-1- Übungsklausur Sozialrecht Hilfsmittel: SGB II und VO zum SGB II ...
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<strong>Übungsklausur</strong> <strong>Sozialrecht</strong><br />
<strong>Hilfsmittel</strong>:<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> <strong>VO</strong> <strong>zum</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>; Taschenrechner<br />
1. Sachverhalt:<br />
Am 01.08.2009 spricht Sonja Fischer bei der Arbeitsgemeinschaft Bielefeld vor <strong>und</strong> bittet<br />
dringend um finanzielle Unterstützung.<br />
Im Haushalt der Familie Fischer leben:<br />
• Sonja Fischer, 40 Jahre, im 5. Schwangerschaftsmonat,<br />
• ihr Ehemann Klaus Fischer, 46 Jahre, seit 3 Jahren arbeitslos,<br />
• der Sohn Timo, 19. Jahre, Schüler in der Klasse 12 des Gymnasiums,<br />
• die Tochter Tina, 16 Jahre, seit Geburt schwerstbehindert <strong>und</strong> pflegebedürftig <strong>und</strong> nach<br />
Auskunft des Rententrägers dauerhaft voll erwerbsgemindert.<br />
Die Eltern des Herrn Fischer haben die Familie bisher finanziell unterstützt. Seit der Vater<br />
von Herrn Fischer aufgr<strong>und</strong> seiner Pflegebedürftigkeit in einem Heim lebt, ist dieses jedoch<br />
nicht mehr möglich.<br />
Aus den eingereichten Unterlagen ergeben sich folgende Belastungen:<br />
• Kaltmiete einschließlich Nebenkosten 600 € monatlich<br />
• Heizkosten 75 € monatlich<br />
• Konkret erfasste Kosten für Warmwasserzubereitung 16 € monatlich<br />
• Beitrag Sportverein Timo 96 € jährlich<br />
• Beitrag für Hausratversicherung 120 € jährlich<br />
• Kfz-Haftpflichtversicherung 25 € monatlich<br />
Auf die Frage nach eventuellen Einkünften gibt Frau Fischer an, dass ihr Ehemann am<br />
01.07.2009 bei einem Kiosk eine Nebentätigkeit (nicht sozialversicherungspflichtig) angenommen<br />
hat. Für 15 Wochenst<strong>und</strong>en erhält er dort monatlich 400 € (brutto = netto) ausgezahlt.<br />
Ferner erhält die Familie für Timo <strong>und</strong> Tina Kindergeld in Höhe von 328 € monatlich.<br />
Timo gibt Nachhilfeunterricht, um sein Taschengeld aufzubessern <strong>und</strong> verdient mit dieser<br />
Tätigkeit 50 € monatlich.<br />
Die Sachbearbeiterin der Arbeitsgemeinschaft Bielefeld fragt auch nach eventuellen Vermögenswerten.<br />
Frau Fischer hat ein Sparbuch von 5.000 €, das sie jedoch als Reserve für den<br />
Notfall nicht antasten möchte. Herr Fischer ist Halter eines PKW, Baujahr 1999, der einen<br />
Wert von 4.500 € hat.<br />
-1-
Aufgabe:<br />
Prüfen Sie den Anspruch auf wirtschaftliche Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für die Familie<br />
Fischer. Begründen Sie Ihre Entscheidungen ausführlich <strong>und</strong> nennen Sie die entsprechenden<br />
Rechtsvorschriften.<br />
Fragen der Zuständigkeit sind nicht zu prüfen.<br />
2. Fallabwandlung<br />
Sonja Fischer ist nach einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt. Sie ist nach einem Gutachten<br />
des Rentenversicherungsträgers (§ 45 I <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i.V.m. § 109a <strong>II</strong> <strong>SGB</strong> VI, § 43 <strong>II</strong><br />
<strong>SGB</strong> VI) dauerhaft voll erwerbsgemindert.<br />
Ergibt sich eine Änderung in den Leistungsansprüchen für Frau Fischer?<br />
Begründen Sie Ihre Entscheidung <strong>und</strong> nennen Sie die entsprechenden Rechtsvorschriften.<br />
Hinweis: Eine konkrete Berechnung der Ansprüche ist nicht vorzunehmen.<br />
3. Fallabwandlung<br />
Der Monat November 2009 bringt Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie<br />
Fischer. Der Sohn Timo erhält von seinem Patenonkel ein Aktiendepot von 10.000 €<br />
geschenkt. Das Vermögen steht ihm am 01.11.2009 zur Verfügung.<br />
Wie wirkt sich diese Änderung auf die Ansprüche für die Familie Fischer aus?<br />
Begründen Sie Ihre Entscheidung <strong>und</strong> nennen Sie die entsprechenden Rechtsvorschriften.<br />
Hinweis: Konkrete Berechnungen der Ansprüche sind nicht vorzunehmen.<br />
-2-
Lösungsgesichtspunkte<br />
1. Hilfeart/Anspruchsnorm<br />
Die Familie Fischer könnte einen Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
haben. Dann müssen die Voraussetzungen des § 7 Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorliegen.<br />
Einen Anspruch auf Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> haben gemäß § 7 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Personen,<br />
die das 15. Lebensjahr vollendet <strong>und</strong> das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig<br />
sind, hilfebedürftig sind <strong>und</strong> ihren gewöhnlichen Aufenthalt (g.A.) in der BRD haben.<br />
1.1 Alter nach § 7 Abs.1 Nr.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
