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Unser 10-Punkte-Programm für ein besseres BAföG - Deutsches ...

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Monbijouplatz 11<br />

<strong>10</strong>178 Berlin<br />

74. ordentliche Mitgliederversammlung<br />

des Deutschen Studentenwerks (DSW)<br />

am 3./4.12.2013<br />

Beschluss<br />

Zehn-<strong>Punkte</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>BAföG</strong> – Forderungen im Zuge <strong>ein</strong>er 25. <strong>BAföG</strong>-Novelle<br />

Die 74. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW)<br />

fordert Bund und Länder auf, das Bundesausbildungsförderungsgesetz (<strong>BAföG</strong>) unverzüglich<br />

zu novellieren und im Zuge dessen zehn Aspekten als kurzfristige Weiterentwicklungsmaßnahme<br />

Rechnung zu tragen:<br />

1. Finanzierungssicherheit bieten<br />

Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie generell aller Beträge – insbesondere<br />

der Vorausleistungen – und Sozialpauschalen an die derzeitigen Einkommens-<br />

und Preisverhältnisse<br />

Automatische Anpassung der Freibeträge und Bedarfssätze an die zukünftige Einkommens-<br />

und Preisentwicklung<br />

Vollständige Nichtanrechnung von Einnahmen aus geringfügiger Beschäftigung<br />

(450-Euro-Job) bei Studierenden<br />

Bis auf Weiteres Erhöhung der Förderungshöchstdauer auf die Regelstudienzeit<br />

plus zwei Semester, um die Diskrepanz zwischen vorgegebener und realer Studiendauer<br />

auszugleichen<br />

Möglichkeit <strong>ein</strong>er rückwirkenden Antragsstellung wieder <strong>ein</strong>führen<br />

2. Studienaufnahme unabhängig von der sozialen Herkunft erleichtern<br />

Wieder<strong>ein</strong>führung des Schüler-<strong>BAföG</strong> <strong>für</strong> allgem<strong>ein</strong>bildende Schulen<br />

Elternunabhängige <strong>BAföG</strong>-Förderung im Studium, wenn zuvor bereits der Besuch<br />

<strong>ein</strong>es Abendgymnasiums oder <strong>ein</strong>es Kollegs elternunabhängig gefördert wurde<br />

Elternunabhängige <strong>BAföG</strong>-Leistungen statistisch erfassen<br />

3. Altersbezogenheit staatlicher Leistungen verbessern<br />

<strong>BAföG</strong>-Altersgrenze abschaffen<br />

Elternunabhängige <strong>BAföG</strong>-Förderung bereits ab dem 27. Lebensjahr<br />

Kindergeld bis zum 27. Lebensjahr<br />

4. Staatliche Studienfinanzierung <strong>für</strong> alternative und neue Ausbildungswege öffnen<br />

Teilzeitstudiengänge fördern<br />

Auf sich verändernde Berufsbilder reagieren, beispielsweise indem das Erfordernis<br />

der fachlichen Weiterführung in derselben Fachrichtung bei der <strong>BAföG</strong>-Förderung<br />

<strong>ein</strong>er weiteren Ausbildung gestrichen wird<br />

Förderungsrechtliche Umsetzung der Umstellung auf Bachelor- und Master-<br />

Studiengänge, insbesondere durch:


- Förderung der Übergangszeit zwischen Bachelor-Abschluss und dem Beginn<br />

des Master-Studiums<br />

- K<strong>ein</strong>e Nachteile bei vorläufiger Hochschulzulassung zum Master-Studium ohne<br />

<strong>ein</strong>en vorherigen Bachelor-Abschluss<br />

- Abschaffung des Leistungsnachweises nach dem vierten Fachsemester<br />

- Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund beim Master-Studium nach <strong>ein</strong>em<br />

Semester zulassen<br />

- Konsequente Mitnahme der <strong>BAföG</strong>-Förderung in alle Bologna-Staaten<br />

5. Individuelle Lebens- und Ausbildungssituationen berücksichtigen<br />

Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen und ehrenamtliches Engagement<br />

