen,<br />

in den Semesterferien arbeitet sie dann<br />

Vollzeit beim Wolfsburger Autobauer.<br />

Frei hat Annemarie lediglich einen Tag<br />

vor Prüfungen und den Tag der Prüfung<br />

selbst. „In der Prüfungsphase stehe ich<br />

dann wirklich stark unter Stress“, erzählt<br />

sie. Ihre Arbeitsbelastung ist zwar<br />

sehr hoch, doch nach drei Jahren hat<br />

sie ihren Bachelor in der Tasche und ein<br />

halbes Jahr später die Ausbildung zum<br />

Werkstoffprüfer Fachrichtung Metall<br />

abgeschlossen.<br />

Auch Annika (20), die im dritten Semester<br />

Geschichte und Germanistik auf<br />

gymnasiales Lehramt studiert, jobbt nebenbei.<br />

„Ohne Nebenjob, unter dem die<br />

Uni leidet, kommt man zwar über die<br />

Runden, aber ich will auf nichts verzichten<br />

müssen, nur weil ich studiere.“<br />

Damit steht sie exemplarisch für viele<br />

ihrer Kommilitonen. Grundsätzlich<br />

sagen rund 30 Prozent der befragten<br />

TU-Studierenden zu einem Nebenjob<br />

Hochschulstädte nach Höhe der<br />

durchschnittlichen <strong>Ausgabe</strong>n für<br />

Miete und Nebenkosten pro Monat<br />

Standort <strong>Ausgabe</strong>n für Miete<br />

München 348 €<br />

Hamburg 345 €<br />

Köln 333 €<br />

Berlin 298 €<br />

Wuppertal 297 €<br />

Hannover 285 €<br />

Marburg 279 €<br />

Braunschweig 273 €<br />

Göttingen 261 €<br />

Kassel 260 €<br />

Magdeburg 236 €<br />

Jena 233 €<br />

Dresden 223 €<br />

Chemnitz 210 €<br />

DSW/HIS 19. Sozialerhebung<br />

„Nein, wegen Studienbelastung nicht<br />

möglich“.<br />

Der gemeine Studierende lebt ja üblicherweise<br />

in einer WG oder im Wohnheim.<br />

Doch ist das heute wirklich so?<br />

Tatsächlich: Die WG bleibt mit 29,2<br />

Prozent die meistgenutzte Wohnform.<br />

Doch das Zusammenleben mit dem<br />

Partner ist auf dem Vormarsch: In trauter<br />

Zweisamkeit oder mit Kind leben immerhin<br />

23,4 Prozent der befragten Studierenden.<br />

22,5 Prozent dagegen lieben<br />

die Unabhängigkeit, wie Jasmin (20), die<br />

sagt: „Ich habs in einer WG versucht.<br />

Die Mitbewohnerin war auch sehr nett,<br />

aber ich hab einfach gemerkt, dass ich<br />

mehr Privatsphäre brauche.“ In einem<br />

„Ohne Nebenjob, unter dem<br />

die Uni leidet, kommt man<br />

zwar über die Runden, aber<br />

ich will auf nichts verzichten<br />

müssen, nur weil<br />

ich studiere.“<br />

Annika, 3. Semester Geschichte und Germanistik<br />

9


Campus<br />

2 % bis 400 €<br />

5 % 401 bis 500 €<br />

13 % 501 bis 600 €<br />

18 % 601 bis 700 €<br />

19 % 701 bis 800 €<br />

15 % 801 bis 900 €<br />

11 % 901 bis 1000 €<br />

7 % 1001 bis 1100 €<br />

4 % 1101 bis 1200 €<br />

2 % 1201 bis 1300 €<br />

4 % über 1300 €<br />

Wohnheim leben erstaunlicherweise lediglich<br />

10,2 Prozent der Befragten.<br />

Im Bundesdurchschnitt zahlen Studierende<br />

281 Euro Miete monatlich inklusive<br />

aller Nebenkosten. Doch die<br />

Bandbreite ist groß: In München muss<br />

man satte 348 Euro berappen, in Chemnitz<br />

lediglich 210 Euro. In Braunschweig<br />

sind es 270,70 Euro. Damit geben die<br />

„In der Prüfungsphase<br />

stehe ich dann wirklich<br />

stark unter Stress.“<br />

Annemarie, Duales Studium Maschinenbau,<br />

Einnahmenverteilung 2009 –<br />

Studierende nach der Höhe der<br />

monatlichen Einnahmen<br />

DSW/HIS 19. Sozialerhebung<br />

TU-Studierenden etwa ein Drittel ihres<br />

monatlichen Einkommens für die Miete<br />

aus. Bedenkt man die weiteren <strong>Ausgabe</strong>n<br />

für Studiengebühren und das tägliche<br />

Leben, so ist es nur logisch, dass<br />

knapp zwei Drittel der Braunschweiger<br />

Studierenden jobbt. Zum Vergleich: In<br />

Wuppertal sind es sogar 84 Prozent.<br />

Mit seiner eigenen Hände Arbeit<br />

verdient der Braunschweiger Durchschnittsstudierende<br />

Tim etwa 212 Euro<br />

pro Monat. Das ist nicht viel, allein für<br />

die Durchschnittsmiete fehlen fast 60<br />

Euro. Deshalb stellt sich die Frage nach<br />

den anderen Geldquellen, die das chronisch<br />

klamme Portemonnaie der Studierenden<br />

füllen. Eine davon ist das BAföG.<br />

In den Genuss der staatlichen Ausbildungsförderung<br />

kommen allerdings<br />

lediglich rund 23 Prozent. Auch Geschichtsstudentin<br />

Annika bekommt<br />

kein Bafög. „Das find ich aber gut, da<br />

ich so keine Schulden mache.“ Auf<br />

durchschnittlich 369,80 Euro muss sie<br />

dadurch verzichten – und dieser Verzicht<br />

ist oft elementar. Immerhin 36<br />

Prozent der Bafög-Empfänger gaben an,<br />

dass sie ohne die Förderung nicht studieren<br />

könnten. Neben dem Staat sind<br />

die Eltern die wichtigste Finanzierungsquelle<br />

für Studierende. 87 Prozent von<br />

ihnen werden durch die Eltern finanziell<br />

unterstützt und dabei von ihren<br />

Schößlingen durchaus wohlwollend<br />

beachtet. Auf einer Skala von 1 bis 5<br />

(1 „trifft gar nicht zu“ und 5 „trifft völlig<br />

zu“), geben die TU-Studierenden durchschnittlich<br />

eine 4,4 zur Aussage „Meine<br />

Eltern unterstützen mich finanziell so<br />

gut sie können“. Gewollt ist diese finanzielle<br />

Abhängigkeit jedoch nicht. Für<br />

den Satz „Ich will finanziell nicht auf<br />

meine Eltern angewiesen sein“, gibt es<br />

eine satte 3,9. Es gibt ihn also doch, den<br />

Klischee-Studierenden, der bis mittags<br />

schläft, dann in die Mensa geht, ab und<br />

zu ein paar Vorlesungen besucht. Die<br />

meiste Zeit verbringt er aber mit Freunden<br />

in den Kneipen und auf den Partys<br />

seiner Stadt. Genauso gibt es die alleinerziehende<br />

Mutter, die sich tagtäglich<br />

abstrampelt Kind, Studium und Nebenjob<br />

unter einen Hut zu bekommen. Und<br />

zwischen diesen Polen verstecken sich<br />

all die anderen Studierenden mit ihrem<br />

ganz eigenen Einkommen, ihrer<br />

Lebensweise und ihrer Einstellung zum<br />

Studium.<br />

Den Durchschnittstudierenden Tim<br />

aber gibt es nicht. Wir sind über zwei<br />

Millionen Studierende und doch ist jeder<br />

für sich individuell. Auch eine schöne<br />

Erkenntnis, oder? #<br />

„Die Zeitbelastung ist<br />

sehr hoch. Ich arbeite<br />

wöchentlich sicherlich<br />

70 Stunden für die<br />

Uni, wenn man alles<br />

einrechnet.“<br />

David, 3. Semester Architektur<br />

10


Campus<br />

„Weniger Materie<br />

und mehr Geist“<br />

Rainer Langhans war Mitglied der legendären Kommune 1 und gilt als<br />

Ikone der 68er-Bewegung. Der Münchner Autor und Filmemacher lebt<br />

heute in einer experimentellen Wohngemeinschaft mit fünf Frauen.<br />

Mit studi38 sprach er über Geld, Sex und die Studierenden von heute.<br />

Von Benedikt Crone<br />

Wir führen das Gespräch abends um halb<br />

Neun. Hatten Sie heute viel zu tun?<br />

Ja, heute Morgen war ich in der Bibliothek.<br />

Bücher austauschen, Zeitschriften lesen. Dann<br />

habe ich mich mit meinen Freundinnen getroffen.<br />

Diesmal mit allen. Wir waren jeweils<br />

verreist und hatten viel zu bereden.<br />

Alles in Ihrer Wohnung ist weiß, sogar Ihre<br />

Baumwollkleidung. Warum?<br />

Vor vierzig Jahren lebten wir in einer Farbexplosion.<br />

Doch irgendwann hatten wir alle<br />

Farben genossen und sind auf diese eine Farbe<br />

gekommen, die alle Farben beinhaltet: Weiß.<br />

Das klingt nach einem Wandel zum einem<br />

neuen, ruhigen und geordneten Leben?<br />

Weniger geordnet als stabil, freundlich und<br />

liebevoll. Ohne ständiges Auf und Ab. Ein<br />

paar Schritte auf dem Weg dorthin sind mir<br />

gelungen. Das genieß ich. Die wilde Zeit früher<br />

hat mich nicht glücklich gemacht.<br />

Sehen Sie Ihr Leben noch als stillen Protest?<br />

Nein! Das ist heute nicht der Punkt. Und war<br />

es auch damals nicht. Wir lebten in einem<br />

großen Impuls, weltweit. Der Protest hat sich<br />

dadurch ergeben, dass die Alten es als Protest<br />

empfanden: Ihr seid anti! In Wirklichkeit ging<br />

es uns darum für etwas zu sein.<br />

Für was?<br />

Dafür, liebevoller miteinander umzugehen.<br />

Auf der ganzen Welt. Die Alten sind dann aufgewacht<br />

und wir haben uns leider in etwas<br />

hineinzwingen lassen. Wir wollten eigentlich<br />

zeigen: So sind wir, so ist das Leben,<br />

so ist die Welt. Liebe in allem!<br />

Das ist uns aus der Hand gerutscht,<br />

vom Protest, zum Krieg bis hin<br />

zur RAF. Wir haben den Fehler<br />

gemacht, uns in diese Gegnerschaft<br />

drängen zu lassen.<br />

Kriege kann man nur verlieren.<br />

Deshalb haben wir verloren.<br />

Und die Welt sieht heute<br />

nicht so aus, wie wir sie uns<br />

erträumten.<br />

Wovon haben Sie denn<br />

geträumt?<br />

Die Jungen haben damals eine<br />

Erleuchtung gehabt , etwas absolut<br />

Neues entdeckt. Dieses unglaubliche<br />

Gefühl hielt ein Jahr an. Ein<br />

Superdrogentrip.<br />

Ein beliebtes Stichwort, wenn es um Ihre<br />

Vergangenheit geht.<br />

Eigentlich ist erst nach dieser Zeit der Drogenkonsum<br />

explodiert. Die erste Superdroge<br />

war dieses Gefühl, das die echten weichen<br />

Drogen nach sich zog. Dieses Gefühl,<br />

von dem niemand wusste, woher es kam und<br />

wann es ging. Ich habe diese Frage oft an<br />

Historiker gestellt und nie eine klare Antwort<br />

bekommen.<br />

Und die Kommune 1 vorne mit dabei?<br />

Ja. Mehr als alle anderen. Weil die Kommune<br />

nicht nach draußen gegangen ist. Wir haben<br />

einen Marathon Encounter gemacht. Uns un-<br />

12


Campus<br />

Selbstportrait der Kommune:<br />

Christa, Jutta, Anna, Gisela<br />

und Rainer in den 90er Jahren<br />

Foto: Privat<br />

entwegt in einem kleinen Raum miteinander<br />

beschäftigt. Wir haben dadurch den Prozess<br />

stärker wahrnehmen können, gemeinsam diesen<br />

Impuls gelebt. Als wir dann herauskamen,<br />

waren wir die Schönsten, die Buntesten, die<br />

Stars. Echte Popstars. Die ersten des Landes.<br />

Und Sie einer davon. Hat Sie dieses Experiment<br />

verändert?<br />

Klar. Ich war meine Jugend hindurch verstört.<br />

Wusste nicht, was ich mit dieser Welt anfangen<br />

sollte. Ich dachte, ich sei verrückt. Man<br />

denkt, man ist krank, weil man nicht mit den<br />

Leuten kann. In der Zeit aber ist mir klar geworden,<br />

dass es andere Gründe gibt. Aha,<br />

wurde es mir bewusst: So sieht das Leben<br />

eigentlich aus! Das wollten wir immer<br />

leben, und nie mehr wollte ich wieder<br />

davon weg.<br />

Aber irgendwann war es weg,<br />

dieses Gefühl. Und was dann?<br />

Das ist die große Frage. Wie geht<br />

es nach sowas weiter? Man fällt<br />

zurück in seinen alten Körper, seine<br />

alten Gewohnheiten, in die Existenz,<br />

die man vorher geführt hat.<br />

Da griffen wir aus Verzweiflung zu<br />

den drei Klassikern<br />

aus der Antike: Drogen,<br />

Musik, heftiger<br />

Sex. So haben wir versucht,<br />

wieder an die<br />

alte Erfahrung heranzukommen.<br />

Aber wir schafften es<br />

nicht. Die Zeit war vorbei.<br />

Der Sex hat in der öffentlichen<br />

Wahrnehmung dominiert.<br />

Natürlich, Sex regiert die Welt. Genau<br />

wie Geld. Leute, die ein anderes,<br />

ein bewusstes Leben führen,<br />

sind meistens verdächtig – oder<br />

gescheitert.<br />

Braucht meine Generation Nachhilfe<br />

in Punkto Sex?<br />

Nein. Ich denke, diese Generation<br />

hat eine Menge aus unseren Erfahrungen<br />

gelernt. Ihr steht auf unseren<br />

Schultern, setzt es fort. Und<br />

das sehr gut. Nur nicht so, wie<br />

es die alten 68er sehen. Nach<br />

dem Motto: Jetzt legt doch<br />

mal los, jetzt dürft ihr doch richtig! Heute ist<br />

es verhaltener, eine andere Form von Intimität.<br />

Die wird nicht durch dieses Körpergerubbel<br />

oder dem Zeugen von Kindern erreicht.<br />

Sondern durch geistigen Kontakt.<br />

Geistiger Sex. Wie das?<br />

Vor allem im Netz. Das ist heute die große Ekstasetechnik.<br />

Es gibt nicht mehr nur Drogen,<br />

Musik, und Sex im engeren Sinne.<br />

Vom Sex zum Geld. Ein Student hat im<br />

Schnitt 800 Euro zum Leben.<br />

Ungefähr soviel wie ich.<br />

Leben wir dann asketisch?<br />

Die Frage ist, wie Sie nach dem Studium weitermachen.<br />

Weniger Materie und mehr Geist?<br />

Oder legen Sie dann materiell noch mal eine<br />

Schippe drauf? Ich denke, es setzt mehr eine<br />

Dematerialisierung bei Ihrer Generation ein.<br />

Proteste feiern heute ja fast wieder Urstände.<br />

Diese verlängerte Jugend, dieses Prekäre,<br />

diese Generation Praktikum und das Hotel<br />

Mama, all das weist darauf hin.<br />

Wie damals?<br />

Nicht genauso. Auch wenn die Art der Erfahrung<br />

gleich ist. Wir haben völlig außerhalb<br />

unserer Körper gelebt. Das war das größere,<br />

das interessantere Leben. Dieses jämmerliche<br />

Getue, dieses nochmal und nochmal und nochmal,<br />

den Körper durch irgendwelche Genüsse<br />

peitschen. Das bringt einfach nichts, wenn<br />

man mal mehr erfahren hat!<br />

Verbieten Sie Ihren Kindern Drogen zu<br />

nehmen?<br />

Ne, auf keinen Fall! Hier gibt es keine Verbote.<br />

Ich nehme selbst schon lange keine mehr.<br />

Habe viel ausprobiert und gemerkt, dass<br />

es nichts bringt. Eure Generation möchte ja<br />

auch zu sich selbst finden. Aber nicht kurz,<br />

sondern auf Dauer. Und das ist möglich. Aber<br />

auch durch gesündere Methoden, als durch<br />

Drogen.<br />

Braucht es für diese Erkenntnis erst einen<br />

Drogenabsturz?<br />

Ich glaube, gerade eure Generation kann solche<br />

Umwege verkürzen. Unsere Erfahrungen<br />

mit dem Sex und den Drogen müssen nicht<br />

sein. Ihr könnte sofort bei einem besseren Leben<br />

einsteigen. #<br />

13


Campus<br />

Ein alter<br />

Menschheitstopos?!<br />

Ein Wort so alt wie die Zeit und scheinbar Thema jeder Generation. Im Gespräch mit dem Autor Gerhard Henschel<br />

haben wir uns auf die Suche nach den kleinen und großen Generationskonflikten begeben.<br />