Alle Personen in der Familie erfüllen die altersmäßigen Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Nr.<br />
1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />
1.2 Erwerbsfähigkeit § 7 Abs.1 Nr.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> iVm § 8 Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
Erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 <strong>II</strong> iVm § 8 Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist, wer nicht<br />
wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen<br />
Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei St<strong>und</strong>en täglich erwerbstätig zu sein.<br />
Diese Voraussetzungen werden von den Eheleuten Fischer <strong>und</strong> dem Sohn Timo erfüllt. Hinweise<br />
auf ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen liegen nicht vor. Die Schwangerschaft der Frau<br />
Fischer steht der Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Darüber hinaus korrespondiert die Frage<br />
der Erwerbsfähigkeit nicht mit der Frage, inwieweit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen<br />
gemäß § 10 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> eine Arbeit <strong>zum</strong>utbar ist.<br />
Die Tochter Tina ist laut Auskunft des Rententrägers dauerhaft voll erwerbsgemindert. Sie<br />
erfüllt die Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit nicht. Der anspruchsberechtigte Personenkreis<br />
kann aber gemäß § 7 Abs.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erweitert werden. Danach erhalten auch Personen, die mit<br />
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Leistungen nach dem<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />
Zu prüfen ist also, ob Tina mit den übrigen Familienmitgliedern eine solche Bedarfsgemeinschaft<br />
bildet.<br />
Eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erfordert mindestens einen erwerbsfähigen<br />
Hilfebedürftigen nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Welche weiteren Personen zur<br />
Bedarfsgemeinschaft gehören, ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Nr. 2- 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />
Im vorliegenden Fall gehört Herr Fischer nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur Bedarfsgemeinschaft,<br />
Frau Fischer gehört als seine Ehefrau nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur Bedarfsgemeinschaft.<br />
Die Kinder Timo <strong>und</strong> Tina haben beide das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet<br />
<strong>und</strong> können offensichtlich ihren Lebensunterhalt nicht selbst sicherstellen. Sie gehören eben-<br />
-3-
falls zur Bedarfsgemeinschaft, <strong>und</strong> zwar nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Die Frage der Erwerbsfähigkeit<br />
spielt für die Zuordnung zur Bedarfsgemeinschaft keine Rolle.<br />
Somit bildet Herr Fischer mit den übrigen drei Familienmitgliedern, einschließlich Tina, eine<br />
Bedarfsgemeinschaft. Auch Tina gehört damit gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>zum</strong> anspruchsberechtigten Personenkreis.<br />
Für Tina als nicht erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft kommt Sozialgeld gemäß<br />
§ 28 Abs. 1 S.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Betracht. Fraglich ist, ob ein – vorrangiger - Anspruch auf<br />
Leistungen nach dem Vierten Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Gr<strong>und</strong>sicherung im Alter <strong>und</strong> bei Erwerbsminderung)<br />
besteht. Eine Voraussetzung für diese Leistung gemäß § 19 Abs. 2<br />
<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist die Vollendung des 18. Lebensjahres. Tina ist aber erst 16 Jahre alt. Da auch<br />
andere vorrangige Leistungen nicht erkennbar sind, besteht ein Anspruch auf Sozialgeld.<br />
Die Eheleute Fischer <strong>und</strong> Timo sind erwerbsfähig, daher würden sie – vorbehaltlich der Frage<br />
der Hilfebedürftigkeit - Arbeitslosengeld <strong>II</strong> erhalten (§ 19 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
1.3 Hilfebedürftigkeit § 7 Abs.1 Nr.3 iVm § 9<br />
Die Prüfung der Hilfebedürftigkeit für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgt zu einem<br />
späteren Zeitpunkt.<br />
1.4 Gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland § 7 Abs.1 Nr.4 iVm § 30 Abs.3 S.2 <strong>SGB</strong> I<br />
Da die Familie bei der Arbeitsgemeinschaft Bielefeld vorspricht <strong>und</strong> der Sachverhalt keine<br />
weiteren Hinweise enthält, ist davon auszugehen, dass die Familie in Bielefeld lebt <strong>und</strong> damit<br />
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hat.<br />
2. Anspruchsvoraussetzungen des Alg <strong>II</strong> <strong>und</strong> Sozialgeldes<br />
