Fortbildung-2011-11-mikrobiologische-Qualitaet-halbfester ...
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PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />
12<br />
Abbildung 6: Logarithmische Keimreduktion des Testkeims Aspergillus<br />
niger bei einer O/W-Standardemulsion in Anwesenheit<br />
der angegebenen Glycol-Konzentrationen nach 7, 14 und<br />
28 Tagen relativ zur glycolfreien Formulierung – modifiziert<br />
nach [22]<br />
A) Keimbelastungstest der Formulierung mit 1,2-Pentandiol<br />
B) Keimbelastungstest der Formulierung mit 1,2-Hexandiol<br />
Alternative Möglichkeiten der <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilisierung<br />
Die Attribute „konservierungsmittelfrei“, „hypoallergen“, „parabenfrei“<br />
oder „selbstkonservierend“ – vielfältig lediglich im Sinne von<br />
„frei von den klassischen chemischen Substanzen zur Konservierung“<br />
verwendet – werden in der heutigen Zeit vor allem im Bereich der<br />
dermalen Kosmetika werbewirksam für Konzepte eingesetzt, die ihrerseits<br />
wiederum Anlass zu kontroverser Diskussion geben. Die folgenden<br />
beiden Abschnitte erläutern die grundlegenden Prinzipien<br />
der mikrobiellen Stabilisierung <strong>halbfester</strong> Zubereitungen unter Verzicht<br />
auf klassische chemische Konservierungsmittel.<br />
Antimikrobielle Wirkstoffe<br />
Diverse Erkrankungen des Hautorgans haben ihre Ursachen in einem<br />
Befall durch Mikroorganismen bzw. in einer Störung der natürlichen<br />
Hautflora zugunsten bestimmter Mikroben. Zur Behandlung werden<br />
daher folgerichtig Formulierungen eingesetzt, die bereits mikrobizide<br />
Wirkstoffe enthalten und bei denen zum Teil eine zusätzliche Konservierung<br />
im klassischen Sinne nicht mehr nötig ist.<br />
Als Beispiel hierfür seien antibiotisch wirksame Zubereitungen genannt,<br />
die die Arzneistoffe Erythromycin, Gentamicin oder Oxytetracyclin<br />
enthalten. Auf zusätzliche Konservierung kann vor allem dann<br />
verzichtet werden, wenn die Formulierungen wenig oder gar kein<br />
Wasser enthalten. Bei stark wasserhaltigen O/W-Emulsionen reicht<br />
die Konzentration der antibiotischen Wirkstoffe jedoch oft nicht aus,<br />
um die <strong>mikrobiologische</strong> Stabilität über die gesamte Laufzeit des<br />
Präparats sicherzustellen [19]. Demzufolge muss beispielsweise das<br />
hydrophile Metronidazol-Gel 0,75% nach DAC (NRF <strong>11</strong>.65) zusätzlich<br />
mit 0,1% Kaliumsorbat versehen werden, da sonst aufgrund des Wassergehaltes<br />
von über 93% trotz des Metronidazol-Gehaltes von<br />
0,75% eine längere, über sieben Tage hinausgehende <strong>mikrobiologische</strong><br />
Haltbarkeit nicht gewährleistet werden könnte [19]. Gleiches<br />
trifft für Unguentum Oxytetracyclini 1% zu (diese 1%ige Oxytetracyclinhydrochlorid-Emulsion<br />
ist eine Standardrezeptur gemäß SR 90-Vorschriften),<br />
die aufgrund des extrem hohen Wassergehaltes mit Methyl-<br />
und Propylparaben konserviert ist [20].<br />
Eine Konservierung trotz antiinfektiven Wirkstoffes ist selbstverständlich<br />
auch dann dringend erforderlich, wenn die Formulierung<br />
zwar einen entsprechenden Arzneistoff enthält, dieser jedoch nicht<br />
das gesamte Spektrum des nötigen <strong>mikrobiologische</strong>n Schutzes abdeckt.<br />
Als Standardbeispiele seien hier die moderneren Antimykotika<br />
angeführt. So werden Cremes mit dem Wirkstoff Terbinafinhydrochlorid<br />
zur Behandlung von Pilzinfektionen, die zudem ebenfalls O/W-<br />