Von Fine Behrens & Franziska Ziemann<br />

Henschel untersucht in seinem<br />

aktuellen Roman „Menetekel“<br />

unter anderem den moralischen<br />

Verfall der Jugend und hinterfragt<br />

zu Beginn des Gesprächs zunächst<br />

den Generationenbegriff:<br />

„Dazu müsste man wahrscheinlich<br />

nochmal eine Spirale weiter nach unten<br />

gehen und schauen, was eigentlich<br />

eine Generation ist.“ Er selbst fühlt sich<br />

keiner Generation zugehörig: „Was da<br />

in den letzten Jahren oder Jahrzehnten<br />

an Generationen erfunden worden, ist<br />

geht ja auf keine Kuhhaut mehr.“<br />

Generation Golf , Generation Hippie,<br />

Generation Hitler, die 68er-Generation.<br />

Alle haben zumindest einen gemeinsamen<br />

politischen oder kulturellen Hintergrund.<br />

Und da fangen die Probleme<br />

doch schon an. Welche Generation sind<br />

wir? Die Nichtgeneration ohne klare<br />

zeitgeschichtliche<br />

Wiege, aus der<br />

wir emporgekommen<br />

sind? Oder<br />

womöglich doch<br />

die ignorante Einzelgänger-Generation,<br />

die nicht<br />

mehr für kollek-<br />

Gerhard Henschel<br />

hat sich in seinem neuesten<br />

Roman „Menetekel. 3000 Jahre<br />

Untergang des Abendlandes“<br />

mit dem Verfall der guten<br />

Sitten beschäftigt.<br />

tive Ziele auf die Straße geht? Eigentlich<br />

ist das auch gar nicht so wichtig, es<br />

geht letztendlich immer um „Konflikte<br />

zwischen Jüngeren und Älteren, das ist<br />

ganz offensichtlich“, meint Henschel.<br />

Konflikte sind eher eine Frage des Alters<br />

und der damit einhergehenden unterschiedlichen<br />

Interessen. Zwistigkeiten,<br />

wie zum Beispiel Musikgeschmack<br />

und natürlich -lautstärke oder der Klamottenstil<br />

sind altbekannt. Es ist klar,<br />

dass Kinder, Eltern und Großeltern ganze<br />

andere Vorstellungen davon haben,<br />

wie man sein Leben führen sollte. Wir<br />

sind alle Geschöpfe unserer ganz persönlichen<br />

Zeit. „Dieses Aufbegehren<br />

der Jugend gegen die Altvorderen hat es<br />

auch schon früher gegeben“, bestätigt<br />

Gerhard Henschel und nennt beispielhaft<br />

den Widerstand der Jugendlichen<br />

gegen ihre Hippie-Eltern. Andersherum<br />

werfen die Eltern ihren Kindern<br />

vor, dass sie faul sind und zu wenig<br />

für ihre Zukunft tun. Darauf entgegnet<br />

Henschel: „Ich habe bei meinen Recherchen<br />

herausgefunden, dass diese Klage<br />

seit jeher erhoben wurde. Schon im alten<br />

Rom wurde gesagt, dass die Jugend<br />

nichts mehr tauge.“<br />

Eins steht jedenfalls fest: Unsere heute<br />

so gediegenen Großeltern<br />

waren einmal wie<br />

wir. Sie haben die gleichen<br />

wilden Partys gefeiert<br />

und die gleichen<br />

gut gemeinten Ratschläge<br />

der Eltern mit der<br />

gleichen jugendlichen<br />

Sturheit abgetan. „Das<br />

ist ganz normal und kommt in den besten<br />

Familien vor“, sagt Henschel mit<br />

einem Augenzwinkern. Und weiter:<br />

„Sterben, Wiedergeburt und Fleischessen.<br />

Drei Dinge über die man stundenlang<br />

diskutieren kann. Und vielleicht<br />

könnte man auch Generationskonflikte<br />

dazunehmen.“<br />

Diese Differenzen hat es schon immer<br />

gegeben und es wird sie wohl auch<br />

immer geben. Auch wir werden irgendwann<br />

in den Schuhen unserer Eltern<br />

stecken und werden uns mit unseren<br />

Kindern herumplagen müssen. #<br />

Fotos: Katerina Papamichael, Privat<br />

14


Campus<br />

Diebische Zellen<br />

kurz &<br />

knapp<br />

DIE MÄNNER-DIÄT<br />

BLACKOUT – WAS DANN?<br />

ALLES NUR GEKLAUT<br />

Fotos: Sigrid Rossmann, berwis, Thomas Max Müller – pixelio.de<br />

Du bist Studentin und willst abnehmen?<br />

Dann geh mit vielen Männern in<br />

die Mensa! Kanadische Forscher haben<br />

herausgefunden, dass Studentinnen<br />

in männlicher Gesellschaft kalorienärmer<br />

essen als<br />

bei weiblicher<br />

Begleitung. Bei<br />

Männern funktioniert<br />

das übrigens<br />

nicht.<br />

Die essen was<br />

sie wollen –<br />

egal wer ihnen<br />

zuschaut.<br />

Prüfungsstart und alles dunkel im<br />

Kopf ? Wer einmal einen Blackout hatte,<br />

der kennt das Problem. Doch es gibt<br />

Abhilfe. Regel Nummer eins heißt Ruhe<br />

bewahren. Dann durch Augenrollen<br />

und leises Fluchen<br />

Wut abbauen.<br />

Verschaff<br />

dir Denkzeit, indem<br />

du einen<br />

Schluck trinkst.<br />

Dann versuch<br />

langsam wieder<br />

die grauen Zellen<br />

zu starten.<br />

Einen Satz hier geborgt, einen Absatz da<br />

kopiert. Wer denkt schon an Urheberrechte,<br />

wenn er vier Modulprüfungen<br />

abgeben muss – übermorgen. Plagiate<br />

an Hochschulen nehmen zu. Doch Studierende<br />

seid gewarnt,<br />

die Hochschulen<br />

arbeiten<br />

mittlerweile mit<br />

Software, die<br />

solche Betrugsversuche<br />

aufdeckt.<br />

Als Strafe<br />

droht dann der<br />

Rauswurf.


Campus<br />

Die Stunde null<br />

VORLESUNGEN ZWISCHEN BACKPAPIER UND AUSGESTOPFTEN TIEREN –<br />

BRAUNSCHWEIGER UNI-ALLTAG NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG<br />

Von Nico Bensch & Jonas Hartwig<br />

Herbst 1945. Der Zweite Weltkrieg<br />

hat gerade sein jähes Ende<br />

gefunden. Ganz Europa liegt in<br />

Schutt und Asche. Während die Nachrichten<br />

randvoll sind mit Berichten<br />

über die Nürnberger Prozesse, die Verbrechen<br />

der Nationalsozialisten und die<br />

katastrophale Wohn- und Ernährungssituation,<br />

arbeitet Justus Herrenberger<br />

noch im sowjetisch besetzten Blankenburg<br />

als Zimmermann. „Aber als ich<br />

gehört habe, dass in Braunschweig die<br />

Hochschule wieder aufgemacht hat,<br />

bin ich sofort über die Grenze geflohen<br />

und habe mich angemeldet.“ Wie viele<br />

andere auch. Die Technische Hochschule<br />

Braunschweig ist eine der ersten<br />

Bildungsstätten, die ihren Lehrbetrieb<br />

nach dem Krieg wieder aufnimmt.<br />

Auf dem zerstörten Campus werden<br />

von 2600 Bewerbern 1195 Studierende<br />

zum Wintersemester 1945/46 in Braunschweig<br />

zugelassen – unter den Erstsemestern<br />

sind viele ehemalige Soldaten<br />

und Kriegsversehrte.<br />

Um mit dem großen Andrang und<br />

den gleichzeitig fehlenden Lehrkräften<br />

und Räumlichkeiten fertig zu werden,<br />

führt die Hochschulleitung gemeinsam<br />

mit der Militärregierung ein Zulassungsverfahren<br />

ein. Zwar hat auch schon damals<br />

der vielgehasste Numerus Clausus<br />

entscheidenden Anteil am Auswahlverfahren.<br />

Wichtigste Voraussetzung ist<br />

jedoch die eigene Unbescholtenheit,<br />

die durch ein politisches Führungszeugnis<br />

nachgewiesen werden musste.<br />

Trotz dieser Anstrengungen können einige<br />

Leiter der nationalsozialistischen<br />

Braunschweiger Kameradschaften ihr<br />

Studium problemlos weiterführen. „Bis<br />

dato sind keine Fälle von Zulassungs-<br />

Das zerstörte Altgebäude der TU Braunschweig im Sommer 1946<br />

„Jeder Studierende hatte<br />

bei der Trümmerräumung<br />

und dem Wiederaufbau zu<br />

helfen.“<br />

Justus Herrenberger<br />

verweigerungen durch die Militärregierung<br />

oder die Hochschulleitung zu<br />

belegen, die allein aus politischen Gründen<br />

motiviert gewesen wären“, erklärt<br />

Professor Gerd Biegel vom Institut für<br />

Braunschweigische Regionalgeschichte.<br />

Alles also mehr Schein als Sein? Justus<br />

Herrenberger ist von den Beschuldigungen<br />

in jedem Fall ausgenommen<br />

– er gilt als Nichtnazi, da er 1936 aus<br />

der Hitlerjugend verbannt worden war.<br />

Grund? „Loses Mundwerk“, lacht der<br />

heute 90-Jährige. So wird er ohne Probleme<br />

zum Studium zugelassen und ist<br />

einer der ersten Studierenden der TH<br />

Braunschweig nach Ende des Dritten<br />

Reichs.<br />

An ein Studium wie wir es heute kennen,<br />

ist jedoch nicht zu denken. „Vor<br />

allem die Essensituation war fürchterlich“,<br />

erzählt der Wahlbraunschweiger.<br />

„Es gab nicht genug Lebensmittelmarken.<br />

Oft haben wir welche gefälscht –<br />

die waren damals noch mehr wert als<br />

Geld.“ Hunger ist das größte Problem<br />

der damaligen Studierenden. Und es<br />

gibt nicht viele Möglichkeiten diesen<br />

16


Campus<br />

Fotos: Erich Lüth & Paul Dorn (Beide im Universitätsarchiv der TU Braunschweig), Jonas Hartwig<br />

zu stillen. Eine sieht so aus: Man konnte<br />

sich beispielsweise zusätzliche Marken<br />

beim Ernährungsamt der Stadt nur<br />

dann besorgen, wenn man mehr als 20<br />

Prozent Untergewicht hatte. Paradoxerweise<br />

hungern sich die jungen Leute daher<br />

nicht selten auch noch die letzten<br />

Pfunde vom Körper, um dafür an ein<br />

wenig mehr Essen zu gelangen.<br />

Um die katastrophale Versorgungssituation<br />

zu verbessern ruft die Hochschulleitung<br />

das „Akademische Hilfswerk“<br />

ins Leben und richtet im Haus<br />

Pestalozzistraße 14 eine Mensa ein. So<br />

wird versucht, wenigstens eine einigermaßen<br />

regelmäßige Verpflegung der<br />

Studierenden zu gewährleisten. „Grünkohl<br />

und braune Gerstensuppe – auf<br />

Dauer nicht ganz so toll“, betont Herrenberger<br />

und zwinkert, „aber besser<br />

als gar nichts.“ Mehr oder weniger gut<br />

genährt machen sich die Studierenden<br />

dann auf in den Unialltag. Der sieht keineswegs<br />

aus wie heute: Statt Kaffeetrinken<br />

gibt es Trümmerarbeit. Zwischen<br />

den Vorlesungen wird gemeinsam mit<br />

den Kommilitonen Stück für Stück das<br />

Hauptgebäude, das wir heute als Altgebäude<br />

kennen, wieder aufgebaut. „Jeder<br />

Studierende hatte bei der Trümmerräumung<br />

und dem Wiederaufbau<br />

zu helfen. Für uns war das aber sowieso<br />

selbstverständlich“, erinnert sich Herrenberger.<br />

Um den Aufbau noch schneller<br />

voranzutreiben erlässt die Hochschulleitung<br />

im Sommersemester 1946<br />

eine weitere Zulassungsvoraussetzung.<br />

Jeder Bewerber muss mindestens drei<br />

Monate Wiederaufbau leisten.<br />

Wenn sie sich nach dem langen Tag<br />

an der Uni auf den Weg nach Hause<br />

machen, können sich nur die wenigsten<br />

auf wirkliche Entspannung freuen<br />

– vor allem im Winter: „Ich wohnte in<br />

einer kleinen Dachkammer. Lediglich<br />

ein paar Dachziegel trennten mich von<br />

der eisigen Kälte, die draußen herrschte“,<br />

berichtet Herrenberger. Von einem<br />

Badezimmer oder geschweige denn<br />

warmem Wasser können die Studierenden<br />

nur träumen: „Wenn es gar nicht<br />

mehr auszuhalten war, ging man für<br />

hart ersparte 50 Pfennig ins Stadtbad<br />

zum duschen.“ Dabei hat der Architekt<br />

sogar noch Glück. Als studentischer Assistent<br />

bekommt er einen eigenen Zeichenplatz<br />

in den wärmeren Räumlichkeiten<br />

der Hochschule und hat „gerade<br />

im Winter besonders oft zeichnend dort<br />

gesessen“. Jedenfalls solange er Zeichenutensilien<br />

hat. Nach dem Motto „Not<br />

macht erfinderisch“ lassen die Studierenden<br />

besonders bei der Beschaffung<br />

der für das Studium notwendigen Materialien<br />

ihrer Kreativität freien Lauf. „Architekten<br />

müssen natürlich zeichnen.<br />

Papier war jedoch Mangelware und leisten<br />

konnte ich mir das erst recht nicht.<br />

Also nahm ich einfach gebrauchtes<br />

Backpapier.“<br />

Das Zeichnen auf dem unüblichen<br />

Material lernt der angehende Akademiker<br />

damals in völlig überfüllten Hörsälen.<br />

Da sich die Hochschule größtenteils<br />

noch im Wiederaufbau befindet, wird<br />

jedes nicht zerstörte Gebäude in der<br />

Nähe dankend genutzt. „Daher saßen<br />

wir nicht selten in einer Vorlesung im<br />

Naturhistorischen Museum. Eingeengt<br />

zwischen den ausgestopften Tieren“, erklärt<br />

Justus Herrenberger weiter.<br />

Wenn man sich heute Herrenbergers<br />

Werdegang ansieht, scheinen all diese<br />

Schwierigkeiten seiner Ausbildung keinen<br />

Abbruch getan zu haben.<br />

Sein Architekturstudium hat er trotz<br />

aller Umstände, oder vielleicht sogar gerade<br />

ihretwegen, noch vor der Regelstudienzeit<br />

abgeschlossen. Als Architekt<br />

Der Asta verteilt 1947 irischen Speck an die Studierenden<br />

Justus Herrenberger, heute 90 Jahre alt<br />

baut er später unter anderem Braunschweigs<br />

„Alte Waage“ wieder auf und<br />

rettet die Villa Löbbecke im Inselgarten<br />

vor dem Abriss. 1959 kehrt der Weltenbummler<br />

sogar als Professor für Bautechnik<br />

an die TU Braunschweig zurück,<br />

an der er bis 1985 lehrt – diesmal<br />

unter besseren Umständen als zu seiner<br />

eigenen Studienzeit.<br />

An diese erinnert sich der Weinliebhaber<br />

heute dennoch sehr gerne zurück.<br />

Aus einem ganz speziellen Grund:<br />

in den überfüllten provisorischen Hörsälen<br />

hat er seine Frau kennengelernt.<br />

„Ich stand extra früh auf und hielt ihr<br />

eines Morgens einen Platz an meiner<br />

Seite frei“, strahlt Herrenberger, „und<br />

da blieb sie dann ihr Leben lang.“ #<br />

17


Campus<br />

Fotos: Privat<br />

Wir brauchen ein Motto!<br />

NICHT NUR AN KARNEVAL UND HALLOWEEN WIRD ZUR VERKLEIDUNG GEGRIFFEN<br />

Von Shirin Schönberg<br />

Du, die Sandra feiert am Samstag<br />

Geburtstag.“ Erste Frage:<br />

Welches Motto? Zweite Frage:<br />

Soll ich was mitbringen? Partys brauchen<br />

Mottos. Vor allem, wenn immer<br />

die gleichen Gestalten eingeladen sind,<br />

die gleichen Pärchen und Quotensingles.<br />

Die sich bei der dritten Party, Verzeihung<br />

Mottoparty, diesen Jahres<br />

bestimmt nicht groß was Neues zu erzählen<br />

haben. „Motto ist Ballermann.“<br />

Aha. Ballermann. Gut, ich hatte keinen<br />

Mettigel erwartet, aber Ballermann-Party?<br />

Mit riesigen Strohhalmen aus Sangria-Eimern<br />

trinken, ohne zu wissen wer<br />

da noch so seinen Rücklauf reinspuckt?<br />

Zu den musikalischen Ergüssen sämtlicher<br />

ehemaliger Bigbrother-Bewohner<br />

tanzen und dabei angezogen sein, als<br />

würde ich danach noch zum Popstars-<br />

Casting oder zum Fotoshooting für die<br />

Bild-Seite-Eins-Mädchen gehen? Großartig.<br />

Dabei war ich dieses Jahr doch schon<br />

auf einer Siebziger-Party, einer Fernsehserien-Party<br />

und einer Atzen-Party. Allen<br />

Mottopartys gemeinsam war, dass<br />

sich die Gastgeber angestrengt und in<br />

mühevoller Kleinstarbeit Prilblumen,<br />

Schlümpfe oder Palmen aus Tonpapier<br />

ausgeschnitten haben und die Gäste<br />

meist halbherzig verkleidet aufgetaucht<br />

sind („Guck mal, ich hab ein Stirnband<br />

um, voll Siebziger oder?“). Ich gebe zu,<br />

auch ich gebe mir mit meiner Kostümierung<br />

bei Mottopartys keine große<br />

Mühe mehr. Das liegt allerdings an der<br />

18


Campus<br />

schlechten Erfahrung, die ich während<br />

einer Sportarten-Party gemacht habe.<br />

Ich habe mir nämlich nicht einfach<br />

sexy Sportklamotten oder einen Bikini<br />

angezogen, wie die anderen weiblichen<br />

Partygäste. Stattdessen bin ich als Eishockeypuck<br />

gegangen und den gesamten<br />

Abend ständig in den Türen hängengeblieben.<br />

Doch zurück zum Ballermann.<br />

Die Gastgeberin tut mir leid. Denkt sie,<br />

einfach so mit ihr zu feiern wäre uns zu<br />

langweilig? Oder hält sie uns für zu blöd<br />

ein Gespräch aufzubauen ohne Mottovorlage<br />

(„Hey hast du grad in den Sangria<br />

gespuckt?“)? Klar ein Motto ist hilfreich,<br />

wenn die Party mal ins Stocken<br />

gerät und die Gäste nichts miteinander<br />

anfangen können, die Gespräche<br />

verstummen und alle betreten in ihre<br />

Gläser schauen („So und jetzt Flaschendrehen!“).<br />

Aber meistens sind es doch<br />

getarnte Kindergeburtstage. Ein Mittel,<br />

um nicht zugeben zu müssen, dass man<br />

es gar nicht so toll findet mit dem Studium<br />

fertig zu sein, immer älter zu werden<br />

oder umziehen zu müssen. Lieber<br />

denkt man auf der Neunziger-Party zurück<br />

an die Zeit, als man noch auf seine<br />

Augen auf, bis der<br />

Reißverschluss klemmt<br />

Prinzessinnen-, Piraten- oder Zirkusgeburtstagsfeier<br />

hingefiebert hat. Und das<br />

ist ja auch gut. Wer mag schon auf einer<br />

Party wehmütig sein. Da höre ich mir<br />

doch lieber die Spice Girls an und tanze<br />

Macarena. #<br />

IMPRESSUM<br />

Gesamtleitung: Andreas Günther<br />

Herausgeber: Braunschweiger Zeitungsverlag GmbH & Co KG<br />

Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig, Telefon: (0531) 39 00 0<br />

