Klassenspezifischer Habitus und/oder exklusive ... - Studium generale
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wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die vor allem in Form eines deutlich<br />
gestiegenen Ausbildungsniveaus der Beschäftigten, des deutlichen Abbaus traditioneller Autoritätsgläubigkeit,<br />
der Internationalisierung der Märkte <strong>und</strong> der Beschleunigung der Innovationszyklen<br />
einzelne Anforderungen erhöht haben. Stärker als noch vor 25 Jahren wird von den Spitzenmanagern<br />
heute zum einen soziale Kompetenz erwartet, weil der Rückgriff auf Autorität qua Amt<br />
zunehmend schwieriger geworden ist, zum anderen Flexibilität <strong>und</strong> unternehmerisches Denken, da<br />
die Märkte immer komplexer <strong>und</strong> schnellebiger werden. Gr<strong>und</strong>legende Änderungen in den<br />
Anforderungen an die Spitzenmanager <strong>und</strong> damit auch in den Auswahlkriterien sind aber<br />
ausgeblieben.<br />
Der klassenspezifische <strong>Habitus</strong> − Basis des Aufstiegs in die Wirtschaftselite<br />
Angesichts der ausschlaggebenden Bedeutung, die den genannten Persönlichkeitsmerkmalen bei<br />
der Besetzung von Spitzenpositionen in der deutschen Wirtschaft zukommt, wird klar, warum die<br />
große Mehrzahl dieser Positionen vom Nachwuchs des gehobenen Bürgertums besetzt wird. Die<br />
Kandidaten, die aus den Familien von größeren Unternehmern, leitenden Angestellten, akademischen<br />
Freiberuflern <strong>und</strong> höheren Beamten kommen, verfügen in der Regel über die wesentlichen<br />
Elemente jenes <strong>Habitus</strong>, der das etablierte Bürgertum vom Kleinbürgertum unterscheidet, zeigen<br />
also die Selbstsicherheit <strong>und</strong> Selbstverständlichkeit in Auftreten <strong>und</strong> Verhalten, die von Topmanagern<br />
verlangt wird, <strong>und</strong> haben die entscheidenden Codes der sozialen „Distinktion“ (Bourdieu)<br />
verinnerlicht, deren Kenntnis in den Chefetagen der deutschen Großunternehmen vorausgesetzt<br />
wird. Daß das von den an der Entscheidungsfindung beteiligten Personen vielfach auch bewußt<br />
wahrgenommen wird, zeigen folgende Äußerungen von Personalberatern <strong>und</strong> Managern zur Bedeutung<br />
der sozialen Herkunft:<br />
„Ein im sog. Sinne 'gutes Elternhaus' ist nach wie vor ein Vorteil, weil man dort eben eine<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Prägung im Hinblick auf Allgemeinbildung <strong>und</strong> Auftreten bekommt, die einen das<br />
ganz Leben hindurch begleitet. Analysefähigkeiten kann man sicherlich auch entwickeln, wenn<br />
man aus einem Arbeiterelternhaus kommt. Dagegen das, was man mit Selbstsicherheit, Souveränität<br />
meint, das ist etwas, was man schon in die Wiege gelegt bekommt. Das kann man schlecht<br />
lernen, wie auch alles, was ein bißchen mit Stil <strong>und</strong> Auftreten zu tun hat. Ich merke das hier auch<br />
bei meinen Kollegen, daß da sehr viel Kompensationsverhalten ist bei denen, die aus einem einfachen<br />
Elternhaus kommen.“<br />
„Kinder aus gut betuchten Familien haben die Möglichkeit, die Welt breiter zu erleben. Das gilt<br />
für Theaterbesuche, das gilt für Kinobesuche, das gilt für Auslandsaufenthalte <strong>und</strong> andere Dinge.<br />
Durch die Bildung der Eltern ist so ein Kind schneller breiter gebildet <strong>und</strong> gewinnt auch schneller<br />
Interesse an Dingen, die die Eltern nicht interessieren, wo sie auch nichts wissen, wo das Kind<br />
auf einmal eine Hürde erreicht, wo es selbständig in neue Denkverhalten <strong>und</strong> Themen reinkommt."<br />
„Die drei wesentlichen Vorteile für die Kinder aus diesen Familien sind die Artikulation, die<br />
Selbstverständlichkeit, mit der man auf fremde Leute zugeht, <strong>und</strong> das unternehmerische Familienumfeld.“<br />
„Leute, die aus einem guten Elternhaus kommen, gehen selbstverständlicher mit Dingen um, bis<br />
dahin, wie sie sich auf einer Betriebsversammlung verhalten <strong>oder</strong> in einer Vorstandssitzung. Sie<br />
bringen dann eben einiges mehr mit <strong>und</strong> haben es so leichter.“<br />
„Wenn jemand aus einer Unternehmerfamilie kommt, dann hat er einen höheren Reifeprozeß.<br />
Er hat sehr früh kennengelernt, was es bedeutet, Entscheidungen zu fällen, wenn sich die Eltern<br />
übers Wochenende dafür zurückziehen müssen, hat sehr viel 'Socialising' zu Hause, hat Leute gesehen,<br />
die aus Topetagen kommen, <strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong>.“