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Wensiner Rundengespräch<br />

Auf eine Runde<br />

halbe<br />

mit<br />

Marco Thiede<br />

Ballsportler aus Leidenschaft<br />

Es ist der Tag nach dem historischen Abend. Rund 18 Stunden zuvor<br />

hat die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft durch einen sensationellen<br />

7:1-Triumph über Gastgeber Brasilien das Endspiel der Weltmeisterschaft<br />

erreicht. Irgendwie herrscht an diesem Spätnachmittag<br />

auch auf dem Club-Parkplatz brasilianisches Flair. Die Sonne<br />

strahlt vom Himmel, es weht kaum ein Lüftchen. Es ist verdammt<br />

heiß. Wie im südamerikanischen Winter. „Wollen wir nicht an den<br />

Strand?“, fragt Marco Thiede bei seiner Ankunft. „Oder auf die<br />

Terrasse?“ Nein, das wollen wir nicht. Schließlich heißt die Rubrik im<br />

Wensiner <strong>AS</strong> „Auf eine Runde mit …“. Der Inhaber der Firma Immobilien<br />

Agentur Sarau wirkt unschlüssig. „Wirklich?“, fragt er sicherheitshalber<br />

noch einmal nach und bekommt ein zackiges „Nu mal<br />

los“ als Antwort.<br />

Er ist überredet und anscheinend überzeugt. Ja, plötzlich gar richtig<br />

motiviert. Spontan meldet er eine EDS-Runde im Sekretariat an. Er<br />

will sein Handicap von -10,4 verbessern. Gleichzeitg bürdet er dem<br />

Verfasser dieser Zeilen eine Zusatzaufgabe auf. Schreiben, fotografieren,<br />

jetzt auch noch zählen und selber spielen. Das sind vier<br />

Dinge auf einmal. Habe ich eigentlich genug Bälle mit?<br />

Bahn 1<br />

Loch 1<br />

Marco nimmt einen Driver und peitscht die Kugel<br />

über das Fairway. Von den anfänglichen 337<br />

Meter bleiben nur noch rund 100 Meter<br />

für den zweiten Schlag bis zum Grün. Der<br />

Ball landet rund anderthalb Meter links<br />

neben dem Kurzgemähten und ist nach<br />

einem Chip und zwei Putts versenkt. Ein<br />

ansprechender Start.<br />

Das erste Thema fällt natürlich auf<br />

dieses Fußballspiel vom Vorabend<br />

am Zuckerhut, was noch nicht ein-<br />

mal<br />

24 Stunden nach seinem Abpfiff zwar<br />

immer noch surreal, aber auch<br />

bereits<br />

legendär erscheint. „Der Wahnsinn,<br />

oder?“, kommen-<br />

tiert Thiede,<br />

der selbst ein leiden-<br />

schaftlicher<br />

Fußballer war. Mit 13 Jahren beginnt<br />

der gebürtige Hambur-<br />

ger mit dem Fußball<br />

in der Nachwuchs- abteilung des TSV<br />

Bargteheide.<br />

„Davor war ich ein<br />

durchaus passabler Leichtathlet,<br />

der es bei Lan-<br />

desmeisterschaften in die Spitzengruppe<br />

geschafft hat“, erinnert sich Thiede. Mit 17 Jahren verletzt<br />

sich der heute 43-Jährige schwer am Knie. „Ich habe sieben<br />

Wochen im Krankenhaus gelegen. Vier davon durfte ich das Bett<br />

nicht verlassen. Die Ärzte haben mir damals dringend davon abgeraten,<br />

wieder mit dem Fußball zu beginnen.“<br />

Loch 2<br />

Obwohl die zweite Bahn 22 Meter länger ist als die erste, schlägt<br />

Thiede mit einem Holz 3 ab. Aber diesmal geht es ja etwas bergab.<br />

„Um mit einer Wedge den zweiten aufs Grün zu bringen“, verrät<br />

er. Der Plan misslingt. Der Abschlag gerät zu hoch („Schreibt das<br />

bloß nicht. Meine Kumpels lachen mich aus“), Thiede muss ein Eisen<br />

7 nehmen und befördert den Ball an die Fahne. Ein Putt. Der Ball<br />

plumpst ins Loch. Zum Birdie (wie beim WA-Redakteur ;-) ). Die ersten<br />

beiden Runden Getränke sind sicher.<br />

Vier Jahre lang befolgt Thiede die Ratschläge der Ärzte. „Aber irgendwann<br />

hat es wieder in den Füßen gekribbelt.“ Die Lust erscheint größer<br />

als das Risiko. Mit 21 Jahren setzt er seine Fußballer-Laufbahn<br />

fort. Diese Entscheidung wird Folgen nach sich ziehen. Positive zum<br />

Glück. Was keiner zu diesem Zeitpunkt ahnen kann: Der<br />

Wiedereinstieg ist mehr als ein Jahrzehnt später dafür<br />