Charakter besitzen, meist mit Benzylalkokol konserviert. Bei einigen<br />
Fertigarzneimittel-Cremes mit dem Antimykotikum Bifonazol erfolgt<br />
die Konservierung mit Chlorhexidindigluconat.<br />
Nachdem sowohl auf antibiotisch als auch auf antimykotisch wirksame<br />
Substanzen eingegangen wurde, soll abschließend auf Formulierungen<br />
mit Antiseptika hingewiesen werden, also auf topische<br />
Dermatika zur Therapie infektiöser bzw. superinfizierter Dermatosen<br />
[19]. Bei dieser Klasse bedient man sich vor allem aus der Gruppe der<br />
bereits vorgestellten Konservierungsmittel, die als Antiseptika allerdings<br />
in einer höheren Konzentration Verwendung finden. Dazu gehören<br />
Chlorhexidin, das halogenierte Phenolderivat Triclosan, die<br />
quartäre Ammoniumverbindung Benzalkoniumchlorid ebenso wie die<br />
noch nicht genannten Antiseptika Ethacridinlactat, 8-Hydroxychinolin,<br />
Polyvinylpyrrolidon-Jod, Polihexanid, Octenidindihydrochlorid und<br />
weitere Verbindungen [17, 19].<br />
Antimikrobiell wirksame Hilfsstoffe<br />
Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, dass Pauschalaussagen<br />
zur mikrobiellen Stabilität <strong>halbfester</strong> Dermatika meist<br />
nicht möglich sind, sondern dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um<br />
ein Konservierungs-System handelt. Das bedeutet, bei der Festlegung<br />
der Maßnahmen zur Sicherstellung der regulatorisch geforderten<br />
mikrobiellen Qualität müssen stets Gesamtformulierung und multifaktorielle<br />
Beiträge zur Konservierung betrachtet werden. Diese<br />
können sich aus klassischen Chemikalien, antimikrobiell wirksamen<br />
Arzneistoffen sowie eben auch aus Vehikelbestandteilen mit antimikrobieller<br />
Potenz zusammensetzen.<br />
Derartige Hilfsstoffe (siehe Abbildung 5) sind beispielsweise die<br />
mehrwertigen aliphatischen Alkohole vom Typ des Propylenglycols,<br />
eine in jedem Verhältnis mit Wasser mischbare Flüssigkeit. Diese<br />
Verbindungen (Propylenglycol, Butylenglycol, Pentylenglycol, Hexylenglycol<br />
u.a.) wirken einerseits in pH-neutraler Weise selbst antimikrobiell<br />
und tragen andererseits synergistisch mit klassischen Konservierungsmitteln<br />
zur <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität bei. Als<br />
Mechanismus für diesen Synergismus wird die Verbesserung der Löslichkeit<br />
des Konservierungsmittels in der Wasserphase und damit die<br />
Begünstigung des Verteilungsgleichgewichts diskutiert [19, 21].<br />
Das Standardbeispiel für die antimikrobielle Wirkung des Propylenglycols<br />
und eine sich daraus ergebende Möglichkeit zum Verzicht auf<br />
weitere Konservierung (sofern keine weitere Wassereinarbeitung erfolgt)<br />
ist die amphiphile Basiscreme nach DAC. Sie enthält 40%<br />
Wasser und 10% Propylenglycol. Für die mikrobielle Stabilität ist<br />
jedoch die auf die Wasserphase bezogene Konzentration des Alkohols<br />
von Interesse, die in diesem Fall 20% beträgt und somit die<br />
Emulsion sicher vor mikrobiellem Verderb schützt [19, 22].<br />
Abbildung 6 illustriert die antimikrobielle Potenz verschiedener<br />
Konzentrationen der beiden Glycole 1,2-Pentandiol (Pentylenglycol)<br />
und 1,2-Hexandiol (Hexylenglycol) hinsichtlich ihres Vermögens,<br />
den Problemkeim Aspergillus niger nach Beimpfung einer O/W-Standardemulsion<br />
zu reduzieren [23]. Die Daten sind relativ zur glycolfreien<br />
Formulierung im Diagramm abgebildet. Erkennbar ist die<br />
Abbildungen 1, 4, 5: Dr. Hagen Trommer