SUPERCROSS: CHEMNITZ Zwar stellt die Chemnitz Arena die kleinste Halle im ADAC SX-Cup, dank geschickter Bauweise und einer Tunneldurchfahrt unter einer der Tribünen kommt man jedoch auf die längste aller Strecken! Mit selektiven Abschnitten wie einem Waschbrett oder der Rhythm-Sektion hatte Streckendesigner Freddy Verherstraeten den Anspruch für alle Piloten hoch gesteckt. Jedoch besteht die Kunst des Streckenbaus immer auch darin, allen Leistungsklassen gerecht zu werden. Im Falle Chemnitz war dies dem Belgier Verherstraeten wieder einmal gelungen. Anfangs kämpften die Akteure jedoch mit dem sehr weichen Boden. Gerade für die US-Boys eine besondere Herausforderung, denn die schnellen Amerikaner sind derartige Verhältnisse nicht gewohnt. Dieser Umstand sollte das gesamte Wochenende hinweg immer wieder zu spektakulären Szenen führen. Den Auftakt gab es wie immer bereits am Freitagvormittag mit den ersten Trainings und den darauf folgenden Qualifyings. Das erste Antasten bei den Big Boys ging an Jace Owen, der hier im Vorjahr gewinnen konnte und gleich mit der absolut schnellsten Zeit im Training loslegte. In Chemnitz ebenfalls am Start waren die SX-Haudegen Gavin Faith, seines Zeichens US-Arenacross-Champion, und sein wohl größter Widersacher Kyle Cunningham. Letzterer war bei seinem Team zunächst nur als Ersatzfahrer geplant, wurde aber wie aus dem Nichts „König von München“ und sollte nun auch in Chemnitz für Furore sorgen. In erster Linie mussten die Favoriten dazu aber den Einzug ins Finale schaffen und das ging nur über den bekannten Weg der Vorläufe und Halbfinals. Nach dem wie immer aktionsgeladenen Opening war es endlich soweit, die SX1-Piloten durften ran und konnten ihre Vorläufe bestreiten. Den ersten Sieg am frühen Abend konnte sich der Gesamtführende im SX-Cup Nicholas Schmidt sichern. Souverän bestritt der Suzuki- Pilot seinen Vorlauf und war damit sicher im Halbfinale. Überschattet wurde der erste Durchgang jedoch von einem bösen Crash des US-Boys Jace Owen. Auf Position 2 fahrend, verlor er in der fünften Runde ausgangs des Waschbretts die Kontrolle über sein Arbeitsgerät. Anschließend hatte er keine Chance, die folgende Rechtskurve normal zu durchfahren, sondern flog samt Motorrad über die Streckenbegrenzung hinaus. Owen selbst blieb bei diesem heftigen Crash unverletzt. Die Rennleitung unterbrach die Veranstaltung nach dieser Schrecksekunde jedoch für gut eine Stunde, um die betroffene Streckenpassage zu entschärfen. Nachdem dies geschehen war, durften die Akteure des zweiten und dritten Vorlaufs an den Start gehen. Mit Gavin Faith und Kyle Cunningham setzten sich hier die jeweiligen Top-Piloten durch. Somit hatten alle Titelanwärter bis auf Owen den direkten Weg ins Halbfinale geschafft. Owen konnte sich jedoch im Hoffnungslauf den 2. Platz hinter dem Briten Steven Clarke sichern. Beide schafften somit den Sprung ins Halbfinale. Dort angekommen, wurden die Zweikämpfe dann deutlich intensiver. Jeder der Teilnehmer wollte sich möglichst unter den Topfünf platzieren, um ein Direktticket fürs Finale zu lösen. In der ersten Gruppe trafen Faith und Schmidt aufeinander. Zum erhofften Spitzenduell kam es aber nicht wirklich, da Schmidt bereits nach wenigen Metern von der Konkurrenz abgeräumt wurde und dem Feld an letzter Position hinterherfuhr. Der 24-jährige Faith hatte so natürlich leichtes Spiel, gewann das Halbfinale und war sicher im Main Event des Abends. Die zweite Gruppe war stärker besetzt und sorgte mit dem Texaner Kyle Cunningham, Überraschungskandidat Charles Lefrançois, Jace Owen sowie Dominique Thury für ordentlich Stimmung in der Halle. Vor allem US-Boy Cunningham setzte sich kurz nach dem Start vom Rest der Welt ab und Neue Sieger: Kyle Cunningham (li.) wurde „König von Chemnitz“ und Luca Nijenhuis „Prinz von Chemnitz“ gewann äußerst überlegen. Thury hingegen musste deutlich mehr arbeiten, um seine 3. Position sicher ins Ziel zu bringen, was ihm aber mit viel Mühe gelang. Vorjahressieger Owen ließ es nach seinem Crash langsamen angehen, zu langsam, denn mit Rang 7 musste er erneut den Umweg über das Last Chance Race gehen, um noch ins Finale zu kommen. Doch der zähe Amerikaner gewann das Last Chance Race vor Cade Clason. Beide sicherten sich also die