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AUS DEM INHALT<br />

Ein Besuch bei Charles Messier<br />

25 Jahre <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong><br />

Die Suche nach dem Higgs-Boson<br />

25. Jahrgang - 2/2012 3.- Euro


Inhalt<br />

Der aktuelle Vorstand 6<br />

25 Jahre <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> e.V. 7<br />

Jahrhundertereignis mit Hindernissen: Der Venus-transit 18<br />

Die Projektgruppen der <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> stellen sich vor<br />

1001 Wunder des Weltalls 22<br />

Ein Besuch bei Charles Messier - in zwei Versionen 26<br />

Meine ersten Gehversuche ... als Sternfreund 29<br />

Bildnachweise: 32<br />

<strong>Sternfreunde</strong> intern 32<br />

Kattenvenne 33<br />

Sumsemann, Enterprise, Sterne oder Venus? 35<br />

Der Weltraum, unendliche Weiten... 36<br />

Das Higgs- Boson 38<br />

Die Perseiden Anno 2012 42<br />

Wie groß ist die Welt? 44<br />

Vom Compton - Effekt zur Planck - Skala? 49<br />

Was? Wann? Wo? 52<br />

IC5146 Kokon-Nebel


Andromeda 2/12<br />

Inhalt<br />

Editorial ................................................................................................................................ 4<br />

Grußwort Dr. Hendricks ............................................................................................. 5<br />

25 Jahre <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> e.V. ............................................................................ 6<br />

Wie groß ist die Welt? .................................................................................................... 16<br />

Jahrhundertereignis mit Hindernissen: Der Venustransit ...................................... 22<br />

1001 Wunder des Weltalls ............................................................................................ 25<br />

Bildnachweise ................................................................................................................... 28<br />

Ein Besuch bei Charles Messier - in zwei Versionen ............................................... 29<br />

Meine ersten Gehversuche ... als Sternfreund ........................................................... 32<br />

Da kommt was auf uns zu ............................................................................................... 35<br />

Kattenvenne ................................................................................................................... 36<br />

<strong>Sternfreunde</strong> intern ........................................................................................................... 37<br />

Sumsemann, Enterprise, Sterne oder Venus? .......................................................... 38<br />

Der Weltraum, unendliche Weiten............................................................................ 39<br />

Das Higgs- Boson .......................................................................................................... 41<br />

Die Perseiden Anno 2012 ............................................................................................ 45<br />

Vom Compton - Effekt zur Planck - Skala? .............................................................. 47<br />

Was? Wann? Wo? ............................................................................................................. 50<br />

Für namentlich gekennzeichnete Artikel sind die Autoren verantwortlich.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> e. V.<br />

Redaktion:<br />

Kontakt:<br />

Sentruper Straße 285, 48161 <strong>Münster</strong><br />

Wolfgang Domberger, Michael Dütting, Stephan Plaßmann,<br />

Ewald Segna (V.i.S.d.P.), Michael Seifert, Hermann Soester<br />

Michael Dütting, Telemannstr. 26, 48147 <strong>Münster</strong><br />

02 51 / 98 746 68 Auflage: 400 / Oktober 2012<br />

Titelbild:<br />

Rückseite:<br />

Rosettennebel - Wolfgang Rosteck, Heinz Niermann, Robert<br />

Perdok (<strong>Sternfreunde</strong> Menden)<br />

Sonnenaufgang über Berlin-Spandau - Mirko Wienke<br />

3


2/12 Andromeda<br />

Editorial<br />

...und hallo...<br />

Alle Sterne funkeln es vom Himmel:<br />

Die <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> feiern in diesem<br />

Jahr ihr 25-jähriges Gründungsjubiläum. Siehe<br />

hierzu auch den Artikel von Stephan auf Seite<br />

6 und die Ausgabe „Andromeda 1/2012!“<br />

Was dem einen oder anderen hingegen weniger<br />

bekannt sein dürfte, ist die Tatsache, dass<br />

auch die Zeitung „Andromeda“ das 25- jährige<br />

Jubiläum feiern kann. Allerdings waren<br />

die Anfänge nicht die der DIN A5 Zeitung,<br />

die ihr heute in den Händen haltet, sondern<br />

sie wurde als DIN A4 „Loseblattsammlung“<br />

herausgegeben und in der Druckerei des<br />

LWL-Landeshauses fertiggestellt.<br />

Erst 1989 hatte die „Andromeda“ dann das<br />

DIN A5 Format, das bis auf den heutigen<br />

Tag beibehalten wurde. Viele Artikel wurden<br />

von den <strong>Sternfreunde</strong>n seitdem verfasst.<br />

Praktische Dinge, wie die Handhabung von<br />

diversen Fernrohren und deren Tests, Buchbesprechungen,<br />

auch theoretische Artikel,<br />

z. B. über Neutrinos und Strings, ja auch<br />

der obligatorische Aprilscherz durfte nicht<br />

fehlen. Eines war aber auch da schon klar:<br />

Die ganz große Physik blieb den dafür prädestinierten<br />

Zeitschriften vorbehalten. Wir,<br />

ich schreibe jetzt bewusst wir, sehen uns als<br />

Sprachrohr der <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong>. Eine<br />