2.1 Nachranggr<strong>und</strong>satz<br />
Gemäß § 1 Abs.1 S.2, § 3 Abs.3 <strong>und</strong> § 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt bei Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch<br />
das Subsidiaritätsprinzip. D.h. andere bestehende Leistungen z.B. vorrangiger<br />
Sozialversicherungsträger oder Unterhaltszahlungen sind ebenso vorrangig einzusetzen wie<br />
eigenes Einkommen oder Vermögen. Dabei wird der notwendige Lebensunterhalt den verfügbaren<br />
Mitteln – u.a. aus Einkommen <strong>und</strong> Vermögen – gegenübergestellt. Nur wenn die verfügbaren<br />
Mittel nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft zu decken,<br />
kommen Leistungen zur Gr<strong>und</strong>sicherung für Arbeitssuchende in Frage.<br />
Unter diesen Voraussetzungen ist die Hilfebedürftigkeit genauer zu untersuchen.<br />
2.2 Hilfebedürftigkeit <strong>und</strong> Einsatzgemeinschaft § 7 Abs.1 Nr.3 iVm § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
Anhaltspunkte für andere vorrangige Leistungen sind im Sachverhalt nicht erkennbar.<br />
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Zu prüfen ist nun, ob die Mitglieder der Familie Fischer hilfebedürftig sind. Gemäß § 9 Abs. 1<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt <strong>und</strong> den Lebensunterhalt der mit ihm in<br />
einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften<br />
<strong>und</strong> Mitteln sicherstellen kann <strong>und</strong> die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.<br />
Die Eheleute Fischer müssen bereit sein, eine <strong>zum</strong>utbare Arbeit aufzunehmen. Von dem Sohn<br />
Timo wird der Einsatz der Arbeitskraft während der Dauer seines Schulausbildung nicht gefordert.<br />
Ferner ist zu prüfen, ob der Lebensunterhalt aus dem Einkommen <strong>und</strong> Vermögen sichergestellt<br />
werden kann. Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst der notwendige Lebensunterhalt<br />
(Bedarf) für jede Person der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln <strong>und</strong> dann das Einkommen<br />
<strong>und</strong> Vermögen dem gegenüber zu stellen.<br />
Gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> müssen die Eheleute Fischer ihr Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />
füreinander einsetzen. Ferner müssen sie ihr Einkommen <strong>und</strong> Vermögen auch für ihre Kinder<br />
einsetzen, da sie mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft leben <strong>und</strong> die Kinder ihren Lebensunterhalt<br />
nicht aus ihrem Einkommen <strong>und</strong> Vermögen sicherstellen können (§ 9 Abs. 2 S. 2<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
2.3 Notwendiger Lebensunterhalt<br />
Das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>und</strong> das Sozialgeld setzt sich insbesondere aus der Regelleistung zur<br />
Sicherung des Lebensunterhalts, evtl. Mehrbedarfen sowie Leistungen für Unterkunft <strong>und</strong><br />
Heizung zusammen (§ 19 Abs. 1 S. 1 <strong>und</strong> § 28 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> iVm § 19 Abs.1 S.1<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
§ 20 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> benennt, welche laufenden Bedarfe von der Regelleistung umfasst sind.<br />
Dazu gehören auch die Kosten für Haushaltsenergie, so dass die im Sachverhalt genannten<br />
Kosten für die Warmwasserzubereitung bereits in der Regelleistung enthalten sind. Diese<br />
sind, soweit durch Messgeräte konkret erfasst, auch in tatsächlicher Höhe anzuerkennen.<br />
Die Regelleistung umfasst auch Beziehungen zur Umwelt <strong>und</strong> eine Teilnahme am kulturellen<br />
Leben. Daher ist auch der Beitrag für den Sportverein von Timo aus dem Regelsatz zu<br />
bestreiten <strong>und</strong> kann nicht zusätzlich berücksichtigt werden.<br />
Für die Personen der Bedarfsgemeinschaft ergeben sich folgende Regelleistungen:<br />
Herr Fischer nach § 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 323 €<br />
Frau Fischer nach § 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 323 €<br />
Timo nach § 20 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 287 €<br />
Tina nach § 28 Abs. 1 S.1, § 28 I 2 i.V.m. § 19 S.1 iVm § 20 <strong>II</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 287 €<br />
Frau Fischer ist im 5. Monat schwanger. Daher ist für sie gemäß § 21 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ein<br />
Mehrbedarf in Höhe von 17 % des maßgebenden Regelsatzes zu gewähren (17 % von 323 €,<br />
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= 54,91 €). Gemäß § 41 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist der Betrag aufzur<strong>und</strong>en, der Mehrbedarf beträgt<br />
