Branchenempfehlung Strommarkt Schweiz - VSE
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<strong>Branchenempfehlung</strong> <strong>Strommarkt</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
Kostenrechnungsschema<br />
Gestehungskosten<br />
Branchensystematik für die Kostenermittlung der Energielieferung an<br />
Endverbraucher mit Grundversorgung<br />
KRSG – CH, Ausgabe 2013
Impressum und Kontakt<br />
Herausgeber<br />
Verband <strong>Schweiz</strong>erischer Elektrizitätsunternehmen <strong>VSE</strong><br />
Hintere Bahnhofstrasse 10, Postfach<br />
CH-5001 Aarau<br />
Telefon +41 62 825 25 25<br />
Fax +41 62 825 25 26<br />
info@strom.ch<br />
www.strom.ch<br />
Pflege und Weiterentwicklung des Dokumentes sind bei der<br />
Kostenrechnungskommission (KoReKo) angesiedelt.<br />
Autoren der Ausgabe 2013<br />
Rolf Meyer IBAarau Präsident Kommission Kostenrechnung<br />
Cédric Christmann EBM Leiter Task Force und Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Markus Balmer BKW Mitglied Task Force<br />
Gerd Bühler Axpo Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Lionel Boson CKW Mitglied Task Force<br />
Christine Döbeli ewz Mitglied Kommission Kostenrechnung und Task Force<br />
Stefan Fischer EKZ Mitglied Task Force<br />
Thomas Hammel EBM Mitglied Task Force<br />
Marco Heer CKW Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Lilian Heimgartner Swissgrid Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Harald Henggi BKW Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Claudius Kobel BKW Mitglied Task Force<br />
Andrea Müller werke am zürichsee Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Angela Krainer Axpo Mitglied Task Force<br />
Karl Resch EKZ Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Peter Ruesch SIG Mitglied Kommission Kostenrechnung und Task Force<br />
Marc Wüst ibw Mitglied Kommission Kostenrechnung<br />
Markus Flatt EVU Partners AG Beratung / Unterstützung<br />
Projektleitung <strong>VSE</strong><br />
Marcel van Zijl /<br />
Niklaus Mäder <strong>VSE</strong> Abteilung Wirtschaft und Regulierung<br />
Chronologie des Kostenrechnungsschemas Gestehungskosten<br />
Frühling 2009 Erarbeitung Erstfassung <strong>Branchenempfehlung</strong> durch Task Force<br />
Sommer 2009 Vernehmlassungen in der Branche über den Kanal der Gruppierungen<br />
4. März 2010 Genehmigung durch Vorstand <strong>VSE</strong><br />
Juni – Oktober 2012 Überarbeitung Fassung vom 4. März 2010 durch Task Force<br />
Oktober 2012 – März 2013 Überarbeitung Fassung vom 4. März 2010 durch KoReKo<br />
März-April 2013 Vernehmlassung innerhalb der Branche<br />
3. Juli 2013 Genehmigung durch <strong>VSE</strong>-Vorstand<br />
Druckschrift Nr. 1016 d, Ausgabe 2013<br />
Copyright<br />
© Verband <strong>Schweiz</strong>erischer Elektrizitätsunternehmen <strong>VSE</strong><br />
Alle Rechte vorbehalten. Gewerbliche Nutzung der Unterlagen ist nur mit Zustimmung des <strong>VSE</strong> und<br />
gegen Vergütung erlaubt. Ausser für den Eigengebrauch ist jedes Kopieren, Verteilen oder anderer<br />
Gebrauch dieser Dokumente als durch den bestimmungsgemässen Empfänger untersagt. Der <strong>VSE</strong><br />
übernimmt keine Haftung für Fehler in diesem Dokument und behält sich das Recht vor, dieses Dokument<br />
ohne weitere Ankündigungen jederzeit zu ändern.<br />
© <strong>VSE</strong> / AES KRSG - CH 2013 2
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort 4<br />
1. Einleitung 5<br />
2. Grundlagen 6<br />
2.1. Rechtliche Grundlagen und Praxis der ElCom 6<br />
2.1.1. Stromversorgungsgesetz und -verordnung 6<br />
2.1.2. Weisungen und Praxis der ElCom 6<br />
2.2. Anwendungsbereich 9<br />
2.2.1. Marktakteure 9<br />
2.2.2. Ausland-Geschäfte 10<br />
2.2.3. Langfrist-Bezugsverträge 10<br />
2.2.4. Energiequalitäten 10<br />
3. Wertschöpfungsstufen Energie 11<br />
3.1. Produktion 11<br />
3.2. Einkauf & Handel 12<br />
3.3. Vertrieb 12<br />
3.4. Schnittstellen der Wertschöpfungsstufen 12<br />
4. Grundsätze der Kostenermittlung und -zuordnung 15<br />
4.1. Allgemeines 15<br />
4.2. Kostenschema Gestehungskosten 15<br />
4.3. Gestehungskosten der einzelnen Wertschöpfungsstufen 17<br />
4.3.1. Gestehungskosten Produktion 17<br />
4.3.2. Gestehungskosten Einkauf & Handel 20<br />
4.3.3. Gestehungskosten Vertrieb 21<br />
5. Kostenträgerstruktur 22<br />
6. Bestimmung des angemessenen Gewinns 23<br />
6.1 Angemessener Gewinn für die Grundversorgung mit Energie 23<br />
6.2 Gewinnbesteuerung bei der Produktion mit kalk. Zinssatz (WACC) 24<br />
6.3 Gewinnbestimmung bei Handel & Einkauf im Vertrieb 24<br />
7. Anlagen 26<br />
7.1. EBIT-Margen von <strong>Schweiz</strong>er Firmen 26<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1 Wertschöpfungsstufen Energie 11<br />
Abbildung 2 Portfoliomodell 13<br />
Abbildung 3 Empfohlene Kostenträgerstruktur Netz und Energie Grundversorgung 22<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1 Kostenschema Gestehungskosten (Übersicht) 16<br />
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Vorwort<br />
Das Stromversorgungsgesetz (StromVG) vom 23.03.2007 und die Stromversorgungsverordnung<br />
(StromVV) vom 14.03.2008 und 12.12.2008 haben den <strong>Schweiz</strong>er <strong>Strommarkt</strong> für Endkunden mit<br />
einem Jahresverbrauch von grösser als 100 MWh pro Verbrauchsstätte geöffnet. Endverbraucher mit<br />
einem Jahresverbrauch von weniger als 100 MWh pro Verbrauchstätte sollen ab der 2. Stufe der<br />
Marktöffnung vom diskriminierungsfreien Netzzugang Gebrauch machen können.<br />
Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips (StromVG Art. 3 Abs. 1) wurde im Rahmen des Projekts Merkur<br />
Access II ein umfassendes Regelwerk für die Elektrizitätsversorgung im offenen <strong>Strommarkt</strong> durch<br />
Fachleute der Branche ausgearbeitet. Mit diesem Regelwerk steht der Elektrizitätswirtschaft eine<br />
branchenweit anerkannte Empfehlung zur Nutzung der Stromnetze und der Organisation des Energiegeschäfts<br />
zur Verfügung.<br />
StromVG und StromVV verlangen die Erarbeitung von Richtlinien zu verschiedenen Sachverhalten<br />
durch die Netzbetreiber. Diese Aufgabe wurde im Rahmen der Branchendokumente erfüllt. Die entsprechenden<br />
Kapitel in den verschiedenen Dokumenten sind im Kapitel 7 des Marktmodells Elektrische<br />
Energie (MMEE) aufgeführt.<br />
Das Netznutzungsmodell für die Verteilnetze (NNMV – CH), das Netznutzungsmodell für das Übertragungsnetz<br />
(NNMÜ – CH), der Transmission Code (TC – CH), das Balancing Concept (BC – CH), der<br />
Metering Code (MC – CH) und der Distribution Code (DC – CH) sind Schlüsseldokumente.<br />
Abgestimmt auf diese zentralen Dokumente werden die Umsetzungsdokumente sowie die nötigen<br />
„Werkzeuge“ durch die Branche erarbeitet.<br />
Das vorliegende Dokument KRSG ist ein Umsetzungsdokument.<br />
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1. Einleitung<br />
(1) Das Stromversorgungsgesetz (StromVG) ist in der Absicht entstanden, den <strong>Strommarkt</strong> in<br />
der <strong>Schweiz</strong> analog zu den Ländern der EU zu öffnen. Aus politischen Erwägungen wurde<br />
vom Parlament eine Öffnung in zwei Schritten beschlossen. In einer ersten Phase der Marktöffnung<br />
haben nur Endkunden mit einem Jahresverbrauch über 100 MWh die Möglichkeit<br />
des freien Netzzuganges, d.h. des freien Marktzutritts. Die übrigen Kunden verbleiben in der<br />
Grundversorgung. Weiter zählen auch Endkunden, die den freien Netzzugang nicht beanspruchen,<br />
zur Grundversorgung (Art. 6 Abs. 1 StromVG). Im Bereich der Grundversorgung<br />
sind nicht „Lieferanten“ oder „Händler“ für die Belieferung der Endkunden in Grundversorgung<br />
verantwortlich, sondern diese Rolle kommt von Gesetzes wegen den Verteilnetzbetreibern<br />
zu.<br />
(2) Die Lieferung von Grundversorgungsenergie erfolgt integral, d.h. Netz + Energie, auf der<br />
Basis eines sogenannten „Elektrizitätstarifs“ mit getrenntem Ausweis von Netznutzungsentgelt,<br />
Energielieferung und Abgaben und Leistungen ans Gemeinwesen (Art. 6 Abs. 3<br />
StromVG). Die Ermittlung der Kosten für die Netznutzung wird in der <strong>VSE</strong>-<br />
<strong>Branchenempfehlung</strong> Kostenrechnungsschema für Verteilnetzbetreiber (KRSV) beschrieben.<br />
Der Tarifanteil Energielieferung in der Grundversorgung muss sich an den Gestehungskosten<br />
der Produktion bzw. den langfristigen Bezugsverträgen orientieren (Art. 4 Abs. 1 StromVV).<br />
Diese stellen allerdings nur einen Teil der entsprechenden Kalkulationsbasis dar. Zur vollständigen<br />
Ermittlung der Kosten für die Energielieferung an Endkunden in Grundversorgung<br />
sind insbesondere die Kosten folgender Tätigkeiten zu berücksichtigen:<br />
• Vertriebsaktivitäten und Abwicklung der Kundenprozesse<br />
• Eigenproduktion (inkl. Partnerwerke)<br />
• Einkauf & Handel (inkl. Beteiligungen)<br />
• Verwaltung und Management der entsprechenden Organisationseinheiten<br />
Die geltenden Regelungen der Grundversorgung gemäss Art. 6 StromVG (angemessene Tarife)<br />
und Art. 4 StromVV gelten nur für die aktuelle Phase der Teilmarktöffnung, d.h. nur solange<br />
die festen Endverbraucher keinen Anspruch auf Netzzugang haben. Diese Übergangsregelung<br />
ist zeitlich begrenzt und mit der Einführung der vollen Marktöffnung, wo alle Endverbraucher<br />
ihren Lieferanten für die Energie frei und auf der Basis von Marktpreisen wählen<br />
können, hinfällig.<br />
(3) In Art. 4 StromVV 1 „Elektrizitätstarife und Kostenträgerrechnung für Energielieferung“ wird im<br />
Absatz 1 folgende Regelung zur Bemessung der Energieliefertarife in der Grundversorgung<br />
festgehalten:<br />
„Der Tarifanteil für die Energielieferung an Endverbraucher mit Grundversorgung orientiert<br />
sich an den Gestehungskosten einer effizienten Produktion und an langfristigen Bezugsverträgen<br />
des Verteilnetzbetreibers.“<br />
(4) Die vorliegende <strong>Branchenempfehlung</strong> berücksichtigt die Vorgaben und die Anforderungen<br />
der ersten Phase der Marktöffnung. Das KRSG behandelt folgende Themen:<br />
• Rechtliche Grundlagen und Anwendungsbereich der Grundversorgung mit Strom<br />
• Grundsätze zur Kostenrechnung Energielieferung<br />
• Definition und Abgrenzung der einzelnen Wertschöpfungsstufen der Energielieferung<br />
• Definition der Gestehungskosten pro Wertschöpfungsstufen<br />
1 Revidierte StromVV vom 14. März 2008, Änderung vom 30. Januar 2013. Für die Periode zwischen 2009 und 2012 siehe ElCom Weisung 3/2012.<br />
