Fortbildung-2011-11-mikrobiologische-Qualitaet-halbfester ...
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PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />
Dr. Hagen Trommer, Hamburg<br />
Die <strong>mikrobiologische</strong> Qualität<br />
<strong>halbfester</strong> Formulierungen<br />
Grundlagen, Anforderungen und Möglichkeiten der Gewährleistung<br />
Halbfeste Arzneistoff-Zubereitungen besitzen im Vergleich zu anderen Arzneiformen (z.B. ihren<br />
festen Pendants) durch den signifikanten Anteil der Vehikel am therapeutischen Effekt und weiteren<br />
Besonderheiten per se eine Spezialstellung unter den Arzneimitteln. Auch der Prüfung mehr oder<br />
minder durch die Vehikel determinierter, qualitätsbestimmender Merkmale von dermal zu applizierenden<br />
Therapeutika kommt dementsprechend eine besondere Bedeutung zu.<br />
8<br />
Aufgrund dieses maßgeblichen Einflusses der Formulierungs-Grundlage<br />
sollte die finale Rezeptur als Ergebnis umfassender relevanter<br />
Prüfungen möglichst frühzeitig in der pharmazeutischen Entwicklung<br />
feststehen. Formulierungsänderungen in späteren Entwicklungsphasen<br />
verursachen unter Umständen die Wiederholung der kompletten,<br />
bis dahin bereits durchgeführten klinischen Untersuchungen. Die von<br />
festen Arzneiformen bekannte Vorgehensweise der Abarbeitung des<br />
klinischen Programms (einfache Formulierungen zur Testung von Verträglichkeit<br />
in Phase I und zur Dosisfindung in Phase II; Entwicklung<br />
der endgültigen Marktformulierungen erst für die therapeutischen<br />
Studien der Phase III) ist deshalb für Dermatika nur bedingt anwendbar<br />
[1].<br />
Die Hygiene als wichtiger Teilbereich der industriellen Pharmazie entwickelte<br />
sich in den 1960er Jahren. Vorangegangen war eine Periode<br />
der Erkenntniszunahme zur mikrobiellen Verunreinigung von Arzneimitteln,<br />
die wiederum auf den wegweisenden Arbeiten aufbaute, die<br />
ca. ein Jahrhundert zuvor zur Entwicklung der Hygiene als Teilgebiet<br />
der Medizin geführt hatten [2]. Abbildung 1 illustriert ausgewählte<br />
Meilensteine auf diesem Weg.<br />
Im folgenden Beitrag sollen nach einer kurzen Darlegung der Grundlagen<br />
die Vorgaben und Möglichkeiten zur Gewährleistung der <strong>mikrobiologische</strong>n<br />
Qualität <strong>halbfester</strong> Dermatika detaillierter betrachtet<br />
werden, eine Arzneiformenklasse, bei der diese Thematik neben den<br />
Parenteralia bzw. den sterilen Arzneiformen allgemein von ganz besonderer<br />
Relevanz ist.<br />
Bedeutung der <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität<br />
<strong>halbfester</strong> Formulierungen<br />
Die Gewährleistung der <strong>mikrobiologische</strong>n Qualität <strong>halbfester</strong> Formulierungen<br />
zur kutanen Anwendung ist ein Schlüsselthema, auf das,<br />
wie einleitend angedeutet, bereits zu Beginn der pharmazeutischen<br />
Entwicklung großes Gewicht gelegt werden sollte. Dies ist absolut<br />
erforderlich, um auszuschließen, dass der Anwender des Dermatikums,<br />
ein möglicherweise immunologisch bereits geschwächter Patient<br />
mit zu behandelnder Dermatose, durch das Arzneimittel noch<br />
weitere Schädigungen in Form mikrobieller Infektionen erleidet. Dies<br />
ist umso wichtiger, da durch den Wassergehalt vieler topischer Dermatika<br />
Mikroorganismen per se günstigere Bedingungen vorfinden<br />
als zum Beispiel bei festen Arzneiformen. Darüber hinaus kann es<br />
durch die Anwesenheit bestimmter Mikroorganismen in nicht sterilen<br />
Zubereitungen zur Abschwächung oder sogar zur Inaktivierung der<br />
therapeutischen Aktivität des Produkts kommen. Dies kann einerseits<br />
im mikrobiellen Abbau der Wirkstoffe selbst begründet sein.<br />
Andererseits ist jedoch auch die Instabilisierung der Arzneiform durch<br />
mikrobielle Veränderung der Hilfsstoffe sehr wohl möglich. Entsprechend<br />
hoch sind aus diesem Grund die Anforderungen an Durchführung<br />
und Dokumentation von Prüfungen der <strong>mikrobiologische</strong>n Qualität,<br />
von Tests auf ausreichende Konservierung und von<br />
Untersuchungen zur Auswahl und Festlegung der Konzentration eines<br />
Konservierungsmittels im finalen Produkt. Generell ist der pharmazeutische<br />
Hersteller verpflichtet, durch Anwendung der bestehenden<br />
Grundsätze der Good Manufacturing Practise (GMP) bei Herstellung,<br />
Lagerung und Inverkehrbringen der Arzneimittel eine niedrige Ausgangskeimbelastung<br />
der Formulierungen zu gewährleisten [3, 4].<br />
Anforderungen an die <strong>mikrobiologische</strong> Qualität<br />
<strong>halbfester</strong> Dermatika<br />
Vorgaben zur Überprüfung der <strong>mikrobiologische</strong>n Qualität von Arzneimitteln<br />
zur kutanen Applikation und der Bewertung der erzielten<br />
Resultate macht das Europäische Arzneibuch (Pharm. Eur.) vor allem<br />
in den Kapiteln 5.1.4. Mikrobiologische Qualität nicht steriler Zubereitungen,<br />
2.6.12. Mikrobiologische Prüfung nicht steriler Produkte<br />
(Zählung der gesamten vermehrungsfähigen Keime) und 2.6.13.<br />
Nachweis spezifizierter Mikroorganismen [5].<br />
Bei den genannten Sektionen gab es in der jüngeren Vergangenheit<br />
Veränderungen aufgrund der sehr zu begrüßenden Harmonisierungsbestrebungen<br />
zwischen Europa, Japan und den USA. Seit dem Stichtag<br />
01.01.2009 gelten im Europäischen Arzneibuch die mit der US<br />
