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Karriere Die Jutetasche als Statement: So gesehen auf dem Berliner Heldenmarkt. Funktioniert dieser Wandel vom Wachstums- zum Postwachstumsparadigma denn auch ohne staatliche Regelungen? Grundsätzlich bin ich und sind auch andere der Meinung: Die Postwachstumsgesellschaft kommt so oder so. Die Aussichten auf mehr Wachstum sind einfach nicht mehr da. Wann genau das passiert, das wissen wir noch nicht und es gibt natürlich viele mögliche Postwachstumsgesellschaften. Insofern ist immer die Frage, welche Rahmenbedingungen gelten müssen und wie man so einen Übergang gestalten kann, damit wir immer noch eine, aus unserer Sicht freie, lebenswerte, menschenwürdige und demokratische Postwachstumsgesellschaft haben. Da ist zumindest eine Ergänzung des Bruttosozialproduktes um einen neuen Wohlstandsindikator sicherlich hilfreich, der neben ökonomischen Aspekten auch soziale und ökologische Faktoren mitberücksichtigt. Aber es wird nicht alles automatisch besser, wenn wir einen neuen Wohlstandsindikator haben. Was muss also passieren, damit der Wandel befördert wird? Wenn wir eins wissen, dann ist es, dass sich die Dinge nie von oben durchsetzen. Sie werden immer schon vorgelebt. Und das meistens von einer Avantgarde. Manche Dinge setzen sich durch und andere nicht. Es muss viele soziale Experimente geben. Sei es jetzt, dass Menschen sich entschließen, einen Schritt aus der kapitalistischen Verwertungslogik heraus zu machen und wieder in Kommunen leben. Dass Leute auf einmal in Städten wieder anfangen ihre Viertel mit Urban Gardening zu beleben, was manchmal belächelt wird, aber auch einen anderen Lebensstil beinhaltet, oder dass Leute anfangen sehr bewusst über ihre Ernährung nachzudenken. Es ist im Moment alles noch im Fluss. Aber da ist so ein wachsendes Empfinden: so kann’s nicht weitergehen. Wie bekommen die Menschen, die dieses Empfinden in neuen Lebensweisen umsetzen, Einfluss auf die Gesellschaft? Deswegen plädiere ich dafür die Unternehmen zu beachten. Weil unser Leben zum großen Teil durch Unternehmen beeinflusst wird. Wir konsumieren das, was auch da ist. Unternehmen haben eine unglaubliche schöpferische Zerstörungskraft, Altes hinwegzufegen und Neues an diese Stelle zu setzen. Ohne Unternehmertum und Unternehmergeist, ob profitorientiert oder sozialorientiert, das sei mal ganz dahingestellt, wird es nicht gehen. Wir brauchen die Unternehmen und mehr noch – wir brauchen die Unternehmer, die in diese Richtung gehen. Kann ein Unternehmen in einer Postwachstumsgesellschaft noch wachsen oder sich verändern? Natürlich, meist aber auf Kosten anderer Unternehmen, indem es einen völlig neuen Markt aufmacht, der dann wieder dafür sorgt, dass andere Märkte schrumpfen und absterben. Denken Sie zum Beispiel daran, was Wikipedia mit dem Markt für Enzyklopädien gemacht hat. So etwas passiert laufend. Haben Sie einen Rat für Startups, die nachhaltig wirtschaften wollen? Sich ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander zu setzen und zu überlegen, inwiefern die eigene Geschäftsidee um das Thema herum aufgebaut werden kann. Was kann das Unternehmen tun, um eine Nichtnachhaltigkeit in der Gesellschaft zu beseitigen. Und das muss Kern des Geschäfts sein. Wie wird die Postwachstumsdebatte in anderen europäischen Ländern geführt? Also, sie wird überall geführt. In den romanischen Ländern vielleicht etwas schärfer. Sie kommt ja aus Frankreich und hat sehr schnell in Spanien und Italien Fuß gefasst, aber auch in Großbritannien. Inzwischen ist es eine gesamteuropäische Diskussion um die Frage, wie wir eigentlich leben wollen und wie wir angesichts der Begrenzungen im ökologischen Bereich, aber auch angesichts der großen