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Rede von Prof. Dr. Susanne Baer als PDF-Datei - Stiftung Denkmal ...

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Es ist ganz sicher auch ein juristisches „Nie wieder!“, an das dieses <strong>Denkmal</strong><br />

gemahnt. Es fordert uns damit auch auf, das Recht zu problematisieren, denn<br />

Recht ist ein Fixpunkt, aber Recht ist auch ein Fetisch – und es ist nie alles,<br />

was es hier zu erinnern gilt. Recht ist – ebenso wie das juristisch dokumentierte<br />

Unrecht – auch nie der einzige Indikator für den Zustand einer Gesellschaft. Die<br />

Frage, was wir <strong>als</strong> Unrecht ernst nehmen müssen, ist komplexer; sie reicht weit<br />

über das Juristische hinaus.<br />

Das Unrecht und das Recht <strong>als</strong>o.<br />

Dieses <strong>Denkmal</strong> markiert historisches Unrecht – die Verfolgung, Entrechtung<br />

und Ermordung tausender Männer aufgrund homosexueller Handlungen im<br />

Nation<strong>als</strong>ozialismus. Es erinnert – mit dem Hinweis auf Intoleranz,<br />

Feindseligkeit und Ausgrenzung – zudem an die Unterdrückung und<br />

Entwürdigung schwuler Männer, lesbischer Frauen und anderer, die nicht in die<br />

rigide sexuelle Ordnung des deutschen Nation<strong>als</strong>ozialimus passten. Und immer<br />

wieder wird daran erinnert, dass über 50.000 Männer in der NS-Zeit <strong>von</strong><br />

Strafgerichten wegen homosexueller Handlungen „verurteilt“ worden sind. 4 Das<br />

Instrument war die 1935 im Strafmaß verschärfte Kriminalisierung <strong>von</strong><br />

Homosexualität unter Männern – ob schwul oder nicht - in § 175<br />

Strafgesetzbuch (StGB). Da<strong>von</strong> wissen wir, weil es dazu Forschung gibt, und<br />

weil sich diese Forschung auf eine Aktenlage stützen kann. Der Rechtsstaat<br />

wird dokumentiert - und auch der Unrechtsstaat, der sich für einen Rechtsstaat<br />

ausgeben wollte, hat festgehalten, was juristisch geschah.<br />

Wenn wir uns jedoch nur auf die offizielle, juristische Verfolgungsgeschichte<br />

konzentrieren, gehen wir ein Risiko ein. Einerseits müssen wir die juristischen<br />

Formen des Unrechts genau begreifen, um zu verstehen – und um zu<br />

verhindern -, wie Recht in den Dienst des Unrechts geraten kann. Andererseits<br />

4 Diese etwa 50.000 Männer sind wegen § 175 zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die sie in<br />

Gefängnissen bzw. Zuchthäusern verbüßten. Diejenigen, die in Konzentrationslager<br />

eingewiesen wurden, waren in der Regel zuvor in Gefängnissen bzw. Zuchthäusern<br />

inhaftiert; Schätzungen nennen hier wwischen 5000 bis 15.000 Personen, die zu etwa 60<br />

Prozent starben. Über die Verfolgung, Entrechtung und Ermordung wissen wir allerdings<br />

mehr. Vgl. die Beiträge <strong>von</strong> Alexander Zinn und Jens Dobler in Insa Eschebach (Hrsg.):<br />

Homophobie und Devianz. Weibliche und männliche Homosexualität im Nation<strong>als</strong>ozialismus,<br />

2012. S.a. Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung <strong>von</strong><br />

Homosexuellen im <strong>Dr</strong>itten Reich. Paderborn 1990; Joachim Müller, Andreas Sternweiler<br />

(Hrsg.): Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen. Schwules Museum Berlin, Berlin 2000.<br />

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