Pharmakopöe (Kapitel 61, 62 und <strong>11</strong><strong>11</strong> der USP) sowie dem Japanischen<br />
Arzneibuch (Kapitel 35.1, 35.2 und 7 der JP) in Einklang gebrachten<br />
Standards.<br />
Damit fallen die hier betrachteten halbfesten Zubereitungen als Formulierungen<br />
zur kutanen Anwendung entsprechend der neu erstellten<br />
Gliederung und den daraus abgeleiteten Akzeptanzkriterien für<br />
die <strong>mikrobiologische</strong> Qualität nicht steriler Darreichungsformen in<br />
eine gemeinsame Kategorie mit den Formulierungen zur Anwendung<br />
in der Mundhöhle, am Zahnfleisch, in der Nase und am Ohr. Als Akzeptanzkriterien<br />
der Keimbelastung für diese Darreichungsformen<br />
sind 10 2 koloniebildende Einheiten (KBE) pro g bzw. ml als Gesamtheit<br />
aerober Mikroorganismen sowie 10 1 koloniebildende Einheiten<br />
(KBE) pro g bzw. ml als Gesamtwert an Hefen und Schimmelpilzen<br />
angegeben. Die Mikroorganismen Staphylococcus aureus und Pseu-<br />
Abbildungen 1, 4, 5: Dr. Hagen Trommer
Zertifizierte <strong>Fortbildung</strong><br />
Abbildung 1: Ausgewählte Meilensteine der Entwicklung von Mikrobiologie und Hygiene zu<br />
wichtigen Bereichen der industriellen Pharmazie.<br />
Abbildung 2: Schematische Darstellung der Vorgehensweise zur Keimzahlbestimmung<br />
mittels Plattengussverfahren nach Pharm. Eur. - modifiziert nach [6].<br />
domonas aeruginosa dürfen, wiederum bezogen auf eine Substanzmenge<br />
von 1 g bzw. eine Volumeneinheit von 1 ml, nicht anwesend<br />
sein [5].<br />
Neben Nachweisprotokollen für diese beiden spezifizierten Keime<br />
werden in Kapitel 2.6.13 der Pharm. Eur. überdies Untersuchungsmethoden<br />
für Escherichia coli, Salmonellen, Clostridien und gegen Gallensalze<br />
resistente gramnegative Bakterien aufgeführt mit – im Gegensatz<br />
zu den nur in Europa geltenden Vorgängertexten des<br />
Arzneibuches – nun detaillierteren Angaben zu den Untersuchungsbedingungen<br />
(z.B. Selektivmedien und Bebrütungstemperaturen). Neu<br />
hinzugekommen ist in der harmonisierten Version die Methode zur<br />
Untersuchung auf Candida albicans, gestrichen wurde die Bestimmungsmethode<br />
von Clostridium perfringens.<br />
Die im Kapitel 2.6.12. des Europäischen Arzneibuches aufgeführten<br />
Methoden zur Zählung der vermehrungsfähigen Keime haben durch<br />
die Harmonisierung ebenfalls Änderungen und Erhöhungen des Detaillierungsgrades<br />
erfahren. So wurden<br />
die oben bereits verwendeten Maßzahlen<br />
als Grundlage der Akzeptanzkriterien<br />
neu eingeführt und deren jeweilige Bestimmungen<br />
exakt definiert. Grundsätzlich<br />
kann die Prüfung nach der<br />
Membranfilter-Methode, dem Plattengussverfahren<br />
oder dem Ausstrichverfahren<br />
erfolgen. Abbildung 2 verdeutlicht<br />
schematisch die wichtigsten Arbeitsgänge<br />
bei der Keimzahlbestimmung<br />
nach dem Plattengussverfahren entsprechend<br />
Arzneibuchvorgaben [6]. Für die<br />
Ermittlung der Gesamtzahl aerober Mikroorganismen<br />
(TAMC – Total Aerobic Microbial<br />
Count) muss ein Agarmedium mit<br />
Casein- und Sojapepton (CASO) verwendet<br />
werden, das 3-5 Tage bei 30-35°C<br />
bebrütet wird. Zur Messung der Gesamtzahl<br />
an Hefen und Schimmelpilzen<br />
(TYMC – Total Combined Yeast/Mould<br />
Count) ist nunmehr der Einsatz von Sabouraud-Dextrose-Agar<br />
(SDA) ohne Zusatz<br />
eines Antibiotikums und einer Bebrütungsdauer<br />
von 5-7 Tagen bei<br />
20-25°C vorgeschrieben. Neu in diesem Kontext ist ferner, dass auch<br />
Ausgangsstoffe <strong>halbfester</strong> Dermatika (Wirk- und Hilfsstoffe), bei<br />
denen in der Monographie keine <strong>mikrobiologische</strong> Prüfung verlangt<br />
wird, Prüfungen hinsichtlich TAMC und TYMC unterzogen werden<br />
müssen. Als Akzeptanzkriterien sind hierbei 10 3 KBE/g bzw. ml für<br />
TAMC und 10 2 KBE/g bzw. ml für den TYMC-Wert gefordert.<br />
Wesentlich weniger Spielraum lässt der harmonisierte Arzneibuchtext<br />
bei der Beurteilung überhöhter Ergebnisse. Während bislang mit dem<br />
Fünffachen des Akzeptanzkriteriums argumentiert werden konnte, ist<br />
laut aktueller Vorgabe zur Ermittlung der maximal annehmbaren KBE-<br />
Anzahl lediglich die Multiplikation mit Faktor 2 statthaft [5].<br />
Prüfung auf ausreichende Konservierung<br />
Während die im vorangegangenen Abschnitt dargelegten Anforderungen<br />
vor allem die Einhaltung <strong>mikrobiologische</strong>r Grundsätze vor und<br />
während der Herstellung <strong>halbfester</strong> Formulierungen sicherstellen sollen,<br />
ist es überdies nötig, Vorkehrungen<br />
zu treffen resp. Standards zu schaffen,<br />
die den mikrobiellen Produktschutz während<br />
der Verwendung des Arzneimittels<br />
gewährleisten.<br />
Sofern eine Formulierung nicht schon<br />
selbst ausreichende antimikrobielle Eigenschaften<br />
besitzt, kann dazu – besonders<br />
bei mikrobiologisch anfälligen Systemen<br />
mit hohen Wassergehalten (z.B.<br />
O/W-Cremes) – eine Konservierung der<br />
Zubereitung sinnvoll sein [7]. Wie jedoch<br />
schon in den allgemeinen Ausführungen<br />
zur mikrobiellen Qualität angedeutet<br />
wurde, muss die Notwendigkeit der Konservierung<br />
als Maßnahme zur Vermeidung<br />
von Patientengefährdungen bzw.<br />
des Verderbs der Zubereitung klar nachgewiesen<br />
werden. Sie darf nicht etwa als<br />
Ersatz für das Außerachtlassen von GMP-<br />
Regularien und mangelnder Hygiene<br />