55 €.<br />
Anhaltspunkte für weitere Mehrbedarfe liegen nicht vor.<br />
Zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehören auch Leistungen für Unterkunft<br />
<strong>und</strong> Heizung. Diese werden gemäß § 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen<br />
erbracht, soweit diese angemessen sind.<br />
Die Angemessenheit beurteilt sich nach den jeweils örtlichen Verhältnissen im Zuständigkeitsbereich<br />
des jeweiligen Leistungsträgers. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann davon ausgegangen werden,<br />
dass hinsichtlich der angemessenen Größe einer Mietwohnung 50m² plus 15m² für jede weitere<br />
Person in der Bedarfsgemeinschaft anzuerkennen sind. Die angemessene Miete wird dann<br />
als Produkt aus angemessner Größe <strong>und</strong> angemessener Miete pro Quadratmeter berechnet<br />
(sogn. Produkttheorie). Legt man 1,50 € als angemessene Nebenkosten zugr<strong>und</strong>e, dürfte eine<br />
Kaltmiete einschl. Nebenkosten in Höhe von 600 € ist für eine vierköpfige Familie (zukünftig<br />
5 Personen) in Bielefeld angemessen sein (95m² x 6,50 € = 617,5 €).<br />
Auch die Heizkosten in Höhe von 75 € sind angemessen. Auch hier beurteilt sich die Angemessenheit<br />
aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche <strong>und</strong> angemessenen Heizkosten<br />
pro Quadratmeter, die in einer Größenordnung von etwa 1,35 Euro liegen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist bezüglich der Unterkunftskosten eine tiefer gehende Analyse<br />
durch eine Einzel- <strong>und</strong> Gesamtfallbetrachtung nicht notwendig.<br />
Die Kosten für Warmwasser sind bereits im Regelsatz enthalten (siehe oben) <strong>und</strong> können<br />
nicht zusätzlich übernommen werden.<br />
Da nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> jede anspruchsberechtigte Person einen individuellen Leistungsanspruch<br />
gemäß § 9 <strong>II</strong> 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> hat 1 , sind die Unterkunfts- <strong>und</strong> Heizkosten personenbezogen aufzuteilen.<br />
Anhaltspunkte für weitere Bedarfe – <strong>zum</strong> Beispiel nach § 23 Abs.3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - sind nicht erkennbar.<br />
Danach ergibt sich hinsichtlich des Bedarfs für den notwendigen Lebensunterhalt<br />
folgendes Bild.<br />
1 BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, RdNr.12 = SGb 2007, 308; SG Schleswig vom 13.06.2006, S 9AS<br />
834/05<br />
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359 Herr Fischer Frau Fischer Timo Tina<br />
Regelbedarf, § 20 <strong>II</strong>I, § 20 <strong>II</strong> 2 323,00 € 323,00 € 287,00 €<br />
Sozialgeld§28I1,§28I2iVm§<br />
19 S.1 iVm § 20 <strong>II</strong> 2<br />
Mehrbedarf, § 21 <strong>II</strong> 55,00 €<br />
287,00 €<br />
Kosten der Unterkunft, § 22 I 1 150,00 € 150,00 € 150,00 € 150,00 €<br />
Heizkosten, § 22 I 1 18,75 € 18,75 € 18,75 € 18,75 €<br />
Gesamtbedarf 491,75 € 546,75 € 455,75 € 455,75 €<br />
2.4 Einsatz des Einkommens<br />
Es ist nun zu prüfen, ob der jeweilige Bedarf aus dem Einkommen gedeckt werden kann. Dabei<br />
ist folgende Vorgehensweise ratsam:<br />
1. Handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 11 I <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, § 2 I ALG <strong>II</strong>-V?<br />
2. Ist das Einkommen zu berücksichtigen gemäß § 11 <strong>II</strong>I <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, § 1 ALG <strong>II</strong>-V?<br />
3. Welche Beträge sind vom Einkommen gemäß § 11 <strong>II</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, § 6 ALG <strong>II</strong>-V abzusetzen?<br />
Nach § 11 Abs. 1 S.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen,<br />
die im Bedarfszeitraum zufließen (Zuflusstheorie) – mit Ausnahme einiger in § 11 Abs. 1<br />
<strong>und</strong> § 11 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> genannter Leistungen. Ferner gibt es weitere Leistungen, die nach<br />
anderen Rechtsvorschriften nicht oder bis zu einem bestimmten Betrag nicht zu berücksichtigen<br />
sind, so z.B. das Elterngeld (§ 10 B<strong>und</strong>esselterngeldgesetz).<br />
Als Einkommen sind das Gehalt von Herrn Fischer in Höhe von 400 € (brutto = netto) <strong>und</strong><br />
das Kindergeld für die Kinder in Höhe von je 164 € zu berücksichtigen. Beide Einkunftsarten<br />
gehören nicht zu den genannten Ausnahmen. Das Kindergeld ist nach dem Einkommenssteuergesetz<br />
Einkommen der Eltern, jedoch gem. § 11 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bei Timo <strong>und</strong> Tina anzurechnen,<br />
wenn sie es für ihre Bedarfsdeckung benötigen. Beide verfügen nicht über eigene<br />