Spannungen, die wir im sozialen Bereich haben, wirtschaften sollen. Sie haben an internationalen Tagungen zum Thema teilgenommen. Kennen Sie Ihren persönlichen ökologischen Fußabdruck? Ach Gott ja! Wenn ich meine beruflichen Reisen nicht mit anrechne, dann ist der ganz gut. Wenn ich dreimal im Jahr einen Interkontinentalflug hab, dann ist natürlich mit jedem Flug immer gleich das gesamte Jahresbudget von drei Tonnen CO² pro Jahr und Kopf weg. Selbst wenn man sehr bewusst lebt und konsumiert, ist die Einhaltung des Budgets fast unmöglich. Da breche ich eine Lanze für Technologien und Produkte, die uns dabei helfen können, aber es fehlen natürlich auch ganz andere Lebens- und Arbeitsentwürfe. # Foto: Kristin Schulze 48
Schlussakkord Lieblings … … Album? Film? Buch? Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben! Desiree Schober Ingo Kasseck Annika Heller Lieblingsalbum Das Meisterstück, Vol. I (Mach One) Das Meisterstück kombiniert ernsthafte Themen und Tiefgang mit Humor, Witz und Ironie. Die einzelnen Tracks bilden ein rundes Gesamtwerk, welches vom Künstler selbstproduziert wurde. Die durchdachten Texte des Albums lassen einen immer wieder neue Details entdecken. Wächst mit jedem mal hören. LIEBLINGSFILM Eternal Sunshine of the Spotless Mind (Michel Gondry) Der Film zeigt die verworrene Geschichte eines Paares und die Möglichkeit, Erlebnisse oder gar Personen aus den eigenen Erinnerungen löschen zu lassen. Beeindruckend ist die Art ein subjektives Gefühl wie eine Erinnerung skurril und doch so echt darzustellen. LIEBLINGSBUCH Die Einsamkeit der Krokodile (Dirk Kurbjuweit) Die locker geschriebene Geschichte verbindet die tiefgründige Frage nach Normalität und Wahnsinn mit einem eher trockenen Humor und beschreibt Charaktere, die gerade durch ihre Fehler und ihre seltsamen Eigenarten an Sympathie gewinnen. Lieblingsalbum Illmatic (Nas) Eines der Top 10 Rap Alben aller Zeiten, das im nächsten Jahr zwanzigsten Geburtstag feiert. Der New York Rap Sound der Neunziger Jahre, großartige Beats, großartige Texte und wegweisend für unzählige Künstler. Außerdem: Ein Album, das man seit 12 Jahren immer wieder gerne hört, gehört genau hier hin. Lieblingsfilm Cheyenne – This Must Be the Place (Paolo Sorrentino) Ein Roadmovie mit Sean Penn als gealterte Darkwave-Ikone im Ruhestand, der nach dem Tod seines Vaters beschließt, dessen Peiniger zu jagen. Der Film ist ruhig, spannend, witzig und begleitet den 50 jährigen Hauptdarsteller beim Erwachsen werden. Lieblingsbuch A Song of Fire and Ice (George R. R. Martin) Das Buch, das ich zum Einschlafen lese und regelmäßig genau deswegen zu lange wach bleibe ist eigentlich eine Buchreihe. Die Serie ist ja bekannter Maßen eine Erfolgsgeschichte, aber die Bücher sind einfach besser, voller, spannender. Lieblingsalbum Our Earthly Pleasures (Maximo Park) Vielseitig, britisch, großartig! Ein All-Time- Lieblingsalbum, das für jede Stimmung den richtigen Song bereithält, gute Laune mit „Books from Boxes“ und melancholisch-entspannt mit „Sandblasted And Set Free“. Und natürlich der britische Akzent. Lieblingsfilm 500 Days of Summer (Marc Webb) Eine (gescheiterte) Liebesgeschichte mal aus der männlichen Sicht und so grandios dargestellt, mit all seinen Facetten. Ein gefühlvoller, verträumter, ehrlicher Trennungs- und Beziehungsfilm und eigentlich immer der perfekte Film. Auch beim 1000sten mal. Lieblingsbuch Eat, Pray, Love (Elizabeth Gilbert) Seit ich dieses Buch gelesen habe, habe ich grundlegende Dinge in meinem Leben geändert, so sehr hat es mich beeinflusst. Ein beeindruckendes, inspirierendes und motivierendes Buch. Wer also neue Denkanstöße oder einen Leseurlaub braucht: Sehr geeignet. 49
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