während der Arzneimittelherstellung eingesetzt<br />
werden [3, 8].<br />
Die Prüfung auf ausreichende Konservierung<br />
<strong>halbfester</strong> Formulierungen erfolgt<br />
gemeinhin mit einem landläufig als<br />
Keimbelastungstest (KBT) bezeichneten<br />
9
PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />
10<br />
Abbildung 3: Der Schimmelpilz Aspergillus niger<br />
A) Lichtmikroskopische Aufnahme bei 400-facher Vergrößerung -<br />
modifiziert nach [<strong>11</strong>].<br />
B) Eine durch den Mikroorganismus infizierte Küchenzwiebel -<br />
modifiziert nach [12].<br />
Abbildung 4: Häufig in Dermatika eingesetzte Konservierungsmittel,<br />
sortiert nach Klassen.<br />
Verfahren. Die von manchen Autoren verwendete synonym gemeinte<br />
Bezeichnung Konservierungsmittelbelastungstest ist etwas unglücklich<br />
gewählt, da der Qualitätsnachweis des ausreichenden Schutzes<br />
vor unerwünschten Wirkungen durch mikrobielle Kontamination oder<br />
Vermehrung von Mikroben während Lagerung und Anwendung des<br />
Arzneimittels für die Formulierung in jedem Fall erbracht werden<br />
muss, unabhängig davon, ob dafür ein zusätzliches Konservierungsmittel<br />
vonnöten war oder nicht [1].<br />
Bei einem KBT werden die Zubereitungen, falls möglich in ihrem<br />
Endbehältnis, mit geeigneten Mikroorganismen kontaminiert. Hierfür<br />
finden nach festgelegten Protokollen hergestellte, genau vorgeschriebene<br />
Inokuli der jeweiligen Testkeime Verwendung. Die derart<br />
beimpften Proben werden bei ebenfalls exakt vorgegebenen Temperaturen<br />
gelagert und in bestimmten Zeitabständen auf die Anzahl der<br />
Kontrollkeime analysiert [9, 10].<br />
Als Problemkeim unter den Testmikroorganismen und damit häufig<br />
maßgebend für das Ergebnis der Prüfung auf ausreichende Konservierung<br />
erweist sich in vielen Fällen der Schimmelpilz Aspergillus<br />
niger (Schwarzschimmel). Er hat seinen Namen von den dunklen,<br />
nahezu schwarzen Sporen (Abbildung 3A – modifiziert nach [<strong>11</strong>]),<br />
deren Bündel bei infizierten Organismen teilweise sogar mit bloßem<br />
Auge zu erkennen sind (Abbildung 3B – modifiziert nach [12]), und ist<br />
in der Lage, große Intervalle in Temperatur und pH-Wert ohne Einfluss<br />
auf sein Wachstum zu tolerieren.<br />
Detailliert beschrieben ist die KBT-Methodik im Kapitel 5.1.3 Prüfung<br />
auf ausreichende Konservierung des Europäischen Arzneibuchs [5].<br />
Auch diese Prüfung war Gegenstand der Harmonisierungsbestrebung<br />
en zwischen den Behördenvertretern aus Europa, den USA und<br />
Japan. Im Gegensatz zu den im vorigen Abschnitt besprochenen Verfahren<br />
konnte für die Ausführung und vor allem die Ergebnisbewertung<br />
des Keimbelastungstests keine Einigung erzielt werden, so dass<br />
die Arbeit an der Harmonisierung dieses Verfahrens zunächst eingestellt<br />
wurde.<br />
Die Methode des Japanischen Arzneibuchs kann aufgrund von nur<br />
minimalen Unterschieden als mit der USP-Methode identisch angesehen<br />
werden [13]. Der tabellarische Vergleich (Tabelle 1) illustriert die<br />
wesentlichen Unterschiede der Arzneibuchvorgaben zum Test in Europa<br />
(Pharm. Eur., 5.1.3. Prüfung auf ausreichende Konservierung)<br />
und den USA (USP, 51 Antimicrobial Effectiveness Testing). Abgesehen<br />
von einem marginalen Unterschied bei der Auswahl der Testkeime<br />
(die USP fordert zusätzlich die Belastung der Formulierungen<br />
mit Escherichia coli, was in der Pharm. Eur. lediglich für orale Arzneiformen<br />
erforderlich ist) liegt die Hauptdifferenz neben der vergleichsweise<br />
erhöhten Anzahl an Prüfzeitpunkten in der Durchführung nach<br />
der Pharm. Eur.-Methode vor allem in der Bewertung der Ergebnisse<br />
[14, 15]. Dabei beinhaltet das Verfahren nach Europäischem Arzneibuch<br />
eindeutig die strikteren, schwieriger zu erfüllenden Akzeptanzkriterien.<br />
Dies war auch der Grund für die bislang nicht erfolgte Einigung<br />
auf ein gemeinsames Protokoll. Ein harmonisiertes Verfahren<br />
auf Basis der Pharm. Eur.-Akzeptanzkriterien würde die amerikanische<br />
Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) dazu<br />
zwingen, für schon lange im Markt befindliche Topika (sogenannte<br />
„Grandfather“-Produkte) detaillierte Schutz- bzw. Ausnahmevorschriften<br />
zu erarbeiten, um zu verhindern, dass diese Produkte aufgrund<br />
der härteren europäischen Kriterien zur ausreichenden Konservierung<br />
nicht mehr marktfähig sind, obwohl sie sich als sicher und wirksam<br />
erwiesen haben [16].<br />
Konservierungsmittel für topische Dermatika<br />
Abbildung 4 zeigt eine Auswahl häufig in Dermatika eingesetzter<br />
Konservierungsmittel und ihre chemische Klassifizierung. Ingesamt<br />
finden in etwa 40 Substanzen Verwendung zur Konservierung von<br />
Arzneimitteln zur dermalen Applikation. Bei den kosmetischen Präparaten<br />
zur Anwendung auf der Haut ist die Zahl der zulässigen Konservierungsmittel<br />
rund doppelt so hoch [17, 18].<br />
Die schädigende Wirkung der eingesetzten Chemikalien auf Mikroorganismen<br />
liegt in der primären Toxizität dieser Stoffe begründet, also<br />
in ihrer Fähigkeit, entweder an der Mikroben-Zellwand oder in ihrem<br />
Zellinneren als Zellgift zu agieren. Dabei werden – meist in Abhängigkeit<br />
von der eingesetzten Konzentration – mikrobistatische, d.h.<br />
wachstumshemmende, und mikrobizide, d.h. den Zelltod der Mikroben<br />