Mittel, so dass das Kindergeld ihnen zuzurechnen ist.<br />
Das Einkommen ist gemäß § 11 <strong>II</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wie folgt zu bereinigen:<br />
Nach § 11 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind vom Erwerbseinkommen des Herrn Fischer 100 € abzusetzen.<br />
In diesem Betrag sind auch die Beträge für die Hausrat- <strong>und</strong> Kfz-Haftpflichtversicherung<br />
enthalten. Eine höhere Absetzbarkeit von Aufwendungen nach § 11 <strong>II</strong> Nr.3-5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> muss<br />
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nicht geprüft werden, da Herr Fischer nicht mehr als 400 € verdient (§ 11 <strong>II</strong> 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> im Umkehrschluss).<br />
Ferner ist gemäß § 11 Abs. 2 Nr.6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Verbindung mit § 30 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ein Freibetrag für<br />
Erwerbstätige abzusetzen. Dieser errechnet sich wie folgt:<br />
400 € Bruttoeinkommen (in diesem Fall brutto = netto) abzgl. 100 € = 300 €, davon 20 % =<br />
60 €.<br />
Insgesamt sind also 160 € vom Erwerbseinkommen abzusetzen. Das bereinigte Erwerbseinkommen<br />
beträgt damit 240 €.<br />
Das Einkommen von Timo in Höhe von 50 € stellt zwar Einkommen im Sinne des § 11 I<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> dar. Es minimiert sich nach der Einkommensbereinigung auf null, da gemäß § 11 Abs.<br />
2 S.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ein Betrag von insgesamt<br />
100 € monatlich abzusetzen ist.<br />
Problematisch ist, ob bei Timo weiterhin das Kindergeld gemäß § 6 I Nr.1 ALG <strong>II</strong>-V zu bereinigen<br />
ist. Nach der genannten Vorschrift ist vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger<br />
ein Betrag in Höhe von 30 € monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11<br />
<strong>II</strong> 1 Nr.3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> abzusetzen. Es handelt sich hierbei um eine Versicherungspauschale, die<br />
unabhängig von der Einkommensart <strong>und</strong> somit auch vom Kindergeld abzusetzen ist, <strong>und</strong> zwar<br />
auch dann, wenn eine solche Versicherung nicht existiert. Denn die Versicherung soll dem<br />
Hilfeempfänger die Gelegenheit geben, sich entsprechend zu versichern. Da Timo mit 19 Jahren<br />
volljährig ist, wäre die Vorschrift auf ihn anzuwenden.<br />
Umstritten ist diese Lösung allerdings deshalb, weil der Gr<strong>und</strong>freibetrag, der gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
auch die Versicherungspauschale nach § 11 <strong>II</strong> Nr.3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ersetzt, nicht in voller Höhe angewandt<br />
wird. Deshalb wird hier die Auffassung vertreten, dass zusätzlich der Versicherungsfreibetrag<br />
angerechnet werden kann <strong>und</strong> somit vom Kindergeldbetrag 30 € abzuziehen sind.<br />
Eine volle Anrechnung des Gr<strong>und</strong>freibetrages in Höhe von 100 € gemäß § 11 <strong>II</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
auch auf den Kindergeldbetrag kommt nicht in Frage, da nach Sinn <strong>und</strong> Zweck der Norm der<br />
Gr<strong>und</strong>freibetrag nur auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit („mühevolles Einkommen“) anzurechnen<br />
ist. „Mühelos“ erzieltes Einkommen wie Arbeitslosengeld I oder Kindergeld ist bei<br />
der Einkommensbereinigung aus § 11 <strong>II</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht zu berücksichtigen.<br />
-8-
2.5 Einsatz des Vermögens<br />
Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist auch das Vermögen<br />
zu berücksichtigen. Gemäß § 12 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände<br />
zu berücksichtigen. Im Gegensatz <strong>zum</strong> Einkommen handelt es sich dann um<br />
Vermögen <strong>und</strong> nicht um Einkommen, wenn Geldmittel oder Geldwerte nicht aktuell zufließen,<br />
sondern im Bedarfszeitraum bereits vorhanden sind (vgl. § 2 I ALG <strong>II</strong>-V).<br />
Verwertbar ist das Vermögen dann, wenn es sich durch Verbrauch, Verkauf, Vermietung,<br />
Beleihung etc. wirtschaftlich nutzbar machen lässt <strong>und</strong> somit der Bedarfsanspruch sinkt. Laut<br />
Sachverhalt hat Frau Fischer ein Sparbuch in Höhe von 4.000 €; Herr Fischer hat einen PKW<br />
im Wert von 4.500 €. In beiden Fällen wäre eine Auflösung des Sparbuches bzw. ein Verkauf<br />
des Autos denkbar, so dass es sich um verwertbares Vermögen im Sinne des § 11 Abs.1<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> handelt.<br />
Als nächstes ist jedoch die Frage zu klären, ob das genannte verwertbare Vermögen auch zu<br />