Zeitung, die eben durch die Mitglieder des<br />

Vereins lebt.<br />

Nun ist es hier an der Zeit Dank zu sagen.<br />

Dank an Dr. Hendricks, den Leiter des LWL-<br />

Museums für Naturkunde, der uns freundlicherweise<br />

25 Jahre die Räumlichkeiten und<br />

Medien des Museums zur Verfügung stellte.<br />

Dank auch an die Druckerei Stegemöller,<br />

die jahrelang unsere „Weihnachtsausgabe“<br />

gesponsert hat. Erst in Schwarz/Weiß und<br />

dann in Farbe. Stellvertretend für alle bisherigen<br />

Chefredakteure Dank an Klaus, der<br />

die Zeitung fast 13 Jahre unter seine Fittiche<br />

genommen hatte und zu guter Letzt Dank an<br />

die vielen Artikelschreiber, ohne die es diese<br />

Zeitung nie gegeben hätte.<br />

Ein Letztes: Mir war es immer ein Anliegen,<br />

den Verein nicht nur als „Hobbyverein für<br />

Astronomie“ darzustellen, sondern auch,<br />

den Menschen, die Menschen, die den Verein<br />

tragen, hervorzuheben. Das sollte auch die<br />

Hemmschwelle der Interessierten, die auf<br />

uns zukommen, zukommen wollen, herabsetzen.<br />

Die Botschaft, die dahinter steht:<br />

Wir sind auch nur Menschen. Wir helfen gerne,<br />

so wir können. Ihr seid willkommen! Das<br />

soll auch die nächsten 25 Jahre so bleiben!<br />

Ewald<br />

4


Andromeda 2/12<br />

Grußwort zum 25-jährigen<br />

Bestehen der <strong>Sternfreunde</strong><br />

<strong>Münster</strong> e. V.<br />

Dr. Alfred Hendricks<br />

- Museumsdirektor -<br />

Beobachtungen des natürlichen Sternenhimmels<br />

vorsahen. Die abendlichen<br />

Vorträge und Kurse wurden zu einem<br />

Treffen von Astronomieinteressierten.<br />

Hieraus entstand ein Teilnehmerkreis,<br />

dessen Mitglieder sich auch außerhalb<br />

der Planetariumsangebote regelmäßig<br />

trafen.<br />

Nachdem am 13.11.1981 das Planetarium<br />

im LWL-Museum für Naturkunde<br />

eröffnet worden war, bestand das Angebot<br />

zunächst aus zwei Tonbandprogrammen<br />

und abendlichen Vorträgen<br />

der Astronomen des Planetariums.<br />

Zu den Vorträgen der Monatsthemen<br />

gesellten sich astronomische Kurse an<br />

acht Abenden, die sich beispielsweise<br />

der „Einführung in die Himmelskunde“<br />

widmeten und bei klaren Abenden auch<br />

Im Januar 1985 fanden sich dann 15<br />

Hobbyastronomen zusammen und<br />

gründeten einen astronomischen Arbeitskreis.<br />

Zunächst trafen sich die<br />

Amateurastronomen einmal im Monat<br />

im Bürgerzentrum Kinderhaus, in der<br />

zweiten Jahreshälfte 1985 bereits im<br />

LWL-Museum für Naturkunde.<br />

Am 21. Oktober 1987 entwickelte sich<br />

aus der astronomischen Arbeitsgemeinschaft<br />

der eingetragene Verein „<strong>Sternfreunde</strong><br />

<strong>Münster</strong>“. Damit jährt sich in<br />

diesem Jahr das Bestehen der <strong>Sternfreunde</strong><br />

<strong>Münster</strong> e. V. zum 25. Mal.<br />

Schon im Jahr 1992 war aus der ursprünglichen<br />

Arbeitsgemeinschaft der<br />

mit 60 Mitgliedern größte Astronomie-<br />

Verein in Westfalen geworden. Heute<br />

zählt der Verein über 100 Mitglieder.<br />

Das LWL-Museum für Naturkunde<br />

unterstützte von Anfang an die „<strong>Sternfreunde</strong><br />

<strong>Münster</strong> e. V.“ im Rahmen<br />

seiner Möglichkeiten. Die Unterstützung<br />

naturwissenschaftlich orientierter<br />

Vereinigungen in Westfalen gehört zum<br />

5


2/12 Andromeda<br />

Aufgabenkatalog des Landesmuseums<br />

für Naturkunde.<br />

Aus der anfänglichen Unterstützung der<br />

<strong>Sternfreunde</strong> e. V. ist aber längst eine<br />

echte Kooperation zum Wohle beider<br />

geworden. Es gab in der Vergangenheit<br />

eine Reihe von an die Öffentlichkeit<br />

gerichteten Angeboten, die von <strong>Sternfreunde</strong>n<br />

und Museum gemeinsam präsentiert<br />

wurden. Beispielhaft mag hier<br />

die Kooperation anlässlich des von der<br />

UNESCO ausgerufenen “Internationalen<br />

Jahres der Astronomie“ im Jahr 2009 stehen.<br />

In diesem Jahr boten <strong>Sternfreunde</strong><br />

und Naturkundemuseum über ein Jahr<br />

lang besondere Veranstaltungen rund<br />

um die Themen „Himmel und Sterne“<br />

an, einschließlich der öffentlichen Beobachtungen<br />

des Sternenhimmels.<br />

Seit den Anfängen hat sich die Kooperation<br />

stabilisiert und ist aus dem Angebot<br />

des Naturkundemuseums nicht mehr<br />

wegzudenken.<br />

Im Namen aller Angehörigen des LWL-<br />

Museums für Naturkunde gratuliere ich<br />

den <strong>Sternfreunde</strong>n <strong>Münster</strong> e. V. herzlich<br />

zum 25-jährigen Bestehen. Gleichzeitig<br />

möchte ich meinen Wunsch zum<br />

Ausdruck bringen, dass die langjährige<br />

Kooperation nicht nur weiter bestehen<br />

bleibt, sondern sich weiterhin positiv<br />

entwickelt.<br />

Für die Zukunft wünsche ich den <strong>Sternfreunde</strong>n<br />