Mehrbedarfe von Studierenden mit gesundheitlichen Be<strong>ein</strong>trächtigungen und Studierenden<br />

mit Kindern besser berücksichtigen<br />

Zwei Arten von Krankenversicherungszuschlägen gewähren: <strong>ein</strong>e Pauschale ab<br />

dem 25. Lebensjahr sowie <strong>ein</strong>e <strong>für</strong> Studierende über 30 Jahre<br />

Für Gremientätigkeit die Dauer der <strong>BAföG</strong>-Förderung über die <strong>BAföG</strong>-<br />

Höchstförderungsdauer hinaus an das Hochschulrecht anpassen<br />

6. Bessere Hilfe <strong>für</strong> die rd. 177.000 Studierenden, deren Eltern k<strong>ein</strong>en vollen Ausbildungsunterhalt<br />

leisten<br />

Streichen der Frist <strong>für</strong> die Einbeziehung der Eltern im Rahmen der Vorausleistung<br />

K<strong>ein</strong>e Anrechnung des Kindergelds auf die Vorausleistung<br />

7. Rückkehr zum <strong>BAföG</strong>-Vollzuschuss<br />

8. <strong>BAföG</strong>-Verwaltung zukunftssicher machen<br />

Elektronische Kommunikation durchweg gewährleisten, insbesondere <strong>ein</strong>e vollständige<br />

Online-Antragstellung<br />

Leistungsfähige, nutzerfreundliche und länderübergreifende <strong>BAföG</strong>-EDV (inklusive<br />

elektronischer Aktenführung) schaffen<br />

9. Verwaltungsver<strong>ein</strong>fachung<br />

Berücksichtigung der „Riester-Rente“ als besondere Sozialpauschale<br />

Pauschaler Krankenversicherungszuschlag, auch bei privater Krankenversicherung<br />

K<strong>ein</strong>e Anrechnung von Fahrzeugen bei der Vermögensermittlung<br />

Das geltende Erklärungsprinzip konsequent anwenden und Nachweispflichten lockern<br />

<strong>BAföG</strong>-Bescheide verständlicher gestalten<br />

Nach <strong>ein</strong>er <strong>BAföG</strong>-Novellierung: unverzügliche Anpassung sämtlicher Ausführungsvorschriften,<br />

insbesondere der <strong>BAföG</strong>-Verwaltungsvorschrift und der <strong>BAföG</strong>-<br />

Formblatt-Verwaltungsvorschrift<br />

<strong>10</strong>. Sicherstellung <strong>ein</strong>er adäquaten infrastrukturellen und personellen Ausstattung<br />

der <strong>BAföG</strong>-Ämter sowie der Ausfinanzierung <strong>ein</strong>er Studienfinanzierungsberatung<br />

<strong>für</strong> Studierwillige, Studierende und Eltern (inklusive Beratung nach <strong>ein</strong>em<br />

<strong>BAföG</strong>-Ablehnungsbescheid)


Begründung:<br />

Die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat es wieder gezeigt: Das Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

(<strong>BAföG</strong>) ist die tragende Säule der staatlichen Studienfinanzierung<br />

und laut der Stiftung Warentest die beste Art, die Kosten <strong>ein</strong>es Studiums zu bestreiten.<br />

In s<strong>ein</strong>er nunmehr 42-jährigen Geschichte hat das <strong>BAföG</strong> Millionen Studierwilligen <strong>ein</strong>e Studienperspektive<br />

gegeben und <strong>ein</strong> Studium überhaupt erst ermöglicht. Gleichwohl ist dessen<br />

Weiterentwicklung zwingend erforderlich, um dem generellen Wandel der Zeit und den konkreten<br />

Veränderungen im Hochschulsystem Rechnung zu tragen. Eine Novellierung drängt.<br />

Die Initiative muss noch in diesem Winter erfolgen, damit zum Wintersemester 2014/2015<br />

<strong>ein</strong>e <strong>BAföG</strong>-Novelle endlich in Kraft treten kann.<br />

Zu 1:<br />

Eine starke Studienfinanzierung macht nur Sinn, wenn sie bedarfsgerecht ist und der Realität<br />

entspricht. Seit 20<strong>10</strong> haben Bund und Länder weder die Fördersätze noch die Förderbedingungen<br />

geändert, und das, obwohl all<strong>ein</strong> <strong>für</strong> den Zeitraum Herbst 20<strong>10</strong> bis Herbst 2012 <strong>ein</strong><br />