berücksichtigen ist. Dies beurteilt sich nach Absatz 3 des § 12.<br />
Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in der Bedarfsgemeinschaft<br />
ein angemessenes Kraftfahrzeug geschützt. Nach den gängigen Verwaltungsvorschriften<br />
ist ein PKW bis zu einem Wert von 7.500 € als angemessen anzusehen. Der<br />
PKW von Herrn Fischer ist daher nicht einzusetzen.<br />
Einen solchen Schutz nach § 12 Abs.3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> genießt das Sparbuch von Frau Fischer gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
nicht. Allerdings kann eine „Vermögensbereinigung“ nach § 12 Abs.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geltend<br />
gemacht werden.<br />
Gemäß § 12 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind bestimmte Freibeträge vom Vermögen abzusetzen. Da die<br />
Kinder kein eigenes Vermögen haben, erübrigt sich die Ermittlung der Gr<strong>und</strong>freibeträge für<br />
sie.<br />
Für die Eheleute Fischer beträgt der Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 12.900 € (86<br />
Jahre x 150 €). Nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind ferner 3.000 € abzusetzen (750 € für jeden<br />
in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen). Insgesamt ergibt sich damit ein<br />
Gesamtfreibetrag in Höhe von 15.900 €. Frau Fischer muss ihr Sparbuch also nicht einsetzen.<br />
Das vorhandene Vermögen steht damit der Leistungsgewährung nicht entgegen.<br />
-9-
2.6 Berechnung der Ansprüche 2 Herr<br />
Fischer<br />
Frau<br />
Fischer<br />
Timo<br />
Tina<br />
Gesamtbedarf § 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 491,75 € 546,75 € 455,75 € 455,75 €<br />
Kindergeld (§ 11 I 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) 134,00 € 164,00 €<br />
Bedarf 491,75 € 546,75 € 321,75 € 291,75 €<br />
individuelle Bedarfsanteile 30% 33% 19% 18%<br />
Einkommensverteilung, 240 €* 71,44 € 79,43 € 46,74 € 42,38 €<br />
Anspruch 420,31 € 467,32 € 275,01 € 249,37 €<br />
* auf die konkrete Darstellung der Einkommensermittlung wird verzichtet, da sie nicht kompliziert erscheint.<br />
3. Zuschlag <strong>zum</strong> Alg <strong>II</strong> nach § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
Die Voraussetzungen für einen befristeten Zuschlag nach § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> liegen nicht vor. Herr<br />
Fischer ist bereits seit 3 Jahren arbeitslos, zu Frau Fischer gibt es im Sachverhalt keine Angaben,<br />
die darauf schließen lassen, dass die Voraussetzungen vorliegen.<br />
4. Einsetzen der Hilfe<br />
Gemäß § 37 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> werden die Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung für Arbeitsuchende<br />
auf Antrag erbracht. Frau Fischer spricht am 01.08.2009 bei der Arbeitsgemeinschaft Bielefeld<br />
vor <strong>und</strong> reicht die für die Berechnung erforderlichen Unterlagen ein.<br />
Treten die Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag ein, an dem der zuständige Träger von<br />
Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht geöffnet hat, wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf<br />
diesen Tag zurück (§ 37 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Die Anspruchsvoraussetzungen bestehen hier ab<br />
01.08.2009. Der 01.08.2009 war ein Freitag, so dass ab diesem Tag die Anspruchsvoraussetzungen<br />
erfüllt waren.<br />
2 Die Berechnung erfolgt wegen § 9 <strong>II</strong> 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> mit Hilfe der Bedarfsanteilsmethode (horizontale Einkommensverteilung).<br />
-10-
5. Form der Hilfe (§ 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />
Die Leistungen werden als Geldleistung (Zuschuss) erbracht.<br />
2. Fallabwandlung<br />
Nach dem Unfall ist Frau Fischer nicht mehr erwerbsfähig im Sinne des § 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> gehört<br />
daher nicht mehr <strong>zum</strong> originär anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 7 Abs.1<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Insofern hat Sie keinen „direkten“ Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong>.<br />
Sie könnte jedoch als nicht erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft ebenfalls<br />
Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gemäß § 7 Abs.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> i.V.m. § 7 <strong>II</strong>I <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 28 I <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erhalten.<br />
Danach bekommen nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen<br />
in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld.<br />
Erste Voraussetzung ist, dass Frau F Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist. Frau F bildet<br />