Geschäftsführung: Harald Wahls (Sprecher), Andreas Günther<br />

Die redaktionellen Inhalte dieser <strong>Ausgabe</strong> sind das Ergebnis<br />

eines Projektseminars des Lehrstuhls für Kommunikations- und<br />

Medienwissenschaften der Technischen Universität Braunschweig<br />

Redaktionsleitung: Holger Isermann (TU Braunschweig)<br />

Redaktion: Kenja Albrecht, Fine Behrens, Nico Bensch, Annekatrin Bock,<br />

Maria Boger, Svenja Böttger, Benedikt Crone, Maria Freystein, Chris Goldhorn,<br />

Hannes Graubohm, Nicole Griese, Jonas Hartwig, Holger Isermann, Sina Liers,<br />

Marius Köhler, Christian Matz, Katerina Papamichael, Kristina Rauschan, Shirin<br />

Schönberg, Arne Schrader, Daniela Viehmeier, Holger Zelder, Franziska Ziemann<br />

Adresse: Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig<br />

Telefon (0531) 391 8961 # Telefax (0531) 391 8963 # E-Mail redaktion@studi38.de<br />

www.tu-braunschweig.de/medienwissenschaften<br />

Titelfoto: Florian Koch Model: Lisa Dauke, im phæno (Wolfsburg)<br />

Objektleitung: Daniela Waltemathe<br />

Anzeigen: Raphael Feldmann (verantw.)<br />

Anzeigenverkauf: Katharina Heidmann (Koordination);<br />

Tel.: (0531) 39 00 408; katharina.heidmann@bzv.de<br />

Vertrieb: Braunschweiger Zeitungsverlag<br />

Druck: Druckhaus Gera GmbH, Jacob-A.-Morand-Straße 16, 07552 Gera<br />

Auflage: ca. 10.000 Exemplare<br />

Das Projekt <strong>Studi38</strong> wird freundlich unterstüzt durch


Campus<br />

Der Nazijäger<br />

Rotes Barett. Fingerlose Handschuhe.<br />

Die antifaschistischen Flugblätter<br />

stets griffbereit und die Bomberjacke<br />

voller Buttons mit Slogans wie: „Den<br />

sozial Benachteiligten eine Stimme<br />

geben“, „Genfood, Nein Danke!“<br />

oder „Kein Bock auf Nazis“. Klaus<br />

Hoenen macht keinen Hehl aus<br />

seiner politischen Einstellung.<br />

Von Fine Behrens & Hannes Graubohm<br />

Auf seinem „Kampfrad“, den Gepäckträger<br />

voller Bücher, die er<br />

für den Tag braucht, begibt er<br />

sich täglich auf die Jagd. Auf die Jagd<br />

nach Nazis. Doch wie wird man eigentlich<br />

„Nazijäger“? Oder: Wie wurde der<br />

selbsternannte „Nazijäger“ zu dem, was<br />

er ist?<br />

1944 in Bitterfeld bei Leipzig geboren<br />

und vom Vater, einem Lehrer und Wehrmachtsangehörigen,<br />

streng militärisch<br />

erzogen, weckt die Seefahrt bereits im<br />

Alter von 15 Jahren sein Interesse. Kurz<br />

vor dem Abitur in Essen konnte Hoenen<br />

dann bei einem sechswöchigen Praktikum<br />

auf See erste Erfahrungen machen.<br />

Nach dem Schulabschluss wollte er zur<br />

Bundesmarine gehen, aber sein hoher<br />

Blutdruck machte ihm bei der Musterung<br />

einen Strich durch die Rechnung.<br />

Und das obwohl er regelmäßig Sport<br />

trieb, wie Geräteturnen, Handball spielen<br />

und Rudern.<br />

Von der Ausmusterung noch schwer<br />

getroffen, entschied Klaus Hoenen sich<br />

für ein Meteorologiestudium in München.<br />

Wegen des hohen Physikanteils,<br />

der ihm nicht lag, brach er jedoch nach<br />

zwei Semestern ab. Nun führte ihn sein<br />

Weg an die TH Darmstadt, wo er bis<br />

zum Vordiplom Geowissenschaften studierte.<br />

Ganz im Sinne der 68er ging er<br />

zu dieser Zeit, „aus einem Bauchgefühl<br />

heraus“, obwohl er das „reine echte<br />

Verständnis für das Politische noch gar<br />

nicht hatte“ erstmalig auf eine Demo<br />

und skandierte „Ho-, Ho, Ho-Chi-Minh“<br />

gegen den Vietnamkrieg der US-Amerikaner,<br />

für den Vietcong. Als sein Dozent<br />

nach Braunschweig berufen wurde,<br />

ging Hoenen kurzerhand mit und<br />

beendete sein Studium der Geowissenschaften<br />

dann an der TU Braunschweig.<br />

„Eigentlich war mir die Steinwelt aber<br />

viel zu tot.“ Daher beschäftigte er sich<br />

parallel noch mit der Mikrobiologie und<br />

Fotos: Maria Boger<br />

20


Campus<br />

Aufgespürt: Wer morgens einen<br />

solchen Flyer im Briefkasten findet,<br />

hat ein Gesinnungsproblem.<br />

besuchte viele Vorlesungen in diesem<br />

Forschungsgebiet. Nach dem Studium<br />

arbeitete er vier Jahre lang als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt<br />

