Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38

Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38 Aktuelle Ausgabe komplett als PDF - Studi38

30.08.2014 Aufrufe

Schlussakkord Die Sache mit dem Konjunktiv Wie die Möglichkeitsform unser Denken beherrscht Von Elena Schade Wieder beginnt ein neues Semester. Wieder sitze ich in der Uni und hab mir Großes vorgenommen: Diesmal schreibe ich alles mit. Diesmal strenge ich mich so richtig an. Diesmal werde ich für meine Mühe mit einem grandiosen Durchschnitt belohnt. Diesmal mache ich alles anders. Auch wenn es letztes Jahr nicht so gut lief, wenn ich möchte, dann kann ich das auf jeden Fall. Und ich möchte wirklich. Schon in der dritten Woche höre ich in einem Seminar das erste grandiose Referat eines Kommilitonen. Diese gewählte Aussprache, dieses Auftreten, diese fein säuberlich beschriebenen Karteikarten und diese unglaubliche selbstsichere Ausstrahlung. Diese Gelassenheit während der anschließenden, bohrenden Fragen einiger besonders streitlustiger Mitstudenten und der kritische Blick des Dozenten. Der Referent bleibt unvorstellbar ruhig. Ich frage mich kurz wie er das macht und dann die Erkenntnis: Wenn ich jedes Mal so gut vorbereitet wäre, würde ich das genauso schaffen. Ich müsste mich nur einen Tag früher dran setzten, mich etwas besser auf die Vorbereitung konzentrieren und mich gegen hartnäckige Ablenkungsversuche durch meine Umwelt vehement wehren. Das kann doch nicht so schwer sein. Nachmittags sitze ich an meinem Schreibtisch und starre Löcher in die Luft. Vor mir ein Stapel Bücher und ein paar Dutzend kleine Klebezettel in allen erdenklichen Farben. Ich denke an meinen Vorsatz, diesmal fleißiger zu sein. Würde ich sofort anfangen, könnte ich es sogar noch relativ stressfrei bis zum Abgabetermin schaffen. Aber zählt der Vorsatz überhaupt, wenn die Hausarbeit noch aus dem letzten Semester ist? Während ich mir über die Gültigkeit meines Vorhabens in dieser speziellen und sehr schwierig zu bewertenden Situation den Kopf zerbreche, begrüße ich einen ungebetenen Gast in meinem Unterbewusstsein. Den inneren Schweinehund. Jeder kennt ihn, jeder hat ihn, keiner will ihn. Eng umschlungen trifft man ihn oft mit seinem guten Freund, dem Konjunktiv. Besser bekannt als die Möglichkeitsform oder in der zweiten Form sogar als Irrealis. K und S, nennen wir die beiden so, halten zueinander, in guten wie in schlechten Zeiten. Sie sind immer einer Meinung und verstehen sich auch sonst ausgesprochen gut. Sie bauen gemeinsam weiße Luftschlösser, einziehen tun sie allerdings selten. Viele von uns fühlen sich mit K und S verbunden. Manche weniger, manche mehr und manche viel zu oft. Bequeme Gesellschaft verschmähen wir eben selten. In Diskussionen verteidigt der K den S selbstredend, was sich sowohl für Beteiligte, als auch Unbeteiligte durchaus als schwierig gestalten kann. S argumentiert dann schlau und K hat auf jeden Fall Verständnis. Natürlich könnte ich die Hausarbeit mit 1 bestehen, wenn ich mich richtig anstrenge. Die Möglichkeit besteht, die Realität aber sieht anders aus. Da war noch die Bandprobe, das Gespräch mit dem Bankberater, der hübsche Junge in der S-Bahn, die Wäsche, der Abwasch, die gute Serie im Fernsehen, die spontane WG-Party, das Abendessen mit D., die neue CD von L., der Kopfschmerz, der Bauchschmerz, Alles Gute Gründe, alles nachvollziehbar, findet K. Er weiß ja, es wäre definitiv möglich und das beruhigt. Ich lasse die Bücher und die Hausarbeit noch eine Weile liegen. Das Wetter ist schön und die anderen grillen im Park. Auch an den beiden darauffolgenden Tagen wartet die Arbeit vergeblich auf mich, nur ein kleiner sehr roter Klebezettel hat sich langsam in mein Gewissen geschlichen. Einen Monat später stehe ich dann vor dem kleinen, schwarzen Briefkasten und stecke einen hektisch zusammengehefteten Stapel Blätter in den schmalen Schlitz. Ich habe kein gutes Gefühl und bin auch nicht erleichtert, obwohl es geschafft ist. Und während das Papier langsam ins Dunkel fällt, schwirrt mir ein wohl bekannter Satz durch meinen Kopf: Hätte ich nur ein paar Tage länger Zeit gehabt, wäre das alles gar kein Problem gewesen. # Foto: Holger Isermann 50