verantwortlich, dass Thiede vom Golfvirus befallen wird.<br />

Eine Heilung scheint noch nicht in Sicht.<br />

Abschlag zur halben Runde<br />

Loch 3<br />

Die Fahne bei<br />

diesem Par 3<br />

Loch ist an diesem<br />

Tag 188 Meter<br />

entfernt. Allerdings<br />

weht ein starker<br />

Gegenwind. Thiede<br />

zückt ein Holz 5. Die<br />

Kugel landet ungefähr<br />

auf Fahnenhöhe<br />

links neben dem<br />

Grün. Ein Chip, zwei<br />

Putts auf dem Richtung<br />

Fairway abfallenden<br />

Grün und die<br />

4 ist notiert.<br />

Mit den Fußballern<br />

des VfL Tremsbüttel<br />

bestreitet 2004 der<br />

Vater einer vierjährigen<br />

Tochter ein Trainingslager<br />

in Dänemark.<br />

Es ist ein trainingsfreier Nachmittag, an dem Marco seine<br />

ersten Golfschläge übt und seine Leidenschaft ihren Anfang nimmt.<br />

Mit einer Fernmitgliedschaft startet er in den grünen Sport. 2005<br />

folgt der Eintritt in den Golfclub Segeberg. „Ich bin in sieben Minuten<br />

auf dem Platz in Wensin und habe fast meine gesamte Freizeit in<br />

den ersten Jahren auf dem Golfplatz verbracht“, erinnert sich Thiede.<br />

Dank zahlreicher Trainerstunden bei Head-Pro Hermann Breidbach<br />

und unzähliger Bälle auf der Driving Range stellt sich schnell auch<br />

der Erfolg ein. Sein bestes Handicap von -9,3 kann sich sehen lassen.<br />

„Das intensive Training bei Hermann war sehr nützlich.“<br />

Loch 4<br />

Es herrscht starker Rückenwind. Thiede versucht die rund 220 Meter<br />

bis auf das untere Fairway mit einem Holz 3 zu überbrücken. Der<br />

Abschlag misslingt. Für seinen provisorischen Schlag wählt er den<br />

Driver und „Tiger-Line“. Rund 25<br />

Meter vor dem Grün, aber hinter<br />

Bahn 2<br />

einem Baum, kommt die<br />

Kugel zum Liegen. Ein ech-<br />

ter Hammer, den selbst<br />

Tiger Woods (USA) nicht<br />

hätte besser spielen können.<br />

Die Suche nach dem<br />

ersten Ball bleibt erfolglos.<br />

Das Loch endet<br />

mit einem Chip und zwei<br />

Putts. Eine 6 steht<br />

auf der Scorekarte.<br />

Die Entscheidung,<br />

den Fuß- gegen den Golfball<br />

zu tauschen, hat<br />

Thiede bisher nicht bereut. Zumal<br />

er keine Lust<br />

mehr auf die im Fußballtraining<br />

üblichen „Steigerungsläufe und Coopertest“<br />

(12-Minuten-Lauf) hatte.<br />

„Ich bin draußen in der Natur und an der<br />

frischen Luft. Beim Golfen kriege ich nach<br />

einem stressigen Arbeitstag den Kopf frei“,<br />

erklärt er. „Selbst ohne Verabredung zum Spielen<br />

trifft man sich auf dem Parkplatz, sammelt<br />

sich und geht gemeinsam los.“<br />

Loch 5<br />

Die Bedingungen sind ideal und der Abschlag mit<br />

dem Driver nahezu perfekt. Ganze 180 Meter bleiben<br />

auf dem 449 Meter langen Par 5 für den zweiten<br />

Schlag. Thiede wählt ein Eisen 3 – und trifft ein<br />

weiteres Mal optimal. Zu gut, wie sich herausstellt. Rund<br />

fünf Meter hinter dem Grün findet die Kugel ihre Endposition. Ein<br />

Chip und zwei Putts und notiert ist das Par.<br />

Der Fußballer Thiede unterscheidet sich vom Golfer Thiede erheblich.<br />

„Beim Kicken war ich eher der Verteidiger“, lässt er durchblicken.<br />

„Doch defensiv Golf spielen geht bei mir nicht.“<br />

Offensiv, zielstrebig und ehrgeizig ist seine Ausrichtung. Auch im<br />

wahren Leben. Thiede absolviert eine Ausbildung zum C-Trainer und<br />

fungiert als Spielführer des Golfclubs. Auch beruflich zeichnet ihn<br />

Ehrgeiz aus. Er durchlief eine kaufmännische Lehre und eine Ausbildung<br />

zum Gas- und Wasserinstallateur und arbeitet anschließend<br />

jahrelang im Außendienst. Bis ins Jahr 2010. Das Jahr der großen<br />

Veränderungen. Tochter Mathilda kommt zur Welt und Thiede übernimmt<br />

die Immobilien Agentur Sarau. „Ich wollte immer etwas mit<br />

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