alles Gute.<br />

25 Jahre<br />

<strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> e.V.<br />

Stephan Plaßmann<br />

Tja, die astronomischen Zahlen! Die<br />

berühmt berüchtigten. Sie sind fast immer<br />

gigantisch, unanschaulich, jenseits<br />

aller Vorstellungskraft, ob ihrer schieren<br />

Größe oft schon fast wieder inhaltslos.<br />

Astronomische Zeitspannen währen Millionen<br />

und Milliarden Jahre. Diese Zahlen<br />

gehen zwar leicht über die Lippen, doch<br />

wer macht sich wirklich bewusst, dass<br />

eine Milliarde eben 1000 Mal eine Million<br />

bedeutet? Für uns Menschen einfach<br />

unfassbar.<br />

Wenn Sie als Millionär Ihre Million Euro<br />

zählen wollen, und zwar so, dass Sie in<br />

jeder Sekunde einen Euro zählen, dann<br />

sind Sie in knapp 12 Tagen bei einer Million<br />

angelangt. Wenn Sie als Milliardär das<br />

Gleiche tun, so werden Sie erst in fast 32<br />

Jahren mit dem Zählen fertig sein!<br />

Wollten Sie alle Sterne unserer Milchstraße<br />

zählen (ca. 150 Milliarden), so<br />

müssten Sie doppelt so lange zählen<br />

wie seit Beginn unserer Zeitrechnung<br />

bis zum heutigen Tage, nämlich mehr<br />

als 4000 Jahre.<br />

6


Andromeda 2/12<br />

Schaut man in den nächtlichen Himmel,<br />

so erscheinen einem die vielen Sterne<br />

seit „Menschengedenken“ immer in der<br />

gleichen Position, obwohl sie mit für<br />

uns Menschen ungeheuren Geschwindigkeiten<br />

durchs All rasen. Nur ihre<br />

riesigen Entfernungen lassen uns diese<br />

Sterne trotzdem an ihren Sternörtern<br />

festgenagelt, fixiert, erscheinen. Daher<br />

werden sie im Gegensatz zu den Wandelsternen,<br />

den Planeten, auch Fixsterne<br />

genannt.<br />

Sterne werden geboren und sterben<br />

wieder. Solch ein Leben dauert bei den<br />

größten Sternen mehrere Millionen<br />

Jahre, bei den allermeisten normalen<br />

Sternen jedoch Milliarden Jahre wie<br />

bei unserer Sonne. Sie bewegt sich in<br />

230 Millionen Jahren einmal um das galaktische<br />

Zentrum - und hat aber auch<br />

schon ca. 20 Umläufe hinter sich.<br />

Zeuge einer galaktischen Kollision, wenn<br />

unsere Milchstraße mit dem Andromedanebel<br />

zusammenstößt. Nicht einmal<br />

eine Veränderung der wohlbekannten<br />

Sternbilder werden wir miterleben,<br />

obwohl wir diese doch aus den Sternen<br />

„unserer Nachbarschaft“ in figürliche<br />

Formen zusammensetzen.<br />

Alles scheint für uns unveränderlich. Da<br />

grenzt es schon fast an eine Sensation,<br />

wenn sich am Himmel „kurzfristig“<br />

oder „kurzzeitig“ etwas tut. Vielleicht<br />

erscheint einmal ein Komet, der ein paar<br />

Wochen mit bloßem Auge sichtbar ist.<br />

Aber selbst die sogenannten kurzperiodischen<br />

Kometen haben Umlaufzeiten<br />

von bis zu 200 Jahren, die man, wenn<br />

überhaupt, nur einmal im Leben sieht.<br />

Die meisten anderen Kometen haben<br />

Umlaufzeiten von Tausenden von Jahren.<br />

Wir Menschen müssen erkennen, dass<br />

wir im astronomischen Schauspiel nicht<br />

nur einen kurzen Akt sehen, sondern<br />

dass wir eher aus einem Kinofilm mit<br />

Überlänge nur ein einziges Standbild<br />

einer Situation sehen. Mehr nicht! Wir<br />

werden nicht mitbekommen, wie sich<br />

unsere Sonne zu einem Riesenstern<br />

aufbläht und fast die Hälfte unseres Himmels<br />

einnimmt. Wir werden leider nicht<br />

Welch eine Rolle spielt hier zeitlich also<br />

ein Menschenleben? Und was kann da<br />

in nur 25 Jahren, einer winzig kleinen<br />

Zeitspanne bis zu einem „Jubiläum“,<br />

passieren in astronomischer Hinsicht?<br />

Eigentlich gar nichts könnte man meinen.<br />

Aber dieser Artikel betrifft ja nicht nur<br />

die Astronomie, sondern auch die Menschen,<br />

die diese zusammen betreiben.<br />

7


2/12 Andromeda<br />

25 Jahre! Astronomisch ein Nichts - für<br />

uns Menschen eine Generation!<br />

Wenn man so lange zusammen ein<br />

gemeinsames Hobby betreibt, sollte<br />

doch in 25 Jahren bestimmt irgendetwas<br />

Herausragendes passiert sein, oder? In<br />

vielen Vereinen sicher - aber auch in der<br />

Astronomie?<br />

im Planetarium des Westfälischen Museums<br />

für Naturkunde, um weiterhin<br />

gemeinsam ihrem Hobby zu frönen.<br />

Nun - schauen wir auf die Jahre zurück:<br />

Die <strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong>, anfangs<br />

eine Handvoll Astronomiebegeisterter,<br />

haben sich vor eben dieser Zeitspanne<br />

zusammengefunden, um im Oktober<br />

1987 offiziell einen astronomischen Verein<br />

anzumelden und ihre Gleichgesinnten<br />

fortan Mitglieder zu nennen.<br />

Am 20.12.1984, dem Ende dieser Vortragsreihe<br />

(5 x donnerstags ab dem 22.<br />

November 1984), ergriff Michael Große,<br />

der spätere Erste Vorsitzende des noch<br />