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2. Grundlagen<br />
2.1 Rechtliche Grundlagen und Praxis der ElCom<br />
2.2.1 Stromversorgungsgesetz und -verordnung 2<br />
(1) Art. 6 StromVG regelt die Lieferpflicht und die Tarifgestaltung für die Grundversorgung im<br />
Grundsatz. Als Grundversorgung wird in Abs. 1 die jederzeitige Belieferung der gewünschten<br />
Menge an Elektrizität mit der erforderlichen Qualität und zu angemessenen Tarifen an feste<br />
Endverbraucher (weniger als 100MWh Jahresverbrauch pro Verbrauchsstätte) und an Endverbraucher,<br />
die auf den Netzzugang verzichten, definiert. Die Verteilnetzbetreiber werden<br />
verpflichtet,<br />
• für feste Endverbraucher pro Kundengruppe mit gleichartiger Verbrauchscharakteristik<br />
und gleicher Spannungsebene, einen einheitlichen, für ein Jahr festen Elektrizitätstarif<br />
zu berechnen und nach Netznutzung, Energielieferung, Abgaben und Leistungen an<br />
Gemeinwesen aufgeschlüsselt zu veröffentlichen (Abs. 3).<br />
• für den Tarifbestandteil der Energielieferung eine separate Kostenträgerrechnung zu<br />
führen (Abs. 4).<br />
• die Preisvorteile aus ihrem freien Netzzugang (z.B. durch anteilige Beschaffung von<br />
Energie für die Grundversorgung am freien Markt) anteilsmässig an die festen Endverbraucher<br />
weiterzugeben (Abs. 5).<br />
(2) Art. 12 StromVG verpflichtet die Netzbetreiber in Bezug auf die Grundversorgung mit Energie<br />
zur jährlichen Veröffentlichung der Elektrizitätstarife (Abs. 1) sowie zur transparenten und<br />
vergleichbaren Rechnungsstellung (Abs. 3). Die Kosten für die Energielieferung im Falle der<br />
Grundversorgung sind auf der Rechnung getrennt auszuweisen.<br />
(3) Art. 1 StromVV definiert den Gegenstand und Geltungsbereich der Verordnung. Die geltende<br />
Verordnung regelt lediglich die erste Phase der <strong>Strommarkt</strong>öffnung, in welcher die festen<br />
Endverbraucher keinen Anspruch auf Netzzugang haben. Für die volle Marktöffnung wird<br />
damit eine grundlegende Revision der StromVV nötig sein.<br />
(4) Art. 4 StromVV präzisiert die Angemessenheit der Tarife im Sinne von Art. 6 Abs. 1<br />
StromVG sowie die Pflichten der Netzbetreiber im Zusammenhang mit der separat zu führenden<br />
Kostenträgerrechnung für die Energielieferung. Gemäss Abs. 1 müssen sich die<br />
Elektrizitätstarife in der Grundversorgung an den Gestehungskosten einer effizienten Produktion<br />
und an langfristigen Bezugsverträgen der Verteilnetzbetreiber orientieren. Im Übrigen<br />
verpflichtet Art. 4 StromVV die Netzbetreiber zur Begründung von Erhöhungen und Senkungen<br />
der Elektrizitätstarife gegenüber den festen Endverbrauchern (Abs. 2) sowie im Falle von<br />
Erhöhungen auch gegenüber der ElCom (Abs. 3).<br />
(5) Art. 19 StromVV sieht vor, dass die ElCom neben den Netznutzungstarifen und -entgelten<br />
auch die Elektrizitätstarife mittels Effizienzvergleichen überprüft (Abs. 1) und im Fall von ungerechtfertigten<br />
Gewinnen entsprechende Tarifsenkungen bei den Netzbetreibern verfügt<br />
(Abs. 2). Im Rahmen der Effizienzvergleiche hat die ElCom mit den betroffenen Kreisen zusammenzuarbeiten,<br />
die nicht beeinflussbaren Unterschiede sowie den Amortisierungsgrad zu<br />
berücksichtigen und internationale Vergleichswerte in die Überprüfung miteinzubeziehen.<br />
2.1.2 Weisungen und Praxis der ElCom<br />
(1) Gemäss der Weisung 3/2012 der ElCom gehören zu den anrechenbaren Gestehungskosten<br />
die Betriebs- und Kapitalkosten einer leistungsfähigen und effizienten Produktion sowie Abgaben.<br />
Das von der ElCom verwendete Gestehungskostenschema enthält aus Sicht des<br />
<strong>VSE</strong> folgende grundlegende Mängel:<br />
• Das Gestehungskostenschema der ElCom verweist vom Wortlaut her nur auf die<br />
Wertschöpfungsstufe der Produktion. Die anteiligen Kosten für den Einkauf, für den<br />
Handel und für den Vertrieb im Zusammenhang mit der Grundversorgung werden<br />
nicht explizit miteinbezogen.<br />
2 Stand StromVG vom 1. Juli 2012; Stand StromVV vom 15. März 2012.<br />
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• Das Gestehungskostenschema der ElCom ist eine Mischung aus Aufwandarten der<br />
Finanzrechnung (z.B. Personalaufwand) und aus Kostenarten der Kostenrechnung<br />
(z.B. Verzinsung von Eigenkapital).<br />
• Das vom Gesetzgeber, der ElCom und der Branche im Netzbereich anerkannte Kapitalkostenmodell<br />
auf Basis der Gesamtkapitalverzinsung mit einem risikogerechten,<br />
gewichteten Kapitalkostensatz WACC (Weighted Average Cost of Capital) wird durch<br />
die Differenzierung von Fremd- und Eigenkapitalverzinsung im Gestehungskostenschema<br />
der ElCom durchbrochen.<br />
• Das Gestehungskostenschema der ElCom ist unvollständig.<br />
(2) Inhaltlich definiert die ElCom insbesondere die Zusammensetzung der Gestehungskosten<br />
einer effizienten Produktion, bestehend aus den entsprechenden Betriebs- und Kapitalkosten.<br />
Zu den Betriebskosten der Produktion zählt die ElCom auch die Kosten der Energiebeschaffung<br />
für den Eigenbedarf. Weiter werden bei entsprechender Begründung auch erfolgte<br />
Rückstellungen für Betriebsrisiken oder ein ausserordentlicher Aufwand als anrechenbare<br />
Kosten von der ElCom akzeptiert.<br />
(3) Die Weisung der ElCom enthält keine nähere Definition des Begriffes „langfristige Bezugsverträge“.<br />
Ebenfalls ist die Herleitung der Kosten langfristiger Bezugsverträge in der ElCom-<br />
Weisung nicht detailliert definiert. Die ElCom stellt diese Kosten lediglich den Gestehungskosten<br />
der Produktion gleich. In dieser <strong>Branchenempfehlung</strong> sind daher in Kapitel 2.2 entsprechende<br />
Begriffs- und Inhaltsdefinitionen enthalten.<br />
(4) Ebenfalls nicht definiert ist der Begriff der „effizienten“ Produktion, und es sind auch keine<br />
Kriterien festgelegt, die für eine Prüfung herangezogen werden könnten. Der <strong>VSE</strong> empfiehlt<br />
daher, die Produktionseffizienz, welche primär von den verschiedenen Produktionsarten und<br />
den verfügbaren Produktionsstandorten abhängt, im Rahmen der Übergangslösung der<br />
Teilmarktliberalisierung und unter Berücksichtigung der energiepolitischen Vorgaben nicht<br />
anzuwenden. Spätestens zum Zeitpunkt der vollständigen Marktöffnung werden Produzenten<br />
mit allfällig „ineffizienten“ Anlagen mit einem Preis- und Absatzrisiko konfrontiert werden, da<br />
die Kraftwerke bereits heute auch schon für den Markt produzieren.<br />
(5) Bei wörtlicher Auslegung der Weisung wären zur Ermittlung der Grundversorgungstarife lediglich<br />
die im Rahmen der Produktion entstehenden Kosten, einschliesslich der entsprechenden<br />
Kapitalkosten sowie die Kosten für langfristige Bezugsverträge, anzusetzen. Die in einem<br />
Energieversorgungsunternehmen darüber hinaus anfallenden Kosten zur Durchführung<br />
der erforderlichen Handelsaktivitäten sowie die Aktivitäten zur Betreuung der festen Endkunden<br />
und des diesbezüglichen Vertriebes blieben unberücksichtigt. Die entsprechenden Prozesse<br />
sind allerdings für ein Energieversorgungsunternehmen zur Erfüllung seiner Versorgungsaufgabe<br />
unabdingbar. Auch die zugehörigen Betriebs- und Kapitalkosten im Vertrieb<br />
sind aus den mit Kunden getätigten Umsätzen zu decken und müssen daher bei der Tarifgestaltung<br />
ebenfalls berücksichtigt werden. Erfolgt dies nicht, so ist die Wirtschaftlichkeit von<br />
Energieversorgungsunternehmen beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung vorgenannter Aspekte<br />
wird Art. 4 Abs. 1 StromVV insbesondere hinsichtlich des Begriffes „Orientierung an<br />
den Gestehungskosten“ seitens des <strong>VSE</strong> dahingehend interpretiert, dass die Kosten einer effizienten<br />
Produktion und von langfristigen Bezugsverträgen in jedem Falle bei der Kalkulation<br />
der Tarife für die Grundversorgung heranzuziehen sind, die übrigen Kosten eines Energieunternehmens,<br />
die zur Erfüllung seiner Versorgungsaufgabe und zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit<br />
anfallen, aber ebenfalls zu berücksichtigen sind.<br />
(6) In dieser <strong>Branchenempfehlung</strong> wird der Begriff „Gestehungskosten“ daher in einer erweiterten<br />
Auslegung verwendet. D. h. dass zu den reinen Produktionskosten und denen für langfristige<br />
Bezugsverträge auch die sonstigen Kosten eines Verteilnetzbetreibers zur Erfüllung<br />
seiner Versorgungsaufgabe und zur Belieferung der Kunden mit Energie hinzuzurechnen<br />
sind. Dies umfasst insbesondere auch die Kosten für Vertrieb und Handel. Nicht zu berücksichtigen<br />
sind allerdings alle mit dem Verteilnetzbetrieb zusammenhängenden Kosten. Aus<br />
diesen Überlegungen resultieren die folgenden Gruppen von Gestehungskostenarten, die in<br />
vorliegender <strong>Branchenempfehlung</strong> verwendet werden:<br />
• Gestehungskosten Produktion (inkl. Partnerwerke)<br />
• Gestehungskosten Einkauf & Handel<br />
• Gestehungskosten Vertrieb<br />
© <strong>VSE</strong> / AES KRSG - CH 2013 7
(7) Explizit äussert sich die ElCom zur Berechnung der kalkulatorischen Kapitalkosten, bestehend<br />
aus kalkulatorischen Abschreibungen sowie der risikogerechten Verzinsung der investierten,<br />
betriebsnotwendigen Vermögenswerte. In Analogie zur Definition der anrechenbaren<br />
Netzkosten (vgl. Art. 15 Abs. 3 StromVG) bilden auch im Bereich der Produktionsanlagen<br />
höchstens die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten die Basis. Die kalkulatorischen<br />
Abschreibungen erfolgen linear über die wirtschaftliche Nutzungsdauer oder, sofern<br />
diese kürzer ist, über die Konzessionsdauer, auf den Restwert Null. Bei der kalkulatorischen<br />
Verzinsung verzichtet die ElCom auf die Vorgabe eines angemessenen Zinssatzes. Der<br />
Zinssatz soll den Risiken der Stromproduktion angemessen Rechnung tragen und den individuellen<br />
Verhältnissen, z.B. der konkreten Finanzierungsstruktur, angepasst werden können.<br />
In konkreten Kostenprüfungen hat die ElCom demgegenüber bereits mehrfach einen von ihr<br />
als angemessen definierten, standardisierten Zinssatz zur Anwendung gebracht. Diese Praxis<br />
der ElCom sowie die entsprechende Beurteilung des <strong>VSE</strong> sind in Kapitel 4.4.3 dieser<br />
<strong>Branchenempfehlung</strong> enthalten.<br />
(8) Die Grenzen der Anwendbarkeit der Definition des angemessenen Gewinns anhand einer<br />
risikogerechten Verzinsung des investierten Kapitals hat die ElCom im Rahmen der Überprüfung<br />
der Vertriebsgewinne von Verteilnetzbetreibern ohne massgebliche Eigenproduktionsanteile<br />