Anstieg der Einkommen um 6 und der Preise um 5% konstatiert wird; im Rahmen der Vorabzahlungen<br />

wurden die Beträge zuletzt im Jahr 1991 festgesetzt. Ferner ist die Zahl der <strong>BAföG</strong>-Empfänger<br />

von knapp 70% in den 1970er Jahren auf heute unter 20% gesunken. Zu oft<br />

wird <strong>ein</strong> Studium nicht aufgenommen, weil die „Einkommenshürde“ nur knapp übersprungen<br />

wird, die Eltern jedoch trotzdem nicht in der Lage sind, den Lebensunterhalt zu finanzieren.<br />

Daher muss das <strong>BAföG</strong> viel weiter in die soziale Mittelschicht hin<strong>ein</strong>reichen.<br />

Nur <strong>ein</strong>e regelmäßige und automatische Anpassung an die Preis- und Einkommensentwicklung<br />

sichert auf unkomplizierte Weise, dass das <strong>BAföG</strong> s<strong>ein</strong>e Funktion zuverlässig erfüllt.<br />

Zugleich würde <strong>ein</strong> entsprechender Automatismus den Finanzierungskonflikt zwischen Bund<br />

und Ländern beilegen. Die Anpassung muss sich auch auf den Betrag der Abschlagszahlung<br />

gemäß § 51 Abs. 2 <strong>BAföG</strong> erstrecken. Dessen pauschale Höhe beträgt seit 1991 unverändert<br />

360,- Euro und ist nicht geeignet, <strong>ein</strong>e überbrückende Lebenshaltung zu gewährleisten.<br />

Zum Jahresbeginn 2013 wurde die „Minijob-Grenze“ um 50,- Euro auf 450,- Euro angehoben.<br />

Dieses sollte auch <strong>für</strong> <strong>BAföG</strong>-Geförderte gelten.<br />

Die <strong>BAföG</strong>-Förderungshöchstdauer richtet sich nach der – von den Hochschulen in den jeweiligen<br />

Studien- und Prüfungsordnungen festgelegten – Regelstudienzeit <strong>ein</strong>es Studiengangs.<br />

Laut Statistischem Bundesamt erreichten 2011 allerdings überhaupt nur 39% der<br />

Studierenden innerhalb der Regelstudienzeit ihren Hochschulabschluss 1 . Dieses verdeutlicht,<br />

dass <strong>ein</strong> erfolgreicher Studienabschluss innerhalb der Regelstudienzeit nur bedingt<br />

möglich ist. Zwar sind hier<strong>für</strong> in erster Linie Studiengänge studierbar zu machen, solange<br />

das jedoch ausbleibt, muss das Förderungsrecht die Diskrepanz zwischen den vorgegebenen<br />

und den realen Verhältnissen ausgleichen. Auf den Beschluss der 73. ordentlichen Mitgliederversammlung<br />

des DSW „Studiengänge studierbar machen!“ vom 4./5. Dezember<br />

2012 wird verwiesen.<br />

Die Möglichkeit, <strong>BAföG</strong>-Leistungen auch rückwirkend beantragen zu können, gab es bereits.<br />

Der rückwirkende <strong>BAföG</strong>-Antrag wurde jedoch mit der 7. <strong>BAföG</strong>-Novelle abgeschafft, um<br />

damit Mittel <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e <strong>BAföG</strong>-Anhebung zu generieren. Eine rückwirkende Antragsstellung ist<br />

bei Sozialleistungen auch nicht unbekannt: So gibt es beispielsweise beim Elterngeld <strong>ein</strong>e<br />

rückwirkende Antragsstellung. Dadurch werden Eltern in ihrer neuen Situation nach der Geburt<br />