jungen Vereins, das Wort und schlug vor,<br />

sich zukünftig in einer lockeren Interessengemeinschaft<br />

auszutauschen und sich<br />

eventuell regelmäßig zu treffen.<br />

Doch bereits vorher, Ende des Jahres<br />

1984, trafen sich ein paar Hobbyastronomen<br />

im Anschluss einer Vortragsreihe<br />

Bei den ersten Treffen, sie fanden in der<br />

Gaststätte Lohmann in Mecklenbeck und<br />

danach im Bürgerhaus Kinderhaus statt,<br />

war ich selber leider nicht dabei.<br />

8


Andromeda 2/12<br />

Irgendwann kamen dann die ersten<br />

gemeinsamen Beobachtungen in der<br />

Nähe von Senden und am Hiltruper<br />

Friedhof zustande. Und eigentlich wäre<br />

uns schon im Jahr 1986 der erste Knaller<br />

serviert worden, wenn der langersehnte<br />

und auch der breiten Öffentlichkeit bekannte<br />

Komet Halley zumindest etwas<br />

die Erwartungen erfüllt hätte, die in ihn<br />

gesteckt wurden. Nun - zumindest für<br />

eine Extra-Ausstellung der <strong>Sternfreunde</strong><br />

im LWL-Museum hat es gereicht.<br />

Alsbald fanden die Zusammenkünfte<br />

immer dienstags direkt im Seminarraum<br />

des Naturkundemuseums statt. Der<br />

Grund hierfür war erstens, dass das<br />

Museum dienstags jeweils öffentliche<br />

Vorträge im Planetarium anbot und die<br />

Räumlichkeiten des Museums deswegen<br />

sowieso geöffnet waren und zweitens,<br />

dass einer der <strong>Sternfreunde</strong>, Ewald<br />

Segna, praktischerweise Mitarbeiter des<br />

Planetariums und des Museums war, den<br />

Leiter des Museums, Dr. Hendricks bat,<br />

zukünftig die Treffen im Museum zu veranstalten,<br />

und so war die Nutzung des<br />

Seminarraums überhaupt erst möglich.<br />

Es versammelten sich an diesen Tagen<br />

immer mehr Hobbyastronomen, um<br />

sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.<br />

Geordnet waren diese ersten „Veranstaltungen“<br />

allerdings nicht. Oft wurde<br />

damit gedroht, ein 5.- DM Stück in ein<br />

aufgestelltes Schwein zu stecken, wenn<br />

Wortbeiträge doch eher als etwas zu<br />

„unqualifiziert“ eingestuft wurden.<br />

Dies führte dazu, dass wir <strong>Sternfreunde</strong><br />

pro Abend von einem Anwesenden<br />

jeweils einen kleinen Vortrag zu irgendeinem<br />

astronomischen Thema zu<br />

hören bekamen.<br />

Wir trafen uns nun alle zwei Wochen,<br />

am zweiten und am vierten Dienstag<br />

des Monats, und an jedem Termin gab<br />

es Interessantes aus der Astronomie<br />

zu hören.<br />

Es kamen immer mehr Wissbegierige<br />

zu uns. Und es gab immer mehr Fragen.<br />

Fragen, die meist im Anschluss an einen<br />

Vortrag gestellt wurden und die den<br />

ein oder anderen Abend doch ziemlich<br />

in die Länge zogen. So entschlossen wir<br />

uns schließlich, den 4. Dienstag ohne<br />

Vortrag zu gestalten und als allgemeinen<br />

lockeren Treff anzubieten. Zuerst auch<br />

im Museum, später in unserer Stammkneipe<br />

„Zum Himmelreich“ („ein jeder<br />

geht gern in das Himmelreich“ … ein ...)<br />

dann für lange Zeit ins „Feldschlösschen“<br />

(hallo Jürgen) an der Sentruper Straße<br />

(leider inzwischen abgerissen) und die<br />

letzten vier Jahre „ersetzt“ durch das<br />

Restaurant „La Vela“ gegenüber am<br />

Aasee.<br />

9


2/12 Andromeda<br />

Die zweiten Dienstage im Monat mit<br />

ihren Vorträgen sind bis heute hauptsächlicher<br />

Bestandteil unserer Vereinsaktivitäten<br />

und werden gerne von vielen<br />

Interessenten besucht.<br />

Dann kam der Tag, an dem alles offiziell<br />

wurde: Am 21. Oktober 1987 fanden<br />

sich die 7 Gründungsmitglieder Michael<br />

Große, Karl-Heinz Hummel, Ewald<br />

Segna, Andreas Göttker, Sebastian<br />

Freff, Christian Pietzner und der Autor<br />

beim Rechtsanwalt und Notar Rainer<br />

Bonse zusammen, um den <strong>Sternfreunde</strong>n<br />

<strong>Münster</strong> ein „e.V.“ anzuhängen und als astronomischen<br />

Verein ins Vereinsregister<br />

eintragen zu lassen. Die Gründungsversammlung<br />

selbst, als beschlossen wurde,<br />

überhaupt einen Verein ins Leben zu<br />

rufen, fand am 22. September 1987 im<br />

Seminarraum des Naturkundemuseums<br />

statt.<br />

Das gab uns dann den offiziellen Charakter,<br />

mit dem wir uns fortan in der<br />

Öffentlichkeit präsentieren konnten.<br />

Schon damals boten wir öffentliche<br />

Beobachtungen an, bei denen jeder<br />

Interessent durch ein paar unserer eigenen<br />

Teleskope den Himmel betrachten<br />

konnte. Vom Gefühl her fand ich es<br />

sehr schön, als Mitglied eines Vereins<br />

aufzutreten.<br />

Die Zahl der Mitglieder wuchs von den<br />

ursprünglichen 7 auf 14 im Januar 1988,<br />

um Anfang 1992 die Zahl 50 (hallo<br />

Johannes) zu erreichen. Zum jetzigen<br />

Zeitpunkt halten uns über 110 Mitglieder<br />