festgestellt. Auf der Basis der Tarifdeklarationen 2010 der Netzbetreiber hat die El-<br />
Com einen Schwellenwert 3 für die Vertriebs- und Verwaltungskosten inklusive einem angemessenen<br />
Gewinn berechnet und als Aufgreifkriterium für die Überprüfung der Energieliefertarife<br />
kommuniziert. Aus Sicht der ElCom sind Verteilnetzbetreiber mit einer Vertriebsmarge<br />
inkl. Verwaltungs- und Vertriebskosten unterhalb des Schwellenwertes nicht vertieft zu<br />
überprüfen.<br />
(9) Der <strong>VSE</strong> beurteilt die aktuelle regulatorische Praxis in Bezug auf die Vertriebskosten im Sinne<br />
eines Aufgreifkriteriums als betriebswirtschaftlich nicht sachgerecht:<br />
• Während für einzelne Versorger ein generell angewandter Schwellenwert eine angemessene<br />
Vertriebsmarge ermöglicht, kann je nach Kunden- und Grössenstruktur dies<br />
nicht der Fall sein. Grosse Endverbraucher, insbesondere potentiell freie Kunden, sind<br />
mit höheren Vertriebs- und Verwaltungskosten und in der Regel auch mit höheren Risiken<br />
(z.B. Debitorenrisiko) beim Versorger verbunden. Ist der Anteil an Grosskunden<br />
bei einem Versorger überdurchschnittlich, dürfte ein genereller Schwellenwert den<br />
angemessenen Gewinn gefährden.<br />
• Die in die Erhebung der ElCom eingeflossenen, aktuellen Vertriebs- und Verwaltungskosten<br />
sind für die zukünftige Situation im liberalisierten Markt nicht repräsentativ. Mit<br />
zunehmender Wechselbereitschaft von potentiell freien Kunden sowie den Anforderungen<br />
der neuen Energiepolitik ist von einer Erhöhung der bisher äusserst tiefen Vertriebskosten<br />
auszugehen.<br />
• Ein Aufgreifkriterium bedeutet grundsätzlich, dass es einen Anreiz gibt, seine Leistungen<br />
und seine Qualität zu kürzen bzw. keine Leistungen, z.B. im Bereich der erneuerbaren<br />
Energieprodukte und der Energieeffizienz, auszubauen.<br />
(10) Letztlich äussert sich die ElCom in ihrer Weisung auch zur Kostenallokation. Einerseits verweist<br />
sie auf die Anwendbarkeit der Vorgaben zur Kostenrechnung Netznutzung von Art. 7<br />
Abs. 5 StromVV. Bezüglich der Aufteilung der Beschaffungskosten auf die Grundversorgung<br />
und auf freie Kunden hält sie folgende Vorgabe fest:<br />
„Bei der Aufteilung der Vorteile der günstigeren Gestehungskosten und langfristigen Bezugsverträge<br />
auf Endverbraucher mit Grundversorgung und die anderen Kunden sind Lieferverträge,<br />
die bereits vor Inkrafttreten der Verordnung bestanden, angemessen zu berücksichtigen.<br />
Dazu wird der aufgrund der Gestehungskosten und langfristigen Bezugsverträge günstigere<br />
Strom mit einem sachgerechten, nachvollziehbaren und schriftlich festgehaltenen<br />
Schlüssel auf diese beiden Gruppen verteilt. Als Schlüssel wird im Normalfall der durchschnittliche<br />
Absatz bei den verschiedenen Kundengruppen der letzten zwei Jahre verwendet.<br />
Abweichungen davon sind namentlich im Falle grösserer Änderungen möglich, sie sind aber<br />
zu begründen.“<br />
3 Vgl. ElCom Infoveranstaltung 2011; Folien 68-70. Erhältlich unter http://www.elcom.admin.ch/dokumentation/00021/00122/00124/index.html?lang=de.<br />
© <strong>VSE</strong> / AES KRSG - CH 2013 8
2.2 Anwendungsbereich<br />
2.2.1 Marktakteure<br />
(1) Im Grundsatz definiert die ElCom in Ziffer 2 der Weisung 3/2012 die Anwendbarkeit von Art.<br />
4 Abs.1 StromVV:<br />
„Die Anwendung von Artikel 4 Absatz 1 StromVV ist auf Endverbraucher mit Grundversorgung<br />
beschränkt. Diese setzen sich gemäss Artikel 2 Absatz 1 Bst. f StromVV zusammen<br />
aus den festen Endverbrauchern und den Endverbrauchern, die auf den Netzzugang verzichten.<br />
Damit ist der Absatz weder auf Endverbraucher, die am Markt teilnehmen, noch auf das<br />
Verhältnis zwischen Lieferanten und Endverteilern anwendbar.“<br />
(2) Endverbraucher mit Netzzugang sind gemäss obiger Definition und im Sinne von Art. 6<br />
StromVG von der Grundversorgung ausgenommen. Durch die Wahl des Energielieferanten<br />
können sie von Angebot und Nachfrage am <strong>Strommarkt</strong> profitieren. Eine Regulierung der für<br />
die Energielieferung anrechenbaren Gestehungskosten erübrigt sich.<br />
(3) Produzenten unterliegen der Gestehungskostenregelung von Art. 4 Abs. 1 StromVV grundsätzlich<br />
nicht. Aus Sicht des <strong>VSE</strong> kann ein Produzent bzw. dessen Eigentümer nur in zwei<br />
Fällen dazu verpflichtet werden, die Gestehungskostenregelung nach Art. 4 Abs. 1 StromVV<br />
anzuwenden:<br />
• Das Kraftwerk oder die Kraftwerksgesellschaft ist im direkten Eigentum oder unter der<br />
Kontrolle eines Verteilnetzbetreibers mit Grundversorgungsauftrag.<br />
• Das Kraftwerk ist als Partnerwerk ausgestaltet und mindestens ein Verteilnetzbetreiber<br />
mit Grundversorgungsauftrag ist daran beteiligt. In diesem Fall ist/sind diese(r)<br />
Verteilnetzbetreiber als (Mit-)Eigentümer gemäss Ziffer 5 der ElCom-Weisung 3/2012<br />
verpflichtet, seine/ihre Vorteile aufgrund der partnerschaftlichen Eigenproduktion unabhängig<br />
von der Eigentümerstruktur an seine Endverbraucher mit Grundversorgung<br />
weiterzugeben. Für die übrigen Eigentümer ist die vorliegende <strong>Branchenempfehlung</strong><br />
bzw. die Gestehungskostenregelung von Art. 4 Abs. 1 StromVV aus Sicht des <strong>VSE</strong><br />
nicht anzuwenden.<br />
(4) In sämtlichen übrigen Fällen von unabhängigen Produzenten ohne Grundversorgungsauftrag<br />
ist die vorliegende <strong>Branchenempfehlung</strong> bzw. die Gestehungskostenregelung von Art. 4 Abs.<br />
1 StromVV aus Sicht des <strong>VSE</strong> nicht anzuwenden.<br />
(5) KEV-Anlagen, d.h. Kraftwerke bzw. Produktionsgesellschaften mit kostendeckender Einspeisevergütung<br />
(KEV) fallen aus Sicht des <strong>VSE</strong> nicht unter den Anwendungsbereich von<br />
Art. 4 Abs. 1 StromVV.<br />
Demgegenüber können die Kosten für die Abnahme erneuerbarer Energie von dezentralen<br />
Produktionsanlagen ohne kostendeckende Einspeisevergütung, je nach Möglichkeiten des<br />
lokalen Verteilnetzbetreibers mit oder ohne ökologischen Mehrwert, als Gestehungskosten<br />
für die Grundversorgung angerechnet werden. Dabei soll es dem Verteilnetzbetreiber aus<br />
Sicht des <strong>VSE</strong> frei stehen, den ökologischen Mehrwert ausserhalb der Grundversorgung zu<br />
vermarkten (z.B. entsprechende Zusatzprodukte oder Zertifikatshandel) oder aber direkt in<br />
den Gestehungskosten der damit höherwertigen Grundversorgung anzurechnen. Relevant<br />
sind mindestens die für den jeweiligen Verteilnetzbetreiber anfallenden Kosten für die Abnahme<br />
der eingespiesenen Energie zum definierten Rückliefertarif.<br />
(6) Verteilnetzbetreiber sind von dieser <strong>Branchenempfehlung</strong> in ihrer Rolle als Versorger von<br />
festen Endverbrauchern und solchen, die auf den Netzzugang verzichten, betroffen. Der Verteilnetzbetreiber<br />
unterliegt als versorgungspflichtiges Unternehmen den Vorschriften des Art.<br />
4 Abs. 1 StromVV. Verteilnetzbetreiber, die keine Endkunden in Grundversorgung beliefern,<br />
unterliegen nicht den Vorschriften des Art. 4 Abs. 1 StromVV.<br />
Auf das Verhältnis des Verteilnetzbetreibers mit seinen vorgelagerten Netzbetreibern bzw.<br />
seinen Energielieferanten ist Art. 4 Abs. 1 StromVV nicht anwendbar, da die Verteilnetzbetreiber<br />
aufgrund ihres freien Netzzugangs gemäss Art. 6 Abs. 5 StromVG selber keinen Anspruch<br />
auf Grundversorgung haben.<br />
(7) Unabhängige Energielieferanten ohne Grundversorgungsauftrag und reine Stromhändler<br />
unterstehen den Regelungen von Art. 4 Abs. 1 StromVV nicht.<br />
© <strong>VSE</strong> / AES KRSG - CH 2013 9
2.2.2 Ausland-Geschäfte<br />
(1) Beteiligungen an Kraftwerksgesellschaften im Ausland oder entsprechende Bezugsverträge<br />
(siehe Kapitel 2.2.3 nachstehend) sind von der Gestehungskostenregelung gemäss Art. 4<br />
Abs. 1 StromVV nur insofern betroffen, als eine physische Lieferung des Stroms zu Grundversorgungszwecken<br />
möglich ist. Dies bedingt entsprechende Grenzkapazitäten. Wird der<br />
von diesen erzeugte Strom im Ausland abgesetzt oder wird der Strom durch ausländische<br />
Vergütungsmodelle, wie zum Beispiel in Deutschland von den Einspeisevergütungen nach<br />
EEG vergütet, müssen sie bei der Ermittlung der Gestehungskosten keine Berücksichtigung<br />
finden, da sie nicht im Zusammenhang mit der Belieferung von Kunden in der <strong>Schweiz</strong> stehen<br />
und einem anderen Geschäftszweck dienen.<br />
2.2.3 Langfrist-Bezugsverträge<br />
(1) Als 'langfristige Bezugsverträge' im Sinne von Art. 4 Abs. 1 StromVV und der Ziffer 4 der<br />
Weisung 3/2012 der ElCom werden nach der Interpretation des <strong>VSE</strong> alle Energieverträge zur<br />
physischen Strombeschaffung verstanden, die eine längerfristige Geschäftsbeziehung regeln.<br />
Als 'sonstige Beschaffungsverträge' werden alle Vereinbarungen zwischen dem jeweiligen<br />
Energieversorgungsunternehmen und Dritten zur physischen Beschaffung von Energie<br />
verstanden, die jedoch nicht auf eine längerfristige Geschäftsbeziehung ausgelegt sind.<br />
Ebenfalls „sonstige Beschaffungsverträge“ sind Vereinbarungen zwischen einem Energieversorgungsunternehmen<br />
und Dritten zur Beschaffung von Energie, die finanziellen Charakter<br />
haben.<br />
(2) Die Zuteilung der „sonstigen Beschaffungsverträge“ (unabhängig der Fristigkeit) auf die Endkunden<br />
in Grundversorgung sowie auf die sonstigen Kunden muss nachvollziehbar erfolgen.<br />
(3) Es wird empfohlen, alle Bezugsverträge sowie die eigenerzeugten Mengen einschliesslich<br />
derer von Partnerwerken in einem Portfolio zu verwalten, sie mit den jeweiligen Energiekosten<br />
zu bewerten und sie innerhalb dieses Modells auch den geplanten Absatzmengen für die<br />
verschiedenen Kundengruppen gegenüberzustellen. Näheres hierzu enthält Kapitel 3.4.<br />
2.2.4 Energiequalitäten<br />
(1) Der Bereich der Qualitätszertifikate und der Vermarktung des ökologischen Mehrwerts eigener<br />
Produktionsanlagen ist aus Sicht des <strong>VSE</strong> nicht reguliert. Sofern seitens des Energieversorgungsunternehmens<br />
ein Grundversorgungstarif mit Berücksichtigung besonderer Stromqualitäten<br />
angeboten wird, so können diese einerseits durch entsprechend erworbene Zertifikate<br />
und andererseits durch die Festlegung eines entsprechenden Produktionsmixes realisiert<br />
werden. Das Angebot eines solchen Tarifes im Rahmen der Grundversorgung ist aus<br />
Sicht des <strong>VSE</strong> im Sinne der Nachhaltigkeit durchaus zu begrüssen und auch im Interesse<br />