über Eisenbakterien.<br />

Doch als dieses dann eingestellt wurde,<br />

musste sich Klaus Hoenen mit wechselnden<br />

Tätigkeiten seinen Lebensunterhalt<br />

finanzieren. So führte er beispielsweise<br />

Bodenuntersuchungen für<br />

ein Bremer Ingenieurbüro durch und<br />

kam über einen Bekannten zu der Arbeit<br />

in einer Zuckerfabrik. Dort reinigte<br />

er in zwölf-Stunden-Schichten die Silos.<br />

Der Kontakt mit den anderen Arbeitern<br />

führte dazu, dass er sich erstmals wirkliche,<br />

politische Gedanken machte. Seinen<br />

„ersten großen Feldeinsatz“ hatte<br />

er dann bei einer Demo gegen das Atomkraftwerk<br />

Brockdorf im Herbst 1981.<br />

Mit steigendem Interesse an der Politik<br />

kam er auch mit Marx und Engels<br />

in Berührung und wurde zu einem großen<br />

Lenin-Anhänger. Diese zunehmend<br />

linke Ausrichtung führte letztendlich<br />

auch zu einem Bruch mit seinen Eltern,<br />

„Jagd heißt für<br />

mich, ich knall<br />

sie natürlich<br />

nicht ab – ich<br />

ermittle.“<br />

die ihn als „rote Socke“<br />

sahen, sowie zu seiner<br />

Enterbung.<br />

Seit zehn Jahren ist<br />

Klaus Hoenen nun Mitglied<br />

der Linken und<br />

der Kommunistischen<br />

Plattform (KPF), dem<br />

linken Flügel innerhalb<br />

der Partei. Sein Ziel<br />

ist „eine neue DDR zu<br />

gründen“.<br />

Parteipolitisches Engagement<br />

allein ist ihm<br />

aber nicht genug: „Es<br />

reicht nicht aus, Demonstrationen<br />

zu machen<br />

oder Flugblätter<br />

zu verteilen oder mal<br />

`nen Artikel zu schreiben<br />

oder `ne Podiumsdiskussion<br />

– nein!“ Wenn er in der Öffentlichkeit<br />

auf vermeintliche „Nazis“<br />

trifft, so wird es „kompliziert und gefährlich“:<br />

Hoenen macht regelrecht<br />

„Jagd“ auf Faschisten, indem er Verdächtige<br />

sehr genau beobachtet und alles,<br />

was ihm auffällt oder was er hört,<br />

festhält, um es später gegen sie verwenden<br />

zu können.<br />

„Angenommen der Nazi<br />

kommt an und versucht<br />

mir in die Eier zu treten,<br />

dann hab ich auch das<br />

Recht ihm in die Eier zu<br />

treten“<br />

Gewalt geht hierbei laut Hoenen aber<br />

nie zuerst von ihm aus: „Nähere ich<br />

mich einem Nazi-Typen oder einer Gruppe<br />

oder die sich mir, fange ich nicht sofort<br />

an mit physischen Maßnahmen, ich<br />

sag auch nicht ‚Du alte Nazisau‘, ne, ich<br />

warte einfach ab was jetzt passiert. Bisher<br />

wars immer so: Ich bin angegriffen<br />

worden. Ich greife aber nicht an, weder<br />

verbal noch hau ich dem ersten eins<br />

in die Fresse oder tret ihm in die Eier,<br />

wenn lasse ich den ersten Angriff von<br />

denen machen – und dann hau ich zurück!<br />

So läuft das bei mir und ich find<br />

das völlig normal, denn dann bin ich<br />

rechtlich in der Notwehrsituation.“<br />

Mit seiner Tätigkeit als „Nazijäger“<br />

ist Klaus Hoenen in der rechten Szene<br />

mittlerweile bekannt und wurde daher<br />

bereits wiederholt von Rechtsextremisten<br />

angegriffen. So hatte er im letzten<br />

Jahr eine „tierische Schlägerei“ am Ufer<br />

des Südsees:<br />

„Ich versteh mich auch<br />

als Bulle, aber als<br />

Anti-Nazi-Bulle.“<br />

„Ich saß an Himmelfahrt auf einer<br />

Bank, hatte eine Pulle Bier, habe etwas<br />

gelesen und Musik gehört und auf einmal<br />

kommen drei Nazis an, das hab ich<br />

schon an ihrem Gegröle erkannt. Dann<br />

haben die mich wiederum gesehen und<br />

den roten Stern an meinem Barret. Sie<br />

haben mich angegriffen und ich musste<br />

mich verteidigen: Den Ersten hab ich<br />

zusammengeschlagen, der Zweite war<br />

ein Skinhead, auch körperlich etwas<br />

größer, das war der härteste Kampf meines<br />

Lebens. 30, 40 Jahre jünger die Bur-<br />

21


Campus<br />

schen, aber ich bin physisch noch gut<br />

drauf, das haben die auch gemerkt.[…]<br />

Ich war das Opfer und auch der einzige<br />

Zeuge und ich habe diese Burschen nie<br />

wieder gefunden.“ Doch auch bei Parteigenossen<br />

und Normalbürgern eckt<br />

er mit seinem militärischen Auftreten<br />

und seinen teils sehr extremen Ansichten<br />

an.<br />

„Um drei Uhr steh ich auf<br />

und mache Nazijagd – in<br />

der Dunkelheit. Alleine.“<br />

So gilt er in der Braunschweiger<br />

Bahnhofsmission, in der er mittlerweile<br />

Hausverbot hat, als „hochintelligent,<br />

aber schwierig“. Hoenen sucht<br />

oft den Kontakt zu Studierenden und<br />

die Gespräche mit ihnen. „Das tut mir<br />

auch gut“. Außerdem<br />

besucht er regelmäßig<br />

Vorlesungen, um<br />

sich fortzubilden,<br />

etwa Veranstaltungen<br />

in Soziologie und<br />

Architektur. Wenn<br />

Hoenen nicht gerade<br />

an der Uni oder seine<br />

umfangreiche Büchersammlung<br />

studiert,<br />

ermittelt er in<br />

sämtlichen Stadtteilen,<br />

um „neofaschistische<br />

Strukturen“<br />

aufzudecken. Hierfür<br />

steht er oft schon<br />

um drei Uhr nachts<br />

auf. Mit geschärftem<br />

Blick entdeckt er faschistische<br />

Aufkleber<br />

und „erkennt anhand<br />

der mimischen Reaktionen<br />

auf seine Anti-Nazi-Buttons“,<br />

wer<br />

ihm wohl gesonnen<br />

ist. Die anderen sind<br />

Nazis und kommen in<br />

sein „Ermittlungsbuch“. Bisher ist Klaus<br />

Hoenen als Einzelkämpfer in unserer<br />

Region unterwegs.<br />

Seiner Meinung nach wird zu wenig<br />

gegen die „faschistischen Umtriebe“ unternommen,<br />

insbesondere von jungen<br />

Leuten. Und auch an seiner Parteigruppe<br />

übt er scharfe Kritik: „Sie arbeiten<br />

zwar geistig, aber auf der Straße leisten<br />

sie nichts. Hier findet aber der Kampf<br />

zwischen Rechten und Linken statt.“<br />

Er dagegen ist für diesen physischen<br />

Kampf gerüstet, schafft trotz seiner 66<br />

Jahre noch 40 Liegestütze.<br />

„Mein Hauptanliegen ist<br />

die Bekämpfung aller<br />

braunen Umtriebe“<br />

Zwischen Bitterfeld und Atomausstieg: Hoenens<br />

„Stützpunkt“ ist zugleich Spiegelbild seiner Gesinnung<br />

Für Klaus Hoenen gilt der Schwur der<br />

befreiten Häftlinge des Konzentrationslagers<br />

Buchenwald. Er will den Faschismus<br />

radikal angreifen, zerstören und<br />

nie wieder hochkommen lassen. „Militärisch<br />

ist dieser zwar zerschlagen, aber<br />

noch nicht in den Köpfen.“<br />

Hoenens nächste große Aufgabe wartet<br />

schon: Er gehört zum engsten Kreis<br />

der Leute, die jetzt schon Gegenmaßnahmen<br />

für die geplante NPD-Demo<br />

am 4. Juni 2011 in Braunschweig vorbereiten.<br />

#<br />

22


Wie Braunschweig bist du?<br />

DAS GEOCACHING-EVENT VON<br />

Geocaching ist die moderne Form der Schatzsuche bzw. Schnitzeljagd.<br />

Entdeckt mit uns wichtige Orte und nette Locations rund um die TU<br />

und das Leben in Braunschweig.<br />

Die Entdeckungstour führt euch zu sieben verschiedenen Stationen –<br />

neben bekannten Sehenswürdigkeiten lernt ihr auch die ein oder<br />

andere Kneipe kennen. Alle Stationen sind zu Fuß erreichbar.<br />

Die Braunschweigische Landessparkasse lädt zwei teilnehmende<br />

Teams zu einer Heißluftballonfahrt über Braunschweig ein.<br />

GPS Gerät<br />

(Handy, Navi, etc.)<br />

Das braucht ihr:<br />

Ein Team bestehend<br />

aus 2 Personen<br />

Lust Braunschweig<br />

zu entdecken<br />

SO FUNKTIONIERT ES:<br />

1. Ihr meldet euer Team unter Nennung des<br />

Teamnamens bei studi38@bzv.de an.<br />

2. Die Startkoordinate erfahrt ihr ab dem<br />

8. November unter newsclick.de/studi38<br />

3. Von der Startkoordinate aus sucht ihr die erste Station.<br />

4. An der ersten Station angekommen tragt ihr euch in das<br />

dort hinterlegte Logbuch ein. In diesem findet ihr auch<br />

die Koordinaten der nächsten Station.<br />

5. Mit Eintrag in dem Logbuch der letzten Station nimmt<br />

euer Team an der Verlosung der Heißluftballonfahrt teil<br />

6. Ab dem Eintrag in das erste Logbuch habt ihr 3 Tage Zeit<br />

die Stationen zu finden.<br />

7. Die Aktion findet vom 8.11. bis zum 6.12.2010 statt.<br />

Alle Infos erhaltet ihr auch unter newsclick.de/studi38


Campus<br />

Work<br />

it out<br />

Seit September diesen Jahres ist das Braunschweiger<br />

Unisportgelände um eine Attraktion reicher. Der<br />

deutschlandweit erste hochschuleigene Outdoor-<br />

Fitness-Gerätepark hat seine Tore geöffnet und bietet<br />

vielfältige Trainingsmöglichkeiten für Freunde der<br />

frischen Luft. studi38 war bei der Eröffnung und hat<br />

für euch schon mal ein Probetraining absolviert.<br />

Von Jonas Hartwig<br />

Die Idee hinter dem Konzept<br />

ist genau so simpel wie effektiv.<br />

„Der Outdoorbereich liegt<br />

zur Zeit voll im Trend, und Fitness ist<br />

nach wie vor die Sportart Nummer 1<br />

in Deutschland“, erklärt der Pressesprecher<br />

des Sportzentrums, Michael<br />

Steiln. Die Kombination liegt also denkbar<br />

nahe und die Vorteile auf der Hand.<br />

Gerade in den Sommermonaten bietet<br />

die Möglichkeit an der frischen Luft zu<br />

trainieren<br />

eine willkommene<br />

„Der Outdoorbereich<br />

liegt<br />

Alternative<br />

zur Zeit voll im<br />

zu den überfüllten<br />

und<br />

Trend.“<br />

Michael Steiln, Pressesprecher<br />

stickigen Sportzentrum<br />

Fitnessstudios.<br />

Großer<br />

Wert wird auch auf die einfache Bedienung<br />

der verschiedenen Geräte gelegt.<br />

„Die Geräte sind größtenteils selbsterklärend<br />

und können auch ohne große<br />

Vorkenntnisse in kurzer Zeit sicher<br />

bedient werden“, so Steiln. Die Bandbreite<br />

der 17 verschiedenen Stationen<br />

reicht dabei vom Oberkörpertraining<br />

bis hin zu verschiedenen Übungen für<br />

die Beinmuskulatur. Neben dem klassischen<br />

Krafttraining besteht auch die<br />

Möglichkeit durch gezielte Übungen<br />

Körperbalance, Ausdauer und Koordination<br />

zu verbessern. Ergänzt wird der Gerätepark<br />

durch eine Aktionsfläche, die<br />

aus weichem Gummimaterial gegossen<br />

wurde. Hier werden im Sommer Kurse<br />

wie Yoga, Aerobic oder Aroha unter freiem<br />

Himmel angeboten. Damit auch die<br />

Ausdauersportler nicht zu kurz kommen,<br />

wird der Park durch eine 250m<br />

lange Finnbahn eingerahmt, die mit<br />

der alten 800m- Laufstrecke verbunden<br />

ist und mit einem neuen Trockenholzbelag<br />

optimale Bedingungen zum Joggen<br />

bietet.<br />

Geöffnet hat der Park täglich von<br />

7.00 bis 22.00 Uhr, genug Zeit also für<br />

eine kleine Trainingseinheit im stressigen<br />

Unialltag. Besonders die wetterfesten<br />

Sportler dürfte freuen, dass der<br />

Outdoor-Fitness-Gerätepark sogar ganzjährig<br />

die Möglichkeit bietet die Muskeln<br />

in Form zu halten. Ein extra angefertigtes<br />

Beleuchtungssystem sorgt<br />

auch in der dunklen Jahreszeit dafür,<br />

dass zu jeder Zeit unter optimalen Bedingungen<br />

trainiert werden kann. Das<br />

Ganze, und das ist die beste Nachricht,<br />

ist sowohl für Studierende als auch für<br />

Mitarbeiter der TU Braunschweig kostenlos.<br />

Wer also Interesse hat, kann<br />

sich einfach unter www.unisport.tu-bs.<br />

de anmelden und los trainieren.<br />

Ihren Ursprung haben die Outdoor-<br />

Fitness-Geräteparks übrigens in China.<br />

Dort gehören sie bereits zum bekannten<br />

Stadtbild und erfreuen sich generationsübergreifend<br />

großer Beliebtheit.<br />

An der TU Braunschweig scheint die<br />

Idee jedenfalls bereits jetzt positiv aufgenommen<br />

zu werden. "Das ist ein Riesenspaß,<br />

und diese alten Tennisplätze<br />

konnte auch keiner mehr sehen", waren<br />

sich die ersten Benutzer einig. #<br />

Fotos: Jonas Hartwig, Sportzentrum<br />

24


Wissenschaft<br />

Unterirdisch<br />

Der Fall Asse zeigt eindrucksvoll, dass sich das Atommüllproblem nicht unter den Grasteppich kehren lässt.<br />

Von Katerina Papamichael<br />

Die Asse. Der malerische Höhenzug<br />

im Osten Wolfenbüttels<br />

lässt Wandererherzen höher<br />

schlagen. Im Sommer erstrahlt die Asse<br />

in vollem Grün, im Winter zeigt sie sich<br />

in glitzerndem Weiß. Umso trauriger ist<br />

es, dass sie überwiegend in aller Munde<br />

ist, wenn es um atomaren Müll geht.<br />

Umgeben von herrlichster Natur befindet<br />

sich die Schachtanlage des 1964<br />

stillgelegten Salzbergwerkes. In dem<br />

Bergwerk liegen rund 126.000 Fässer<br />

Atommüll, ganze 45.000 Kubikmeter radioaktiver<br />

Abfall. Und das Bergwerk gilt<br />

als nicht sicher.<br />

Die ersten Schaufellader mit gelbschwarzen<br />

Fässern rollten im April 1967<br />

in die Schachtanlage – angeblich zu Forschungszwecken.<br />

Bereits vier Jahre später<br />

wurde die Asse als reines Endlager<br />

für den gesamten in Deutschland anfallenden<br />

schwach- und mittelradioaktiven<br />

Atommüll genutzt. Erst eine Änderung<br />

des Atomgesetzes beendete 1978<br />

die Einlagerung der gelbschwarzen Fässer.<br />

„Bis zur letzten Minute wurden sie<br />

in den Stollen transportiert“, erklärt<br />

der Pressesprecher des Bundesamts für<br />

Strahlenschutz, Werner Nording. Noch<br />

fataler ist: Während der gesamten Einlagerungszeit<br />

war dem früheren Betreiber<br />

bekannt, dass der Schacht instabil<br />

und dem Grundwasserdruck auf Dauer<br />

nicht gewachsen war.<br />

So heißt es bereits in einer internen<br />

Notiz aus dem Jahr 1964, also ein<br />

Jahr vor dem Kauf des ehemaligen<br />

Bergwerks durch den Bund: „Auf der<br />

750-Meter-Sohle befinden sich ein Sammelbecken<br />

für magnesiumhaltige Lauge,<br />

die in 700 Litern pro Tag aus alten<br />

Carnallit-Abbauen zufließt, und ein Behälter<br />

zum Auffangen des Tropfwassers<br />

aus dem Schacht. Dieses Wasser kommt<br />

aus drei Rissen [...] Der Wasserzulauf beträgt<br />

etwa 2 l/min“, also immerhin fast<br />

3000 Liter pro Tag.<br />

Trotzdem beteuerte Hamburgs ehemaliger<br />

Bürgermeister Klaus von Dohnanyi<br />

noch 1972, dass das Eindringen<br />

von Wasser mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen<br />

Auf dem Weg hinab: Der Atommüll lagert<br />

mehr als 700 Meter tief unter der Erde.<br />

werden kann. Von Dohnanyi war Staatssekretär<br />

im damaligen Bundeswissenschaftsministerium<br />

(heute Bundesforschungsministerium).<br />

Dem Ministerium<br />

untersteht der frühere Asse-Betreiber,<br />

das Helmholtz-Zentrum München.<br />

Als im Sommer 2008 die Berichterstattung<br />

der Braunschweiger Zeitung über<br />

einen kontaminierten Laugensumpf die<br />

breite Öffentlichkeit und bundesweiten<br />

Medien aufschreckte, wurde die Betreiberschaft<br />

des Helmholtz Zentrums beendet.<br />

Das dem Bundesumweltministerium<br />

unterliegende Bundesamt für<br />

Strahlenschutz (BfS) übernahm 2009<br />

Fotos: Holger Isermann<br />

26


Bereits in diesem internen<br />

Bericht der Projektgruppe<br />

Endlagerung radioaktiver<br />

Abfälle aus dem Jahr 1964<br />

sind Wassereinbrüche und<br />

Spaltenbildung im Gestein<br />

vermerkt.<br />

den Schacht. Von nun an hieß es, neben<br />

der Sicherung des Bergwerks, das verlorene<br />

Vertrauen der Menschen zurück zu<br />

gewinnen. Ein schweres Erbe.<br />

Soweit die Informationen aus zweiter<br />

Hand: studi38 wollte ganz genau wissen,<br />

was sich viele hundert Meter unter<br />

uns abspielt. Ausgerüstet mit Sicherheitskleidung,<br />

Beatmungsgerät und einem<br />

Dosimeter geht es hinab in die Tiefe<br />

des Stollens. Das kleine Gerät misst,<br />

welche Strahlung wir bei unserer Erkundungstour<br />

ausgesetzt sind. „Normalerweise<br />

steht da immer eine Null“, beruhigt<br />

uns Nording.<br />

Nicht nur die massiven Salzsteinwände<br />

drücken auf das Gemüt, wie einst den<br />

Bergleuten. Heute hinterlässt auch das<br />

Wissen über die Risiken des mit Atommüll<br />

gefüllten Schachts ein beklemmendes<br />

Gefühl. Spätestens wenn man<br />

die über 20 Zentimeter tiefen und bis zu<br />

3 Zentimeter breiten Risse im Gestein<br />

sieht, ist klar, hier muss etwas passieren.<br />

Der Berg ist unverkennbar in Bewegung<br />

und das ahnte man bereits vor der<br />

Einlagerung. Und die Standfestigkeit,<br />

über die immer noch nicht zuverlässig<br />

vorausgesagt werden kann, wie lang sie<br />

noch besteht, ist heute akut bedroht.<br />

Aktuell dringen jeden Tag 12.000 Liter<br />

in die Asse ein und werden abgepumpt.<br />

„Aber jeder Tag könnte der sein,<br />

an dem mehr Wasser eintritt, als wir<br />

wieder aus dem Schacht heraus bekommen“,<br />

betont Nording. Im schlimmsten<br />

Fall flutet das Grundwasser den Schacht<br />

1960<br />

1970<br />

1980<br />

1990<br />

2000<br />

2010<br />

2020<br />

bis 1964: Abbau von Kali- und Steinsalz<br />

1964: Stilllegung des Salzbergwerks<br />

1965: Der Bund kauft das Bergwerk für 800.000 DM<br />

ab 1967: Die Einlagerung des Atommülls zu Forschungszwecken beginnt<br />

ab 1971: Nutzung der Asse als offizielles Endlager<br />

1976: Änderung des Atomgesetzes.<br />

1978: Einlagerungsstopp – insgesamt wurden 125.787 Fässer eingelagert<br />

Seit 1988: Es dringt salzgesättigtes Wasser in das Bergwerk ein.<br />

Vor Kammer 12 auf der 750-m-Ebene wird ein Laugensumpf angelegt,<br />

in dem wenig später radioaktive Kontamination festgestellt wird.<br />

Dass diese die Freigrenzen nach Strahlenschutzverordnung überschreitet,<br />

ist seit 1994 dokumentiert.<br />

Juni 2008: Das Wissen über die Situation und die Risiken des Atommülls im<br />

Bergwerk kommt an die breite Öffentlichkeit<br />

Ab 2009: Das Bundesamt für Strahlenschutz wird Betreiber des Bergwerks.<br />

Bis 2020: Die vollständige Rückholung des Atommülls soll bis dahin<br />

abgeschlossen sein<br />

27


Wissenschaft<br />

Gegenwehr: Der Berg zerquetscht selbst tonnenschwere Stahlträger mühelos<br />

und wird damit zur Gefahr für den Atommüll.<br />

und kommt mit dem radioaktiven Müll<br />

in Kontakt. Um dieses Horrorszenario<br />

und ein Einstürzen des Bergwerks zu<br />

verhindern, werden gegenwärtig Hohlräume<br />

in der Asse nach und nach mit<br />

Spezialbeton gefüllt.<br />

Parallel zu dieser Stabilisierung des<br />

Schachtes laufen bereits die Planungen<br />

für die Rückholung des Atommülls.<br />

Tiefe Risse im Gestein zeigen die<br />

Anfälligkeit des Grubengebäudes.<br />

Testbohrungen und andere Operationen<br />

werden durchgeführt, um diese so<br />

sicher wie möglich zu gestalten. Denn<br />

mittlerweile ist allen Beteiligten klar,<br />

dass der Atommüll in der Asse nicht sicher<br />

ist. Wo die schwarzgelben Fässer<br />

aber hin sollen, wenn sie wieder an die<br />

Oberfläche geholt werden, ist immer<br />

noch unklar. Der bisherige Plan sieht<br />

„jeder Tag könnte der<br />

sein, an dem mehr Wasser<br />

eintritt, als wir wieder<br />

aus dem Schacht heraus<br />

bekommen.“<br />

Werner Nording, Pressesprecher Bundesamt für<br />

Strahlenschutz<br />

eine Verschnaufpause vor, bis die Fässer<br />

genauer untersucht sind: Zunächst soll<br />

deshalb ein Zwischenlager in der Nähe<br />

der Asse gebaut werden.<br />

Der Grund, warum in letzter Zeit so<br />

viel in der Asse geschieht, ist neben den<br />

drohenden Naturgewalten auch der öffentliche<br />

Druck. Die Anti-Atomkraftbewegung<br />

hat durch die Geschehnisse<br />

merklich neuen Schwung erhalten.<br />

Denn mittlerweile sind alle Alters- und<br />

Bevölkerungsschichten für das Problem<br />

des atomaren Erbes sensibilisiert.<br />

Längst steht der Rentner neben dem<br />

Studierenden und scheinen sich politische<br />

Zugehörigkeiten im gemeinsamen<br />

„Nein“ zur Atomenergie aufzulösen.<br />

Der Fall Asse ist damit nicht nur ein<br />

trauriges Beispiel für das Totalversagen<br />

demokratischer Entscheidungsträger –<br />

er macht auch Hoffnung. Weil er zeigt,<br />

dass die Menschen sich trotz aller Passivitätsvorwürfe<br />

einmischen, wenn sie<br />

unzufrieden sind und bürgerliches Engagement<br />

sich am Ende auszahlt.<br />

Das BfS hat für die vollständige Rückholung<br />

des Atommülls eine Zeit von<br />

zehn Jahren angesetzt. Danach soll die<br />

Asse wieder ein einfaches Stück Landschaft<br />

sein. Von ihrem schwarzgelben<br />

Schatten, den der eingelagerte radioaktive<br />

Müll bisher drohend warf, wäre<br />

sie dann befreit. Verschwunden ist der<br />

Schatten damit aber nicht, er ist nur<br />

weiter gezogen … #<br />

Fotos: Holger Isermann<br />

28


Wissenschaft<br />

„Gorleben ist ein<br />

Schwarzbau“<br />

Ein Gespräch mit Jürgen Trittin über die Asse und den Atomausstieg<br />

Von Katerina Papamichael<br />

Die Politik hat im Fall Asse viel Vertrauen<br />

verspielt. Reicht ein Betreiberwechsel zum<br />

Bundesamt für Strahlenschutz, um dieses<br />

Vertrauen zurück zu gewinnen?<br />

Nein, natürlich nicht. Aber die Maßnahme,<br />

dass das BfS in einem sehr transparenten<br />

Prozess unter Einbeziehung aller die Alternativen<br />

zur Sicherung der Asse erarbeitete und<br />

das am Ende zu der Empfehlung geführt hat,<br />

den Atommüll aus der Asse rauszunehmen,<br />

das hat sicherlich das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit<br />