die Treue.<br />

Das Schöne dabei ist, dass sich die Hobbyastronomen<br />

oft nicht nur durch die<br />

Himmelskunde verbunden fühlen. Viele<br />

Freundschaften haben sich gebildet, die<br />

ohne die <strong>Sternfreunde</strong> wahrscheinlich<br />

nicht zustande gekommen wären. Zwei<br />

unserer Mitglieder machten ihr Hobby<br />

sogar zum Beruf und gründeten eine<br />

Firma für den Vertrieb astronomischer<br />

Teleskope und Zubehör.<br />

Gemeinsame Urlaubsfahrten in Gefilde<br />

mit besseren Beobachtungsbedingungen<br />

häuften sich. Zuerst wurden Ziele z. B.<br />

in Südtirol oder Frankreich angepeilt,<br />

später dann auch schon mal Namibia.<br />

Die mehr oder weniger regelmäßigen<br />

Beobachtungstreffs zu Hause fanden wegen<br />

der störenden Lichtverschmutzung<br />

des Himmels bevorzugt in ländlicher<br />

Umgebung <strong>Münster</strong>s statt. So standen<br />

Treffpunkte früher in Telgte Berdel und<br />

Leopoldshöhe auf dem Programm. Heute<br />

sind die Ziele eher Alverskirchen und<br />

Kattenvenne und seit einiger Zeit wird<br />

sogar eine vereinseigene Sternwarte<br />

geplant.<br />

10


Andromeda 2/12<br />

Gemeinsame Beobachtungsnächte brauchten<br />

nicht immer teures Equipment.<br />

Ziemlich regelmäßig beobachteten wir<br />

in Telgte z. B. den Sternschnuppenstrom<br />

der Perseiden, deren Maximum um den<br />

12. August eintritt. Wir <strong>Sternfreunde</strong><br />

benötigten hierfür nur eine Liege und<br />

warme Kleidung.<br />

Auch Besuche bei befreundeten Vereinen,<br />

z. B. in Geseke,<br />

Oldenburg oder Melle<br />

standen neben Exkursionen<br />

nach Berlin oder<br />

Effelsberg auf dem Programm.<br />

eine spezielle Gruppe für Kinder, die<br />

hier an die Astronomie herangeführt<br />

werden (Astrokids). Der Initiator dieser<br />

Gruppe, Jürgen Stockel, hatte einmal<br />

pro Jahr sogar ein ganz besonderes<br />

Highlight für die Kids im Angebot: Ein<br />

ganzes Wochenende, vollgepackt mit<br />

Astronomie in einer Jugendherberge.<br />

Die Kids konnten sich so spielerisch mit<br />

vielen Themen des Himmels vertraut<br />

Durch die stetig steigende<br />

Zahl der Mitglieder konnten<br />

wir das Angebot unserer<br />

Aktivitäten immer mehr erweitern.<br />

Neben den regelmäßigen Vorträgen<br />

am 2. Dienstag des Monats, wo sowohl<br />

Mitglieder des Vereins als auch externe<br />

Referenten über alle Teilbereiche<br />

der Astronomie berichten, führen wir<br />

öffentliche Beobachtungen auf dem<br />

Vorplatz des Naturkundemuseums<br />

durch. In Zeiten aktiver Sonne gab und<br />

gibt es auch Astronomie am Tage, wo<br />

wir unseren Besuchern durch spezielle<br />

Filter die Sonne mit ihren Flecken oder<br />

Fackeln zeigen. Darüber hinaus existiert<br />

machen und selbst erstellte Ergebnisse<br />

von bearbeiteten Themen ihrer Wahl<br />

den anderen präsentieren.<br />

Dann gibt es die Anfängergruppe, die<br />

Beginner auf dem Weg in die Astronomie<br />

begleitet. Seit Ende der 80er Jahre<br />

werden hier für den „Neuling in der<br />

Astronomie“ einfache und grundlegende<br />

Themen angesprochen, wobei aber auch<br />

die Praxis nicht zu kurz kommt (wenn<br />

das Wetter mitspielt).<br />

Wer mehr über den Aufbau der Welt,<br />

die Überlegungen zum Anfang des Ur-<br />

11


2/12 Andromeda<br />

knalls oder die weitere Entwicklung<br />

des Kosmos wissen möchte, ist bei der<br />

Kosmologiegruppe gut aufgehoben.<br />

besucht, und wir stehen an den zwei<br />

Tagen jedem Besucher mit Rat und Tat<br />

zur Seite.<br />

Und drei- bis viermal jährlich erscheint<br />

unsere vereinseigene Zeitschrift „Andromeda“,<br />

die wir seit nunmehr auch<br />

schon 24 Jahren mit Herzblut für unsere<br />

Mitglieder erstellen. Angefangen hat es<br />

allerdings mit einer „Loseblattsammlung“<br />

im DIN A 4 Format zum Selberknicken...<br />

Alles Wissenswerte gibt es natürlich<br />

auch auf unserer Homepage zu sehen,<br />

die Michael Dütting dankenswerterweise<br />

für uns erstellt hat und sie seitdem<br />

ständig pflegt und mit ihr für einen professionellen<br />

Auftritt unseres Vereins im<br />

Internet sorgt.<br />

Für Mitglieder stehen auch Geräte und<br />

Literatur zur Ausleihe bereit. Neben<br />

Großferngläsern können auch mehrere<br />

vereinseigene Teleskope mit bis zu knapp<br />

40cm Durchmesser nebst Zubehör wie<br />

hochwertigen Okularen ausgeliehen<br />

werden.<br />

Einmal im Jahr veranstalten wir unsere<br />

<strong>Sternfreunde</strong>ausstellung an einem<br />

Wochenende im November (früher<br />

Dezember) im Foyer des LWL Museums<br />

für Naturkunde. Diese wird sehr gern<br />

In den letzten 25 Jahren gab es vielfach<br />

Berichte über uns in den Medien.<br />

Mehrfach erschienen Beiträge im WDR-<br />

Fernsehen, im Radio und in diversen<br />