von Politik, Gesellschaft und Umwelt. Es sollte daher im Ermessen des einzelnen Energieversorgungsunternehmens<br />
liegen, inwieweit die resultierenden „Qualitätskosten“ in die Ermittlung<br />
der Gestehungskosten für die Belieferung von Endkunden in Grundversorgung mit<br />
Strom berücksichtigt werden oder nicht. Die Bewertungsgrundlage im Falle der Berücksichtigung<br />
sollten zum einen die Erwerbskosten der Qualitätszertifikate und zum anderen im Falle<br />
des Vorhandenseins eigener Produktionsanlagen alle Kosten sein, die im Zusammenhang<br />
mit der Sicherstellung der entsprechenden Qualitäten entstehen.<br />
(2) Dem Energieversorgungsunternehmen ist es aus Sicht des <strong>VSE</strong> daher auch freizustellen,<br />
inwiefern es wählbare Aufpreis- oder Mehrwertprodukte im Rahmen oder ausserhalb der<br />
Grundversorgung anbietet. Im Falle von für die Kunden frei wählbaren Zusatz- oder Mehrwertprodukten<br />
unterstehen entgegen der Praxis der ElCom aus Sicht des <strong>VSE</strong> die Zusatzoder<br />
Mehrwertprodukte nicht der Regulierung.<br />
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3. Wertschöpfungsstufen Energie<br />
(1) Zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Energie im Sinne von Art. 6 StromVG ist, neben<br />
der Netzinfrastruktur zur Übertragung und Verteilung, die Produktion des Stroms in der erforderlichen<br />
Qualität, der Einkauf von zusätzlichen Strommengen bei Drittproduzenten oder am<br />
Markt, der Handel zur Optimierung der bedarfsgerechten Bereitstellung der geforderten<br />
Strommengen zur richtigen Zeit und letztlich der Vertrieb des Stroms an den Endkunden<br />
notwendig. Da die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Verteilnetzbereiche gemäss Art.<br />
10 StromVG mindestens buchhalterisch von den übrigen Tätigkeitsbereichen entflechten<br />
müssen, konzentriert sich das vorliegende Kostenrechnungsschema ausschliesslich auf die<br />
"Wertschöpfungsstufen Energie".<br />
Abbildung 1<br />
Wertschöpfungsstufen Energie<br />
(2) In Abbildung 1 sind die möglichen Wertschöpfungsstufen eines Versorgungsunternehmens in<br />
Bezug auf die Energielieferungen aufgeführt. Ein einzelnes Versorgungsunternehmen mit<br />
Grundversorgungsauftrag kann dabei auf allen oder nur auf einzelnen Wertschöpfungsstufen<br />
tätig sein und ist in seiner Organisation frei.<br />
(3) Nicht Bestandteil des Kostenrechnungsschemas Gestehungskosten sind Kosten, die im<br />
Rahmen der Netznutzung entstehen (Netzinfrastruktur, Netzbetrieb, …). Die Definition und<br />
Abgrenzungen der Wertschöpfungsstufen des Netzes, bestehend aus Übertragung und Verteilung,<br />
sind im NNMÜ-CH bzw. im NNMV-CH 4 aufgeführt.<br />
3.1.<br />
Produktion<br />
(1) Die Kosten der Produktion von Strom in eigenen Kraftwerken, sowie die Jahreskosten der mit<br />
Partnern gemeinsam betriebenen Partnerkraftwerke werden im vorliegenden Kostenrechnungsschema<br />
in der Wertschöpfungsstufe Produktion abgebildet. Nicht miteinbezogen werden<br />
KEV-Anlagen (vgl. Kapitel 2.2.1 hiervor).<br />
(2) Als Gestehungskosten der Produktion werden alle Kosten eines Kraftwerkes loco Klemme<br />
verstanden. Sie umfassen alle effizienten Aufwandskosten im direktem oder indirekten ursächlichen<br />
Zusammenhang mit der Erzeugung, kalkulatorische Kosten (wie z.B. Kosten für<br />
Gratis- oder Vorzugsenergielieferungen) und kalkulatorische Kapitalkosten für das betriebsnotwendige<br />
Vermögen. Sie werden bei gleichzeitiger Strom- und Wärmeproduktion mengengewichtet<br />
berücksichtigt. D. h. es werden lediglich die anteiligen Stromproduktionskosten in<br />
die Gestehungskostenermittlung aufgenommen.<br />
(3) Die Kosten von Partnerwerken fallen anteilig gemäss Jahresrechnung des Partnerwerkes<br />
oder gemäss Kostenrechnung des Partnerwerkes an. Im Falle einer Kostenrechnung orientiert<br />
sich diese an den gleichen Grundsätzen wie diejenige von eigenen Kraftwerken gemäss<br />
(2).<br />
(4) Die Kosten von Beteiligungen fallen gemäss Jahresrechnung resp. Beteiligungsverhältnis an.<br />
Diese sind im Kostenrechnungsschema der Wertschöpfungsstufe Produktion zuzuordnen,<br />
wenn der Bezug der anteiligen Strommengen kostenbasiert erfolgt. Dies kann auch der Fall<br />
sein für kostenbasierte Langfristverträge. Wenn Kraftwerke, Produktionsbeteiligungen oder<br />
kostenbasierte Langfristverträge nicht der Versorgung der Kunden in der <strong>Schweiz</strong> dienen,<br />
wie das insbesondere bei ausländischer Produktion der Fall sein kann, sind diese nicht in die<br />
Gestehungskosten einzurechnen.<br />
4 Netznutzungsmodell für das <strong>Schweiz</strong>erische Übertragungsnetz NNMÜ-CH (<strong>VSE</strong>, 2013), Netznutzungsmodell für Verteilnetze der <strong>Schweiz</strong> NNMV-CH<br />
(<strong>VSE</strong> 2011).<br />
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(5) Das ganze Produktionsportfolio der Energie wird an die nachgelagerte Wertschöpfungsstufe<br />
„Einkauf & Handel“ abgegeben. Die entsprechende Disposition der für die Grundversorgung<br />
erforderlichen Energiemengen und -qualitäten erfolgt auf dieser Stufe.<br />
3.2 Einkauf & Handel<br />
(1) In der Wertschöpfungsstufe Einkauf & Handel fallen sämtliche zusätzlich zur Produktion notwendigen<br />
Beschaffungs- und Dispositionskosten eines Versorgungsunternehmens an. Insbesondere<br />
werden in dieser Wertschöpfungsstufe die Kosten aus Langfristverträgen (gemäss<br />
der Definition in Kapitel 2.2.3 hiervor), die Kosten sonstiger Beschaffungsverträge, und die<br />
allfälligen Kosten weiterer Beschaffungen am freien Markt verbucht. Im Unterschied zur kostenbasierten<br />
Produktion sind diese Verträge in der Regel marktpreisbasiert ausgestaltet.<br />
(2) Finanzielle Beteiligungen an Produktions- oder Handelsgesellschaften, welche zum Bezug<br />
entsprechender Strommengen berechtigen, werden, sofern die Bezugsrechte preisbasiert<br />
ausgestaltet sind, ebenfalls dieser Wertschöpfungsstufe zugeordnet. Im Unterschied zur<br />
Wertschöpfungsstufe der Produktion sind für das Kostenrechnungsschema in diesen Fällen<br />
nur die jeweiligen Beschaffungskosten relevant.<br />
(3) Der Einkauf und Handel ist für die Grundversorgung neben der Produktion relevant, da über<br />
diese Aktivitäten insbesondere Shortpositionen der Versorgung am Markt beschafft werden<br />
können. Zudem können in dieser Wertschöpfungsstufe wichtige Risiken für die Produktion<br />
und den Vertrieb optimiert bewirtschaftet werden. Die übrigen Kosten und Erlöse dieser<br />
Wertschöpfungsstufe eines Versorgungsunternehmens werden vom Versorgungsgeschäft<br />
abgegrenzt (z.B. Eigenhandel, Verkauf überschüssiger Energie). Dies geschieht indem der<br />
Einkauf & Handel als interner Dienstleister gegenüber der Produktion, dem Vertrieb und gegenüber<br />
dem Netz (Netzverluste) verstanden wird. Dadurch wird auch die Transparenz der<br />
internen Wertflüsse und der Kostenrechnung erhöht (siehe Kapitel 3.4 nachstehend).<br />
3.3 Vertrieb<br />
(1) Der Vertrieb stellt den direkten Kontakt zum Endkunden (Kundendienst, Produktmanagement,<br />
Produkt- und Preiskommunikation, Abrechnung, etc.) sicher. Er betreut und berät die<br />
unterschiedlichen Kundensegmente, gestaltet neue Produkte und zusätzliche Dienstleistungen,<br />
entwickelt diese weiter und stellt zumeist auch den Tagesbetrieb in den Bereichen<br />
Energiedatenmanagement (wie z.B. Mutationen, Fahrplan) und Abrechnung sicher. Je nach<br />
Auftrag und Strategie des einzelnen Versorgungsunternehmens fördert er zudem auch die<br />
Energieeffizienz u.ä. oder führt Kundeninformationsmassnahmen durch. Kundenspezifische<br />
und freiwillig angebotene Dienstleistungen sind mit deren Erlösen und Kosten von den Gestehungskosten<br />
abzugrenzen.<br />
(2) Leistungen des Energievertriebs sind kostenmässig vom Netzvertrieb abzugrenzen. Zudem<br />
ist darauf zu achten, dass Marktleistungen, d.h. Leistungen an Endkunden, die vom Netzzugang<br />
Gebrauch gemacht haben, auch in der Kostenrechnung klar von den erforderlichen<br />
Leistungen für die Grundversorgung abgegrenzt werden.<br />
(3) Aus dem beim Einkauf & Handel verantworteten, gesamten Energieportfolio eines Versorgungsunternehmens<br />
werden alle Endkunden im angestammten Versorgungsgebiet grundsätzlich<br />
mit demselben Energiemix über den Vertrieb versorgt. Die kundengerechte und diskriminierungsfreie<br />
Produkt- und Preisgestaltung in- und ausserhalb der Grundversorgung obliegt<br />
dem Vertrieb.<br />
3.4 Schnittstellen der Wertschöpfungsstufen<br />
(1) Es wird empfohlen, die Gestehungskosten für jede einzelne Wertschöpfungsstufe einzeln zu<br />
ermitteln.<br />
(2) Folgende Gründe sprechen dafür:<br />
• Prozesse und Vermögensstrukturen sind auf jeder Wertschöpfungsstufe unterschiedlich.<br />
Hieraus resultieren signifikante Unterschiede in den Kostenarten und Kostenstrukturen,<br />
die sich auch in der Ermittlung der Gestehungskosten auswirken. Beispielsweise<br />
folgt die Bewertung von Kraftwerksanlagen anderen Grundsätzen als die<br />
getätigter Handelsgeschäfte. Beide Bewertungen haben jedoch Auswirkungen auf die<br />
resultierenden Kapitalkosten.<br />
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• Auf jeder Wertschöpfungsstufe existieren rechnerisch Strombezug und Stromabgabe.<br />
Deren monetäre Bewertung basiert aufgrund der vorgenannten Andersartigkeiten in<br />
den Prozess- und Vermögensstrukturen auf deutlich voneinander abweichenden Verfahren<br />
und Methoden. Die Bewertung der von einem Kraftwerk produzierten Strommengen<br />
kann beispielsweise zu Produktionskosten inkl. eines angemessenen Gewinns<br />
erfolgen, wohingegen die Bewertung eines Beschaffungsvertrages von den Vertragskonditionen,<br />
der gegenwärtigen Marktpreissituation und der bestehenden Risikoposition<br />
abhängen kann.<br />
• Innerhalb jeder Wertschöpfungsstufe wird ein Stromaufkommen generiert sowie Strom<br />
verbraucht. Beispielsweise wird auf Ebene der Wertschöpfungsstufe 'Einkauf &<br />
Handel' Strom auf dem Grosshandelsmarkt gekauft und auf diesem auch Strom verkauft.<br />
Weiterhin werden Strommengen zwischen den Wertschöpfungsstufen ausgetauscht.<br />
Beispielsweise werden auf der Stufe 'Einkauf & Handel' Strommengen von<br />
der Produktion übernommen und andere Strommengen an die Stufe Vertrieb abgegeben.<br />
Für die Ermittlung der Gestehungskosten für die Energielieferung an Endkunden<br />
in Grundversorgung ist aus den komplexen Energieflüssen eines Versorgungsunternehmens<br />
