Strafrecht BT I
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Fall 4 (aus Klausur Termin 2010/I)<br />
1. Tatkomplex: Das Geschehen bis zum Unfall – Strafbarkeit des S<br />
I. § 315c I Nr. 1a, Nr. 2d durch die alkoholisierte Fahrt samt Unfall<br />
S. 19<br />
TB: Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr<br />
• Definition: Fahrzeugführer ist derjenige, der sich selbst aller<br />
oder wenigstens eines Teils der wesentlichen technischen<br />
Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, welche für seine<br />
Fortbewegung bestimmt sind, und das Fahrzeug in<br />
Bewegung setzt oder während der Fahrtbewegung lenkt<br />
• hier: unproblematisch (+)<br />
∗ S hat nicht nur den Motor gestartet, sondern ist bereits<br />
losgefahren<br />
∗ S fährt auf einer Bundesstraße, so dass öffentlicher<br />
Straßenverkehr (+)<br />
Fahruntüchtigkeit nach § 315c I Nr. 1a<br />
• absolute Fahruntüchtigkeit: ab BAK von 1,1 Promille;<br />
Fahruntüchtigkeit dann unwiderleglich vermutet<br />
• relative Fahruntüchtigkeit: BAK ab 0,3 Promille und<br />
Ausfallerscheinungen (Gesamtwürdigung)<br />
• hier: S hat eine BAK von 0,9 Promille und unterlag<br />
alkoholtypischen Fahrfehlern (jedenfalls Verringerung der<br />
Reaktionszeit; evtl. auch deutlich überhöhte<br />
Geschwindigkeit), daher relative Fahruntüchtigkeit (+)<br />
zu schnelles Fahren an unübersichtlicher Stelle, § 315c I<br />
Nr. 2d (-), da gerade und übersichtliche Strecke einer<br />
Bundesstraße befahren<br />
infolge Fahruntüchtigkeit konkrete Gefährdung von Leib oder<br />
Leben eines anderen oder einer fremden Sache von<br />
bedeutendem Wert<br />
• hinsichtlich T: (+), da T sogar getötet (Realisierung der<br />
konkreten Gefahr!)<br />
• hinsichtlich V:<br />
S. 20<br />
∗ Mitinsasse des Täters als Tatobjekt des § 315c?<br />
• zwar nicht schon allein durch längere Fahrt mit<br />
Betrunkenem; aber bei Beinahe-Unfall grds. (+)<br />
• allerdings V als Teilnehmerin (Psychische Beihilfe<br />
nach § 27 durch das Anspornen des S zum schnellen<br />
Fahren)?<br />
− e.A.: auch tatbeteiligter Mitinsasse als<br />
Tatobjekt des § 315c möglich, da sonst schon<br />
bei Zweifeln, ob Mitinsasse Gehilfe ist,<br />
Bestrafung des Fahrers ausgeschlossen, sofern<br />
keine weiteren Personen oder Sachen<br />
gefährdet wurden<br />
− wohl h.M.: keine Strafbarkeit bei Gefährdung<br />
eines Teilnehmers, da Schutzzweck des<br />
§ 315c keine zweiten Personen erfasst, die<br />
ihrerseits aus derselben Norm zu bestrafen<br />
seien<br />
− daher V nicht geschützt, soweit (hier geprüfte)<br />
vorsätzliche (oder auch vorsatzfahrlässigkombinierende)<br />
Begehung geprüft<br />
wird<br />
• hinsichtlich fremder Sache von bedeutendem Wert:<br />
∗ laut SV Fahrzeug zwar unbeschädigt, aber gefährdet<br />
∗ zwar muss auch konkret drohender Schaden ein<br />
bedeutender sein (Grenzangaben zwischen 750 und<br />
1.300 €), aber hier wohl (+), da Wagen nur um wenige<br />
Zentimeter an einem Baum vorbeischleudert, so dass<br />
erhebliche Schäden drohten<br />
∗ aber: gefährdetes Fahrzeug vom Täter S gesteuert: nach<br />
h.M. Tatmittel als notwendiges Werkzeug zur<br />
Tatbestandsverwirklichung nicht zugleich geschütztes<br />
Rechtsgut (da anderenfalls Strafbarkeit nach § 315c von<br />
zufälligen Eigentumsverhältnissen am Tatfahrzeug<br />
abhängig wäre)<br />
Prof. Dr. Hans Kudlich Vorlesung <strong>Strafrecht</strong> <strong>BT</strong> I WS 2010/2011<br />
Prof. Dr. Hans Kudlich Vorlesung <strong>Strafrecht</strong> <strong>BT</strong> I WS 2010/2011