Printmedien.<br />

Doch auch die Geselligkeit kam, und<br />

kommt, in unserem Verein nicht zu kurz.<br />

Einmal im Jahr gibt es eine Radtour mit<br />

anschließendem Grillen als Ausklang.<br />

Aber auch Grünkohlessen standen schon<br />

ein paar Mal auf dem Programm.<br />

Doch was tat sich im letzten Vierteljahrhundert<br />

am Himmel? Gab es Highlights?<br />

Seltenes? Unvorhergesehenes? Lange<br />

Erwartetes?<br />

Die Antwort ist - Ja! Es gab alles. Der<br />

scheinbaren Unveränderlichkeit des<br />

Himmels zum Trotz können wir <strong>Sternfreunde</strong><br />

auf einige Highlights zurückblicken.<br />

Und das in der superkurzen Zeitspanne<br />

von nur 25 Jahren; astronomisch<br />

ein Nichts...<br />

Natürlich gibt es immer wieder mal<br />

Mondfinsternisse, die beobachtet werden<br />

können. Wenn diese dann zu „publikumsfreundlichen“<br />

Zeiten stattfanden,<br />

12


Andromeda 2/12<br />

konnten wir den Vorplatz des Museums<br />

schon mal in einer öffentlichen Beobachtung<br />

mit mehr als 400 Besuchern füllen<br />

(9.2.1990), wo wir in vielen Fernrohren<br />

den Blick auf den rötlich verfinsterten<br />

Mond zeigen konnten.<br />

An gleicher Stelle war es eine Freude,<br />

bei gutem Wetter den Venustransit<br />

2004 mit vielen Besuchern gemeinsam<br />

zu beobachten.<br />

Zwei totale Sonnenfinsternisse, im<br />

Durchschnitt doch recht selten zu sehende<br />

Himmelsereignisse, eine davon<br />

sogar von Deutschland aus sichtbar<br />

(1999), fielen in „unseren“ Jubiläumsabschnitt.<br />

Bei der zweiten Finsternis<br />

(2006) machten sich viele <strong>Sternfreunde</strong><br />

auf den Weg in die Türkei, um locker<br />

vom Hocker - äh Strand aus die Totalität<br />

beobachten zu können.<br />

Aber es gab auch noch Spektakuläreres:<br />

Im Jahr 1994 erschien der Komet<br />

Shoemaker-Levy 9 am Himmel. Kometenerscheinungen<br />

sind zwar öfter, aber<br />

nicht immer mit bloßem Auge zu sehen<br />

und auch sonst meistens nicht besonders<br />

spektakulär. Halley war hierfür das beste<br />

Beispiel.<br />

Aber Shoemaker-Levy 9 war so etwas<br />

wie ein Jahrhundertereignis. Dieser Komet<br />

zerfiel durch Gravitationskräfte des<br />

Jupiters in mehr als 20 Bruchstücke. Und<br />

alle diese Bruchstücke schlugen nacheinander<br />

auf dem Planeten Jupiter ein!<br />

Von der Erde aus konnte man sehr gut<br />

drei große Einschlagstellen, auch über<br />

längere Zeit, im Teleskop beobachten.<br />

Das ist meines Wissens nach bisher noch<br />

niemals beobachtet worden. Das war<br />

schon sehr außergewöhnlich. Jupiter<br />

wurde hier dem Ruf des sogenannten<br />

„kosmischen Staubsaugers“ mehr als<br />

gerecht. Und wir <strong>Sternfreunde</strong> waren<br />

dabei! Wir durften sozusagen live mit<br />

unseren Teleskopen zuschauen. Unglaublich.<br />

Doch nur zwei Jahre später, 1996, erschien<br />

der sehr helle Komet Hyakutake<br />

am Himmel. Es war ein sehr spektakulärer<br />

Komet, der seinen Schweif<br />

über eine Länge von mehr als 30 Grad<br />

am Himmel erstreckte. Lange zuvor<br />

war zwar ein anderer Komet namens<br />

Hale-Bopp entdeckt worden, der endlich<br />

wieder einmal eine hellere Erscheinung<br />

werden sollte. Doch Hyakutake stahl<br />

ihm erst einmal die Show, indem er<br />

sehr schnell heller wurde und größer<br />

am Himmel erschien. Wir <strong>Sternfreunde</strong><br />

führten natürlich wieder öffentliche<br />

Beobachtungen durch. Hyakutake war<br />

ein Komet, der kam, sah und siegte. Die<br />

Öffentlichkeit war beeindruckt. Der Andrang<br />

bei der öffentlichen Beobachtung<br />

13


2/12 Andromeda<br />

war riesengroß. Jeder wollte den Kometen<br />

sehen und nähere Informationen von<br />

uns <strong>Sternfreunde</strong>n bekommen. Und in<br />

gesehen werden konnte. Er war lange<br />

sichtbar - nur recht weit entfernt und<br />

deshalb nicht so groß am Himmel zu<br />

sehen wie Hyakutake.<br />

O-Ton eines Kometenbeobachters:<br />

„Wenn Hale-Bopp so nahe an der Erde<br />

vorbeigeflogen wäre wie Hyakutake,<br />

dann hätte uns das die Schuhe ausgezogen...“<br />

der Tat: Hyakutake kam der Erde mit 15<br />

Millionen km Abstand so nahe wie kein<br />

anderer seit 1556. Durch seine Nähe<br />

konnte man seine Bewegung von mehr<br />

als einem Vollmonddurchmesser pro<br />

Stunde (!) sehr gut verfolgen.<br />

Doch was war mit Hale-Bopp, dem<br />

Kometen, der eigentlich schon früher<br />

entdeckt wurde und der der eigentliche<br />

Star am Astrohimmel werden sollte?<br />

Um es kurz zu sagen: Hale-Bopp war<br />

1997 der Star. Er wurde so hell, dass er<br />

zeitweise das erste Objekt am Himmel<br />

in der Dämmerung war, das überhaupt<br />

Und gleich zwei Jahre später ereilten uns<br />

die nächsten Highlights:<br />