nun die Menge zu identifizieren und zu bewerten, die an die genannte Kundengruppe<br />
geliefert werden soll. Dabei sind wertschöpfungsstufeninhärente Mengen<br />
zu neutralisieren sowie die verbleibenden Mengen zu identifizieren und zu bewerten.<br />
(3) Die aus vorgenannten Punkten resultierende Komplexität lässt sich am effizientesten durch<br />
ein geeignetes Portfoliomodell auflösen. Das in dieser <strong>Branchenempfehlung</strong> vorgeschlagene<br />
Verfahren zur Ermittlung der Gestehungskosten basiert daher auf einem solchen. Es besitzt<br />
folgenden grundsätzlichen Aufbau:<br />
• Für jede Wertschöpfungsstufe (Produktion, Einkauf & Handel, Vertrieb und Netz) wird<br />
ein Portfolio definiert, in welchem die jeweiligen Mengen zu Strombezug und Stromabgabe<br />
nach Quellen und Senken aggregiert sowie bewertet sind.<br />
• Weiterhin werden die Beziehungen zwischen den Portfolios berücksichtigt, so dass<br />
eine Übergabe von bewerteten Mengen von einem Portfolio zum nächsten möglich ist.<br />
Folgende Prinzipdarstellung verdeutlicht dies:<br />
Abbildung 2<br />
Portfoliomodell<br />
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(4) Wesentliches Strukturmerkmal des Portfoliomodells ist die Abgrenzung und Unabhängigkeit<br />
der Wertschöpfungsstufen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass auf Ebene der Produktion keine<br />
Zuordnung produzierter Strommengen zu Abnehmergruppen, insbesondere nicht zu Endkunden,<br />
erfolgt, sondern diese nach Abzug des Eigenbedarfes vollständig an die Wertschöpfungsstufe<br />
Einkauf & Handel zur Vermarktung übergeben werden. Im Rahmen des Einkauf &<br />
Handels werden diese mit weiteren am Markt beschafften Mengen zusammengeführt. Dann<br />
erfolgt ebenfalls auf Ebene der Stufe Einkauf & Handel die Festlegung, welche Mengen zu<br />
welchen Preisen an den Vertrieb, das Netz oder die Produktion abgegeben oder am Grosshandelsmarkt<br />
veräussert werden sollen. Die Wertschöpfungsstufe Vertrieb bezieht die zur<br />
Belieferung der Endkunden benötigten Mengen vollständig von der Wertschöpfungsstufe<br />
Einkauf & Handel. Auf Stufe Vertrieb erfolgt dann auch die konkrete Zuordnung der insgesamt<br />
beschafften Mengen zu einzelnen Kunden- und Produktgruppen. Mit diesem Ansatz<br />
wird auf jeder Wertschöpfungsstufe die erforderliche unternehmerische Flexibilität gewahrt<br />
sowie der Tatsache Rechnung getragen, dass auf jeder Stufe unterschiedliche Marktregeln<br />
und darauf aufbauende Geschäftsmodelle greifen.<br />
(5) In jedem Portfolio werden die Energiekosten vollständig ermittelt. Dies ist erforderlich, um die<br />
jeweiligen Teilmengen, die über die Wertschöpfungsstufen hinweg von einem Portfolio zu einem<br />
anderen übergeben werden, korrekt bewerten zu können. Im Portfolio Produktion ergeben<br />
sich die Energiekosten insbesondere aus den Beschaffungskosten für den Strombezug<br />
von Partnerwerken und Beteiligungen sowie den Gestehungskosten der Eigenproduktion. Im<br />
Portfolio Einkauf & Handel ergeben sich die Energiekosten aus den von der Produktion übernommenen,<br />
bewerteten Mengen, den Kosten für langfristige Bezugsverträge, den sonstigen<br />
Beschaffungen am Markt sowie der Bewertung einer möglichen offenen Position. Im Portfolio<br />
Vertrieb ergeben sich die Energiekosten aus den bewerteten Teilmengen, die vom Handel<br />
bezogen werden. Die jeweils ermittelten Energiekosten fliessen in die Gestehungskosten ein.<br />
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4. Grundsätze der Kostenermittlung und -zuordnung<br />
4.1 Allgemeines<br />
(1) Hauptaufgabe des vorliegenden Kostenrechnungsschemas ist eine allgemeinverständliche<br />
Anleitung für die Verteilnetzbetreiber mit Grundversorgungsauftrag zu geben für:<br />
• Bestimmung der Höhe der Gestehungskosten der Energielieferung an Endverbraucher<br />
mit Grundversorgung zur Berechnung der entsprechenden Energieliefertarife<br />
• Zuordnung der anrechenbaren Kosten auf den Kostenträger Grundversorgung nach<br />
objektiven Kriterien der Kostenverursachung<br />
(2) Im Unterschied zur Bestimmung der anrechenbaren Netzkosten im Sinne von Art. 15<br />
StromVG fehlen entsprechende Vorgaben zur Ermittlung der Gestehungskosten der Energielieferung<br />
der Grundversorgung auf Stufe Gesetz und Verordnung. Art. 4 Abs. 1 StromVV gibt<br />
lediglich vor, dass sich der Tarifanteil für die Energielieferung an Endverbraucher mit Grundversorgung<br />
an den Gestehungskosten einer effizienten Produktion und an langfristigen Bezugsverträgen<br />
des Verteilnetzbetreibers zu orientieren hat.<br />
(3) Aus Sicht des <strong>VSE</strong> ist es angemessen und sinnvoll, die Grundsätze und Prinzipien des vom<br />
<strong>VSE</strong> empfohlenen Kostenrechnungsschemas für Verteilnetzbetreiber (KRSV-CH) soweit<br />
möglich zu übernehmen und auf diese zu verweisen. Die grundsätzlichen Empfehlungen zur<br />
Führung der Kostenrechnung als Vollkostenrechnung, zur Abgrenzung und zur Gliederung<br />
der Kostenrechnung sind in Analogie zum Netz auch für die Bestimmung der Gestehungskosten<br />
der Energielieferung für die Grundversorgung anwendbar.<br />
(4) Für die Bestimmung der Gestehungskosten sind alle Kosten relevant, welche mit der Produktion,<br />
des Einkaufs, dem Handel und dem Vertrieb der für die Grundversorgung relevanten<br />
Energielieferung ursächlich im Zusammenhang stehen. Weitere Leistungen auf den einzelnen<br />
Wertschöpfungsstufen, z.B. das Angebot von Regelenergie für die Systemdienstleistungen<br />
der Swissgrid durch die Produktion oder das Angebot von frei wählbaren Zusatzprodukten<br />
durch den Vertrieb sind mit den entsprechenden Kosten und den jeweiligen Erlösen<br />
sachgerecht und nachvollziehbar abzugrenzen. Eine Berücksichtigung von entsprechenden<br />
Nebengeschäften und deren Erlöse im vorliegenden Gestehungskostenschema ist daher<br />
nicht notwendig.<br />
(5) Die Wertermittlung für die einzelnen Positionen des Gestehungskostenschemas erfolgt aus<br />
betriebswirtschaftlicher Sicht unter Einbezug von kalkulatorischen Kostenelementen. Die<br />
sachlichen Abgrenzungen zwischen der Finanz- und der Kostenrechnung sind analog zur<br />
Bestimmung des KRSV-CH vorzunehmen. 5<br />
(6) Die Kostenrechnung wird anhand von Plan- bzw. Budgetwerten zum Zweck der Tarifkalkulation<br />
erstellt. Sie kann auch anhand der Ist-Werte zum Zweck der Nachkalkulation geführt<br />
werden.<br />
(7) Das Geschäftsjahr kann vom Verteilnetzbetreiber frei bestimmt werden. Neben dem Kalenderjahr<br />
kann insbesondere auch das hydrologische Jahr verwendet werden. Im Falle von unterschiedlichen<br />
Geschäftsjahren bei Beteiligungsgesellschaften oder Partnerwerken ist die<br />
entsprechende zeitliche Abgrenzung der Kosten und Erlöse sicherzustellen.<br />
4.2 Kostenschema Gestehungskosten<br />
(1) Die Herleitung der einzelnen Kostenarten soll in vergleichbarer Art und Weise zu den Kostenartengruppen<br />
im Netzbereich gemäss den Empfehlungen des KRSV-CH erfolgen.<br />
(2) Aus vorliegenden Gründen empfiehlt der <strong>VSE</strong> den betroffenen Verteilnetzbetreibern mit<br />
Grundversorgungsauftrag die Abbildung des nachstehenden Gestehungskostenschemas zur<br />
Ermittlung der vollständigen Gestehungskosten für die Energielieferung an Endverbraucher<br />
mit Grundversorgung. Das Schema orientiert sich weitgehend am Schema der anrechenbaren<br />
Kostenelemente im Bereich Netze gemäss KRSV. 6 Das Schema bildet die Kostenstruktur<br />
der relevanten Kostenträger pro Wertschöpfungsstufe ab. Die Kostenartengruppen können<br />
5 Vgl. Kapitel 5 des KRSV-CH.<br />
6 Vgl. Kapitel 5.3 des KRSV-CH.<br />
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sich aus Primär- und Sekundärkosten zusammensetzen. Sekundärkosten können via Leistungsverrechnung<br />
und Umlagen entstehen. Die Prinzipien der Schlüsselung von Gemeinkosten<br />
gemäss Art. 7 Abs. 5 StromVV sind sinngemäss anzuwenden.<br />
(3) Das folgende Kostenschema dient als Orientierung, muss nicht zwingend in diesem Detaillierungsgrad<br />
ermittelt werden und kann unternehmensspezifisch abweichen. Kostenpositionen,<br />
die zum Beispiel der Position Beschaffungskosten zugewiesen wurden, können bei Verteilnetzbetreibern<br />
ohne Produktion und/oder Handel der Position Vertrieb zugeordnet werden.<br />
Die Kostengruppen pro Wertschöpfungsstufe bilden primär Rollen und nicht Organisationseinheiten<br />
eines Unternehmens ab.<br />
Kostengruppen pro Wertschöpfungsstufe Produktion Einkauf Vertrieb<br />
& Handel<br />
4.3.1 4.3.2 4.3.3<br />
100 Kalkulatorische Kapitalkosten der Anlagen<br />
100.1 Kalkulatorische Abschreibungen X<br />
100.2 Kalkulatorische Zinsen X<br />
200 Betriebskosten<br />
200.1 Anlagenbetrieb X<br />
200.2 Instandhaltung der Anlagen X<br />
200.3 Eigenbedarf (inkl. Netznutzung und SDL) X<br />
200.4 Pumpspeicherbetrieb X<br />
200.5 Ausgleichsenergie X<br />
200.6 Einstauersatz X<br />
200.7 Auflösung / Bildung Rückstellungen X<br />
200.8 Übrige Betriebskosten X<br />
300 Beschaffungskosten<br />
300.1 Beschaffung bei Partnerwerken/ Beteiligungen<br />
X<br />
300.2 Langfristige Bezugsverträge X X<br />
300.3 Beschaffung Börse / OTC X<br />
300.4 Beschaffungsnebenkosten / Disposition X<br />
600 Verwaltungs- und Vertriebskosten<br />
600.1a Management, Verwaltung X X X<br />
600.1b Kapitalsteuern X X X<br />
600.2 Vertriebskosten X<br />
600.3 Kalkulatorische Verzinsung des Nettoumlaufvermögens<br />
X X X<br />
600.4 Sonstige Kosten X X X<br />
700 Direkte Steuern<br />
700.1 Aufwandgleiche direkte Steuern X X X<br />
700.2 Kalkulatorische Steuern X X X<br />
800 Abgaben<br />
800.1 Konzessionsabgaben X<br />
800.2 Wasserzinsen X<br />
800.3 Gratis- und Vorzugsenergielieferungen X<br />
900 Sonstige Erlöse<br />
900.1 Subventionen / Kostenbeiträge X<br />
900.2 Sonstige Erlöse X X<br />
Tabelle 1<br />
Kostenschema Gestehungskosten (Übersicht)<br />
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4.3 Gestehungskosten der einzelnen Wertschöpfungsstufen<br />
(1) Nachstehend werden die einzelnen Kostenarten pro Wertschöpfungsstufe gemäss der Übersicht<br />
in Tabelle 1 beschrieben. Die Erläuterungen beschränken sich auf die wesentlichen Positionen,<br />
sind beispielhaft und nicht abschliessend.<br />
4.3.1 Gestehungskosten Produktion<br />
100 Kalkulatorische Kapitalkosten<br />
100.1 Kalkulatorische Abschreibungen<br />
Die Methode der kalkulatorischen Abschreibung der Produktionsanlagen ist im Unterschied<br />
zum Netzbereich nicht vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber definiert. Gemäss Weisung<br />