herbeiführende, Effekte unterschieden. Neben diesen Eigenschaften,<br />
die den Sinn ihres Einsatzes begründen, gibt es viele weitere<br />
Anforderungen an ein ideales Konservierungsmittel, die in ihrer Gesamtheit<br />
keine der eingesetzten Substanzen zu erfüllen vermag [17,<br />
18]. Diese sind vor allem physiologische Verträglichkeit, Kompatibilität<br />
mit Wirk- und Hilfsstoffen, chemische Stabilität und ein möglichst<br />
breites Wirkungsspektrum mit wenig Abhängigkeiten von Umgebungseinflüssen,<br />
wie z.B. pH-Wert- oder Temperaturänderungen.<br />
Die Phenolderivate gehören zu den ältesten zum Einsatz kommenden<br />
Konservierungsmitteln. Ihre Wirkung ist an das Vorhandensein der<br />
freien funktionellen Phenolgruppe geknüpft, wobei Chlorierungen<br />
und Alkylierungen am Ring zu Wirkverstärkung führen. Als wesentlicher<br />
Nachteil dieser Hilfsstoffe ist das Risiko von Kontaktekzemen<br />
und Sensibilisierungen zu nennen. Dies hat unter anderem dazu geführt,<br />
dass der Einsatz der Parabene (p-Hydroxybenzoesäureester),<br />
als deren wichtigste Vertreter die hier abgebildeten Methyl- und Propylester<br />
gelten, heutzutage eher kritisch zu bewerten ist und als nicht<br />
ratsam erscheint. Lange Zeit galten diese Substanzen als Universalkonservierungsmittel<br />
[4, 17].<br />
Auch bei den Alkoholen, deren antimikrobieller Wirkmechanismus<br />
Abbildungen 1, 4, 5: Dr. Hagen Trommer
Zertifizierte <strong>Fortbildung</strong><br />
mit denen der Phenole vergleichbar ist, sind bei dermalem Einsatz<br />
besonders in höheren Konzentrationen Reizungen beschrieben worden.<br />
Hinzu kommt die geringe chemische Stabilität der stärker wirksamen<br />
chlorierten Alkohole, z.B. des hier angeführten Chlorobutanol,<br />
und die Möglichkeit der Packmittelinteraktion vor allem der halogenierten<br />
Verbindungen durch Absorption von beispielsweise Elastomeren.<br />
Sowohl bei Phenolderivaten als auch bei den Alkoholen ist<br />
die Wirksamkeit zum Teil sehr stark pH-abhängig mit einem strukturell<br />
bedingten Wirkungsoptimum im sauren Bereich und nahezu vollkommener<br />
Unwirksamkeit oberhalb pH 6 [17].<br />
Ebenfalls im sauren Milieu (pH < 4,5) liegt die zur konservierenden<br />
Wirkung notwendige Effektivität der beispielhaft in der Übersicht aufgeführten<br />
Carbonsäuren Sorbinsäure und der aromatischen Benzoesäure.<br />
Neben dem schmalen Wirkungsspektrum ist die Oxidationsanfälligkeit<br />
dieser Derivate nachteilig.<br />
Im Unterschied zu den bisher besprochenen Konservierungsmitteln<br />
handelt es sich bei den quartären Ammoniumverbindungen (Quats)<br />
um kationenaktive Tenside, deren antimikrobielle Wirkung in ihrer<br />
Oberflächenaktivität begründet ist. Sie interagieren daher mit der<br />
Mikroben-Plasmamembran und verändern deren Permeabilität in toxischem<br />
Ausmaß, was die Breite ihres Wirkungsspektrums erklärt.<br />
Eingeschränkt wird ihr Einsatz allerdings dennoch durch vielfältige<br />
Möglichkeiten der Inkompatibilität, denen sie als Kationen unterworfen<br />
sind [17, 18]. Hinzu kommen auch bei dieser Klasse allergische<br />
Reaktionen und weitere Kontaktdermatitiden, wie sie für das abgebildete<br />
Quaternium-15 (durch die Methenamin-Struktur zusätzlich zur<br />
Wirkung als Quat noch ein potentieller Formaldehydabspalter), aber<br />
auch für weitere Vertreter dieser Klasse (Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid<br />
etc.) beschrieben wurden.<br />
Schließlich existieren noch einige weitere als Konservierungsmittel<br />
für halbfeste Dermatika eingesetzte Verbindungen, bei denen eine<br />
eindeutige Klassenzuordnung allerdings schwieriger ist. So ähnelt<br />
beispielsweise Chlorhexidin, das als Dihydrochlorid, Diacetat und<br />
Digluconat verwendet wird, sowohl in Wirkmechanismus als auch bei<br />
den Nachteilen den quartären Ammoniumverbindungen. Es besitzt<br />
einen vergleichsweise geringeren Tensidcharakter, weist jedoch nahezu<br />
identische Inkompatibilitäten und ebenfalls ein gewisses Allergenisierungspotential<br />
auf [17]. Darüber hinaus hat es ebenfalls die<br />
den Quats eigene Wirkungslücke gegenüber verschiedenen hydrophilen<br />
Viren sowie einigen gramnegativen Bakterien, so dass oftmals ein<br />
Einsatz lediglich als synergistisches Konservierungsmittel in Verbindung<br />
mit anderen Substanzen möglich ist.<br />
Abbildung 5: Einige in Dermatika eingesetzte Hilfsstoffe<br />
mit antimikrobieller Potenz<br />
Die Kombination von Konservierungsmitteln verschiedener Klassen<br />
kann als genereller Trend auf dem Gebiet der klassischen Konservierung<br />
beobachtet werden. Neben der Verbreiterung des mikrobiellen<br />
Wirkungsspektrums im Vergleich zu den Monosubstanzen liegt der<br />
Hauptgrund dafür in der Verringerung des Auftretens von Hautirritationen<br />
und Kontaktdermatitiden – unerwünschte Nebenwirkungen,<br />
die als klar konzentrationsabhängig bekannt sind. Durch Nutzung<br />
von Synergismen gelingt es meist, die Konzentrationen der Einzelsubstanzen<br />
zu verringern und damit die Wahrscheinlichkeit derartiger<br />
Reaktionen einzudämmen.<br />
Vor allem die bei den jeweiligen Verbindungsklassen aufgeführten<br />
Nachteile verdeutlichen anschaulich, dass es einerseits kein universell<br />
anwendbares Konservierungsmittel für Dermatika gibt, andererseits<br />
erscheinen die vielfältigen Bestrebungen einer möglichst kompletten<br />