dedicated to solutions. l e i d e n s c h a f t f ü r t e c h n i k l e b e n lassen sie sich verführen durch innovative entwicklungen und neueste technologien in der Welt der elektronik ein erfolgreicher karrierestart beginnt im studium. Sie können schon während Ihres Studiums wertvolle Erfahrungen in einem langjährig erfolgreichen Unternehmen sammeln, indem Sie frühzeitig an Projekten der ESG mitarbeiten. In klei- nen Teams werden Sie optimal betreut und lernen nicht nur, Ihr Wissen in die Praxis umzusetzen, sondern bekommen zusätzlich einen Einblick in die Prozesse eines hightech-Unternehmens. Wenn Sie studieren oder kurz vor Ihrem Abschluß stehen, eine Affinität zu Elektronik- und Software-Themen besitzen, dann sind Sie bei uns genau richtig. Wir bieten Ihnen die Chance, an unterschiedlichen Projekten mitzuwirken, gute Betreuung durch erfahrene Mitarbeiter, kleine Teams, in die man sich schnell integriert, Freiräume durch flexible Arbeitszeiten, attraktive Bezahlung und eine angenehme und kollegiale Arbeitsatmosphäre, in der Leistung Spaß macht, Anerkennung findet und der Einzelne wertgeschätzt wird. Praktikant / Werkstudent / diPlomand / absolvent (m/w) Automotive Systems – Fahrzeugtechnik – Technische Informatik – Softwaretechnik esG elektroniksYstem- und loGistik-Gmbh4Livry-Gargan-Straße 6482256 Fürstenfeldbruck4www@esg.de Offene Stellen in WolfsburG münchen fürstenfeldbruck inGolstadt rüsselsheim P-017032012