des BfS erhöht.<br />

Laut Bundesumweltminister Norbert Röttgen<br />

muss die sichere Lagerung von radioaktivem<br />

Müll für eine Million Jahre gewährleistet<br />

sein. Kann es überhaupt eine<br />

sichere Lagerung geben oder geht es immer<br />

nur um Risikominimierung?<br />

In der Frage der Rückholbarkeit von atomarem<br />

Abfall steckt immer ein Risiko. Insofern<br />

gibt es für die Asse nur schlechte Lösungen<br />

und das Bundesamt für Strahlenschutz hat<br />

die am wenigsten schlechte Lösung zwischen<br />

schlechten Alternativen gesucht.<br />

Herr Röttgen lässt Gorleben weiter nach<br />

Bergrecht und nicht nach Atomrecht erkunden.<br />

Kann man davon ausgehen, dass<br />

er die Bevölkerung vielleicht erneut nicht<br />

informieren will?<br />

Es ist Augenwischerei in Gorleben überhaupt<br />

von Erkundung zu sprechen. Dort ist alles erkundet,<br />

was man erkunden kann. Es wird,<br />

unter der Behauptung, zu erkunden, das<br />

Endlager zu Ende gebaut. Gorleben ist ein<br />

Schwarzbau. Und wenn man gleichzeitig keine<br />

Alternativen sucht, dann weiß ich, wie das<br />

Spiel endet, nämlich, dass man versucht, dort<br />

einzulagern.<br />

Wieso wird der gesamte Atommüll in Niedersachsen<br />

gelagert?<br />

Weil man den Schacht in Gorleben hat, will<br />

man nicht weitersuchen. Man möchte kein<br />

Standortauswahlverfahren, weil es passieren<br />

könnte, dass sich andere Standorte als geeigneter<br />

erweisen.<br />

Sie werfen den Atomkraftbefürwortern<br />

Realitätsverweigerung vor. Was meinen Sie<br />

genau damit?<br />

Die Atomenergie liefert nur knapp zwei Prozent<br />

der weltweit benötigten Energie. Außerdem<br />

haben wir ja keinen Mangel an Strom<br />

in Deutschland. Es laufen hier 17 Atomkraftwerke<br />

und den Strom von ganzen sieben davon<br />

braucht Deutschland für seine Stromversorgung<br />

nicht. Er wird exportiert.<br />

Was halten Sie davon, dass die Laufzeit der<br />

Atomkraftwerke laut Regierung um bis zu<br />

14 Jahre verlängert werden soll?<br />

Die Regierung möchte diese 14 Jahre nicht in<br />

allen Kraftwerken abarbeiten, sondern von<br />

den alten Kraftwerken auf neuere Anlagen,<br />

wie zum Beispiel Lingen, übertragen. In ein<br />

paar Jahren entsprechen diese Anlagen aber<br />

auch nicht mehr dem neuesten Stand der<br />

Technik. Insofern ist das ein Vorschlag, der einem<br />

nur Sand in die Augen streuen soll.<br />

Jürgen Trittin war von 1998 bis<br />

2005 Bundesumweltminister<br />

und damit federführend bei<br />

den Umweltreformen von Rot-<br />

Grün, zum Beispiel Dosenpfand,<br />

Ökosteuer und Atomausstieg.<br />

Der Vorsitzende der<br />

Bundestagsfraktion von Bündnis<br />

90/Die Grünen hat eine Tochter<br />

und lebt in Berlin-Pankow.<br />

Worum geht es dann?<br />

Es geht der aktuellen Regierung in der Tat darum,<br />

die Profitmöglichkeiten für die großen<br />

Energiekonzerne zu erhalten. Wir haben heute<br />

schon die Situation, dass Windparks abgeschaltet<br />

werden müssen, weil das Netz überlastet<br />

ist. Wir schalten also CO2-freie Energie<br />

ab, damit Atommüll produziert werden kann,<br />

von dem wir nicht wissen, wohin.<br />

Könnten wir mit den regenerativen Energien<br />

ab sofort komplett auf die Atomenergie<br />

verzichten?<br />

Ab sofort nicht, das war auch nie die Idee.<br />

Die Idee war, wir steigen schrittweise aus und<br />

steigen schrittweise ein. Ich muss gestehen, ich<br />

habe mich geirrt. Ich habe gedacht, bis zu diesem<br />

Jahr 2010 hätten wir den Anteil erneuerbarer<br />

Energien auf 12,5 Prozent gesteigert, es<br />

werden aber ganze 17 Prozent sein. Mein Irrtum<br />

müsste eigentlich dazu führen, die Laufzeiten<br />

zu verkürzen anstatt sie zu verlängern,<br />

aber das Gegenteil wird zur Zeit diskutiert. #<br />

Fotos: Chris Goldhorn<br />

29


Wissenschaft<br />

Top-Engineering@Ostfalia<br />

Bereits beim CHE-Ranking des ZEIT Studienführers<br />

2010/11 konnte die Ostfalia bei den ingenieurwissenschaftlichen<br />

Fächern Elektrotechnik und Informationstechnik<br />

sowie Maschinenbau als dualer Studiengang<br />

punkten. Die Studiensituation insgesamt sowie<br />

die Betreuung durch Lehrende am Campus Wolfenbüttel<br />

erreichten Spitzenplatzierungen.<br />

In der aktuellen Engineering Edition des „trendence<br />

Absolventenbarometers 2010“ gibt es nun wieder<br />

Höchstbewertungen für die Ostfalia Hochschule für<br />

angewandte Wissenschaften. Die IT-Infrastruktur<br />

schafft es bundesweit sogar auf den ersten Platz.<br />

kurz &<br />

knapp<br />

PURer<br />

kunststoff<br />

Weltweit<br />

einzigartig<br />

Foto: TU Braunschweig<br />

Die neue Polyurethan(PUR)-Anlage der Ostfalia bietet<br />

den Studierenden am Campus Wolfsburg neue<br />

Möglichkeiten in Forschung und Ausbildung im Bereich<br />

der Kunststofftechnik. Die PURe Vielseitigkeit<br />

– gesprüht, gegossen oder geschmolzen – kann in<br />

der Zukunft eine wichtige Rolle für die Entwicklung<br />

von Produkten im Automobil-Leichtbau spielen.<br />

Foto: Roland Enz / pixelio.de<br />

Ab Anfang Oktober kann man auf dem Braunschweiger<br />

Ring dem Forschungsfahrzeug ‚Leonie‘ begegnen. Ganz<br />

von alleine fährt es eine vorgegebene Strecke im regulären<br />

Verkehr ab – kann Spur und Abstand halten, Kreuzungen<br />

und Hindernisse berücksichtigen sowie Geschwindigkeiten<br />

dem fließenden Verkehr anpassen. Das Forschungsprojekt<br />

‚Stadtpilot‘ der TU Braunschweig und ihres Niedersächsischen<br />

Forschungszentrums Fahrzeugtechnik setzt dabei<br />

als einziges Forschungsprojekt der Welt automatisches<br />

Fahren im realen Stadtverkehr um. Und keine Sorge –<br />

für den Notfall sitzt ein Sicherheitsfahrer am Steuer!<br />

30


Vorverkauf:<br />

2x in Braunschweig: Schild 1a und Schloss-Arkaden (EG)<br />

sowie in den Service-Centern des Braunschweiger Zeitungsverlags:<br />

GF, Steinweg 62; HE, Neumärker Str. 1a – 3; PE, Am Markt 7; WF, Krambuden 9;<br />

WOB, Porschestraße 22 – 24; SZ-Lebenstedt, In den Blumentriften; SZ-Bad, Vorsalzer Straße 2<br />

Im Internet: www.konzert-kasse.de<br />

* aus dem Festnetz der T-Com: 14 Cent/Min.; Mobilfunk max. 42 Cent/Min.


Wissenschaft<br />

Seelenstrip<br />

im Netz<br />

ME, MYSELF AND I IN HÖCHSTFORM<br />

Von Shirin Schönberg<br />

Alex ist gerade auf Wohnungssuche<br />

in München. Stephanie<br />

liegt noch im Bett. „Zu viele Jellyshots,<br />

aber geiler Abend Mädels!“ Sebastian<br />

findet das gut und kommentiert:<br />

„Darf ich mich zu dir legen?“ Lisa<br />

hat sich die App Frohe Ernte geholt und<br />

Kathrin testet gerade welcher drogensüchtige<br />

Hollywoodstar mit Geheimratsecken<br />

zu ihr passt. Micha müsste<br />

eigentlich lernen, aber die Wohnung<br />

ist offensichtlich zu unordentlich und<br />

Caro ist gerade in Los Angeles gelandet<br />

und fragt sich, ob Liebe mit wachsender<br />

Entfernung stärker wird.<br />

Wenn man einen Tag lang die Statusmeldungen<br />

auf StudiVz und Facebook<br />

verfolgt, kann man sich schon mal die<br />

Frage stellen, ob unsere Generation nur<br />

lebt, um im Internet davon zu erzählen.<br />

Wir plaudern auf unseren Profilseiten<br />

freimütig Informationen über uns und<br />

unser Leben aus, die noch vor zwanzig<br />

Jahren nur der Geheimdienst herausfinden<br />

konnte. Wir erzählen, was wir<br />

lesen, hören, essen, wohin wir in den<br />

Urlaub fahren und wie wir uns gerade<br />

fühlen, und treten in Gruppen ein, bei<br />

denen es uns peinlich wäre, wenn unsere<br />

Oma davon wüsste. Darauf angesprochen<br />

erklären wir, dass wir unsere<br />

dreihundert engsten Freunde eben an<br />

unserem Leben teilhaben lassen möchten<br />

und deswegen täglich Porträtfotos<br />

in das Album Me, Myself and I hochladen.<br />

Aber warum geben wir im Inter-<br />

net so viel von uns preis? Warum machen<br />

wir uns selbst so durchschaubar?<br />

Simone Kauffeld, Professorin für Arbeits-,<br />

Organisations- und Sozialpsychologie<br />

an der TU, meint, dass wir nach<br />

einer einfachen Kommunikationsregel<br />

handeln. „Man muss, um zu kommunizieren,<br />

etwas von sich selbst offenbaren<br />

auf das Andere reagieren können.“<br />

Allerdings läuft es im Internet etwas<br />

anders. Wir offenbaren nur Dinge, bei<br />

denen wir eine positive Reaktion vorhersehen<br />

können. Immer auf der Suche<br />

nach Anerkennung, der ultimativen sozialen<br />

Währung.<br />

Auf StudiVz und Facebook stellen<br />

wir nicht wirklich uns dar, sondern<br />

das bestmögliche Bild von uns. Sozusagen<br />

optimierte Ichs, ohne<br />

Schwächen und Ängste. Dabei<br />

vergessen wir, dass echte Freundschaften<br />

nicht dadurch bestehen<br />

bleiben, dass wir dem Anderen<br />

ständig vorhalten wie toll wir sind,<br />

sondern dadurch, dass wir auch mal unsere<br />

widersprüchliche, nicht aufpolierte<br />

Seite zeigen. Die Seite, die wir im Internet<br />

verbergen, aus Angst dann nicht<br />

mehr als die Abgeklärte, der Abenteurer<br />

oder der total Durchgeknallte zu<br />

gelten. So wird aus einer lahmen Party,<br />

bei der man sich geärgert hat, dass<br />

man dafür überhaupt vom Sofa aufgestanden<br />

ist schnell das beste Event des<br />

Jahres und aus einem unterbezahlten,<br />

aber überfordernden Job die Statusmel-<br />

32


Wissenschaft<br />

Fotos: Chris Goldhorn, Shirin Schönberg<br />

„Man muss,<br />

um zu kommunizieren,<br />

etwas von<br />

sich selbst<br />

offenbaren,<br />

auf<br />

das Andere<br />

reagieren<br />

können.“<br />

Prof. Simone Kauffeld, Lehrstuhl für Arbeits-,<br />

Organisations- und Sozialpsychologie<br />

dung: „Wieder bis um elf im Büro,<br />

einer muss ja dafür sorgen, dass der<br />

Laden läuft.“ Die vermeintlichen<br />

Freunde danken es mit dem Klick<br />

auf den Gefällt-mir-Button.<br />

Doch wir sind nicht nur Schauspieler,<br />

sondern auch Zuschauer.<br />

Manchmal sogar Voyeure. Es gibt Menschen<br />

mit denen wir seit Jahren nicht<br />

gesprochen haben und deren Leben<br />

wir trotzdem verfolgen. Mal sehen ob<br />

der Exfreund schon eine Neue hat und<br />

wenn ja, ob die besser aussieht als man<br />

selbst. Schadenfreude, wenn der Karriereschnösel,<br />

der bei jedem Treffen zehn<br />

Weltstädte aufgezählt hat, in denen er<br />

demnächst arbeiten wird, wieder in der<br />

Heimatstadt landet. Außerdem halten<br />

wir uns mit unseren Internetfreunden<br />

einen Pool an Kontakten, die wir zwar<br />

gerade nicht pflegen, aber irgendwann<br />

vielleicht nutzen wollen. „Durch dieses<br />

Verfolgen aus dem Augenwinkel ergeben<br />

sich neue Kontaktpunkte. Wenn<br />

man zum Beispiel in eine andere Stadt<br />

zieht, kann man nachschauen, ob man<br />

dort schon jemanden kennt“, meint<br />

auch Professorin Kauffeld.<br />

Es ist also durchaus praktisch und<br />

nicht ausschließlich narzisstisch Freunde<br />

bei Facebook und Co. zu sammeln.<br />

Trotzdem sollten wir uns gut überlegen,<br />

was wir alles von uns preisgeben.<br />

„Das Internet vergisst nicht“, sagt Simone<br />

Kauffeld, „das ist vielen noch nicht<br />

bewusst.“ #<br />

Eine schmutzige Version<br />

vom Kinderkarussell<br />

Von Shirin Schönberg<br />

Ich bin etwas aufgeregt. So ähnlich<br />

stelle ich mir ein Blind Date<br />

vor. Nur dass ich nicht mit einer<br />

Person verabredet bin und als Erkennungszeichen<br />

eine rote Rose mit mir<br />

herumtrage, sondern mit 20.000. So<br />

viele sind beim Chatroulette online,<br />

als ich mich am Freitagabend vor<br />

die Webcam setze. Alle wollen per<br />

Zufallsprinzip mit völlig Fremden aus<br />

der ganzen Welt verbunden werden<br />

und ich bin jetzt eine von ihnen. Ich<br />

habe gelesen, dass Chatroulette lustig<br />

sein soll, dass es süchtig macht, dass<br />

es pervers ist. Ich will es ausprobieren<br />

und dabei einen möglichst guten Eindruck<br />

machen. Dafür habe ich sogar<br />

Lipgloss aufgelegt und meine Brille<br />

gegen Kontaktlinsen getauscht. Beim<br />

Chatroulette zählt der erste Eindruck.<br />

Sonst heißt es zack, F9 gedrückt,<br />

der Nächste bitte.<br />

Mein erster Chatpartner<br />

ist ein gelangweilter<br />

Schweizer, wahrscheinlich<br />

so um die achtzehn, in einem<br />

hellblauen T-Shirt, der<br />

mich sofort wegklickt. Das<br />

kränkt mich ja jetzt doch<br />

ein bisschen. Ich habe allerdings<br />

nicht viel Zeit<br />

darüber nachzudenken,<br />

denn schon sitzt mir voll<br />

frontal ein Penis gegenüber.<br />

Schnell drücke ich<br />

F9. Ich mache mir noch einen<br />

Kaffee und fange an zu<br />

glauben, dass hier hauptsächlich<br />

perverse Exhibitionisten<br />

rumhängen. In<br />

der nächsten Stunde sehe<br />

ich einen Griechen, der tolle<br />

Tricks mit seinen Brustmuskeln<br />

macht und von<br />

mir zehn Sekunden Aufmerksamkeit<br />

dafür bekommt, zwei Typen, die mit<br />

Scream-Masken auf den Bildschirm<br />

zuspringen und etwa zwanzig Penisse.<br />

Ich erinnere mich, wie ich früher,<br />

als ich klein war, auf dem Kinderkarussell<br />

immer in den Polizeihubschrauber<br />

wollte. Das hier ist wie eine<br />

schmutzige Version vom Kinderkarussell.<br />

Hier bin ich glücklich, wenn mir<br />

kein Penis zugeteilt wird.<br />

So richtig drin in der Chatroulette-<br />

Routine bin ich auch nach zwei Stunden<br />

noch nicht. Mir tut es immer noch<br />

leid, Leute einfach wegzuklicken, die<br />

sich nicht gerade einen runterholen<br />

oder meine Brüste sehen wollen. Sogar<br />

der popelnde Franzose den ich<br />

weiterdrücke, obwohl er bis auf das<br />

Popeln eigentlich ganz nett aussieht.<br />

Ich möchte eigentlich<br />

schon aufgeben, eine Aspirin<br />

nehmen und schlafen<br />

gehen, da winkt mir ein solariumgebräunter<br />

Typ und<br />

ich beschließe, dass ich<br />

auch chatten muss, wenn<br />

ich schon chatte. Toll, denke<br />

ich mir bald. Da sind angeblich<br />

über 20.000 Menschen<br />

aus aller Welt online<br />

und ich werde mit Bochum<br />

verbunden. Trotzdem unterhalten<br />

wir uns nett. Über<br />

das Spiel Bochum gegen<br />

Aue, das er gerade im Fernsehen<br />

sieht, über seine Arbeit<br />

und darüber, wie viele<br />

Penisse wir schon gesehen<br />

haben. Als er meine Emailadresse<br />

haben will klicke<br />

ich ihn weg. Die würde ich<br />

noch eher dem popelnden<br />

Franzosen geben. #<br />

33


Wissenschaft<br />

„Nicht irgendein<br />

Hirngespinnst“<br />

Das Abitur in der Tasche, ein Hochgefühl. Voller Tatendrang den neuen Lebensabschnitt beginnen und die Uni<br />

erobern. Dann der Absturz – Leere, Trägheit. Svenja hat das alles erlebt und erhielt die Diagnose Depression.<br />