3/2012 erfolgen die kalkulatorischen Abschreibungen linear über den jeweils kürzeren Zeitraum<br />
von wirtschaftlicher Nutzungsdauer oder Konzessionsdauer auf der Basis von Anschaffungswerten.<br />
Diese können sowohl Sachanlagen wie auch immaterielle Anlagen (z.B.<br />
Bezugsrechte oder einmalige Verleihgebühren, vgl. 100.4) umfassen.<br />
100.2 Kalkulatorische Verzinsung<br />
Die kalkulatorische Verzinsung der Produktion ist im Unterschied zum Netzbereich nicht vom<br />
Gesetz- bzw. Verordnungsgeber definiert.<br />
Produktionsanlagen<br />
Die kalkulatorischen Zinsen bei Produktionsanlagen werden auf den Anlagenrestwerten<br />
(inkl. Gebäude und Land) berechnet. Für die Herleitung des Zinssatzes vgl. Kapitel 6.3.<br />
Anlagen im Bau<br />
Anlagen im Bau (AiB) stellen analog zu den bereits betriebenen Anlagen betriebsnotwendiges<br />
Vermögen dar. Die kalkulatorischen Zinsen der AiB werden auf den aufgelaufenen Kosten<br />
der noch nicht abgeschlossenen Investitionen berechnet. Anzahlungen für Anlagen sind<br />
ebenfalls als AiB oder als Teil des Nettoumlaufvermögens zu verzinsen (vgl. Position 600.3).<br />
Partnerwerke<br />
Analog zu den eigenen Produktionsanlagen (inkl. AiB) sind auch die gemeinschaftlich mit<br />
Partnern betriebenen Anlagen in Partnerwerken zu verzinsen. Die kalkulatorische Verzinsung<br />
erfolgt anhand des Beteiligungsverhältnisses auf der Basis der anteiligen Restwerte<br />
des Anlagevermögens der Partnerwerke und auf dessen anteiligen betriebsnotwendigen<br />
Nettoumlaufvermögen.<br />
Immaterielle Rechte und/oder Beteiligungen<br />
Auch Beteiligungen und/oder immaterielle Rechte aus Bezugsrechten oder Bezugsverträgen<br />
sind aktivierbar und stellen betriebsnotwendiges Anlagevermögen dar. Die aus Stromlieferverträgen<br />
bestehenden Bezugsrechte können auch als Derivate bilanziert werden. Entsprechende<br />
Vermögenswerte sind ebenfalls zu verzinsen.<br />
200 Betriebskosten<br />
200.1 Anlagenbetrieb<br />
Die Kosten für den Anlagenbetrieb bestehen aus Material, Fremd- und Eigenleistungen für<br />
insbesondere folgende Aktivitäten:<br />
• Effizienter Betrieb und Steuerung der Produktionsanlagen, insbesondere Leittechnik<br />
• Betriebsmessung und Messdatenmanagement<br />
• Fahrplanerstellung<br />
• Betriebssicherheit<br />
• Qualitätssicherung<br />
• Projektierung und Planung<br />
• Kalkulatorische Kapitalkosten von Informatik, Messwesen, Geräten, Gebäuden, etc.<br />
welche für den Anlagenbetrieb notwendig sind<br />
200.2 Instandhaltung der Anlagen<br />
Die Kosten für die Instandhaltung der Produktionsanlagen umfassen Material, Fremdleistungen<br />
und Eigenleistungen für Inspektionen, Wartung, Instandsetzung, Störungsbehebungen<br />
und Ersatz.<br />
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200.3 Eigenbedarf (inkl. Netznutzung und SDL)<br />
Die Energiekosten für den Eigenbedarf von Strom zum Betrieb der Produktionsanlagen werden<br />
vom Einkauf & Handel zu Bezugsmengen verrechnet. Der Bezugspreis basiert auf der<br />
Bezugsqualität der Energie. Werden mehrere Energiequalitäten für den Eigenbedarf genutzt,<br />
ergibt sich der Bezugspreis aus dem Bezugsmix.<br />
In bestimmten Fällen fallen für den Bezug von Strom zum Eigenbedarf auch Kosten für<br />
Netznutzung und Systemdienstleistungen an. Diese beinhalten auch SDL-Kosten. Die Kosten<br />
des bezogenen Stroms und die Kosten der Netznutzung stehen im direkten Zusammenhang<br />
mit der Stromproduktion und sind daher als Gestehungskosten anzusetzen.<br />
200.4 Pumpspeicherbetrieb<br />
Kosten der Pumpenergie stehen in direktem Zusammenhang mit der Energieproduktion. Sie<br />
fallen beim Einkauf & Handel als effektive Kosten an. Der Bezugspreis ergibt sich aus den<br />
Bezugsmengen bewertet zu den Beschaffungskosten für die entsprechende Energiequalität..<br />
200.5 Ausgleichsenergie<br />
Kosten, welche einer Bilanzgruppe (z.B. Kraftwerkseinheit) bei Abweichung von Fahrplänen<br />
belastet werden.<br />
200.6 Einstauersatz<br />
Als Entschädigung für entnommenes Wasser an Kraftwerksunterlieger ist in der Regel Energie<br />
zu liefern. Die Ersatzenergielieferung an Unterlieger ist Bedingung, dass das eigene<br />
Kraftwerk produzieren darf.<br />
Die Kosten für diese Energie sind mit Marktpreisen anzusetzen, da die gelieferte Energie<br />
entweder vom Einkauf & Handel selber am Markt zugekauft wird oder am Markt abgesetzt<br />
würde, wenn die Grundversorgung mit der bestehenden Energieproduktion bereits gedeckt<br />
wäre.<br />
200.7 Rückstellungen<br />
Zuweisungen bzw. Auflösungen von Rückstellungen für Betriebsrisiken gemäss individueller<br />
Risikobewertung sind in den Gestehungskosten kostensteigernd bzw. kostenmindernd zu<br />
berücksichtigen.<br />
200.8 Übrige Betriebskosten<br />
Übrige Betriebskosten im Zusammenhang mit für die Produktion notwendigen Anlagen und<br />
Leistungen sind beispielsweise<br />
300 Beschaffung<br />
• Kosten für Mieten, Benützungsentschädigungen und Leasing<br />
• Baurechtszinsen, Kulturschäden, Entschädigung für Nutzungsrechte<br />
• Prämien für Haftpflicht-, Vermögens- und Sachversicherungen<br />
300.1 Beschaffung bei Partnerwerken/Beteiligungen<br />
Eine eigentliche Beschaffung aus fremden Quellen ist auf der Stufe Produktion nicht vorgesehen,<br />
sie findet über den Einkauf & Handel statt. Jedoch ist es üblich, die (nicht konsolidierten)<br />
anteiligen Produktionskosten der Partnerwerke als Beschaffungskosten der Produktion<br />
in die Gestehungskostenberechnung des Versorgers miteinzubeziehen.<br />
Die Partnerwerke können hierfür eine Kostenrechnung nach den gleichen Grundsätzen wie<br />
die eigenen Kraftwerke erstellen oder sich auf die Jahresrechnung abstützen.<br />
Wird vereinfachend auf die Finanzrechnung bzw. die Jahresrechnung abgestützt, sind die<br />
notwendigen Korrekturen, wie beispielsweise die Abschreibungen, der Finanzaufwand, die<br />
Steuern und die ausgewiesenen Gewinne der Partnerwerke, vorzunehmen, da diese aus unternehmenspolitischen<br />
und steuerlichen Gesichtspunkten dargestellt werden.<br />
Die kalkulatorischen Kapitalkosten der Partnerwerke (Abschreibungen, Kapitalverzinsung,<br />
Steuern) sind analog zu eigenen Produktionsanlagen neu zu ermitteln. Umgekehrt sind die<br />
effektiv in der Finanzrechnung des Partnerwerks verrechneten Abschreibungen, Steuern,<br />
Gewinne und der Finanzaufwand heraus zu rechnen. Die kalkulatorische Verzinsung wird<br />
anteilsmässig bereits in Position 100.2 berücksichtigt. In Position 300.1 werden die übrigen<br />
aufwandgleichen Kosten inkl. den kalk. Abschreibungen der Partnerwerke ausgewiesen.<br />
300.2 Langfristige Bezugsverträge<br />
Die effektiven Beschaffungskosten aufgrund langfristiger Bezugsverträge, können analog zu<br />
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Partnerwerken der Produktion zugeordnet werden. Im Falle deren Aktivierbarkeit ist die Verzinsung<br />
dieser Vermögenswerte in Position 100.2 sichergestellt.<br />
600 Verwaltungskosten<br />
600.1 a. Management, Verwaltung<br />
Anteilige Kosten für Geschäftsleitung, Sekretariat, Rechnungswesen, Mahn- und Inkassowesen,<br />
Controlling, Personalwesen, Rechtsdienst, Informatik, interne Post, Telefonzentrale,<br />
anteilige Raumkosten, kalk. Kapitalkosten für Verwaltungsinfrastruktur, Bank- und Postcheckgebühren,<br />
übrige Gebühren, Debitorenverluste, Delkredereveränderungen, Verbandsbeiträge,<br />
Geschäftsbericht, Kommissions- und Verbandsarbeit, Unternehmenskommunikation,<br />
etc. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.<br />
b. Kapitalsteuern<br />
Allfällige, anteilige Kapitalsteuern auf Stufe Produktion sind separat auszuweisen.<br />
600.3 Kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Nettoumlaufvermögens<br />
Kalkulatorischer Zins auf dem Nettoumlaufvermögen der Produktion (Umlaufvermögen ./.<br />
kurzfristiges Fremdkapital).<br />
600.4 Sonstige Kosten<br />
Sonstige Kosten der Produktion sind insbesondere Finanzierungsnebenkosten, wie Fremdwährungseffekte<br />
bei ausländischen Beteiligungen, Emissionskosten/Disagios von Anleihen,<br />
Zinsen, Bankspesen, Kommissionen; Kosten für Forschung und Entwicklung etc.<br />
700 Direkte Steuern<br />
700.1 Aufwandgleiche direkte Steuern<br />
Ertragssteuern der relevanten Gesellschaften, die effektiv im Geschäftsjahr angefallen sind<br />
und anteilig der Produktion belastet werden (ex post-Betrachtung). Bei der Ex ante-<br />
Berechnung kann eine Abschätzung auf vergangenen Ist-Werte und voraussichtlichen Entwicklungen<br />
vorgenommen werden.<br />
700.2 Kalkulatorische Steuern<br />
Alternativ zu aufwandgleichen, direkten Steuern können ausgehend von der WACC-Formel<br />
und unter Annahme eines Finanzierungsverhältnisses und einer Fremdkapitalrisikoprämie<br />
aus dem betriebsnotwendigen Vermögen und dem mittleren Steuersatz die anteiligen kalkulatorischen<br />
Steuern angesetzt werden.<br />
800 Abgaben<br />
800.1 Konzessionsabgaben<br />
Mit jährlichen Konzessionsabgaben der Produzenten zugunsten des Gemeinwesens (Gemeinden,<br />
Kantone) wird das Recht entschädigt, auf öffentlichem Grund und Boden eine Produktionsanlage<br />
zu errichten und zu betreiben (Entgelt für gesteigerten Gemeingebrauch). Im<br />
Fall von einmaligen Konzessionsabgaben können diese analog zu den betreffenden Anlagen<br />
aktiviert und über die Konzessionsdauer abgeschrieben werden.<br />
800.2 Wasserzinsen<br />
Der Wasserzins ist die Abgeltung zugunsten des Gemeinwesens (Gemeinden, Kantone) der<br />
Nutzung der Wasserkraft, die zur Energieerzeugung genutzt wird.<br />
800.3 Gratis- und Vorzugsenergie<br />
Alternativ oder ergänzend zu monetären Abgaben wird den Gemeinden und Kantonen als<br />
Entschädigung der Konzession oft Gratis- bzw. Vorzugsenergie geliefert. Diese Gratis- bzw.<br />
Vorzugsenergie wird zu Gestehungskosten (inkl. anteilige Verwaltungs- und Vetriebsgemeinkosten)<br />
bewertet und als Abgabe verrechnet.<br />
900 Sonstige Erlöse der Produktion<br />
900.1 Subventionen und Kostenbeiträge<br />
Allfällige Subventionen, z.B. für betriebliche Massnahmen im Bereich der Renaturierung gemäss<br />
Gewässerschutz- bzw. Fischereigesetz, sind den Gestehungskosten gegenzurechnen.<br />
Einmalige Investitionskostenbeiträge bei baulichen Massnahmen sind zu passivieren und<br />
analog zur Abschreibungsdauer der betroffenen Anlagen aufzulösen.<br />
900.2 Sonstige Erlöse<br />
Sonstige Erlöse der Produktion, die sich im Rahmen der Kalkulation der Produktionskosten<br />