<strong>ein</strong>es Kindes entlastet. Studierende sind zu Beginn ihres Studiums in <strong>ein</strong>er vergleichbar<br />

neuen Lebenssituation, insbesondere dann, wenn <strong>ein</strong>e nachträgliche Hochschulzulassung<br />

dank <strong>ein</strong>es erfolgreichen Nachrück- oder Klageverfahrens zu <strong>ein</strong>em plötzlichen Studienbeginn<br />

führt.<br />

1 Stand: Juli 2013.


Zu 2:<br />

Alle Bildungsherkunftsgruppen müssen den Zugang zu <strong>ein</strong>em Studium unabhängig vom Einkommen<br />

der Eltern erreichen können. Der Bildungstrichter in der Sozialerhebung zeigt klar,<br />

dass bildungsferne Schichten mitunter bereits an den Schwellen der Übergänge im Schulsystem<br />

scheitern. Das unter der „Kohl-Regierung“ abgeschaffte Schüler-<strong>BAföG</strong> <strong>für</strong> allgem<strong>ein</strong>bildende<br />

Schulen gehört wieder <strong>ein</strong>geführt. Nur so können Entscheidungen <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e höhere<br />

Bildung in allen Familien getroffen werden. Derzeit erhalten Schülerinnen und Schüler<br />

an Abendgymnasien und an Kollegs bis zur Hochschulreife elternunabhängige <strong>BAföG</strong>-<br />

Leistungen. Im anschließenden Studium wird das <strong>BAföG</strong> dann aber nur elternabhängig bewilligt.<br />

Hier ist gleichermaßen <strong>ein</strong> elternunabhängiges <strong>BAföG</strong> zu gewähren. Die amtliche Statistik<br />

differenziert derzeit nur zwischen Voll- und Teilförderung. Für <strong>ein</strong>e Vollförderung können<br />

aber zwei zugrundeliegende Ursachen maßgeblich s<strong>ein</strong>: Die Vollförderung wegen elternunabhängiger<br />

Förderung und die Vollförderung bei niedrigem Eltern<strong>ein</strong>kommen. Deshalb<br />

ist der Katalog in § 55 <strong>BAföG</strong> entsprechend zu erweitern.<br />

Zu 3:<br />

In Anbetracht der Studienstrukturreform und der politisch gewollten Öffnung <strong>für</strong> beruflich<br />

Qualifizierte sowie der alternierenden Phasen von Studium und Berufstätigkeit müssen zunehmend<br />

Studierende in bisher nicht berücksichtigten Altersklassen ihr Studium finanzieren.<br />

Die <strong>BAföG</strong>-Altersgrenze muss daher abgeschafft werden. In der Praxis zeigt sich, dass Ausbildungsunterhaltsansprüche<br />

von Studierenden gegen die Eltern regelmäßig schon mit dem<br />

27. Lebensjahr nicht mehr durchsetzbar sind. Deshalb ist die Altersgrenze <strong>für</strong> das elternunabhängige<br />

<strong>BAföG</strong> entsprechend zu senken. 2007 wurde die Altersgrenze <strong>für</strong> das Kindergeld<br />

von 27 Jahre auf 25 Jahre abgesenkt. Das Durchschnittsalter der Studierenden beträgt jedoch<br />

– nach der 20. Sozialerhebung – im Erststudium 23,9 Jahre, so dass der Kindergeldanspruch<br />

in der Regel noch während des Studiums erlischt.<br />

Zu 4:<br />

Es gilt der Grundsatz: Das <strong>BAföG</strong> folgt als Annexrecht dem Hochschulrecht. Alles, was<br />

hochschulrechtlich von der Hochschule als möglich anerkannt wird, ist im Förderungsrecht<br />

nachzuvollziehen; Friktionen mit dem <strong>BAföG</strong> sind daher unverzüglich zu beseitigen. Die finanzielle<br />

Förderung muss sich auf alle Hochschulstudiengänge erstrecken. Dieses umfasst<br />

insbesondere<br />

alle Teilzeitstudiengänge,<br />

vorläufig <strong>ein</strong>geschriebene Master-Studierende ohne <strong>ein</strong>en Bachelor-Abschluss,<br />

die Teilnahme an vorbereitenden Lehrveranstaltungen bereits vor dem (eigentlichen)<br />

Studienbeginn, da hier<strong>für</strong> k<strong>ein</strong>e ausreichende Finanzierung gesichert ist,<br />