Von Sina Liers<br />

Fotos: Marius Köhler<br />

Es ist 8 Uhr. So langsam wird es<br />

dunkel vor dem Café, in dem ich<br />

sitze. Das Licht ist gedimmt, überall<br />

hängen schwere Rauchschwaden in<br />

der Luft. Die Atmosphäre könnte so gelöst<br />

sein, wenn da nicht dieses ernste<br />

Thema wäre. Denn mir gegenüber sitzt<br />

eine junge Frau, die mit Anfang 20 eine<br />

Diagnose bekam, die ihr Leben verändern<br />

sollte: Depressionen, Volkskrankheit<br />

Nummer eins.<br />

Svenja (Name geändert) ist groß und<br />

schlank, trägt die braunen Haare zu einem<br />

Pferdeschwanz zusammengebunden.<br />

Nervös steckt sie sich eine Zigarette<br />

an. Ich nehme es ihr nicht übel, würde<br />

ich noch rauchen, würde ich es ihr<br />

gleich tun. Svenja hat im Winter 2005<br />

angefangen, an der TU Braunschweig<br />

Bioingenieurwesen zu studieren, ihren<br />

absoluten Wunschstudiengang. Alles<br />

lief wie geplant, Svenja hatte ein sehr<br />

gutes Abitur und freute sich auf das<br />

Studentenleben. Doch bereits zwei Jahre<br />

später musste sie aufgrund der immer<br />

stärker werdenden Symptome hinschmeißen.<br />

Damit steht sie allerdings<br />

längst nicht alleine da.<br />

121 Millionen Menschen leiden weltweit<br />

an Depressionen, allein rund sechs<br />

Millionen davon leben in Deutschland.<br />

Laut einer bundesweiten Studie des<br />

Deutschen Studentenwerks von 2009<br />

soll sogar fast jeder zehnte Studierende<br />

an Depressionen und starken Ängsten<br />

leiden. Die Zahl stieg besonders in<br />

den letzten Jahren gravierend an. Der<br />

Grund: Möglicherweise die immer größer<br />

werdenden Ansprüche an die Studierenden?<br />

Das damit einhergehende<br />

Problem des ständigen Leistungs- und<br />

Erwartungsdrucks, die immer unsicherer<br />

werdenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />

und die Geldnöte? Zu wenig<br />

Zeit das Gelernte sacken zu lassen,<br />

weil immer mehr Input in noch kürzerer<br />

Zeit in den Kopf gepresst wird, bis<br />

einem irgendwann die Kraft fehlt, mit<br />

diesem Druck fertig zu werden?<br />

Bei Svenja war es genau so. Sie kam<br />

mit den Anforderungen des Studiums<br />

nicht mehr zurecht, war immer müde,<br />

abgekämpft. Vor Klausuren, hatte sie<br />

mittlerweile große Angst zu versagen.<br />

Dazu kamen nach und nach Schlafstörungen<br />

und Appetitlosigkeit. Anfangs<br />

glaubte Svenja noch an ein gewöhnliches<br />

Formtief, als sich die Antriebslosigkeit<br />

aber über Wochen und Monate<br />

ausdehnte und immer mehr nicht bestandene<br />

Klausuren ins Haus flatterten,<br />

merkte sie, dass etwas nicht stimmte.<br />

„Ich hätte dauernd nur heulen können.<br />

Es ist wie ein Teufelskreis. Du gehst<br />

abends tot müde ins Bett und kannst<br />

aber doch keinen Schlaf finden, weil die<br />

Gedanken in einer Tour um die nächste<br />

Klausur kreisen. Und am nächsten Tag<br />

hast du dann wieder keine Kraft, weil<br />

du nicht geschlafen hast.“<br />

Als Svenja Anfang des vierten Semesters<br />

merkte, dass sie den vielen Anforderungen<br />

im Studium nicht mehr<br />

gewachsen ist, fasste sie einen Entschluss.<br />

Die Studienberatung war ihre<br />

erste Anlaufstelle – zum Glück. Denn<br />

hier bekam sie die Unterstützung, die<br />

sie brauchte. „Viel zu viele Studierende<br />

versuchen immer noch, alleine Herr ihrer<br />

Depressionen zu werden. Man darf<br />

jedoch nicht vergessen, dass es sich<br />

um eine ernste Krankheit handelt, und<br />

nicht um irgendein Hirngespinnst.“<br />

Noch während des vierten Semesters<br />

brach Svenja das Studium ab. Die psychologische<br />

Betreuung half ihr zwar in<br />

den besonders schweren Zeiten, aber<br />

der Mut zum Weitermachen fehlte.<br />

„Ich denke nicht, dass ich im Studium<br />

noch einmal Fuß gefasst hätte.“<br />

Was Svenja jetzt brauchte, waren klare<br />

Strukturen und geregelte Tagesabläufe.<br />

Deshalb fing sie ein halbes Jahr später<br />

eine Ausbildung zur Biologielaborantin<br />

an, und bereut bis heute ihre Entscheidung<br />

nicht. #<br />

35


Wissenschaft<br />

Fotos: Marius Köhler, Privat<br />

„Viele kommen und<br />

wissen nicht, was los ist“<br />

PSYCHOLOGIN ANJA GROCHOLEWSKI ÜBER DEPRESSIONEN UND DEREN THERAPIE<br />

Von Christian Matz<br />

Die meisten Menschen erkranken zwischen<br />

18 und 25 Jahren an Depressionen. Das ist<br />

der Zeitraum, in dem man anfängt zu studieren<br />

oder auch aufhört. Sehen sie da Studierende<br />

besonders gefährdet?<br />

In dieser Lebensphase kommen schon mehrere<br />

Dinge zusammen. Man soll eine Familie<br />

gründen, einen Beruf erlernen, ein Studium<br />

absolvieren und noch vieles mehr. Bei vielen<br />

ist das der Anstoß, aber Stress alleine reicht<br />

nicht, sonst müsste jeder eine Depression<br />

bekommen.<br />

Hat die Umstellung auf Bachelor und Master<br />

denn die Situation verschärft?<br />

Ich denke der Druck ist gleich bleibend hoch,<br />

vor allem da Druck nicht nur von außen<br />

kommt, sondern auch in einem selber entsteht.<br />

Es gibt ja auch genug Leute, die die Fähigkeit<br />

haben mit Druck gut umzugehen. Das<br />

kann man deshalb so genau nicht sagen.<br />

Trotzdem, viele wünschen sich immer noch<br />

das Diplom und den Magister zurück...<br />

Sicherlich haben sich Zustände ergeben, die<br />

zusätzlich stressfördernd sind, aber inwiefern<br />

da ein direkter Zusammenhang zur Entstehung<br />

von Depression ableitbar ist, kann man<br />

nicht sagen. Entscheidend ist ja, wie groß der<br />

Druck persönlich empfunden wird.<br />

Was sind denn die Auslöser von einer<br />

Depression?<br />

Auslöser liegen in der Persönlichkeit. Leute,<br />

die sich selbst oft mit Schuldzuweisungen beladen<br />

oder generell eine negative Einstellung<br />

zur Welt haben neigen eher zu Depressionen.<br />

Auch Alkohol, meist als Vorwand zur Selbstmedikation,<br />

kann diese Ängste auslösen. Ansonsten<br />

werden Neigungen zur Depression<br />

auch vererbt. Risikoreich ist, wenn die ganze<br />

Familie voller Depressiver ist und einem<br />

depressives Verhalten vorgelebt wird. Dazu<br />

kommen körperliche Faktoren wie Hormonschwankungen,<br />

Diabetes oder Entzündungen<br />

im Nervensystem. Ansonsten wie auch<br />

36


Wissenschaft<br />

bekannt Verlusterlebnisse, Trennung, Tod,<br />

ein chronisch erhöhtes Arbeitsaufkommen,<br />

schlecht laufende Beziehungen oder auch Finanzen,<br />

vor allem im Studium. Problematisch<br />

sind auch ungewohnt neue Situationen<br />

zum Beispiel der Umzug in eine fremde Stadt.<br />

Aber es müssen immer mehrere Faktoren<br />

zusammenkommen.<br />

Kommen mehr Studentinnen oder Studenten<br />

zu Ihnen?<br />

Wir haben eindeutig mehr Frauen. Depressionen<br />

kommen bei Frauen häufiger als bei<br />

Männern vor. Bei der Ersterkrankung ist die<br />

Verteilung noch gleich, aber wegen der hohen<br />

Rückfallquote sind Frauen insgesamt stärker<br />

betroffen. Allerdings nehmen Frauen auch<br />

eher Hilfe in Anspruch. Männer versuchen<br />

vieles mit sich selber auszumachen.<br />

Woran merke ich denn, dass ich krank bin?<br />

Gibt es konkrete Anzeichen?<br />

Erste Anzeichen für eine Depression sind<br />

Schlafstörungen, Grübeleien, Interessenlosigkeit.<br />

Außerdem wird man in bestimmten Situationen,<br />

sei es positiv oder negativ, dünnhäutiger.<br />

Man reagiert emotionaler und gereizter.<br />

Zudem ist man schnell erschöpft, kann nicht<br />

viel leisten. Zu diesem Zeitpunkt befindet<br />

man sich aber noch in einer Grauzone. Eine<br />

Behandlung lässt sich jetzt noch abwenden.<br />

Inwiefern?<br />

Man sollte ein bisschen Selbstfürsorge betreiben,<br />

also Dinge machen, die einem gut tun.<br />

Man muss sich Zeit für sich nehmen und unnötige<br />

Pflichten vernachlässigen, regelmäßig<br />

essen, regelmäßig trinken, regelmäßig schlafen.<br />

Das hört sich einfach an, aber in Stresssituationen<br />

vernachlässigen wir uns. Es ist auf<br />

jeden Fall so: plötzlich befindet man sich in<br />

dieser Grauzone. Da muss ich dann Stopp sagen,<br />

von meinen Pflichten nur das tun, was<br />

wirklich notwendig ist. Rechte und Pflichten<br />

sollten sich die Waage halten. Wenn nach 14<br />

Tagen immer noch eine depressive Stimmung<br />

herrscht, dann sollte ich mir Hilfe suchen.<br />

Wie sieht eine Therapie bei Ihnen aus?<br />

Zuerst kommt die Diagnostik. Handelt es sich<br />

um eine Depression folgt die Schweregradeinschätzung:<br />

Leicht, mittel oder schwer. Bei<br />

schweren Depressionen wird auch mit Medikamenten<br />

behandelt. Das Medikament<br />

löst keine Probleme, gibt aber Kraft für den<br />

schweren Weg. Dann stellen wir einen Antrag<br />

an die Kassen zur Kostenübernahme. Erste<br />

Schritte sind, wie gesagt, den Patienten wieder<br />

aktiver zu machen, sozial anzugliedern.<br />

Viele haben alles um sich herum verloren.<br />

Dann werden Auslöser der Depression analysiert<br />

und wir beginnen mit der kognitiven Arbeit,<br />

klären welche Situationen welche Gedanken<br />

auslösen. Unabhängig vom Schweregrad<br />

dauert die Therapie ein Jahr.<br />

Hat man dann einen Therapeuten für sich?<br />

Ja, wir dürfen auch nicht vertreten, weil die<br />

Patienten uns vertrauen müssen. Die Leute<br />

erzählen uns intime Details. Wir unterliegen<br />

auch Datenschutz und Schweigepflicht.<br />

Läuft die Therapie parallel zum Studium?<br />

In der Regel können die Studierenden weiterstudieren.<br />

Die Versagensgedanken und den<br />

fehlenden Elan kann man nicht wegtherapieren,<br />

wenn die Leute aus ihrem sozialen Umfeld<br />

gerissen werden.<br />

Tragen die Krankenkassen alle Kosten?<br />

In der Regel wird bezahlt, wenn die Störung<br />

bekannt ist, die Behandlungsmaßnahme sinnvoll<br />

und die Prognose auf Besserung ausreichend<br />

gut ist. Man kann aber nichts versprechen,<br />

weil es eine Antragsleistung ist.<br />

Welche Rolle spielen Familie und Freunde<br />

bei der Therapie?<br />

Einige Depressive bürden sich 1000 Dinge<br />

auf, obwohl sie gar nicht mehr können. Diese<br />

Unruhigen werden deshalb oft nicht erkannt.<br />

Alle bewundern sie, weil sie so produktiv<br />

sind, aber sie haben nur eine scheiß Angst.<br />

Hilfe!<br />

Psychotherapeutische<br />

Beratungsstelle des<br />

Studentenwerks<br />

Fallersleber-Tor-Wall 10<br />

38100 Braunschweig<br />

E-Mail: pbs.bs@sw-bs.de<br />

Telefon: 0531/391-4932<br />

Die psychologische Psychotherapeutin<br />

Anja Grocholewski forscht und arbeitet<br />

an der TU Braunschweig<br />

Angehörige können da viel besser erkennen,<br />

wenn man abrutscht. Solche Hinweise sollte<br />

man auch annehmen. Außerdem ist ein funktionierendes<br />

soziales Umfeld immer eine gute<br />

Stütze, um wieder schnell aus den Depressionen<br />

zu kommen. Deswegen bemühen wir uns<br />

immer wieder Familienangehörige, Freunde,<br />

Partner mit einzubeziehen.<br />

Sind Depressionen heilbar?<br />

Bei 40 Prozent bleibt es bei einer Episode und<br />

bei dem Rest gibt es zwei bis drei Episoden<br />

oder einen phasenhaften Verlauf.<br />

Was ist der Unterschied zu anderen psychischen<br />

Krankheiten.<br />

Depressionen sind gut erforscht und können<br />

deshalb gut behandelt werden. Allerdings<br />

geht von allen Behandlungsbedürftigen nur<br />

ein Drittel zum Arzt. Die Hälfte davon wird<br />

erkannt und nur ein Bruchteil adäquat behandelt.<br />

Viele kommen zu uns und wissen<br />

nicht, was los ist.<br />

Was geschieht mit den Leuten, die nicht behandelt<br />

werden?<br />

Es gibt bei Menschen mit schweren Depressionen<br />

eine Suizidquote von 15 Prozent, sofern<br />

diese nicht behandelt werden. Grundsätzlich<br />

liegt die Wahrscheinlichkeit an einer Depression<br />

zu erkranken, bei Männern bei rund<br />

12 und Frauen rund 26 Prozent. Depressionen<br />

sind also alles andere als ein Randphänomen.<br />

#<br />

37


Informationsseiten des Braunschweigischen Hochschulbundes<br />

Förderer schaffen Freiräume,<br />

bahnen Wege und<br />

öffnen Türen.<br />

Der Braunschweigische Hochschulbund e.V. (BHB) unterstützt die Technische<br />

Universität in Lehre und Forschung, fördert die Zusammenarbeit<br />

mit anderen wissenschaftlichen Institutionen und ist bestrebt, das Ansehen<br />

der TU in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Region zu<br />

stärken.<br />

Der BHB verleiht jährlich den mit jeweils 5.000 Euro dotierten Heinrich-Büssing-Preis<br />

an hochkarätige Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

und Nachwuchswissenschaftler der TU Braunschweig.<br />

Wir unterstützen die Absolventenfeiern aller Fakultäten, fördern Exkursionen,<br />

studentische Initiativen und die vielfältigen kulturellen<br />

Vereinigungen an der TU Braunschweig.<br />

Darüber hinaus bilden wir mit unseren Veranstaltungen eine wichtige<br />

Schnittstelle zwischen der Universität, den Bürgern und Unternehmen<br />

unserer Region.<br />

Gern möchten wir Sie, liebe Studierende, zur diesjährigen Verleihung<br />

des Heinrich-Büssing-Preises einladen:<br />

Preisverleihung 2010<br />

Zeit: Dienstag, 26. Oktober 2010, 17.00 Uhr<br />

Ort: Aula (Haus der Wissenschaft)<br />

Für Braunschweig<br />

hoch hinaus<br />

DER BRAUNSCHWEIGISCHE<br />

HOCHSCHULBUND STELLT SICH VOR!<br />

38


20.000 Days in Space!<br />

Die Raumfahrt hat ihre Spuren hinterlassen. Heute umkreisen etwa 150 Millionen<br />

künstliche Objekte die Erde. Die Ästhetik dieses Weltraummülls zeigte das Institut<br />

für Luft- und Raumfahrtsysteme der TU Braunschweig beim Lichtparcours 2010 in<br />

Braunschweig – gefördert durch den Braunschweigischer Hochschulbund.<br />

Den Film der Lichtinstallation vom Lichtparcours gibt es nun auch als „Space Debris<br />

Screensaver“ für Ihren Computer. Begeben Sie sich auf eine Zeitreise von den Anfängen<br />

der Raumfahrt bis heute!<br />

Genießen Sie die ästhetische Anmutung oder fragen Sie per Mausklick weitere Informationen<br />

zu den einzelnen Objekten ab: Sie sehen Satelliten (rot), ausgebrannte<br />

Raketenoberstufen (gelb) und missionsbedingte Objekte wie verlorenes Werkzeug<br />

(grün) in Echtzeit auf ihrem Weg um die Erde – das alles bei rund 20.000-facher<br />

Vergrößerung.<br />

WWW.DAYS-IN-SPACE.DE<br />

BRAUNSCHWEIGISCHER HOCHSCHULBUND E.V.<br />

WWW.BRAUNSCHWEIGISCHER-HOCHSCHULBUND.DE<br />

39<br />

BHB@TU-BRAUNSCHWEIG.DE


Karriere<br />

Foto: Universal Music<br />

„Dieses<br />

Konkurrenzdenken<br />

ist doch Schmarrn!“<br />

Als DJ die Nacht zum Tage machen ist nicht nur für Spätpubertierende ein Traumberuf. Jürgen von Knoblauch vom<br />

DJ-Projekt „Jazzanova“ hat ihn sich erfüllt und tourt mit seinem Nujazz durch die Clubs der Welt. Sein Studium hat<br />