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kostenmindernd auswirken, sofern diese nicht schon in den Positionen 100 bis 700 in Abzug<br />
gebracht wurden. Dies wären zum Beispiel Honorare für Ingenieursleistungen, Beratungen,<br />
Erlöse aus Bau- und Wartungsarbeiten für Dritte, Betriebsführungen für Dritte, Vermietung<br />
von Material, gemeinsamer Einkauf von Material, anteilige Mahngebühren, Verzugszinsen,<br />
Rückerstattungen von früher bezahlten und in die Gestehungskosten eingerechneten SDL-<br />
Kosten etc.<br />
4.3.2 Gestehungskosten Einkauf & Handel<br />
300 Beschaffungskosten<br />
300.2 Langfristige Beschaffungsverträge<br />
Einkaufskosten aus den Bezugsverträgen sind in dieser Höhe anrechenbare Kosten. Diese<br />
sind anteilig bei der Belieferung der Endkunden in der Grundversorgung zu berücksichtigen.<br />
300.3 Beschaffung Börse / OTC<br />
Die effektiv für die Grundversorgung angefallenen Kosten für den Kauf von Energie an der<br />
Börse oder OTC sind in dieser Höhe anzusetzen. Darunter fallen auch Kosten für die Beschaffung<br />
von Ausgleichsenergie. Basis für die Ermittlung der aus Handelsgeschäften mit<br />
OTC-Partnern und Börsen resultierenden Energiekosten sollten im Rahmen der Vorkalkulation<br />
zunächst die vereinbarten Arbeitsentgelte sein. Leistungsbezogene Vergütungsbestandteile<br />
könnten in ihrer wahrscheinlich anfallenden Höhe geschätzt und dann den Arbeitskosten<br />
hinzu addiert werden. Gleiches gilt für sonstige Preisbestandteile. Ebenfalls hinzuzurechnen<br />
bei grenzüberschreitendem Handel sind die entstehenden Grenzkapazitätskosten.<br />
300.4 Beschaffungsnebenkosten / Disposition<br />
Für den Kauf und Verkauf von Energie am Markt bzw. für die Verhandlung und den Abschluss<br />
von Beschaffungsverträgen fallen neben den Kosten für die Energie auch Beschaffungsnebenkosten<br />
an. Diese Kosten sind anteilig anzusetzen.<br />
Die anteiligen Betriebskosten der mit dem Einkauf & Handel betrauten Personen sowie die<br />
kalkulatorischen Kapitalkosten deren Infrastruktur, insbesondere der eingesetzten Energiedatenmanagement-<br />
und Handelssysteme sind zu berücksichtigen.<br />
600 Verwaltungskosten<br />
600.1 a. Management, Verwaltung<br />
Anteilige Kosten für Geschäftsleitung, Sekretariat, Rechnungswesen, Mahn- und Inkassowesen,<br />
Controlling, Personalwesen, Rechtsdienst, Informatik, interne Post, Telefonzentrale,<br />
anteilige Raumkosten, kalk. Kapitalkosten für Verwaltungsinfrastruktur, Bank- und Postcheckgebühren,<br />
übrige Gebühren, Debitorenverluste, Delkredereveränderungen, Verbandsbeiträge,<br />
Geschäftsbericht, Kommissions- und Verbandsarbeit, Unternehmenskommunikation,<br />
etc. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.<br />
b. Kapitalsteuern<br />
Allfällige, anteilige Kapitalsteuern auf Stufe Einkauf & Handel sind separat auszuweisen.<br />
600.3 Kalkulatorische Verzinsung des Nettoumlaufvermögens<br />
Für den Geschäftszweck Einkauf & Handel ist insbesondere Umlaufvermögen in Form liquider<br />
Mittel betriebsnotwendig. Das generierte Einkaufs- und Handelsvolumen bedingt in der<br />
Regel einen hohen Bestand an gebundenen Mittel im Umlaufvermögen. Besonderer Beachtung<br />
bedarf die Bewertung der offenen Positionen aus Handelsgeschäften, aus Absicherungsgeschäften<br />
und aus Fremdwährungstransaktionen. Das Umlaufvermögen ist so hoch<br />
zu bemessen, dass sämtliche Schwankungen und Eventualitäten des Geschäfts mit entsprechenden<br />
Mitteln abgefangen und bewältigt werden können. Die jederzeitige Zahlungsfähigkeit<br />
muss gewährleistet sein.<br />
Dieses eingesetzte Kapital ist mit einem für die spezifischen Einkaufs- und Handelsrisiken<br />
adäquaten Kapitalkostensatz (WACC) zu verzinsen. Für die Herleitung des Zinssatzes vgl.<br />
Kapitel 6.3.<br />
600.4 Sonstige Kosten von Einkauf & Handel sind insbesondere Finanzierungsnebenkosten, wie<br />
Fremdwährungseffekte, Zinsen, Bankspesen, Kommissionen, etc.<br />
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700 Direkte Steuern<br />
700.1 Aufwandgleiche direkte Steuern<br />
Ertragssteuern der relevanten Gesellschaften, die effektiv im Geschäftsjahr angefallen sind<br />
und anteilig dem Einkauf & Handel belastet werden (ex post-Betrachtung). Bei der ex ante-<br />
Berechnung kann eine Abschätzung auf vergangenen Ist-Werten und voraussichtlichen<br />
Entwicklungen vorgenommen werden.<br />
700.2 Kalkulatorische Steuern<br />
Alternativ zu aufwandgleichen, direkten Steuern können ausgehend von der WACC Formel<br />
und unter Annahme eines Finanzierungsverhältnisses und einer Fremdkapitalrisikoprämie<br />
aus dem betriebsnotwendigen Vermögen und dem mittleren Steuersatz die anteiligen kalkulatorischen<br />
Steuern angesetzt werden.<br />
4.3.3 Gestehungskosten Vertrieb<br />
600 Verwaltungs- und Vertriebskosten<br />
600.1 a. Management, Verwaltung<br />
Anteilige Kosten für Geschäftsleitung, Sekretariat, Rechnungswesen, Mahn- und Inkassowesen,<br />
Controlling, Personalwesen, Rechtsdienst, Informatik, interne Post, Telefonzentrale,<br />
anteilige Raumkosten, kalkulatorische Kapitalkosten für Verwaltungsinfrastruktur, Bank- und<br />
Postcheckgebühren, übrige Gebühren, Debitorenverluste, Delkredereveränderungen, Verbandsbeiträge,<br />
Geschäftsbericht, Kommissions- und Verbandsarbeit, Unternehmenskommunikation,<br />
etc. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.<br />
b. Kapitalsteuern<br />
Allfällige, anteilige Kapitalsteuern auf Stufe Vertrieb sind separat auszuweisen.<br />
600.2 Vertriebskosten<br />
Die zentralen Kosten dieser Wertschöpfungsstufe sind die Vertriebskosten. Diese umfassen<br />
insbesondere folgende, nicht abschliessend aufgezählte Aktivitäten: Produktentwicklung,<br />
Pricing, Channel Management, Produktkommunikation, Aufbau und Anwendungen von IT-<br />
Applikationen zu Kundenbetreuung, Kundenservice-Centers, Messdatenverarbeitung und<br />
Fakturierung, Aufwendungen für gesetzliche Pflichten wie Stromkennzeichnung, kalkulatorische<br />
Kapitalkosten für Vertriebsinfrastruktur.<br />
600.3 Kalkulatorische Verzinsung des Nettoumlaufvermögens<br />
Vertriebstätigkeit benötigt flüssige Mittel für den Einkauf der Energie und deren Vorfinanzierung<br />
bis zum Zahlungseingang. Das eingesetzte Kapital, dass für die sichere Geschäftsabwicklung<br />
benötigt und eingesetzt wird, ist mit dem WACC zu verzinsen. Für die Herleitung<br />
des Zinssatzes vgl. Kapitel 6.3.<br />
Es muss immer ausreichend Liquidität vorhanden sein, um als Unternehmen mit Grundversorgungsauftrag<br />
zahlungsfähig zu sein und die Energie vorfinanzieren zu können. In der<br />
Bemessung der Höhe des betriebsnotwendigen Nettoumlaufvermögens müssen daher aller<br />
Geschäftsfälle – sprich mögliche Risiken – berücksichtigt werden. Ein Zahlungsausfall oder<br />
erhöhte Einkaufskosten durch Schwankungen an den Märkten oder im Wechselkurs muss in<br />
der Liquiditätsplanung beachtet werden. Die unternehmensnotwendige Bedeutung, ausreichender<br />
Liquidität eingeplant zu haben und vorzuhalten, gilt insbesondere, wenn Kraftwerke<br />
ausfallen und die fehlende Produktion für die Grundversorgung eingekauft werden muss.<br />
Gemäss Art. 6 StromVG besteht die Pflicht der jederzeitigen Versorgung. Deshalb müssen<br />
entsprechend liquide Mittel für den Eintrittsfall bereitgehalten werden. Während die direkten<br />
Kostenfolgen (z.B. höhere Beschaffungskosten) in den Folgejahren abgewickelt werden,<br />
bindet die Vorhaltung Mittel bzw. Vermögen. Das Nettoumlaufvermögen zur Sicherstellung<br />
der Versorgungspflicht ist als gesetzliche Vorgabe betriebsnotwendig und daher zu verzinsen.<br />
600.4 Sonstige Kosten des Vertriebs wie zum Beispiel Beiträge an Vertriebspartnerschaften, etc.<br />
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700 Direkte Steuern<br />
700.1 Aufwandgleiche direkte Steuern<br />
Ertragssteuern der relevanten Gesellschaften, die effektiv im Geschäftsjahr angefallen sind<br />
und anteilig dem Vertrieb belastet werden (ex post-Betrachtung). Bei der Ex ante-<br />
Berechnung kann eine Abschätzung auf vergangenen Ist-Werte und voraussichtlichen Entwicklungen<br />
vorgenommen werden<br />
700.2 Kalkulatorische Steuern<br />
Alternativ zu aufwandgleichen, direkten Steuern können ausgehend von der WACC Formel<br />
und unter Annahme eines Finanzierungsverhältnisses und einer Fremdkapitalrisikoprämie<br />
aus dem betriebsnotwendigen Vermögen und dem mittleren Steuersatz die anteiligen kalkulatorischen<br />
Steuern angesetzt werden.<br />
900 Sonstige Erlöse<br />
900.2 Sonstige Erlöse des Vertriebs, die sich im Rahmen der Kalkulation der Vertriebskosten kostenmindernd<br />
auswirken, sofern diese nicht schon in den Positionen 600 und 700 in Abzug<br />
gebracht wurden, wie etwa Rückerstattungen von Lieferanten, Beiträge von Vertriebspartnern<br />
oder Dienstleistungen für Dritte.<br />
5. Kostenträgerstruktur<br />
(1) Gemäss Art. 6 StromVG hat der Verteilnetzbetreiber für die Energielieferung an Endverbraucher<br />
mit Grundversorgung eine Kostenträgerrechnung zu führen. Zur konkreten Ausgestaltung<br />
der Kostenträgerrechnung äussern sich weder der Gesetzgeber noch die ElCom. In der<br />
KRSV empfiehlt der <strong>VSE</strong> für die Kosten und Erlöse der Energie der Grundversorgung aus<br />
praktischen Gründen mindestens zwei separate Kostenträger (Versorgungsenergie für feste<br />
Endverbraucher sowie für Endverbraucher mit Verzicht auf Netzzugang). Analog zur Netznutzung<br />
ist die weitere Detaillierung in Energieproduktgruppen bzw. Energieprodukte unternehmensspezifisch<br />
festzulegen. 7<br />
Abbildung 3<br />
Empfohlene Kostenträgerstruktur Netz und Energie Grundversorgung<br />
(2) Zur Abbildung des internen Werteflusses im Sinne des Portfoliomodells (vgl. Kapitel 3.4) ist<br />
es möglich, zusätzlich zu dem regulatorisch zwingenden Kostenträger auf Stufe des Vertriebs<br />
auch Vorkostenträger der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen vorzusehen. Solche Vorkos-<br />
7 Vgl. Kapitel 7.2 der KRSV-CH.<br />
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tenträger ermöglichen die transparente Abbildung sämtlicher Wertschöpfungsstufen mit entsprechenden,<br />
internen Verrechnungspreisen zu geplanten bzw. effektiven Gestehungskosten.<br />
(3) Für die Kostenzuordnung gilt das Verursacherprinzip, d.h. jeder Kostenträger wird mit einem<br />
Kostenanteil für jene Energiemenge und -qualität belastet, welche er bezieht. In der Regel<br />
sind die Gestehungskosten der Produktion, des Einkauf & Handels nicht einer einzigen Kundengruppe<br />