Am 11. August 1999 fand die einzige von<br />

Deutschland aus beobachtbare Sonnenfinsternis<br />

des Jahrhunderts statt. Viele<br />

<strong>Sternfreunde</strong> fuhren in die Regionen,<br />

wo die sogenannte SoFi total zu erleben<br />

war. Süddeutschland, Frankreich oder<br />

Österreich.<br />

Dann am 18. November 1999, nur drei<br />

Monate nach der jahrzehntelang erwarteten<br />

totalen Sonnenfinsternis, stand<br />

ein Sternschnuppensturm ins Haus. An<br />

diesem Tag sollte das spitze Maximum<br />

der Leoniden, ein Meteorstrom, stattfinden.<br />

Und nicht wie z. B. die Perseiden<br />

im August gleichmäßig erscheinend,<br />

geben sich die Leoniden nur etwa alle<br />

33 Jahre die Ehre, auffällig zu sein. Sehr<br />

auffällig! Und 1999 war dies der Fall.<br />

Wir <strong>Sternfreunde</strong> versammelten uns<br />

trotz widriger Wettervorhersagen in<br />

Telgte und warteten unter Wolken auf<br />

14


Andromeda 2/12<br />

das Wunder von Telgte; nämlich dass die<br />

Wolken aufreißen würden, und dass wir<br />

dann diesen „Sturm“ erleben durften.<br />

Und das Wunder trat ein: Pünktlich<br />

zur Maximumszeit klarte der Himmel<br />

auf, und wir konnten innerhalb einer<br />

halben Stunde bestimmt mehr als 400<br />

Sternschnuppen sehen. Darunter sehr<br />

helle. Oft auch mehrere gleichzeitig<br />

und teilweise sogar parallel verlaufend.<br />

Ein wahrhaft beeindruckendes Himmelsschauspiel.<br />

Der WDR war auch<br />

wieder dabei und hielt das Ganze für<br />

die Sendung in der „Lokalzeit“ fest. Ich<br />

glaube, wir <strong>Sternfreunde</strong> in Telgte waren<br />

so ziemlich die einzigen, die überhaupt<br />

eine Wolkenlücke im ansonsten total<br />

bedeckten Deutschland erwischten.<br />

Dass die Fotografie in den zurückliegenden<br />

25 Jahren fast komplett umgestiegen<br />

ist vom Dia zur digitalen Kamera,<br />

hat die Freunde der Astrofotografie zu<br />

Aufnahmen befähigt, deren Qualität<br />

heute denen entsprechen, die damals<br />

nur den Profis vorbehalten waren. In<br />

unseren Ausstellungen können diese<br />

betrachtet werden.<br />

Alles in allem können wir auf ein Vierteljahrhundert<br />

zurückblicken, welches<br />

angefüllt war mit sehr vielen Aktivitäten<br />

sowohl der Mitglieder, die dadurch die<br />

Astronomie einem großen Bevölkerungskreis<br />

näher bringen konnten, als<br />

auch mit astronomischen „Big Points“,<br />

die zufällig in diesen verhältnismäßig winzigen<br />

Augenblick von 25 Jahren fielen.<br />

Zu nennen sind dann noch<br />

diverse wunderschöne<br />

Polarlichterscheinungen,<br />

die wir ebenfalls mehrfach<br />

in „unserem“ Zeitraum<br />

bewundern konnten (vor<br />

allem 1989). Natürlich<br />

standen und stehen aktuelle<br />

Himmelserscheinungen<br />

von besonders<br />

guten Planetensichtbarkeiten oder -konstellationen<br />

immer auf unserem Programm.<br />

Auch so etwas kann durchaus<br />

mal als Highlight bezeichnet werden.<br />

Hoffen wir, dass die astronomisch nahe<br />

Zukunft weitere Überraschungen für<br />

uns bereithält.<br />

15


2/12 Andromeda<br />

Wie groß ist die Welt?<br />

Björn Voss<br />

... um dies herauszufinden, so könnte<br />

man meinen, muss man ja eigentlich<br />

„nur“ nachmessen. Aber da gibt es ein<br />

Problem: Nachmessen, wie man es hier<br />

auf der Erde tun würde - „Maß nehmen“,<br />

also eine Messlatte anlegen und einfach<br />

ablesen - das geht im All natürlich nicht.<br />

Dies klingt erst einmal trivial, ist es aber<br />

nicht: Jedwede Entfernungsmessung im<br />

All ist eine Wissenschaft für sich. Keines<br />

der unterschiedlichen Verfahren, mit<br />

denen man Entfernungen im All messen<br />

kann, funktioniert von hier bis zum<br />

„Rand des Universums“. Jede Methode<br />

ist nur für einen bestimmten Bereich<br />

brauchbar: Manche nur auf der Erde<br />

und in der näheren Umgebung im All,<br />

andere nur im Bereich der nächstgelegenen<br />

Sterne, und wieder andere nur<br />

im Bereich der fernsten Galaxien. So<br />

muss man unterschiedliche Messungen<br />

aneinander stückeln, und sich derart<br />

immer weiter hinaus „hangeln“, um die<br />

größten Distanzen im All zu messen.<br />

Dies wird oft mit dem Erklimmen einer<br />

Leiter Sprosse für Sprosse verglichen;<br />

man spricht von der „kosmischen Entfernungsleiter“.<br />

Ein noch besserer Vergleich<br />

ist der Aufbau eines Hauses, bei dem<br />

jedes Stockwerk auf den darunter liegenden<br />

ruht, und Instabilitäten „unten“<br />

umso größere Auswirkungen haben, je<br />

weiter man nach „oben“ kommt.<br />

1. Die Größe der Erde<br />

Das Fundament, auf dem die Leiter oder<br />

das unterste Stockwerk des Hauses<br />

ruht, ist die Messung der Größe unserer<br />

Erde. Schon vor über 2000 Jahren war<br />

die Erdgröße ziemlich genau bekannt:<br />