Vermeidung der klassischen Konservierung von kutan zu<br />
applizierenden Arzneiformen und die Suche nach alternativen Möglichkeiten<br />
zur Gewährleistung der mikrobiellen Stabilität nun in<br />
einem klareren Licht.<br />
Pharm. Eur. 6.0 (2008) USP 31 (2008)<br />
Testkeime<br />
Pseudomonas aeruginosa<br />
Staphylococcus aureus<br />
Candida albicans<br />
Aspergillus niger<br />
Pseudomonas aeruginosa<br />
Staphylococcus aureus<br />
Candida albicans<br />
Aspergillus niger<br />
Escherichia coli<br />
Durchführung Keimzahlbestimmung nach 0, 2, 7 ,14 und 28 Tagen Keimzahlbestimmung nach 0, 2, 7 ,14 und 28 Tagen<br />
Akzeptanzkriterien<br />
für Dermatika<br />
Kategorie A<br />
Keimzahlminderung um 2 Log-Stufen nach 2 Tagen und 3<br />
Log-Stufen nach 7 Tagen sowie keine Zunahme für Bakterien<br />
Keimzahlminderung um 2 Log-Stufen nach 14 Tagen sowie<br />
keine Zunahme der Keimzahl nach 28 Tagen für Pilze<br />
Kategorie B<br />
Keimzahlminderung um 3 Log-Stufen nach 14 Tagen sowie<br />
keine Zunahme der Keimzahl nach 28 Tagen für Bakterien<br />
Keimzahlminderung um 1 Log-Stufe nach 14 Tagen sowie<br />
keine Zunahme der Keimzahl nach 28 Tagen für Pilze<br />
Keimzahlminderung von mindestens 2 Log-Stufen nach<br />
14 Tagen sowie keine Zunahme der Keimzahl nach 28<br />
Tagen für Bakterien<br />
keine Zunahme der Keimzahl nach 14 Tagen sowie nach<br />
28 Tagen für Pilze<br />
Tabelle 1: Vergleich der Testmethoden zur Prüfung auf ausreichende Konservierung im Europäischen (Pharm. Eur.) und Amerikanischen<br />
Arzneibuch (USP)<br />
<strong>11</strong>
PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />
12<br />
Abbildung 6: Logarithmische Keimreduktion des Testkeims Aspergillus<br />
niger bei einer O/W-Standardemulsion in Anwesenheit<br />
der angegebenen Glycol-Konzentrationen nach 7, 14 und<br />
28 Tagen relativ zur glycolfreien Formulierung – modifiziert<br />
nach [22]<br />
A) Keimbelastungstest der Formulierung mit 1,2-Pentandiol<br />
B) Keimbelastungstest der Formulierung mit 1,2-Hexandiol<br />
Alternative Möglichkeiten der <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilisierung<br />
Die Attribute „konservierungsmittelfrei“, „hypoallergen“, „parabenfrei“<br />
oder „selbstkonservierend“ – vielfältig lediglich im Sinne von<br />
„frei von den klassischen chemischen Substanzen zur Konservierung“<br />
verwendet – werden in der heutigen Zeit vor allem im Bereich der<br />
dermalen Kosmetika werbewirksam für Konzepte eingesetzt, die ihrerseits<br />
wiederum Anlass zu kontroverser Diskussion geben. Die folgenden<br />
beiden Abschnitte erläutern die grundlegenden Prinzipien<br />
der mikrobiellen Stabilisierung <strong>halbfester</strong> Zubereitungen unter Verzicht<br />
auf klassische chemische Konservierungsmittel.<br />
Antimikrobielle Wirkstoffe<br />
Diverse Erkrankungen des Hautorgans haben ihre Ursachen in einem<br />
Befall durch Mikroorganismen bzw. in einer Störung der natürlichen<br />
Hautflora zugunsten bestimmter Mikroben. Zur Behandlung werden<br />
daher folgerichtig Formulierungen eingesetzt, die bereits mikrobizide<br />
Wirkstoffe enthalten und bei denen zum Teil eine zusätzliche Konservierung<br />
im klassischen Sinne nicht mehr nötig ist.<br />
Als Beispiel hierfür seien antibiotisch wirksame Zubereitungen genannt,<br />
die die Arzneistoffe Erythromycin, Gentamicin oder Oxytetracyclin<br />
enthalten. Auf zusätzliche Konservierung kann vor allem dann<br />
verzichtet werden, wenn die Formulierungen wenig oder gar kein<br />
Wasser enthalten. Bei stark wasserhaltigen O/W-Emulsionen reicht<br />
die Konzentration der antibiotischen Wirkstoffe jedoch oft nicht aus,<br />
um die <strong>mikrobiologische</strong> Stabilität über die gesamte Laufzeit des<br />
Präparats sicherzustellen [19]. Demzufolge muss beispielsweise das<br />
hydrophile Metronidazol-Gel 0,75% nach DAC (NRF <strong>11</strong>.65) zusätzlich<br />
mit 0,1% Kaliumsorbat versehen werden, da sonst aufgrund des Wassergehaltes<br />
von über 93% trotz des Metronidazol-Gehaltes von<br />
0,75% eine längere, über sieben Tage hinausgehende <strong>mikrobiologische</strong><br />
Haltbarkeit nicht gewährleistet werden könnte [19]. Gleiches<br />
trifft für Unguentum Oxytetracyclini 1% zu (diese 1%ige Oxytetracyclinhydrochlorid-Emulsion<br />
ist eine Standardrezeptur gemäß SR 90-Vorschriften),<br />
die aufgrund des extrem hohen Wassergehaltes mit Methyl-<br />
und Propylparaben konserviert ist [20].<br />
Eine Konservierung trotz antiinfektiven Wirkstoffes ist selbstverständlich<br />
auch dann dringend erforderlich, wenn die Formulierung<br />
zwar einen entsprechenden Arzneistoff enthält, dieser jedoch nicht<br />
das gesamte Spektrum des nötigen <strong>mikrobiologische</strong>n Schutzes abdeckt.<br />
Als Standardbeispiele seien hier die moderneren Antimykotika<br />
angeführt. So werden Cremes mit dem Wirkstoff Terbinafinhydrochlorid<br />
zur Behandlung von Pilzinfektionen, die zudem ebenfalls O/W-<br />
Charakter besitzen, meist mit Benzylalkokol konserviert. Bei einigen<br />
Fertigarzneimittel-Cremes mit dem Antimykotikum Bifonazol erfolgt<br />
die Konservierung mit Chlorhexidindigluconat.<br />
Nachdem sowohl auf antibiotisch als auch auf antimykotisch wirksame<br />
Substanzen eingegangen wurde, soll abschließend auf Formulierungen<br />
mit Antiseptika hingewiesen werden, also auf topische<br />
Dermatika zur Therapie infektiöser bzw. superinfizierter Dermatosen<br />