letzten verbliebenen Tickets für das Finale am Freitagabend. Bis auf Cup-Leader Nicholas Schmidt hatten es alle Top-Piloten ins letzte Rennen des Abends geschafft. Das Finale über 15 Runden auf der 400 Meter langen Strecke versprach damit enorm spannend zu werden. Den Holeshot sicherte sich überraschend der Franzose Lefrançois, gefolgt von den US-Boys Gavin Faith, Jessy Wentland, Kyle Cunningham und Jace Owen. Noch in der ersten Runde konnte Faith an Lefrançois vorbeigehen und hatte fortan freie Bahn. Faith wusste die Gunst der Stunde zu nutzen und setzte sich stetig von seinen Verfolgern ab. Zunächst gelang es Lefrançois noch, den Speed des Honda-Piloten mitzugehen, später aber ließ er nach. Dabei war es überaus verwunderlich, dass Lefrançois nach seinem harten Crash eine Woche zuvor in München überhaupt so schnell fahren konnte. „Ich habe noch immer große Schmerzen im Oberkörper“, gab er nach dem Rennen zu. Zur Rennhalbzeit entbrannte im Kampf um Platz 3 ein sehenswertes Duell zwischen Owen, Cunningham und Jessy Wentland, aus dem Cunningham schließlich als Sieger hervorging. Doch mit Position 3 wollte sich der Texaner nicht zufriedengeben und hing kurze Zeit später bereits am Hinterrad von Lefrançois. Letzterer zog es vor, keine große Gegenwehr zu leisten und ließ Cunningham mehr oder weniger freiwillig passieren. Indes war Faith bereits der schwarz-weiß-karierten Flagge ziemlich nahe, er behielt die Nerven und konnte am Ende den verdienten Tagessieg einfahren! Sein Landsmann Cunningham wurde Zweiter, Lefrançois rettete sich als Dritter über die Ziellinie. Faith zu seinem Sieg: „Die Strecke war ziemlich schwierig, enger als ich es von den USA kenne. Wichtig war der Start, der ist mir gut gelungen und ich konnte schnell in Führung gehen. Die gesamte Zeit höchst konzentriert zu sein, war aber nicht einfach – zu schnell wird dir der weiche Boden zum Verhängnis. Einmal wäre mir das nach dem Zieltriple fast passiert. Dennoch war es mein bestes Rennen, das ich bisher zeigen konnte. Besonders die Whoops kamen mir entgegen, hier konnte ich viel Zeit gutmachen.“ Genau dieser Zieltriple sollte Faith am Samstagabend zum Verhängnis werden. Doch der Reihe nach. Zunächst galt es, wieder das übliche Schema der Vorläufe zu überstehen, um sich im alles entscheidenden Finale den Titel „König von Chemnitz“ zu sichern. Ohne Zweifel war der 24-jährige Gavin Faith aus dem US-Bundesstaat Georgia der Mann mit den besten Chancen. Doch abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss. Die Geschichte ist schnell erzählt. Diesmal schafften es sämtliche Top-Piloten ins Finale. Lediglich Dominique Thury hatte ein Rennen mehr auf dem Buckel, denn er musste den Umweg über das Last Chance Race gehen. Am Startgatter stand zum erneuten Finale über 15 Runden nun also die Crème de la Crème aller SX1-Piloten. Tabellenleader Nicholas Schmidt wollte das verkorkste Ergebnis vom Freitag unbedingt wieder geraderücken. Kyle Cunningham und Gavin Faith hatten beide den Gesamtsieg in Chemnitz vor Augen. Dominique Thury und Jace Owen wollten allerdings auch noch ein Wörtchen mitreden und waren einem Tagessieg natürlich nicht abgeneigt. Auch Charles Lefrançois hatte es trotz seines angeschlagenen Zustands wieder bis ins Finale geschafft und war guter Dinge, nochmals unter die Topdrei zu fahren. Als das Gatter fiel, fuhren Faith und Owen nahezu gleichzeitig um die erste Kurve, dahinter folgte bereits Schmidt. Owen fiel jedoch zurück und Schmidt heftete sich an die Fersen von Faith. Weniger glücklich sah Kyle Cunningham am Start aus, er sortierte sich im Mittelfeld ein und war somit zu einer wilden Aufholjagd gezwungen. Der Grund: Faith und Schmidt legten an der Spitze ein irres Tempo vor und zogen das Fahrerfeld im Handumdrehen auseinander. Cunningham gelang das Kunststück, sich nahezu fehlerfrei und mit blitzsauberen Überholmanövern an die 3. Position zu begeben. Wenige Runden vor Schluss dann 52 MCE Januar '17
Mehr Pech geht nicht: Gavin Faith gewann am Freitag überragend, scheiterte aber am Samstag auf dramatische Weise Spitzenreiter: Nicholas Schmidt führt die Cupwertung weiterhin an Dominique Thury konnte bei seinem Heimrennen nicht überzeugen 53 MCE Januar '17
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