<strong>ein</strong>e vollständige „Bologna-Kompatibilität“, so dass sich die Finanzierung <strong>ein</strong>es vollständigen<br />

Auslandsstudiums nicht nur auf Staaten der Europäischen Union (und die<br />

Schweiz) erstreckt, sondern auf sämtliche Bologna-Staaten.<br />

Ebenfalls ist – nach wie vor – das Finanzierungsvakuum in der Übergangszeit zwischen dem<br />

Bachelor-Abschluss und dem Beginn <strong>ein</strong>es Master-Studiums ungelöst; der Verweis auf<br />

„Hartz-IV-Leistungen“ als Ultima Ratio genügt hierbei nicht. Vielmehr gleicht diese (vorlesungs-)freie<br />

Zeit den Semesterferien, und Semesterferien werden von der <strong>BAföG</strong>-Förderung<br />

umfasst. Leistungsnachweise zu Beginn des fünften Semesters binden Ressourcen. Hatten<br />

sie in den ursprünglichen Studiengangsstrukturen ihre Berechtigung, verlieren sie sie nun<br />

nach der flächendeckenden Umsetzung der Bologna-Reform durch die Kürze <strong>ein</strong>es Bachelor-Studiums.<br />

Zu 5:<br />

Ein starres Schema, das weder individuelle Lebens- und Ausbildungssituationen noch den<br />

besonderen Bedarf Studierender mit Behinderung berücksichtigt, wird den Grundgedanken<br />

des <strong>BAföG</strong> nicht gerecht. Das Ausbildungsförderungsrecht ignoriert, dass Studierende mit<br />

Behinderung notwendige Mehrbedarfe haben. Studierende mit Kindern sind in ihrer zeitlichen<br />

Flexibilität <strong>ein</strong>geschränkt und <strong>ein</strong> Kind darf das finanzielle Risiko <strong>ein</strong>es Studiums nicht


erhöhen. Höhere Freibeträge <strong>für</strong> Kinder von Studierenden verbessern die Ver<strong>ein</strong>barkeit von<br />

Studium und Kind und die Eltern haben mehr Zeit, sich ihrem Studium zu widmen. Wenn die<br />

gesellschaftliche Anerkennung von Pflege so weit fortgeschritten ist, dass Pflege und Beruf<br />

in Einklang gebracht werden können, muss dieses auch beim <strong>BAföG</strong> möglich s<strong>ein</strong>. Gleiches<br />

gilt, wenn <strong>für</strong> ehrenamtliches Engagement sogar ECTS-<strong>Punkte</strong> erworben werden können. Ab<br />

dem 30. Lebensjahr steigen derzeit die monatlichen Kosten <strong>für</strong> die Krankenversicherung um<br />

rund 5%. Das <strong>BAföG</strong> erhöht den monatlichen Bedarf jedoch nur pauschal um 62,- Euro und<br />

lässt so den altersbedingten Kostenanstieg völlig unberücksichtigt – die Einführung <strong>ein</strong>er<br />

zweiten Krankenversicherungspauschale schafft Abhilfe. Zudem ist es sinnwidrig, Gremientätigkeiten<br />

förderungsrechtlich anders zu würdigen als im Hochschulrecht.<br />

Zu 6:<br />

177.000 Studierende haben laut Sozialerhebung das Problem, dass ihre Eltern ihrer unterhaltsrechtlichen<br />

Finanzierungsverpflichtung nicht oder nur unzureichend nachkommen. Die<br />

Lösung über das <strong>BAföG</strong>-Vorausleistungsverfahren gemäß § 36 <strong>BAföG</strong> hingegen wird aus<br />

Sorge um den „Familienfrieden“ nur selten in Anspruch genommen. Vorausleistungen werden<br />

ihrem Zweck aber nur dann gerecht, wenn sie schnell und nicht erst dann erfolgen,<br />

wenn die Frist <strong>für</strong> die Einbeziehung der Eltern abgelaufen ist. Dieses gilt erst recht, wenn im<br />

