pdf-Datei - Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
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Informationen zum <strong>Denkmal</strong><br />
20<br />
Raum der Familien (Raum 2)<br />
Anhand von 15 jüdischen Familienschicksalen werden in <strong>die</strong>sem<br />
Raum unterschiedliche soziale, nationale, kulturelle und religiöse<br />
Lebenswelten dargestellt. Dadurch wird der Kontrast zwischen dem<br />
Leben vor, während und nach der Verfolgung, <strong>die</strong> Zerstörung <strong>die</strong>ser<br />
Kultur sowie der damit verbundene Verlust veranschaulicht. Fotos<br />
und persönliche Dokumente berichten von Auflösung, Vertreibung<br />
und Vernichtung <strong>die</strong>ser Familien und ihrer Mitglieder.<br />
Die Geschichten jüdischer Familien spiegeln <strong>die</strong> Vielfalt der Lebenswelten<br />
der europäischen <strong>Juden</strong> vor dem Holocaust. In der Familie<br />
wurden religiöse Traditionen gepflegt und weitergegeben. Die hier<br />
gezeigten Geschichten machen aber auch den Wandel deutlich, den<br />
<strong>die</strong> europäischen <strong>Juden</strong> seit dem Erstarken religiöser und politischer<br />
Reformbewegungen im 19. Jahrhundert durchliefen. Die Veränderungen<br />
zwischen den Generationen sind in den ausgestellten Porträts<br />
deutlich erkennbar. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus<br />
in den 1930er Jahren bot <strong>die</strong> Familie – neben der jüdischen<br />
Gemeinde – einen wichtigen Rückhalt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verfolgten. Die deutsche<br />
Besatzungsherrschaft in großen Teilen <strong>Europas</strong> riss nahezu alle<br />
familiären Verbindungen auseinander. Die wenigen Überlebenden<br />
haben häufig ihre gesamte Verwandtschaft verloren. Ihre Lebenswelt<br />
und ihr kulturelles Umfeld waren ausgelöscht. Im Gegensatz<br />
zu den hier ausgestellten Familiengeschichten blieben häufig nicht<br />
einmal einzelne Photographien erhalten.<br />
Familie Haberman<br />
So steht zum Beispiel <strong>die</strong> Familiengeschichte der Habermans <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
jüdische Geschichte in Galizien, einst ärmste Provinz Österreich-<br />
Ungarns, ab 1918 wieder Teil Polens. Die Familie lebte in Boryslaw,<br />
einem Zentrum der Erdölförderung. Die Habermans betrieben dort<br />
ein Getreidegeschäft. Der Sohn Joseph gehörte der zionistischen<br />
Jugendgruppe Hashomer Hatzair an.<br />
Im Sommer 1941 geriet <strong>die</strong> Stadt unter deutsche Besatzung. Wie in<br />
ganz Galizien errichtete <strong>die</strong> SS auch in Boryslaw ein Terrorsystem.<br />
Im August 1942 wurden <strong>die</strong> Habermans auseinander gerissen. Die<br />
Mutter starb mit zehntausenden anderen <strong>Juden</strong> aus der Region im<br />
Vernichtungslager Belzec. Der Vater Fischel und <strong>die</strong> Kinder wurden<br />
in einem Zwangsarbeiterlager der kriegswichtigen Erdölindustrie<br />
interniert. Immer wieder führte <strong>die</strong> SS Massenerschießungen, sogenannte<br />
Aktionen, durch. Den Familienmitgliedern gelang es, sich<br />
zum Bau von Verstecken zeitweise aus dem Lager zu entfernen. Kurz<br />
vor der Befreiung der Stadt ließ der SS-Lagerkommandant Fischel<br />
Haberman und seinen Sohn erschießen.<br />
Familie Demajo<br />
Die Geschichte der Familie Demajo aus Belgrad, Jugoslawien (heute<br />
Serbien), steht hingegen <strong>für</strong> Lebenswelten der sephardischen <strong>Juden</strong><br />
auf dem Balkan. Die Vorfahren der Demajos waren um 1500 als<br />
Flüchtlinge aus Spanien nach Belgrad gekommen. In der Familie<br />
wurde, neben Serbokroatisch, auch noch Ladino gesprochen, <strong>die</strong>