[19]. Bei dieser Klasse bedient man sich vor allem aus der Gruppe der<br />
bereits vorgestellten Konservierungsmittel, die als Antiseptika allerdings<br />
in einer höheren Konzentration Verwendung finden. Dazu gehören<br />
Chlorhexidin, das halogenierte Phenolderivat Triclosan, die<br />
quartäre Ammoniumverbindung Benzalkoniumchlorid ebenso wie die<br />
noch nicht genannten Antiseptika Ethacridinlactat, 8-Hydroxychinolin,<br />
Polyvinylpyrrolidon-Jod, Polihexanid, Octenidindihydrochlorid und<br />
weitere Verbindungen [17, 19].<br />
Antimikrobiell wirksame Hilfsstoffe<br />
Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, dass Pauschalaussagen<br />
zur mikrobiellen Stabilität <strong>halbfester</strong> Dermatika meist<br />
nicht möglich sind, sondern dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um<br />
ein Konservierungs-System handelt. Das bedeutet, bei der Festlegung<br />
der Maßnahmen zur Sicherstellung der regulatorisch geforderten<br />
mikrobiellen Qualität müssen stets Gesamtformulierung und multifaktorielle<br />
Beiträge zur Konservierung betrachtet werden. Diese<br />
können sich aus klassischen Chemikalien, antimikrobiell wirksamen<br />
Arzneistoffen sowie eben auch aus Vehikelbestandteilen mit antimikrobieller<br />
Potenz zusammensetzen.<br />
Derartige Hilfsstoffe (siehe Abbildung 5) sind beispielsweise die<br />
mehrwertigen aliphatischen Alkohole vom Typ des Propylenglycols,<br />
eine in jedem Verhältnis mit Wasser mischbare Flüssigkeit. Diese<br />
Verbindungen (Propylenglycol, Butylenglycol, Pentylenglycol, Hexylenglycol<br />
u.a.) wirken einerseits in pH-neutraler Weise selbst antimikrobiell<br />
und tragen andererseits synergistisch mit klassischen Konservierungsmitteln<br />
zur <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität bei. Als<br />
Mechanismus für diesen Synergismus wird die Verbesserung der Löslichkeit<br />
des Konservierungsmittels in der Wasserphase und damit die<br />
Begünstigung des Verteilungsgleichgewichts diskutiert [19, 21].<br />
Das Standardbeispiel für die antimikrobielle Wirkung des Propylenglycols<br />
und eine sich daraus ergebende Möglichkeit zum Verzicht auf<br />
weitere Konservierung (sofern keine weitere Wassereinarbeitung erfolgt)<br />
ist die amphiphile Basiscreme nach DAC. Sie enthält 40%<br />
Wasser und 10% Propylenglycol. Für die mikrobielle Stabilität ist<br />
jedoch die auf die Wasserphase bezogene Konzentration des Alkohols<br />
von Interesse, die in diesem Fall 20% beträgt und somit die<br />
Emulsion sicher vor mikrobiellem Verderb schützt [19, 22].<br />
Abbildung 6 illustriert die antimikrobielle Potenz verschiedener<br />
Konzentrationen der beiden Glycole 1,2-Pentandiol (Pentylenglycol)<br />
und 1,2-Hexandiol (Hexylenglycol) hinsichtlich ihres Vermögens,<br />
den Problemkeim Aspergillus niger nach Beimpfung einer O/W-Standardemulsion<br />
zu reduzieren [23]. Die Daten sind relativ zur glycolfreien<br />
Formulierung im Diagramm abgebildet. Erkennbar ist die<br />
Abbildungen 1, 4, 5: Dr. Hagen Trommer
Zertifizierte <strong>Fortbildung</strong><br />
höhere Wirksamkeit des Hexylenglycols (Abbildung 6B) im Vergleich<br />
zum Pentylenglycol (Abbildung 6A) in der dargestellten Studie. Aus<br />
den experimentell ermittelten Werten errechneten die Autoren die<br />
Konzentrationen, die zur Erreichung von Kriterium A im Keimbelastungstest<br />
nach Pharm. Eur. (Keimreduktion um 2 Log-Stufen) benötigt<br />
werden [23]. Im Falle des Pentylenglycols sind dies 5% des Alkohols<br />
in der Emulsion, während bei Einsatz von Hexylenglycol 2,6%<br />
ausreichen.<br />
Weitere Hilfsstoffe mit antimikrobieller Wirksamkeit sind die Macrogole,<br />
das eher schwach wirksame Zinkoxid sowie Harnstoff in einer<br />
Konzentration ab 10%, bezogen auf die Wasserphase [19].<br />
Eine andere Möglichkeit, die <strong>mikrobiologische</strong> Stabilität <strong>halbfester</strong><br />
Zubereitungen sicherzustellen, ist die Schaffung extremer, für Mikroben<br />
ungünstiger pH-Bedingungen. Das bedeutet in praxi entweder<br />
sehr hohe oder auch sehr niedrige pH-Werte, wodurch diese Option<br />
in der dermalen Therapie nur eingeschränkt anwendbar ist [19, 21].<br />
Die Herabsetzung der Wasseraktivität – Maß für das den Mikroorganismen<br />
für ihre Wachstumsprozesse zur Verfügung stehende freie<br />
Wasser – stellt eine weitere Variante der <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilisierung<br />
dar. Verschiedene Hilfsstoffe sind in der Lage, die Wasseraktivität<br />
zu verringern, wie beispielsweise Glycerol, Sorbitol, Säuren,<br />
Basen, bestimmte anorganische Salze und wiederum Propylenglycol<br />
[17, 19, 21].<br />
Damit in gewissem Zusammenhang steht die Erhöhung der osmotischen<br />
Aktivität der Wasserphase, die sich gleichsam negativ auf das<br />
Mikrobenwachstum auswirkt. So haben Formulierungen hoher osmotischer<br />
Wasserphasenaktivität, wie das 23% Natriumchlorid enthaltende<br />
Starksolegel, auch ohne klassische Konservierung eine ausreichende<br />
mikrobielle Stabilität [19].<br />
Schließlich kann die <strong>mikrobiologische</strong> Stabilisierung durch Verwendung<br />
chelierender Hilfsstoffe gesichert werden. Der Wirkmechanismus<br />
des Natriumsalzes der Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA), des<br />
am häufigsten verwendeten Komplexbildners für zwei- oder mehrwertige<br />
Metallkationen, ist wiederum multifaktoriell. Durch Bindung von<br />