Ergebnis bereits feststeht, dass die Zahlungen zu gewähren sind.<br />

Zu 7:<br />

Als das <strong>BAföG</strong> 1971 in Kraft trat, wurde jede Förderung als Vollzuschuss gewährt; heute gilt<br />

dieses nur noch <strong>für</strong> die Förderung <strong>ein</strong>er schulischen Berufsausbildung. Die Teilhabe an Bildung<br />

wird sichergestellt, wenn <strong>für</strong> Studierende aus <strong>ein</strong>kommensschwachen und aus <strong>ein</strong>kommensstarken<br />

Elternhäusern <strong>ein</strong>heitliche Studienvoraussetzungen gelten. Da Eltern zum<br />

Ausbildungsunterhalt als Vollzuschuss verpflichtet sind – Studierende aus <strong>ein</strong>kommensstärkeren<br />

Elternhäusern also nichts an ihre Eltern zurückzahlen müssen – muss Gleiches <strong>für</strong> das<br />

Unterhalts-Surrogat <strong>BAföG</strong> gelten. Der Darlehensanteil der <strong>BAföG</strong>-Leistungen ist geeignet,<br />

junge Menschen aus <strong>ein</strong>kommensschwachen Familien durch die Aussicht auf <strong>ein</strong>e hohe<br />

Verschuldung beim späteren Berufs<strong>ein</strong>tritt und in der Familiengründungsphase von der<br />

Hochschule fern zu halten. Das ist <strong>für</strong> 38% derer, die aus nichtakademischer Bildungsherkunft<br />

stammen und k<strong>ein</strong>en <strong>BAföG</strong>-Antrag stellen, der Grund, auf <strong>BAföG</strong>-Leistungen in Gänze<br />

zu verzichten. Dem wirkt <strong>ein</strong> Vollzuschuss entgegen und es wird <strong>für</strong> Studierfähige aus allen<br />

Schichten <strong>ein</strong> hoher Anreiz geschaffen, in die eigene Lebenszeit zu investieren. Ferner senkt<br />

<strong>ein</strong> Vollzuschuss Verwaltungskosten und der Beirat <strong>für</strong> Ausbildungsförderung beim Bundesministerium<br />

<strong>für</strong> Bildung und Forschung hat bereits 2007 und 2009 angeregt, die Zersplitterung<br />

der Studienfinanzierung in viele unterschiedliche Förderungsarten zu beenden.<br />

Zu 8 bis <strong>10</strong>:<br />

Je besser der Vollzug des <strong>BAföG</strong>, desto verlässlicher die Studienfinanzierung. Hier<strong>für</strong> ist<br />

<strong>ein</strong>e adäquate infrastrukturelle Ausstattung der Ämter <strong>für</strong> Ausbildungsförderung unerlässlich,<br />

genauso wie die Ausfinanzierung der Studienfinanzierungsberatung. Eine elektronische<br />

Kommunikation mit den <strong>BAföG</strong>-Ämtern ist zeitgemäß und muss durchweg gewährleistet<br />

s<strong>ein</strong>. Dieses gilt insbesondere <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e vollständige Online-Antragstellung. Ferner ist <strong>ein</strong>e<br />

leistungsfähige, nutzerfreundliche und länderübergreifende <strong>BAföG</strong>-EDV vonnöten; diese<br />

muss die Ämter entlasten und darf sie nicht belasten. Kaum <strong>ein</strong> Vorschlag in dem Bericht<br />

des Nationalen Normenkontrollrats zur <strong>BAföG</strong>-Verwaltungsver<strong>ein</strong>fachung vom März 20<strong>10</strong><br />

wurde umgesetzt, denn der Gesetzeswortlaut steht dem entgegen. Dieses führt sogar dazu,<br />

dass der Nationale Normenkontrollrat noch immer k<strong>ein</strong>en Abschlussbericht vorlegen konnte<br />

und die Umsetzung s<strong>ein</strong>er Vorschläge bereits angemahnt hat. Beispielhaft <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e unnötige<br />

Bindung der Verwaltung ist die Anrechnung des Krankversicherungszuschlags bei privat<br />

Krankenversicherten: Hier ist <strong>ein</strong> pauschaler Betrag angebracht, statt – wie bisher – über die<br />

Einzelheiten des konkret-individuellen Leistungsspektrums <strong>ein</strong>es Versicherers zu entscheiden.

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