bzw. einem Kostenträger direkt zuweisbar. In der Regel wird daher von einem<br />
Energieportfolio auf Stufe des Vertriebs, welches die aus verschiedenen Quellen beschaffte<br />
Energiemenge repräsentiert, ausgegangen, welches diskriminierungsfrei aufzuteilen ist. Die<br />
dazu verwendeten Schlüssel (z.B. Menge, Verbrauchsprofil oder Nutzungsdauer) müssen<br />
sachgerecht, nachvollziehbar und schriftlich festgehalten werden. Direkte Zuordnungen zu<br />
einzelnen Kunden- oder Produktgruppen sind zulässig, sofern diese begründet werden können<br />
(z.B. Zertifikate oder kundenspezifische Verträge wie beispielsweise sogenannte backto-back-Verträge).<br />
(4) Zur Deckung des Elektrizitätsbedarfs der Endverbraucher in Grundversorgung und Endverbraucher<br />
mit Netzzugang reichen die Eigenproduktion und die Langfristverträge nicht immer<br />
aus. Wenn der Verbrauch und die Produktion nicht übereinstimmen, wird die fehlende Energie<br />
am Markt gekauft.<br />
(5) Stromqualitäten (hier verstanden als ökologische Qualitäten) können über das Konzept einer<br />
parallelen, virtuellen Zusatzrechnung gemäss dem Konzept des ökologischen Mehrwertes in<br />
die Kostenrechnung aufgenommen werden. Anstelle des ökologischen Mehrwertes treten in<br />
der Kostenrechnung die ökologischen Mehrkosten, d.h. alle Mehrkosten durch die Beschaffung<br />
und den Vertrieb ökologischer Produkte. Die Bewertungsgrundlage im Falle der Integration<br />
höherer Energiequalitäten und damit der „Qualitätskosten“ in der Grundversorgung sollten<br />
zum einen die Erwerbskosten der Qualitätszertifikate und zum anderen im Falle des Vorhandenseins<br />
eigener Produktionsanlagen alle Kosten sein, die im Zusammenhang mit der<br />
Sicherstellung der entsprechenden Qualitäten entstehen.<br />
(6) Die Kalkulation der Energietarife für Endverbraucher in Grundversorgung basiert vielfach auf<br />
einer angenommenen Absatzstruktur für Grund- und Spitzenlast sowie damit korrespondierend<br />
auf entsprechenden Bezugsstrukturen. Bei der Ermittlung der Gestehungskosten müssen<br />
diese Strukturen berücksichtigt werden. In finaler Ausgestaltung können die gemessenen<br />
Lastgänge und synthetischen Lastprofile der Kostenträger für die Schlüsselung der Energiekosten<br />
(ohne Vertriebskosten) eingesetzt werden.<br />
6. Bestimmung des angemessenen Gewinns<br />
6.1 Angemessener Gewinn für die Grundversorgung mit Energie<br />
(1) Der Gewinn kann wie folgt bestimmt werden:<br />
Der Gewinn kann bei der Energieproduktion als Prozentsatz (WACC) auf das eingesetzte<br />
Kapital bemessen werden.<br />
Im Handel & Einkauf und Vertrieb wird der angemessene Gewinn aus Sicht der Branche<br />
sachgerecht durch die Umsatzrendite bestimmt.<br />
(2) Für die Grundversorgung mit Energie gibt es weder im Gesetz noch auf Stufe der Verordnung<br />
eine explizite Regelung zum angemessenen Gewinn. Einerseits muss der Gewinn im<br />
Einklang mit den Regulierungsgrundsätzen für die Grundversorgung stehen (angemessene<br />
Tarife, Orientierung an Gestehungskosten einer effizienten Produktion und an langfristigen<br />
Bezugsverträgen des Verteilnetzbetreibers). Andererseits ist der Zweck des StromVG zu beachten:<br />
wettbewerbsorientierter Elektrizitätsmarkt und Erhaltung und Stärkung der internationalen<br />
Wettbewerbsfähigkeit der <strong>Schweiz</strong>er Elektrizitätswirtschaft. Der Massstab sind letztendlich<br />
angemessene Tarife durch eine Orientierung an den Gestehungskosten inklusive eines<br />
angemessenen Gewinns.<br />
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6.2 Gewinnbestimmung bei der Produktion mit kalk. Zinssatz (WACC)<br />
(1) Der <strong>VSE</strong> empfiehlt für die angemessene Verzinsung bzw. den angemessenen Gewinn einen<br />
unternehmensindividuellen, technologiespezifischen WACC für die Produktion zu ermitteln.<br />
Damit kann die von der Branche geforderte risikogerechte Verzinsung, basierend auf einer betriebswirtschaftlich<br />
sachgerechten und transparenten Methode, sichergestellt werden. Die unternehmerischen<br />
Risiken in der Produktion sind dabei grundsätzlich höher als im Netz.<br />
(2) Die Ermittlung der angemessenen, risikogerechten Entschädigung muss repräsentativ für das<br />
regulierte Unternehmen sein. Allfällig verwendete Vergleichsunternehmen dürfen keine verzerrenden<br />
(Sonder-)Effekte aufweisen und sollten bezüglich ihres Produktionsportfolios möglichst<br />
homogen sein. Eine allfällige Vergleichsgruppe muss daher individuell für jedes EVU zusammengesetzt<br />
sein. Spezifische, im Vergleich zur Peer Group zusätzliche Risiken des eigenen<br />
Produktionsportfolios können über entsprechende Risikoprämien berücksichtigt werden (z.B.<br />
das politische-juristische Risiko der Kernkraft).<br />
(3) Die ElCom hat für das Jahr 2009 in einer Tarifprüfung einen WACC für die Energie von<br />
6.09%, für die Bestimmung der Kapitalkosten der Produktion ermittelt. 8 Den betroffenen Versorgern<br />
obliegt daher im Einzelfall die Aufgabe, die Anwendung des standardisierten „Energie-<br />
WACC“ der ElCom auf ihr Unternehmen zu hinterfragen.<br />
6.3 Gewinnbestimmung bei Handel & Einkauf und Vertrieb<br />
(1) Die Strombranche erachtet für die Berechnung des angemessenen Gewinns im Handel &<br />
Einkauf und Vertrieb statt der reinen WACC-Methode die Umsatzrendite als sachgerecht.<br />
(2) Ziel muss es sein, dem Einkauf & Handel und dem Vertrieb so viel Rendite zu gewähren, dass<br />
diese vergleichbar mit Gewinnen von anderen umsatzstarken, aber anlagenschwachen Unternehmen<br />
bzw. Branchen im Wettbewerb ist. Dienstleistungsunternehmen im Markt definieren<br />
ihren Erfolg oft über eine angemessene Umsatzrendite. Die Umsatzrendite kann auch mit einem<br />
Zuschlag auf den Selbstkosten einer effizienten Grundversorgung ermittelt werden.<br />
(3) Die absolute Höhe der Verzinsung wird bei der WACC-Methode dadurch ermittelt, dass der<br />
ermittelte WACC mit dem betriebsnotwendigen Vermögen multipliziert wird. Das betriebsnotwendige<br />
Vermögen besteht aus Sach-, Finanz- und immateriellen Anlagen und dem Nettoumlaufvermögen<br />
zur Finanzierung und Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung.<br />
Ein Nettoumlaufvermögen benötigen sowohl die Produktion, der Einkauf & Handel<br />
wie auch der Vertrieb. Im Unterschied zur anlageintensiven Produktion verfügen jedoch<br />
der Einkauf & Handel und der Vertrieb nur über ein geringes Anlagevermögen und somit, bei<br />
rein bilanzieller Bemessung des Nettoumlaufsvermögens, nur über eine geringe Verzinsungsbasis.<br />
Die absolute Verzinsung von Einkauf & Handel sowie vom Vertrieb würde daher bei der<br />
WACC-Methode im Einzelfall äusserst gering ausfallen. Versorger ohne wesentliche Tätigkeiten<br />
auf der Wertschöpfungsstufe Produktion würden damit keinen angemessenen Gewinn erwirtschaften<br />
können und damit letztlich im Wettbewerb mit Produzenten vom Markt verschwinden.<br />
Somit müsste bei der Anwendung der Kapitalverzinsung zur Bestimmung des angemessenen<br />
Gewinns einerseits der spezifische WACC des Einkauf & Handel sowie für den<br />
Vertrieb berücksichtigt und andererseits das betriebsnotwendige Nettoumlaufvermögen ausreichend<br />
weit definiert werden, so dass die eingesetzten liquiden Mittel jegliche Liquiditätsschwankungen<br />
und auch den Versorgungsauftrag – selbst bei Ausfall von Produktionskapazitäten<br />
– jederzeit bedienen können.<br />
(4) Vergleichbare Margen auf Umsatzrenditen in der Form von EBIT- oder EBITDA-Margen bezogen<br />
auf den Vertrieb für die <strong>Schweiz</strong> oder in angrenzenden Ländern sind nicht verfügbar.<br />
Margen im Stromvertrieb werden von Regulatoren beispielsweise in Australien gewährt 9 . In<br />
Australien wurden im Rahmen einer Studie verschiedene Methoden und Regulierungspraxen<br />
8 z.B. http://www.elcom.admin.ch/dokumentation/00013/00063/00069/index.html?lang=de; Controle de la remuneration pour l ûtilisation du reseau et des<br />
tarifs de l electricité. 2009.<br />
9 SFG Consulting. Estimation of the regulated profit margin for electricity retailers in New South Wales. 2010.<br />
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zur Bestimmung einer angemessenen EBITDA-Marge im Vertrieb verglichen. Die Autoren<br />
empfahlen aufgrund ihrer Untersuchungen eine EBITDA-Marge von 4 bis 6%. 10<br />
10 Frontier Economics & SGF Consulting. Mass market new entrant retail costs and retail margin. 2006.<br />
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7. Anlagen<br />
7.1.<br />
EBIT-Margen von <strong>Schweiz</strong>er Firmen 11<br />
EBIT<br />
EBIT Umsatz<br />
2010 2011 2010 2010<br />
in % des Umsatzes<br />
in Mio. CHF<br />
Actelion 32.1 32.0 619.3 1'929.0<br />
B. Braun Holding 34.7 34.7 41.3 119.0<br />
Belimo Holding 19.5 16.0 83.2 426.4<br />
Bergb. Engelberg-Trübsee-Titlis 24.4 16.7 12.7 52.0<br />
Bergbahnen Destionation Gstaad 16.0 11.9 3.9 24.3<br />
BVZ Holding 17.7 9.9 23.0 129.9<br />
Coeclerici Compagnie 26.7 33.8 8.6 32.2<br />
Ems-Chemie Holding 17.7 18.5 282.0 1'596.0<br />
Erich Keller 15.5 21.6 3.4 21.9<br />
Geberit 22.6 24.1 486.2 2'146.9<br />
Inficon Holding 14.8 3.1 39.2 265.4<br />
Integra Holding 14.9 8.9 19.7 132.0<br />
Jungfraubahnen Holding 20.9 20.9 29.0 138.6<br />
Meyer Burger Technology 15.5 9.7 128.0 826.0<br />
Nestlé 14.8 14.6 16'194.0 109'722.0<br />
Nobel Biocare Holding 14.7 22.1 110.4 749.6<br />
Novartis 22.8 22.5 11'995.0 52'682.0<br />
Pilatus-Bahnen 22.6 31.1 4.7 20.8<br />
Richemont 19.7 16.0 1'761.5 8959.6.<br />
Rigi Bahnen 16.6 12.2 2.5 15.1<br />
Roche 28.4 25.0 13'486.0 47'473.0<br />
SGS 17.6 16.9 836.0 4'757.0<br />
SIX Group 17.8 21.4 216.9 1'220.5<br />
Sonova Holding 16.8 16.8 270.8 1'616.7<br />
SSM Schärer Schweiter Mettler 15.0 -19.6 12.9 85.9<br />
Straumann Holding 22.3 22.4 164.3 737.6<br />
Sunrise Communications 26.4 24.9 542.0 2'052.0<br />
Swisscom 21.9 22.4 2'625.0 11'988.0<br />
Syngenta 15.4 16.5 1'793.0 11'641.0<br />
Tecan Group 15.1 16.7 56.0 370.6<br />
Temenos Group 16.5 21.7 73.7 448.0<br />
The Swatch Group 23.5 17.6 1'436.0 6'108.0<br />
Töie Champöry-Crosets 24.0 33.2 4.0 16.6<br />
Transocean 19.5 38.1 1'866.0 9'576.0<br />
u-blox AG 16.9 7.1 19.1 112.8<br />
Würth-Gruppe <strong>Schweiz</strong> 15.0 15.7 146.9 980.4<br />
Xstrata 23.2 9.7 7'102.0 30'499.0<br />
Zambon Switzerland 20.4 23.3 28.0 137.0<br />
11<br />
Handelszeitung, ZERICH/DUN & BRADSTREET (SCHWEIZ) AG, Urdorf.<br />
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