er dafür geschmissen.<br />

Von Benedikt Crone<br />

Jazzanova legt inzwischen weltweit auf<br />

und arbeitet mit Musikgrößen wie Lenny<br />

Kravitz oder dem Rapper Common zusammen.<br />

Hat deine Mutter vor dieser Erfolgszeit<br />

nie zu dir gesagt: „Junge, mach was<br />

Anständiges!“?<br />

Klar, in meinem Elternhaus gab es schon Terz,<br />

als ich sagte, dass ich mein Studium nicht beenden<br />

und mich stattdessen ganz der Musik<br />

widmen möchte.<br />

Was hast du studiert?<br />

Wirtschaftsingenieurwesen. Mein Vordiplom<br />

hatte ich bereits in der Tasche, Studienarbeit<br />

auch. Deswegen konnten viele die Entscheidung<br />

nicht verstehen.<br />

Warum bist du nicht bis zum Schluss zweigleisig<br />

fahren?<br />

Das ist eine Charaktersache. Mein DJ-Partner<br />

Claas hat sein Jurastudium beendet. Ich hätte<br />

beides parallel nicht machen können. Meine<br />

Gedanken waren zu sehr bei der Musik. Wir<br />

haben damals versucht Fuß zu fassen, zu touren<br />

und ein Label aufzubauen.<br />

Hattest du niemals Zweifel?<br />

Nein. ich dachte mir, wenn ich von der Idee<br />

überzeugt bin, sollte ich es auch durchziehen.<br />

Das klingt wie diese Phrase, die oft aus<br />

der amerikanischen Popkultur zu hören<br />

ist: „Du musst nur an dich glauben, dann<br />

kannst du alles erreichen.“<br />

Der Satz erinnert doch stark an stumpfe Animation:<br />

Ja, wir schaffen‘s! Das hat einen<br />

wahren Kern, ist aber übertrieben. Entscheidend<br />

ist eine gesunde Selbsteinschätzung und<br />

ob man ganz hinter seiner Sache steht. Dafür<br />

sind auch gute Freunde wichtig, die ein<br />

ehrliches Feedback geben. Keine Ja- und keine<br />

Nein-Sager!<br />

40


Karriere<br />

Wann wusstest du: Das war der Durchbruch,<br />

jetzt wird die Musik vom Nebenjob<br />

zur Vollzeitstelle?<br />

Die Bestätigung kam immer von außen, vom<br />

Publikum. Seit `92 lege ich Platten auf. Zunächst<br />

mehr aus Spaß an der Freude und als<br />

nettes Zubrot für mein Studium in Berlin.<br />

Dann habe ich die späteren Mitglieder von<br />

Jazzanova nach und nach kennengelernt. Die<br />

Sache wurde also immer größer. Aber was sie<br />

heute ist, habe ich mir nie erträumen lassen.<br />

Wie bist du auf dem Weg dorthin mit Rückschlägen<br />

umgegangen?<br />

Als DJ bekommt man eine Wertung immer direkt<br />

beim Auflegen. Da hatte ich schon mal<br />

schlechte Abende, bei denen ich frustriert war,<br />

aus dem Club wollte und frische Luft brauchte.<br />

Aber am nächsten Tag kam die Zuversicht<br />

wieder. Ich denke, dieses Gefühl ist entscheidend.<br />

So kann man an sich selbst festmachen,<br />

ob der eigene Wille stabil ist.<br />

Jazzanova arbeitet in Berlin. Du pendelst<br />

für deine Familie nach Braunschweig. Die<br />

eine Stadt ist berühmt für Kreativität, die<br />

andere weniger...<br />

Braunschweig ist vergleichbar mit einem Kiez<br />

von Berlin. Ein überschaubarer Stadtteil. Nur<br />

etwas schnuckliger. Das hat mir durchaus einen<br />

anderen Blick ermöglicht, der mir gut<br />

getan hat. Dennoch möchte ich Berlin nicht<br />

missen.<br />

Die Hauptstadt ist überschwemmt von<br />

Musikern und Künstlern. Es gibt viel<br />

Konkurrenz...<br />

Das war vor 20 Jahren nicht so. Damals lebte<br />

Berlin stärker von der Industrie. Die Situation<br />

hat sich inzwischen gewandelt. Aber dieses<br />

Konkurrenzdenken ist doch Schmarrn! Einen<br />

anderen DJ zu hören kann beflügeln. Jede<br />

Konkurrenz ist besser, als im stillen Kämmerlein<br />

zu sitzen. Der Austausch mit anderen hilft<br />

auch zu erkennen, ob man aufs richtige Pferd<br />

setzt oder einen falschen Weg eingeschlagen<br />

hat.<br />

Kann man das auch aufs Unileben übertragen?<br />

Meiner Generation wird nachgesagt,<br />

wir würden nur auf Creditpoints schielen<br />

und um Masterplätze kämpfen.<br />

Ich habe mich im Studium zumindest nicht<br />

gefreut, wenn ein Kommilitone eine schlechte<br />

Note geschrieben hat. Aber wenn es in der<br />

Musik um Ausschreibungen geht, können<br />

auch nette Leute unfreundlich werden. Drüberstehen<br />

ist da für mich eine Charakterstärke!<br />

Auch in meiner Musikerlaufbahn kam<br />

trotz mancher Durststrecken auch immer wieder<br />

ein Hoch.<br />

Optimismus entspannt?<br />

Sicher, es gibt viele Wege. Ein Kumpel hat sein<br />

Unistudium auch nicht gepackt und ist zur<br />

Fachhochschule gewechselt. Heute verdient er<br />

sehr gut – womöglich mehr als ich (lacht). #<br />

Im Norden ist viel Platz.<br />

Für Menschen, die gestalten wollen<br />

Alle Stellenangebote aus<br />

und noch viele weitere interessante<br />

Stellen aus der Region unter<br />

newsclick.de /stellen


Karriere<br />

Internetzwerken<br />

SOZIALE NETZWERKE KÖNNEN BEI DER PFLEGE VON KONTAKTEN HELFEN<br />

Von Annekatrin Bock<br />

Info<br />

Der Career Service der TU<br />

Braunschweig bietet Workshops<br />

zum Thema Networking an,<br />

zum Beispiel am 14. Dezember.<br />

Infos unter<br />

www.tu-braunschweig.de/career<br />

„Ein Profil in einem sozialen<br />

Netzwerk wie Xing ist<br />

quasi eine Visitenkarte.“<br />

Frank Fauth, IT-Region 38<br />

Der Griff zum Telefonhörer war<br />

gestern. Wer heute Langeweile<br />

hat, checkt den gesamten<br />

Freundes- und Bekanntenkreis direkt<br />

bei Facebook und Co. Was hat Petra<br />

heute morgen getextet und wie dusselig<br />

guckt Jonas da eigentlich auf dem neuen<br />

Profilfoto? Früher musste man Profil<br />

zeigen. Jetzt gibt es dafür Profilbilder. In<br />

unserer digitalen Welt werden Kontakte<br />

aufgebaut und vor allem gepflegt –<br />

jenseits der Tageszeit, ohne die Hemmschwelle<br />

des persönlichen Gesprächs<br />

und selbst über viele tausend Kilometer<br />

hinweg. Niedrige Kontakthürden<br />

gepaart mit der Möglichkeit zur Selbstdarstellung<br />

machen soziale Netzwerke<br />

auch für die Berufswelt interessant.<br />

Ein Beispiel: Auf der 2003 von Lars<br />

Hinrichs gegründeten Internetplattform<br />

XING tummeln sich mittlerweile<br />

zehn Millionen Mitglieder weltweit.<br />

Netzwerke sind überall und kaum einer<br />

kommt daran vorbei. Also schnell<br />

bei Xing einloggen und dem Gegenüber<br />

vom letzten Geschäftsmeeting eine<br />

Kontakteinladung senden. Kontakteinladung?<br />

Was soll das eigentlich sein?<br />

Eine Einladung zum Kontakt? Den hatte<br />

man doch schon – beim Geschäftsmeeting.<br />

Und überhaupt, nach dieser Nachricht<br />

schreibe ich dem Mann<br />

doch nie wieder irgendetwas.<br />

Also wofür ist es überhaupt<br />

gut, das Online-Netzwerken?<br />

„Ein Profil in einem sozialen<br />

Netzwerk wie Xing ist<br />

quasi eine Visitenkarte“,<br />

sagt Frank Fauth, erfahrener<br />

Networker und Gründer<br />

der Projektinitiative<br />

IT-Region 38. „Studierende<br />

können sich so positionieren,<br />

dass sie das Interesse<br />

von potenziellen Arbeitgebern<br />

wecken.“ Dabei<br />

zahlt sich das Networking<br />

meist nicht unmittelbar<br />

aus. Es geht also<br />

nicht darum, kurzfristig<br />

jemanden zu kontaktieren,<br />

sondern dauerhaft Kontakte zu pflegen,<br />

die dann in Zukunft nützlich sein<br />

können.<br />

Als Neueinsteiger beim Netzwerken<br />

sollte man deshalb ein klares Ziel vor<br />

Augen haben „Man muss sich fragen,<br />

welches Image möchte ich mit meinem<br />

Profil verkörpern“, erklärt Fauth.<br />

Wer weiß, wie er von Geschäftspartnern<br />

oder zukünftigen Chefs wahrgenommen<br />

werden will, kann dann die<br />

richtigen Informationen online stellen<br />

und gleichzeitig andere auslassen. Ein<br />

gut gepflegtes Profil ist dabei für das berufliche<br />

Vorankommen entscheidend.<br />

Fauth: „Hier habe ich die Möglichkeit,<br />

meine Kompetenzen und Qualifikationen<br />

zu zeigen.“ Aber kann man gleichzeitig<br />

ein Netzwerk wie Xing rein geschäftlich<br />

nutzen und über Facebook<br />

Fotos von der letzten Kneipentour<br />

hochladen? Das ist mittlerweile durchaus<br />

akzeptiert. Ein Bild, auf dem man<br />

mit Freunden feiert und vielleicht auch<br />

ein Bier in der Hand hat, sei schon ok,<br />

sagt Fauth. „Das zeigt ja auch, dass<br />

ich soziale Kontakte pflege und ein<br />

Teamplayer bin.“<br />

Übertreiben sollte man es mit der privaten<br />

Offenherzigkeit dann aber doch<br />

nicht, denn im Internet ist alles nur einen<br />

einfachen Mausklick voneinander<br />

entfernt. #<br />

Foto: Privat<br />

42


Karriere<br />

Reiche Egotaktiker<br />

kurz &<br />

knapp<br />

550 MILLIONEN FREUNDE DEM INGENÖR …<br />

PERFEKT UNIFORMIERT<br />

Fotos: Michael Kopatz , Carsten Nadale, Rainer Sturm – pixelio.de<br />

Er ist der Boss von 1700 Angestellten,<br />

scheffelt 1,4 Milliarden US-Dollar im<br />

Jahr und kennt die Gesichter von 550<br />

Millionen Menschen. Der Facebook-Erfinder,<br />

Mark Zuckerberg, wurde gerade<br />

vom Forbes<br />

Magazin zum<br />

jüngsten Milliardär<br />

der Welt erklärt.<br />

Filmreif,<br />

dachte sich auch<br />

Regisseur David<br />

Fincher. Das Ergebnis<br />

gibt´s aktuell<br />

im Kino …<br />

… ist nix zu schwör. Außer vielleicht<br />

Nachwuchs zu mobilisieren. Bisher gibt<br />

es in Deutschland die zweithöchste Ingenieursdichte<br />

in Europa. Doch wenn<br />

weiterhin so wenige Abiturienten ein<br />

Ingenieursstudium<br />

abschließen,<br />

gehen der<br />

deutschen Wirtschaft<br />

die Fachkräfte<br />

aus. 2010<br />

blieben bereits<br />

36.800 Stellen<br />

für Ingenieure<br />

unbesetzt.<br />

Sie planen ihr Studium, optimieren ihren<br />

Lebenslauf und streben nach der<br />

perfekten Karriere – ‚Ego-Taktiker‘ wollen<br />

ihr Leben nicht verbummeln, sie<br />

wollen durchstarten. Doch wenn die<br />

Individualität<br />

beim Dauerlauf<br />

um die perfekte<br />

Vita auf der<br />

Strecke bleibt,<br />

ziehen sogar die<br />

Weltverbesserer<br />

und Freidenker<br />

auf der Karriereleiter<br />

vorbei.<br />

www.q-gmbh.com<br />

Im Norden ist viel Platz.<br />

Für Menschen, die gestalten wollen.<br />

Die norddeutsche Art.<br />

Neugier ist eine norddeutsche Tugend. Und<br />

die Antriebsfeder einer Bank, für die Norden<br />

nicht nur eine Richtung ist, sondern auch<br />

eine Haltung. In der NORD/LB ist man gespannt<br />

auf Chancen, neue Herausforderungen<br />

und auf Menschen, die zu Kollegen<br />

in starken Teams werden. Für Kunden, die<br />

mehr erwarten.<br />

Wir sind neugierig auf Sie. Bewerben Sie<br />

sich als Trainee bei der führenden Univer salbank<br />

im Norden Deutschlands und Landesbank<br />

für Niedersachsen und Sachsen- Anhalt.<br />

Denn Karriere beginnt hier oben auf die<br />

norddeutsche Art.<br />

Über Ihre vielfältigen Einstiegsmöglichkeiten<br />

erfahren Sie mehr unter: www.nordlb.de/karriere<br />

Besuchen Sie uns am 17.11.2010 zwischen<br />

9:30 16.00 Uhr auf der bonding Firmenkontaktmesse<br />

(www.bonding.de) in Braunschweig! Messeort:<br />

Rebenpark GmbH, Rebenring 31, 38106 Braunschweig.<br />

P<br />

www.nordlb.de


Karriere<br />

„Jetzt macht er<br />

gleich einen Witz“<br />

Thorsten Havener ist „Der Gedankenleser“ bei SAT.1. Mit seinen<br />

Seminaren und Shows tourt der Vater von drei Kindern mittlerweile<br />

durch ganz Europa. Die Technik des Bestsellerautors („Ich weiß, was du<br />

denkst“ und „Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten“) basiert auf<br />