Übergangsmetallionen, die zur Katalyse von Oxidationen nötig sind,<br />
wirken die Chelatoren einerseits antioxidativ und somit chemisch stabilisierend.<br />
Im Sinne der Mikrobiologie kommt ihrem Einsatz andererseits<br />
dahingehend Bedeutung zu, dass mehrwertige Metallionen<br />
ebenfalls wichtige Enzym-Kofaktoren darstellen, die vor allem gramnegative<br />
Bakterien zur Aufrechterhaltung ihrer Zellmembranintegrität<br />
benötigen [17, 21]. Die Komplexbildner wirken damit synergistisch mit<br />
konventionellen Konservierungsmitteln.<br />
Literatur<br />
[1] Schubert H: Emulgiertechnik. Grundlagen, Verfahren und Anwendungen.<br />
Hamburg, Behr`s Verlag, 2005<br />
[2] Gail L, Hortig HP: Reinraumtechnik. Berlin, Springer-Verlag, 2004<br />
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Pharmakologie und Pharmazie. Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft<br />
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angewandte physikalisch-chemische Grundlagen. Stuttgart, Wissenschaftliche<br />
Verlagsgesellschaft mbH, 2002<br />
[5] Europäisches Arzneibuch (Pharm Eur). Grundwerk 6.0 (2008) mit<br />
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[6] Clontz L: Microbial Limit and Bioburden Tests: Validation Approaches<br />
and Global Requirements. Boca Raton, Taylor & Francis,<br />
2009<br />
[7] Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie.<br />
Unter besonderer Berücksichtigung der Magistralrezeptur. Berlin,<br />
Springer Verlag, 2000<br />
[8] Sucker H, Fuchs P, Speiser P: Pharmazeutische Technologie.<br />
Stuttgart, Georg Thieme Verlag, 1991<br />
[9] Baird RM, Hodges NA, Denyer SP: Handbook of Microbiological<br />
Quality Control. Pharmaceuticals and Medical Devices. London, Taylor<br />
& Francis, 2000<br />
[10] Denyer SP, Baird RM: Guide to Microbiological Control in Pharmaceuticals<br />
and Medical Devices. Boca Raton, CRC Press, 2007<br />
[<strong>11</strong>] http://www.schimmel-schimmelpilze.de/images/aspergillus-niger-1.jpg<br />
[12] 123rf.com – lizenzfreie Stockfotos: http://de.123rf.com/photo_<br />
832375_eine-zwiebel-mit-einer-strengen-plage-der-schwarzen-formaspergillus-niger-eine-pilzartige-krankheit.html<br />
[13] United States Pharmacopeia/The National Formulary (USP 31/NF<br />
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2008<br />
[14] Orth D Preservative Efficacy Testing. A review of various testing<br />
methods and their reliability. Cosmetics and Toiletries 1997;<strong>11</strong>2,59- 62<br />
[15] Sutton SVW, Porter D Development of the Antimicrobial Effectiveness<br />
Test as USP Chapter . PDA J Pharm Scie Technol<br />
2002;56,300-3<strong>11</strong><br />
[16] Sutton S Overview of Pharmaceutical Regulations that Apply to<br />
Microbiologists. http://microbiol.org/pmflist_files/aai_regs.ppt, 2009<br />
[17] Voigt R: Pharmazeutische Technologie. Für Studium und Beruf.<br />
Stuttgart, Deutscher Apotheker Verlag, 2010<br />
[18] Bauer KH, Frömming KH, Führer C: Lehrbuch der Pharmazeutischen<br />
Technologie. Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft<br />
mbH, 2006<br />
[19] Garbe C, Reimann H: Dermatologische Rezepturen. Schlüssel zur<br />
individualisierten topischen Therapie. Stuttgart, Georg Thieme Verlag,<br />
2005<br />
[20] SR. Standardrezepturen für den Arzt und den Apotheker. München,<br />
Urban & Fischer Verlag, 1999<br />
[21] Kabara JJ, Orth DS: Preservative-free and Self-preserving Cosmetic<br />
and Drug Products. Principles and Practise. New York, Marcel<br />
Dekker Inc., 1997<br />
[22] Deutscher Arzneimittel-Codex/Neues Rezeptur-Formularium (DAC/<br />
NRF). Eschborn, Govi-Verlag, 2009<br />
[23] Ibarra F, Jänichen J, Petersen W Wirksamkeiten unterschiedlicher<br />
1,2-Alkandiole als antimikrobielle Agentien. SOFW Journal<br />
2008;4,40-48<br />
Der Autor<br />
Dr. Hagen Trommer<br />
studierte in Halle/Saale Pharmazie. Nach Approbation und Diplom wurde er dort 2002 zum Dr. rer. nat. promoviert.<br />
Von 1998 bis 2002 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie<br />
der Martin-Luther-Universität mit Forschungsschwerpunkt „Biomolekülschädigungen der Humanhaut durch<br />
UV-induzierten oxidativen Stress“, zu dem zahlreiche Veröffentlichungen vorliegen. Von 2002 bis 2006 war Dr. Trommer<br />
bei Bayer Healthcare tätig. Seit 2007 ist er als Leiter Galenik und Herstellungsleiter für die Fertigung klinischer<br />
Prüfmuster in der Entwicklungsabteilung von Almirall Hermal beschäftigt. Der ausgebildete Fachapotheker für Pharmazeutische<br />
Technologie, Pharmazeutische Analytik sowie Arzneimittelinformation engagiert sich als Referent in der Fachapotheker-Weiterbildung<br />
und als Gastdozent in der universitären Pharmazeuten-Ausbildung.<br />
Korrespondenz:<br />
Dr. Hagen Trommer, Doktorberg 36, 21029 Hamburg, E-mail: hagen.trommer@pharmazie.uni-halle.de<br />
13
<strong>Fortbildung</strong>s-Fragebogen <strong>11</strong>/<strong>20<strong>11</strong></strong> Faxnummer: 02 08 / 6 20 57 41<br />
Mit dem Apotheken Magazin <strong>Fortbildung</strong>spunkte sammeln<br />
Das Apotheken Magazin veröffentlicht in jeder Ausgabe einen speziellen <strong>Fortbildung</strong>sartikel und einen dazu gehörigen <strong>Fortbildung</strong>sfragebogen,<br />
für dessen richtige Ausfüllung und Einsendung jeder Einsender einen von der Bundesapothekerkammer Berlin akkreditierten <strong>Fortbildung</strong>spunkt<br />