Schlussakkord<br />

Die Sache mit dem Konjunktiv<br />

Wie die Möglichkeitsform unser Denken beherrscht<br />

Von Elena Schade<br />

Wieder beginnt ein neues Semester.<br />

Wieder sitze ich in<br />

der Uni und hab mir Großes<br />

vorgenommen: Diesmal schreibe ich<br />

alles mit. Diesmal strenge ich mich so<br />

richtig an. Diesmal werde ich für meine<br />

Mühe mit einem grandiosen Durchschnitt<br />

belohnt. Diesmal mache ich alles<br />

anders. Auch wenn es letztes Jahr<br />

nicht so gut lief, wenn ich möchte,<br />

dann kann ich das auf jeden Fall. Und<br />

ich möchte wirklich.<br />

Schon in der dritten Woche höre ich<br />

in einem Seminar das erste grandiose<br />

Referat eines Kommilitonen. Diese gewählte<br />

Aussprache, dieses Auftreten,<br />

diese fein säuberlich beschriebenen<br />

Karteikarten und diese unglaubliche<br />

selbstsichere Ausstrahlung. Diese Gelassenheit<br />

während der anschließenden,<br />

bohrenden Fragen einiger besonders<br />

streitlustiger Mitstudenten und<br />

der kritische Blick des Dozenten. Der<br />

Referent bleibt unvorstellbar ruhig. Ich<br />

frage mich kurz wie er das macht und<br />

dann die Erkenntnis: Wenn ich jedes<br />

Mal so gut vorbereitet wäre, würde ich<br />

das genauso schaffen. Ich müsste mich<br />

nur einen Tag früher dran setzten, mich<br />

etwas besser auf die Vorbereitung konzentrieren<br />

und mich gegen hartnäckige<br />

Ablenkungsversuche durch meine Umwelt<br />

vehement wehren. Das kann doch<br />

nicht so schwer sein.<br />

Nachmittags sitze ich an meinem<br />

Schreibtisch und starre Löcher in die<br />

Luft. Vor mir ein Stapel Bücher und ein<br />

paar Dutzend kleine Klebezettel in allen<br />

erdenklichen Farben. Ich denke an meinen<br />

Vorsatz, diesmal fleißiger zu sein.<br />

Würde ich sofort anfangen, könnte ich<br />

es sogar noch relativ stressfrei bis zum<br />

Abgabetermin schaffen. Aber zählt der<br />

Vorsatz überhaupt, wenn die Hausarbeit<br />

noch aus dem letzten Semester ist?<br />

Während ich mir über die Gültigkeit<br />

meines Vorhabens in dieser speziellen<br />

und sehr schwierig zu bewertenden Situation<br />

den Kopf zerbreche, begrüße<br />

ich einen ungebetenen Gast in meinem<br />

Unterbewusstsein. Den inneren Schweinehund.<br />

Jeder kennt ihn, jeder hat ihn,<br />

keiner will ihn. Eng umschlungen trifft<br />

man ihn oft mit seinem guten Freund,<br />

dem Konjunktiv. Besser bekannt <strong>als</strong> die<br />

Möglichkeitsform oder in der zweiten<br />

Form sogar <strong>als</strong> Irrealis. K und S, nennen<br />

wir die beiden so, halten zueinander,<br />

in guten wie in schlechten Zeiten. Sie<br />

sind immer einer Meinung und verstehen<br />

sich auch sonst ausgesprochen gut.<br />

Sie bauen gemeinsam weiße Luftschlösser,<br />

einziehen tun sie allerdings selten.<br />

Viele von uns fühlen sich mit K und S<br />

verbunden. Manche weniger, manche<br />

mehr und manche viel zu oft. Bequeme<br />

Gesellschaft verschmähen wir eben<br />

selten. In Diskussionen verteidigt der K<br />

den S selbstredend, was sich sowohl für<br />

Beteiligte, <strong>als</strong> auch Unbeteiligte durchaus<br />

<strong>als</strong> schwierig gestalten kann. S argumentiert<br />

dann schlau und K hat auf<br />

jeden Fall Verständnis. Natürlich könnte<br />

ich die Hausarbeit mit 1 bestehen,<br />

wenn ich mich richtig anstrenge. Die<br />

Möglichkeit besteht, die Realität aber<br />

sieht anders aus. Da war noch die Bandprobe,<br />

das Gespräch mit dem Bankberater,<br />

der hübsche Junge in der S-Bahn,<br />

die Wäsche, der Abwasch, die gute Serie<br />

im Fernsehen, die spontane WG-Party,<br />

das Abendessen mit D., die neue CD von<br />

L., der Kopfschmerz, der Bauchschmerz,<br />

Alles Gute Gründe, alles nachvollziehbar,<br />

findet K. Er weiß ja, es wäre definitiv<br />

möglich und das beruhigt.<br />

Ich lasse die Bücher und die Hausarbeit<br />

noch eine Weile liegen. Das Wetter<br />

ist schön und die anderen grillen<br />

im Park. Auch an den beiden darauffolgenden<br />

Tagen wartet die Arbeit vergeblich<br />

auf mich, nur ein kleiner sehr<br />

roter Klebezettel hat sich langsam in<br />

mein Gewissen geschlichen. Einen Monat<br />

später stehe ich dann vor dem kleinen,<br />

schwarzen Briefkasten und stecke<br />

einen hektisch zusammengehefteten<br />

Stapel Blätter in den schmalen Schlitz.<br />

Ich habe kein gutes Gefühl und bin<br />

auch nicht erleichtert, obwohl es geschafft<br />

ist. Und während das Papier<br />

langsam ins Dunkel fällt, schwirrt mir<br />

ein wohl bekannter Satz durch meinen<br />

Kopf: Hätte ich nur ein paar Tage länger<br />

Zeit gehabt, wäre das alles gar kein Problem<br />

gewesen. #<br />

Foto: Holger Isermann<br />

50

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!