zusammen mit ihrem Ehemann <strong>und</strong> ihren Kindern gemäß § 7 <strong>II</strong>I Nr.1, Nr.2 <strong>und</strong> Nr.4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
eine Bedarfsgemeinschaft (siehe auch obige Falllösung).<br />
Gemäß § 28 Abs.1 S.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht ein Anspruch auf Sozialgeld jedoch nur, soweit kein<br />
Anspruch nach dem 4. Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> besteht. Damit sind Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen<br />
für dauerhaft voll Erwerbsgeminderte vorrangig vor <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Leistungen zu erbringen (§ 5<br />
Abs.2 S.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
Anspruch nach dem 4. Kapitel <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> haben gemäß § 19 Abs.2 iVm § 41 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Personen,<br />
die das 18. Lebensjahr vollendet haben <strong>und</strong> dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Diese<br />
Voraussetzungen treffen auf Frau F zu, so dass sie grds. <strong>zum</strong> anspruchsberechtigten Personenkreis<br />
zählt.<br />
Gemäß § 19 Abs.2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> besteht ein Anspruch aber nur, soweit die Person nicht in der Lage<br />
ist, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften <strong>und</strong> Mitteln, insbesondere aus<br />
dem Einkommen <strong>und</strong> Vermögen, zu decken. Gemäß § 90 Abs.2 Nr.9 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> iVm § 1 Abs.1<br />
Nr.2 D<strong>VO</strong> zu § 90 <strong>II</strong> Nr.9 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist für Frau F ein Betrag in Höhe von (2600 € + 614 €<br />
+256 € + 256 €) 3.726 € geschützt. 3 Da Sie aber im Besitz eines Vermögens im Wert von<br />
5.000 € ist, verfügt sie über ungeschütztes Vermögen. Dieser Betrag ist vorrangig einzusetzen,<br />
um den notwendigen Lebensunterhalt zu decken.<br />
Ein Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen existiert daher nicht.<br />
Fraglich bleibt nun, ob ein Anspruch nach dem 4. Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> „dem Gr<strong>und</strong>e nach“<br />
genügt, um einen etwaigen Sozialgeldanspruch nach § 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auszuschließen.<br />
3<br />
Ggf. kann vertreten werden, dass wegen dem gemeinsamen Haftungsverb<strong>und</strong> der Einsatz- bzw. Bedarfsgemeinschaft<br />
des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> <strong>und</strong> den in beiden Rechtsgebieten unterschiedlichen Vermögensschongrenzen<br />
im konkreten Fall die Härteregelung des § 90 Abs.3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> greift, so dass ein Vermögenseinsatz<br />
nicht zu verlangen wäre.<br />
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Aus der Formulierung in § 28 Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> („Nicht erwerbsfähige Angehörigen, … erhalten<br />
Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherung haben …“), ist zu schließen, dass<br />
1. sich die Regelung auf alle erwerbsunfähigen Angehörigen– also auch auf dauerhaft erwerbsunfähige<br />
Angehörigen nach dem 4. Kapitel <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – erstreckt <strong>und</strong><br />
2. es auf einen <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>–Anspruch dem Gr<strong>und</strong>e nach nicht ankommt.<br />
Letzteres wird durch das Wort „soweit“ deutlich. Außerdem verzichtet die Formulierung des<br />
§ 28 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> im Gegensatz zu § 7 Abs.5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf die Verwendung der Worte „dem Gr<strong>und</strong>e<br />
nach“.<br />
Damit gilt in der beschriebenen Konstellation ein Anspruch auf Sozialgeld nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,<br />
soweit der Anspruch nicht durch Leistungen nach dem 4. Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> „befriedigt“<br />
ist.<br />
Für diese Lösung sprechen zwei weitere Aspekte: Erstens wäre ansonsten der nicht dauerhaft<br />
erwerbsunfähige Sozialgeldempfänger besser gestellt, wofür es keinen ersichtlichen Gr<strong>und</strong><br />
gibt. Zweitens rechtfertigt auch die Konstruktion der Bedarfs- <strong>und</strong> Einsatzgemeinschaft als<br />
„Haftungsverb<strong>und</strong>“ einheitliche Schongrenzen anzusetzen.<br />
Anders als im Verhältnis zwischen dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> dem 3. Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> besteht zwischen<br />
dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> dem 4. Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> keine generelle Ausschlussregelung.<br />
Liegt ein <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Anspruch des 4. Kapitels unter dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> – Anspruch, ist also Sozialgeld<br />
ergänzend zu leisten.<br />
Frau F hat also weiterhin einen Sozialgeldanspruch nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Aufgr<strong>und</strong> der Querschnittslähmung<br />
könnte für Frau Fischer außerdem ein Mehrbedarf nach § 28 Abs. 1 S.3 Nr. 4<br />
<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Betracht kommen.<br />
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3. Fallabwandlung 4<br />
Für die Lösung ist entscheidend, ob es sich bei der Schenkung um Einkommen oder Vermögen<br />
handelt. Einkommen ist alles das, was der Hilfeempfänger während der Bedarfszeit<br />
wertmäßig dazu erhält. Vermögen ist das, was der Hilfeempfänger bereits vor der Bedarfszeit<br />
hat. Diese Definition gilt auch für einmalige Einnahmen (§ 2 IV ALG <strong>II</strong>-V, sogn. Zuflusstheorie).<br />
Danach stellt die Schenkung während des Hilfebezuges im November 2009 Einkommen<br />
dar.<br />
Gemäß § 2 IV 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sind einmalige Einnahmen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen<br />
<strong>und</strong> monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Dabei ist von einem<br />
Zeitraum von 6 Monaten bzw. 12 Monaten (vgl. § 41 I 3 <strong>und</strong> 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) auszugehen.<br />
Da das Einkommen auch bei Verteilung auf einen Zeitraum von 12 Monaten den Bedarf übersteigt,<br />
liegt bei Timo für die nächsten 12 Monate keine Hilfebedürftigkeit mehr vor.<br />
Timo gehört somit nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 <strong>II</strong>I Nr.4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Sein überschüssiges<br />
Einkommen muss er auch nicht zur Deckung des Bedarfs der Eltern oder seiner<br />
Schwester einsetzen (vgl. § 9 <strong>II</strong> <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
Konsequenz daraus ist, dass das Kindergeld für Timo zukünftig bei einem Elternteil anzurechnen<br />
ist (vgl. § 11 I 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />
4 Sofern die Schenkung des Onkels bereits vor dem Anspruchsbeginn lag, handelt es sich um Vermögen. Dann müsste man folgendes untersuchen:<br />
Es ist zu prüfen, ob Timo mit dem Vermögen seinen Lebensunterhalt selbst sicherstellen kann. Für ihn als volljährigen Hilfebedürftigen<br />
ist ein Gr<strong>und</strong>freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Höhe von 3.100 € anzuerkennen. (19 x 150 € = 2.850 €; es ist jedoch mindestens<br />
ein Betrag in Höhe von 3.100 € abzusetzen). Ferner ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ein Freibetrag in Höhe von 750 € anzuerkennen.<br />
Insgesamt ergibt sich ein Freibetrag in Höhe von 3.850 €. Das vorhandene Vermögen übersteigt diesen Freibetrag um 6.150 €. Timo<br />
ist damit in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen sicherzustellen <strong>und</strong> hat keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld<br />
<strong>II</strong>.<br />
Da Timo nun seinen Lebensunterhalt aus eigenem Vermögen sicherstellen kann, sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />
nicht mehr erfüllt <strong>und</strong> er gehört daher nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft.<br />
Das Kindergeld ist Einkommen des Kindergeldberechtigten (§§ 62 ff. EStG). Kindern ist das Kindergeld nach § 11 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nur<br />
dann als Einkommen zuzurechnen, wenn sie zur Bedarfsgemeinschaft gehören <strong>und</strong> das Kindergeld zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes<br />
benötigt wird. Dies ist bei Timo nicht mehr der Fall – er gehört nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft.<br />
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Alg <strong>II</strong> - V ist Kindergeld für volljährige Kinder des Hilfebedürftigen nicht zu berücksichtigen, soweit es nachweislich<br />
an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende volljährige Kind weitergeleitet wird. Da Timo im Haushalt der Eltern lebt,<br />
greift diese Vorschrift nicht. Das heißt, dass das Kindergeld für Timo zukünftig bei den Eltern als Einkommen anzurechnen ist.<br />
Weitere Änderungen ergeben sich für die anderen Familienangehörigen nicht.<br />
Es ist allerdings zu prüfen, ob Timo im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> sein Vermögen für seine Eltern <strong>und</strong><br />
seine Schwester einsetzen muss.<br />
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