seiner Beobachtungs- und Kombinationsgabe. Havener kombiniert dazu<br />

Methoden der Hypnose, der Entspannung und der Körpersprache.<br />

Von Sina Liers & Daniela Viehmeier<br />

Während Ihres Studiums wussten Sie<br />

schon, was Ihre Professoren sagen wollten,<br />

bevor diese einen Satz ausgesprochen hatten.<br />

Klingt nach billigem Hokuspokus à la<br />

Uri Geller und Co.<br />

Ich habe Dolmetschen studiert. Und irgendwann<br />

habe ich gemerkt, dass neben der reinen<br />

Inhaltsebene, auch die Betonung, die Mimik<br />

und die Gestik sehr wichtig sind. Und wenn<br />

ich auf all diese Ebenen geachtet habe, war<br />

ich auf einmal in der Lage zu sagen, „Jetzt<br />

gleich macht er einen Witz.“ Und drei Sekunden<br />

später hat er dann wirklich einen Witz<br />

gemacht.<br />

Sie haben das „Gedankenlesen“ also trai-<br />

niert. Kann das also jeder lernen?<br />

Kann jeder Klavier spielen lernen? Bis zu einem<br />

gewissen Grad bestimmt. Es gibt ja<br />

ganz viele Managementtrainer, die sagen,<br />

man kann alles erlernen und wenn andere<br />

das schaffen, dann schaffst du das auch. Ich<br />

sehe das ein bisschen anders. Ich glaube, die<br />

Grundlagen sind in uns allen angelegt, sobald<br />

wir halt körperlich dazu in der Lage und nicht<br />

in irgendeiner Weise gehandicapt sind.<br />

Woran merken wir, wenn unser Gegenüber<br />

lügt?<br />

Ein Beispiel: Woran erkenne ich, ob sich jemand<br />

aufrichtig freut mich zu sehen oder nur<br />

so tut? Ganz wichtig dabei ist, dass echte Gesichtsausdrücke<br />

ineinander übergleiten. Das<br />

heißt, wenn das Lachen sofort aufhört, sobald<br />

Ihr Gegenüber in eine andere Richtung<br />

schaut, war es nicht echt. Auch die Reihenfolge<br />

ist sehr wichtig. Wenn sich jemand freut<br />

Sie zu sehen, dann sieht er Sie und lacht erstmal.<br />

Dann kommt er auf Sie zu und redet mit<br />

Ihnen. Wenn jemand nur so tut, als würde er<br />

sich freuen, dann gibt er Ihnen die Hand und<br />

fängt dann an zu lachen. Das ist dann die falsche<br />

Reihenfolge.<br />

Und wenn man doch zu einer kleinen Notlüge<br />

greifen muss, zum Beispiel im Bewerbungsgespräch?<br />

Was kann ich tun, damit<br />

ich nicht auffliege?<br />

Zunächst ist die Frage, ob Sie überhaupt Lügen<br />

müssen. Besser ist immer, etwas Wahres<br />

zu sagen, zum Beispiel: „Klar, die Regelstudienzeit<br />

beträgt sechs Semester, aber auch nur<br />

auf dem Papier. Keiner, der mit mir angefangen<br />

hat, hat das in diesen sechs Semestern geschafft.“<br />

Das heißt, ich würde nicht unbedingt<br />

lügen, denn eine Lüge zu verstecken ist sehr<br />

schwer. Vor allem, wenn wir unter Druck stehen.<br />

Etwas Weggelassenes dagegen ist praktisch<br />

nicht zu erkennen.<br />

Glauben Sie, dass die Personaler sich überhaupt<br />

so gut auskennen, dass sie Mimik<br />

und Gestik lesen können?<br />

Ich habe dazu mal Versuche gemacht und<br />

habe Leuten Filme vorgespielt, in denen einmal<br />

gelogen und einmal die Wahrheit gesagt<br />

wurde. Und die Verteilung war genau fünfzig,<br />

fünfzig. Das heißt, wir denken oft, wir wären<br />

gut darin, eine Lüge zu erkennen, aber das<br />

sind wir nicht. Es gibt allerdings Ausnahmen,<br />

zum Beispiel Lehrer oder Polizisten. Die haben<br />

Erfahrung und ein Bauchgefühl entwickelt.<br />

Ob Sie sich beim BND bewerben oder bei Aldi,<br />

macht da sicher einen Unterschied. (lacht)<br />

Worauf sollte ich grundsätzlich bei einem<br />

Bewerbungsgespräch achten?<br />

Ja, mit der richtigen mentalen Einstellung in<br />

ein solches Gespräch gehen. Das heißt, wenn<br />

Sie denken „Boah, hier sind noch 300 andere<br />

Fotos: Armin Zedler<br />

44


Karriere<br />

Lügen zwecklos:<br />

Thorsten Havener hat sein<br />

Gegenüber fest im Blick<br />

Bewerber und die sind alle viel besser als ich“,<br />

dann ist das nicht die richtige mentale Einstellung.<br />

Sie müssen sich klar machen, warum<br />

genau Sie der Richtige sind für genau diesen<br />

Job.<br />

Wieso ist das so wichtig?<br />

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Das<br />

heißt, unsere Gedanken werden sichtbar in<br />

unserem Körper. Wenn ich mich niedergeschlagen<br />

fühle, dann renne ich niedergeschlagen<br />

rum, ziehe die Schultern nach unten und<br />

gucke auf den Boden. Das Ganze gilt aber<br />

auch umgekehrt und das wissen die meisten<br />

Menschen nicht. Das heißt, wenn Sie lächeln,<br />

sich im Spiegel anlächeln, nach oben schauen<br />

und sich gerade halten, fühlen Sie sich auch<br />

selbstsicherer.<br />

O.k., aber das ist nicht so leicht bei einem<br />

Bewerbungsgespräch…<br />

…ein ganz banaler Tipp: Ich würde etwas anziehen,<br />

worin ich einfach super aussehe. Sie<br />

fühlen sich einfach gut, wenn Sie wissen:<br />

„Ich sehe heute einfach super aus. Ich habe<br />

das Beste aus mir herausgeholt.“<br />

Und was ist, wenn ich auf eine Frage<br />

im Bewerbungsgespräch keine Antwort<br />

weiß?<br />

Ich würde mir Zeit verschaffen, indem ich<br />

nicht rumeiere und anfange eine Antwort zurecht<br />

zu stammeln, sondern sagen: „Das ist<br />

eine gute Frage, da muss ich jetzt offen gestanden<br />

erst einmal kurz drüber nachdenken.“<br />

Und wissen Sie, was dann passiert? Der<br />

Druck ist weg, das Adrenalin steigt nicht an,<br />

sie bleiben cool. #


Schlussakkord<br />

Fotos: Maria Boger<br />

Willkommen in<br />

Braunschweig!<br />

STUDI38 GIBT EUCH INFOS UND TIPPS FÜR EIN TOLLES ERSTES SEMESTER<br />

Von Maria Boger, Katerina Papamichael & Daniela Viehmeier<br />

Sobald ihr euch eingerichtet habt,<br />

könnt ihr mit Fragen aus dem Familien-<br />

und Freundeskreis in der<br />

Heimat rechnen. Wie es denn so ist in<br />

Braunschweig. Deshalb gibt es jetzt etwas<br />

Handwerkszeug zum Eindruck<br />

schinden: In der Physikalisch Technischen<br />

Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig<br />

wird zum Beispiel die Zeit gemacht.<br />

Richtig gelesen: Die Funkwecker<br />

auf euren Nachttischen und Bahnhofsuhren<br />

in ganz Deutschland bekommen<br />

ihr Signal aus eurer neuen Heimat.<br />

Auch mit der höchsten Forschungsdichte<br />

Europas kann sich die Löwenstadt nebenbei<br />

brüsten.<br />

Die Daheimgebliebenen sind keine<br />

Technikbegeisterten? Kein Problem,<br />

dann erzählt doch einfach von Heinrich<br />

dem Löwen und seinem Haustier – richtig,<br />

einem Löwen. Dieser folgte ihm der<br />

Sage nach, weil Heinrich ihn vor einer<br />

Schlange gerettet hatte, auf Schritt und<br />

tritt. Neben einer Tür des Braunschweiger<br />

Doms sind heute noch Kratzspuren<br />

zu sehen, welche der Löwe der Legende<br />

nach dort hinterlassen hat, weil er<br />

zu seinem toten Herrchen in den Dom<br />

wollte.<br />

Noch mehr Historisches? Gauß vermaß<br />

von hier aus die Welt und Leibniz<br />

und Lessing sortierten in der Herzog<br />

August Bibliothek in Wolfenbüttel Bücher.<br />

Die galt damals übrigens als achtes<br />

Weltwunder.<br />

Den Faschingfans zuhause könnt ihr<br />

erzählen, dass der Braunschweiger Karnevalsumzug<br />

der längste im Norden ist.<br />

Und die Menschen, die von Fußball nie<br />

genug bekommen, könnt ihr spätestens<br />

mit der Tatsache begeistern, dass in<br />

Braunschweig das erste Mal in Deutschland<br />

Fußball gespielt wurde. Der Lehrer<br />

Konrad Koch ließ im Jahr 1874 am Martino-Katharineum<br />

seine Schüler hinter<br />

das runde Leder treten und bereitete damit<br />

den Boden für der Deutschen liebsten<br />

Sport. Und damit nicht genug: als<br />

erste Trikotwerbung in der Bundesliga<br />

regte der Jägermeisterhirsch die Fans<br />

der Eintracht zum Alkoholgenuss an.<br />

Ihr habt nun die großartige Gelegenheit<br />

Eure Studienzeit zwischen<br />

Eintrachtfans, grünen Parkanlagen<br />

und zahlreichen Kirchen verbringen<br />

zu dürfen. Also, schnappt Euch ein<br />

Wolters am nächsten Kiosk, schwingt<br />

euch auf euren Drahtesel und erkundet<br />

eurer neues zu Hause – die Löwenstadt<br />

Braunschweig! #<br />

46


Schlussakkord<br />

„ALTE HASEN“ UND IHRE<br />

PERSÖNLICHEN TIPPS<br />

FÜR EUCH!<br />

„Im Sommer sollte man<br />

definitiv im Prinzenpark<br />

grillen. Bier, Würstchen<br />

und Einweggrill<br />

sollten immer startklar<br />

sein für eine spontane<br />

Grillsession.“<br />

Tobias, 5. Semester Maschinenbau<br />

„An kalten Wintertagen<br />

ist es nicht<br />

verkehrt sich eine<br />

Thermoskanne Glühwein<br />

in die Vorlesung<br />

mitzunehmen.<br />

Feucht fröhlich lässt<br />

sich der Stoff eh<br />

besser lernen. Und<br />

wenn es am Tag noch<br />

nicht gereicht hat,<br />

dann abends ab zum<br />

Weihnachtsmarkt.“<br />

Marius, 5. Semester Maschinenbau<br />

„Immer schön nett sein zu den Angestellten<br />

in den Mensen und Cafeterien. Irgendwann<br />

zahlt es sich dann mal aus!“<br />

Valentina, 3. Semester Wirtschafts-Ingenieurwesen(Bau)<br />

To-Do-Liste<br />

Während eurer Zeit in der Löwenstadt solltet ihr ein paar Dinge auf jeden<br />

Fall machen. Wenn ihr alle Punkte der Liste abgehakt habt, könnt ihr<br />

euch mit Stolz geschwellter Brust Braunschweiger nennen!<br />

„Am Samstag in den Zug<br />

steigen und ab nach Hamburg.<br />

Dort die Nacht auf<br />

dem Kiez durchfeiern und<br />

morgens noch schnell beim<br />

Fischmarkt vorbei und<br />

sich ein Fischbrötchen für<br />

die Rückfahrt besorgen.<br />

Wozu hat man denn ein<br />

Semesterticket bis nach<br />

Hamburg?“<br />

Robert, 7. Semester Architektur<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Boot fahren auf der Oker<br />

Donnerstags-Tour: Merz, Brain, D-Zug …<br />

Braunschweigs Kickerelite im Tegtmeyer bezwingen<br />

Sommerparty auf dem Karstadtparkhausdach<br />

HBK Rundgang und TU Sommerfest<br />

Auf der falschen Straßenseite mit dem Fahrrad fahren und angeschnauzt werden<br />

Finde den besten Döner (Salattasche) der Stadt<br />

Grillnachmittag auf dem Löwenwall<br />

Feuerzangenbowle auf dem Braunschweiger Weihnachtsmarkt genießen<br />

Die Löwenspuren am Dom berühren<br />

Der Klofrau im Merz Hallo sagen<br />

Im Audimax während der Vorlesung einen Papierflieger starten<br />

Im Sommer in der OkerCabana mit den Füßen im Sand die Seele baumeln lassen<br />

Den Weisheiten des Braunschweiger Predigers lauschen<br />

Zur Rettung von Wolters beitragen: Trinken, trinken, trinken<br />

Den Text auf den Höschen der Männer vom Ringerbrunnen lesen<br />

Am Strand des Heidbergsees einen Urlaubstag imitieren<br />

47


Schlussakkord<br />

Fifty/ Fifty<br />

Männerüberschuss kann deine<br />

Party schnell in ein primitives<br />

Saufgelage abrutschen lassen, zu<br />

viele Frauen erhöhen die Gefahr<br />

für einen gähnend langweiligen<br />

Serienabend. Sorge also stets dafür,<br />

dass Männlein und Weiblein<br />

im Mischverhältnis von 1:1<br />

auftreten.<br />

Get the Party<br />

started<br />

Studentenpartys genießen seit je her einen gewissen Ruf.<br />

Doch eine legendäre Feier kommt nicht von Ungefähr.<br />

studi38 präsentiert euch deshalb Tipps und Tricks für<br />

einen unvergesslichen Abend<br />

Von Kenja Albrecht & Jonas Hartwig<br />

Abendmahl<br />

Sie sind nicht nur für den Morgen danach,<br />

sondern auch den Abend selbst<br />

absolut entscheidend: Die Elektrolyte.<br />

Ein guter Gastgeber bereitet deshalb<br />

deftige Leckereien vor oder kompensiert<br />

mangelnde Küchenexpertise mit<br />

ausreichend Chips. Eins steht fest:<br />

Wer den Magen der Gäste vergisst, bekommt<br />

den Kühlschrank<br />

leer geräubert.<br />

1 2<br />

3<br />

Soundtrack<br />

Zu jeder guten Party gehört natürlich<br />

gute Musik. Doch Vorsicht:<br />

Geschmäcker sind bekanntlich<br />

verschieden. Es gilt die Formel:<br />

Je später der Abend desto einfacher<br />

wird der DJ-Job. Irgendwann<br />

weckt dann 90er Jahre-<br />

Trash Erinnerungen und die<br />

Backstreet Boys locken mit<br />

ihrem „Everybody“ auch noch<br />

den letzten Partymuffel auf die<br />

Tanzfläche!<br />

6<br />

Kreatives Saufen<br />

Besonders schön trinkt es sich ausgefallen!<br />

Zum Beispiel mit einer Wodkamelone<br />

oder einer Solero-Bowle! Eine<br />

Flasche Korn, eine bis zwei Flaschen<br />

Mango-Maracuja Saft, zehn Päckchen<br />

Vanillezucker – fertig!<br />

4<br />

Reise nach Jerusalem<br />

Sitzen ist der Todfeind jeder<br />

guten Party. Sorge für<br />

Bewegung in dem du die<br />

Möglichkeiten der Sitzgelegenheiten<br />

minimal hältst.<br />

Allgemeine Formel: Sitzgelegenheiten<br />

< Partygäste<br />

5<br />

Küchenparty<br />

Partygäste<br />

neigen dazu<br />

sich proportional<br />

zum<br />

verfügbaren<br />

Raum auszudehnen. Entweder du<br />

lädst also genug Leute ein, oder du beschränkst<br />

den Raum. Und im Morgengrauen<br />

sitzen eh alle in der Küche.<br />

Foto: Kenja Albrecht,, Jonas Hartwig, Ioan Sameli, hrlndspnks, Etwood<br />

48


Lieblings …<br />

… ALBUM? FILM? BUCH?<br />

Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben!<br />

Jonas Hartwig<br />

Fine Behrens<br />

Sina Liers<br />

Lieblingsalbum:<br />

Name des Albums: Ben l‘Oncle Soul<br />

Interpret: Ben l‘Oncle Soul<br />

Weil: Authentisch, Kurzweilig,<br />

Markant<br />

In 14 teils französischen, teils englischen Nummern<br />

besticht der 26-jährige Franzose durch<br />

grandiose Stimme und einen Retro-Sound der<br />

an die Motown-Musik der 60er und 70er Jahre<br />

erinnern lässt. Der Mann hat Soul im Blut.<br />

Lieblingsfilm:<br />

Name des Films: Waltz with Bashir<br />

Regisseur: Ari Folman<br />

Weil: Originell, Ehrlich, Bewegend<br />

Der animierte Mix aus Spiel- und Dokumentarfilm<br />

verknüpft in einzigartiger Optik die<br />

Geschichte eines Krieges mit den Abgründen<br />

der menschlichen Psyche.<br />

Lieblingsbuch:<br />

Name des Buches: Limit<br />

Autor: Frank Schätzing<br />

Weil: Fesselnd, Geistreich, Informativ<br />

In seinem zweiten Wissenschaftsthriller gelingt<br />

es Schätzing scheinbar mühelos spannende<br />

zwischenmenschliche Geschichten in<br />

das wissenschaftliche Thema „Raumfahrt“ zu<br />

integrieren.<br />

Lieblingsalbum:<br />

Name des Albums: Urban Hymns<br />

Interpret: The Verve<br />

Weil : Kraftvoll, träumerisch, legendär<br />

Super zum Chillen am See und weil das Album<br />

noch so viel mehr Tolles bietet als „nur“<br />

The Bitter Sweet Symphony<br />

Lieblingsfilm:<br />

Name des Films: Still Crazy<br />

Regisseur: Brian Gibson<br />

Weil: Musikalisch, urkomisch,<br />

glaubhaft<br />

„Wahrscheinlich hatte Gott diese 70er-Jahre-<br />

Rock’n’Roll-Exzesse einfach satt. Deswegen<br />

hat er die Sex Pistols erfunden!“<br />

Lieblingsbuch:<br />

Name des Buches: Das Geheimnis der<br />

großen Schwerter<br />

Autor: Tad Williams<br />

Weil: Faszinierend, spannend, in eine<br />

andere Welt eintauchen<br />

Noch viel genialer als Der Herr der Ringe!<br />

Lieblingsalbum<br />

Name des Albums: MTV Unplugged<br />

Interpretin: Alanis Morissette<br />

Weil: Authentisch, phantastisch,<br />

verträumt<br />

Den wahren Künstler erkennt man dann,<br />

wenn ein rein akustisches Livealbum auch<br />

nach dem 100. Mal Anhören noch faszinieren<br />

kann und Gänsehaut erzeugt.<br />

Lieblingsfilm<br />

Name des Films: Natural Born Killers<br />

Regisseur: Oliver Stone<br />

Weil: Wild, rasant, böse<br />

Ein Killerpärchen reist quer durch die USA<br />

und hinterlässt dabei eine blutige Spur der<br />

Verwüstung, immer mit dem Ziel vor Augen,<br />

ein Leben lang zusammen zu sein.<br />

Lieblingsbuch<br />

Name des Buches: Das Buch ohne<br />

Namen<br />

Autor: Anonymus<br />

Weil: Zwielichtig, genreübergreifend,<br />

überraschend<br />

Das Zusammenbringen von Mönchen, Westernhelden,<br />

Detektiven und Gangsterbossen<br />

in einer einzigen Geschichte ist einfach skurril<br />

und doch passend.<br />

49


Schlussakkord<br />

Heute. Morgen. Gestern.<br />

WENN SNOOPY MIT DER TAGESDECKE DURCHS LEBEN WANDERT<br />

Von Arne Schrader<br />

Die Nacht legt sich langsam über<br />

die Schatten der Bäume. Es ist<br />

kälter geworden. Sie hat sich<br />

eine Decke aus dem Wohnzimmer geholt<br />

und um den frierenden Körper geschlungen.<br />

Der Gartenstuhl ist hart und<br />

unbequem. Sie zündet sich eine Zigarette<br />

an und lauscht dem leisen Knistern.<br />

Es beruhigt sie, lässt sie durchatmen.<br />

Sie blickt auf und schaut in die Gesichter<br />

ihrer Freunde. Der fahle Schein<br />

der Teelichter auf dem Tisch taucht sie<br />

in dunkelgelbe und rote Farben. Sie unterhalten<br />

sich. Reden über irgendwas,<br />

über Sachen, doch was genau will sie<br />

gar nicht wissen – wirklich zugehört hat<br />

sie das letzte Mal vor ein paar Stunden.<br />

Es ging um die Uni und was man später<br />

machen möchte. Es ging darum, wer<br />

jetzt schon mit wem wie lange genau<br />

zusammen ist. Wer frisch getrennt und<br />

wie traurig das doch sei. Es ging um alte<br />

Zeiten. Um den 13. Geburtstag von Sophie<br />

und wie betrunken Emma damals<br />

war.<br />

Hier Anekdoten und da kleine Geschichten.<br />

Immer garniert mit einer Prise<br />

Pathos und Wehmut. Bei den potentiellen<br />

Namen für die späteren Kinder<br />

stieg sie dann irgendwann aus. Die angeregte<br />

Diskussion wurde zum Hintergrundgeräusch.<br />

Und mit einem Schluck<br />

aus ihrem Weinglas verabschiedete sie<br />

sich in ihre Gedankenwelt.<br />

Früher mochte sie keinen Weißwein.<br />

Früher. Aber früher fand sie auch Nick<br />

von den Backstreet Boys gut. Früher<br />

wäre sie aufgestanden, zu Marc einfach<br />

rübergegangen und hätte ihm etwas<br />

ins Ohr geflüstert und dann hätten<br />

sie geknutscht. Einfach so, weil sie jung<br />

waren. Oder sie wären alle zusammen<br />

durch die Straßen gezogen, über Zäune<br />

und in Gartenpools von fremden Häusern<br />

gesprungen und hätten ihre Klamotten<br />

dann zum Trocknen in die Morgensonne<br />

gelegt, während sie auf dem<br />

kleinen Hügel gesessen und den Tag begrüßt<br />

hätten.<br />

Sie muss an das Schlafzimmer von<br />

Emma und ihrem Freund denken, aus<br />

dem sie sich vorhin die Decke holte. Das<br />

Abiballfoto eingerahmt über dem Doppelbett,<br />

die Tagesdecke akkurat zurecht<br />

gezupft und die Schlafanzüge sauber zusammen<br />

gelegt. Wääh. Bei ihr hängen<br />

Konzertkarten über der alten Matratze,<br />

überall Poster an den Wänden und<br />

Pipi Langstrumpf grüßt zerknittert von<br />

der Bettwäsche. Und<br />

wer braucht schon<br />

Schlafanzüge, ein altes<br />

Snoopy T-Shirt<br />

reicht vollkommen.<br />

Sie schaut auf ihr<br />

Handy mit dem kleinen<br />

grünen Kassettenaufklebern<br />

und<br />

stellt fest, dass es<br />

schon beinahe zwei Uhr ist. Höchste<br />

Zeit dem altbackenen Rentnerverein<br />

hier freundlich mitzuteilen, dass man<br />

müde sei und nach Hause fahren müsse.<br />

Jaja, das Pesto war super, aber für sie<br />

ist es jetzt wirklich Zeit. Es sind zwar<br />

ihre Freunde, aber so alt und verstaubt<br />

ist sie noch nicht.<br />

Sie steigt auf ihr Fahrrad und fährt<br />

los, hinein in die Nacht. Sie freut sich<br />

auf ihr kuscheliges Bett und das Bibi<br />

Blocksberg Hörspiel zum Einschlafen.<br />

Irgendwo rechts von ihr dringen aus der<br />

Ferne dumpfe Bässe und die tanzenden<br />

Lichter der Stadt. #<br />

Foto: Arne Schrader<br />

50


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T 05132 88-2754 | F 05132 88-2599<br />

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