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Beiträge gibt es einen weiteren Fragebogen, den Sie als Abonnent des Apotheken Magazins ebenfalls an den Verlag faxen und für den Sie einen<br />
weiteren <strong>Fortbildung</strong>spunkt erhalten können. Pro Frage auf beiden Fragebögen ist stets nur eine Antwort richtig. Die Lösungen werden Ihnen<br />
zusammen mit dem <strong>Fortbildung</strong>spunkt mitgeteilt. Wenn Sie in jeder Ausgabe des Heftes beide <strong>Fortbildung</strong>sfragebögen bearbeiten, können Sie<br />
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Veranstaltungs-Nr.: BAK <strong>20<strong>11</strong></strong>/006) sichern. Bitte tragen Sie unbedingt Ihre Postanschrift und Ihre Telefon-Nummer (für evtl. Rückfragen) lesbar<br />
in die Fragebögen ein! Die Faxnummer lautet: 02 08 / 6 20 57 41.<br />
1. Warum ist die Gewährleistung der <strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität bei<br />
halbfesten Dermatika so bedeutsam?<br />
A) Wegen ihrer Einsatzfähigkeit für sämtliche Erkrankungen<br />
B) Aufgrund ihrer niedrigen Viskosität und ausgeprägten<br />
Fließfähigkeit<br />
C) Wegen ihrer plastischen Verformbarkeit<br />
D) Zur Vermeidung mikrobieller Infektionen beim Patienten und zur<br />
Gewährleistung der therapeutischen Wirksamkeit der Zubereitungen<br />
2. Was war der Grund für die Veränderung der diesbezüglichen<br />
Arzneibuchvorgaben in der jüngeren Vergangenheit?<br />
A) Die vielen Arzneimittelzwischenfälle aufgrund der mangelhaften<br />
<strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität von Dermatika in der letzten Dekade<br />
B) Die Harmonisierungsbestrebungen zwischen Europa, Japan<br />
und den USA<br />
C) Die Auflagen der deutschen Zulassungsbehörde<br />
D) Die EHEC-Infektionen der letzten Monate<br />
3. Welches sind die Akzeptanzkriterien der Keimbelastung bei halbfesten<br />
Dermatika für die Gesamtheit an anaeroben Mikroorganismen<br />
und die Gesamtheit an Hefen/Schimmelpilzen, ausgedrückt in koloniebildenden<br />
Einheiten (KBE) pro g bzw. ml?<br />
A) 10 2 für Anaerobier, 10 1 für Hefen/Schimmelpilze<br />
B) 10 20 für Anaerobier, 10 10 für Hefen/Schimmelpilze<br />
C) 10 50 für Anaerobier, 10 5 für Hefen/Schimmelpilze<br />
D) 10- 2 für Anaerobier, 10 -1 für Hefen/Schimmelpilze<br />
4. Was darf nicht der Grund für die Konservierung eines halbfesten<br />
Dermatikums sein?<br />
A) Die Sicherung der <strong>mikrobiologische</strong>n Qualität der Zubereitung<br />
B) Die Verhinderung von Schäden beim anwendenden Patienten<br />
C) Die Vernachlässigung von GMP-Regularien und mangelnde Hygiene<br />
während der Produktion<br />
D) Schutz des Wirkstoffes vor Inaktivierung durch Mikroorganismen<br />
5. Wie erfolgt die Durchführung des Keimbelastungstests (KBT)<br />
grundsätzlich?<br />
A) Konnektivitäts-Test, Erosivität-Index-Bestimmung, Leitfähigkeits-<br />
Untersuchung<br />
B) Kontamination der Formulierung mit festgelegten Mikroorganismen-Inokuli,<br />
Lagerung bei festgelegten Temperaturen, Analyse der<br />
Kontrollkeime nach bestimmten Protokollen<br />
C) Mechanoluminiszenz-Experiment, Chemotaxis-Analyse, Chemiluminiszenz-Konstantenberechnung<br />
nach Hirschgarten<br />
Berufsbezeichnung: Apotheker/in PTA<br />
D) Kohärenzuntersuchung der Formulierung, Isotopieauslöschungs-<br />
Test, Heterophorie-Grenzwertbestimmung<br />
6. Was sind die Anforderungen an ein ideales Konservierungsmittel?<br />
A) Hoher g-Faktor, mittlerer HLB-Wert, Pseudo-Polymorphie,<br />
niedriger Seebeck-Koeffizient<br />
B) Strukturviskosität, hoher Brechungsindex, niedriger Hausner-<br />
Faktor, kleines ψ*<br />
C) Autosterilität, hohe spezifische Wärmekapazität, negative<br />
Anzengruber-Konstante<br />
D) Physiologische Unbedenklichkeit, chemische Stabilität,<br />
breites Wirkspektrum, Kompatibilität mit Wirk- und Hilfsstoffen<br />
7. Welches sind verbreitete Nebenwirkungen von Konservierungsmitteln<br />
in halbfesten Dermatika?<br />
A) Cushing-Syndrom und Morbus Crohn<br />
B Dysfunktionale Kognitionen und inguinale Lymphadenopathien<br />
C) Hautirritationen und Kontaktdermatitiden<br />
D) Morbus Meulengracht und idiopathische Fazialisparese<br />
8. Welche grundlegenden Alternativen zum Einsatz klassischer<br />
chemischer Konservierungsmittel gibt es bei Dermatika zur kutanen<br />
Applikation?<br />
A) Antimikrobiell effektive Wirk- und Hilfsstoffe<br />
B) Mannich-Basen und Brönstedt-Säuren<br />
C) Rosenmund-Addukte und Wolf-Kishner-Edukte<br />
D) Rensenbrink-Metalle und Lanthanide<br />
9. Welches sind typische Hilfsstoffe mit antimikrobieller Potenz, die in<br />
halbfesten Dermatika Verwendung finden können?<br />
A) 3-Arylhydrazo-2,3,4-triketoester B) Pyridinium-Ylide<br />
C) Violette Hydraziniumsalze<br />
D) Mehrwertige aliphatische Alkohole<br />
10. Welche weiteren Möglichkeiten zur Sicherstellung der<br />
<strong>mikrobiologische</strong>n Stabilität <strong>halbfester</strong> Zubereitungen gibt es?<br />
A) Aussalzen des Grundgerüstes, Veraschen der Lipidphase,<br />
Sublimieren der Wirkstoffe<br />
B) Reduktion des Ostwald-Koeffizienten, Einstellung einer<br />
subakuten Otoxizität<br />
C) Senkung der Wasseraktivität, Erhöhung der osmotischen Aktivität<br />
der Wasserphase, Komplexierung von Mikroorganismen-Enzym-<br />
Kofaktoren<br />
D) Verdampfen des Kristallwassers, Erhöhen der<br />
Baeyer-Ringspannung, Maximieren des positiven M-Effektes<br />
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