Der Grieche Eratosthenes fand im<br />

Alexandria des Jahres 250 v. Chr. eine<br />

geniale Methode, den Erdumfang zu bestimmen.<br />

Er ging wie alle seine gelehrten<br />

Zeitgenossen bereits davon aus, dass die<br />

Erde eine Kugel ist.<br />

Eine weitere Annahme, die Eratosthenes<br />

mit Recht machte, war, dass die Sonne<br />

sehr weit entfernt steht. So weit, dass<br />

ihre Lichtstrahlen die Erde als quasi<br />

parallele Strahlen erreichen. Dann, so<br />

Eratosthenes, werfen gleich hohe Objekte<br />

an verschiedenen Orten der Erde<br />

unterschiedlich lange Schatten: Wenn<br />

die Sonne z. B. senkrecht über einem<br />

bestimmten Ort steht - Eratosthenes<br />

wusste, dass das an bestimmten Tagen<br />

im Jahr am südägyptischen Ort Syene<br />

(heute: Assuan) der Fall ist - dann wirft<br />

sie dort keinen Schatten. An weit entfernten<br />

Orten dagegen gibt es zur selben<br />

Zeit sehr wohl einen Schatten: Anderswo<br />

steht die Sonne zur selben Zeit nicht<br />

senkrecht am Himmel, ihr Licht fällt<br />

16


Andromeda 2/12<br />

also schräg ein, und es gibt je nach Ort<br />

mehr oder weniger lange Schatten. Eratosthenes<br />

stellte fest, dass die Sonne bei<br />

ihm zu Hause in Alexandria im Norden<br />

Ägyptens einen kurzen Schatten wirft,<br />

während es zur selben Zeit<br />

in Syene gar keinen Schatten<br />

gibt. Seine Idee war nun (Bild<br />

1): Der Schattenwinkel in<br />

Alexandria ist zu diesem Zeitpunkt<br />

gleich dem Unterschied<br />

der geographischen Breite<br />

von Assuan und Alexandria<br />

(denn geographische Breiten,<br />

oder deren Differenzen, sind<br />

Winkel - gemessen am Erdmittelpunkt).<br />

Damit konnte<br />

Eratosthenes also „ganz einfach“<br />

die Differenz der geographischen<br />

Breiten anhand eines beliebigen<br />

Schattens in Alexandria abmessen. Der<br />

gesamte Umfang der Erdkugel beträgt<br />

360°; der gemessene Schattenwinkel<br />

in Alexandria etwas mehr als 7°. Die<br />

Distanz Alexandria-Assuan beträgt demnach<br />

360/7 = ca. 1/50 des Erdumfangs.<br />

Eratosthenes ließ diese Strecke nun zu<br />

Fuß abschreiten, und fand eine Distanz<br />

am Erdboden von ca. 5000 griechischen<br />

„Stadien“. Dies, mal 50 genommen, muss<br />

den Umfang der Erde ergeben, wusste<br />

Eratosthenes. Sein Ergebnis - etwa 40.000<br />

km - lag damals schon erstaunlich genau<br />

am heute bekannten exakten Wert!<br />

Diese genaue Kenntnis von Distanzen<br />

verschiedener Orte auf der Erde ist<br />

eine entscheidende Grundlage für die<br />

folgende Stufe der kosmischen Leiter ins<br />

All hinaus.<br />

Bild 1: An bestimmten Tagen des Jahres spiegelt<br />

sich in Syene die Sonne am Boden eines<br />

Brunnens, steht also senkrecht am Himmel.<br />

Zur selben Zeit wirft sie in Alexandria einen<br />

Schatten. Eratosthenes erkannte: Der Schattenwinkel<br />

in Alexandria ist derselbe Winkel,<br />

der vom Erdmittelpunkt aus gesehen die<br />

beiden Orte trennt - die Differenz der geographischen<br />

Breiten. Bild: F. Lühning<br />

2. Die Entfernung der Planeten<br />

Dies ist der erste Schritt ins All hinaus!<br />

Das Messverfahren ist die „Horizontalparallaxe“;<br />

eine Variante der „Daumensprungmethode“.<br />

Gemeint ist die leicht<br />

17


2/12 Andromeda<br />

unterschiedliche Perspektive, die unsere<br />

beiden Augen uns zeigen: Aufgrund ihres<br />

Abstands zueinander blicken beide Augen<br />

aus unterschiedlichen Winkeln auf<br />

nahe Objekte. Hält man den Daumen<br />

vors Gesicht und schließt abwechselnd<br />

eines der Augen, dann springt der<br />

Daumen scheinbar hin und her. Die<br />

Größe des Sprungs ist ein Maß für die<br />

Distanz des Daumens: Je größer der<br />

Sprung, desto näher steht er. Dasselbe<br />

gilt z. B. für den Mond: Betrachtet man<br />

ihn abwechselnd mit dem linken und<br />

rechten Auge, dann würde er vor dem<br />

Hintergrund weit entfernter Sterne<br />

springen - aber nur so wenig, dass man<br />

es nicht messen kann. Bringt man jedoch<br />

die beiden Augen weiter auseinander als<br />

sie normalerweise sind - sehr viel weiter!<br />

- dann sieht man den Mond tatsächlich<br />

springen. Praktisch braucht man dazu<br />

einen „Augenabstand“ von hunderten<br />

oder besser tausenden Kilometern; also<br />

zwei Beobachter, die genau zur selben<br />

Zeit messen, wie weit der Mond von<br />

bestimmten Sternen entfernt steht. Dies<br />

erfordert genaue Uhren und genaue<br />

Winkelmessungen im Fernrohr, was<br />

zuerst Mitte des 17. Jahrhunderts gelang.<br />

Heute misst man die Entfernung des<br />

Mondes - etwa 380.000 Kilometer - viel<br />

genauer durch Laufzeit-Messungen von<br />

Radar- oder Laser-Pulsen; dies jedoch<br />

erst seit einigen Jahrzehnten.<br />

Ähnlich bei den Planeten: Auch deren<br />

Distanzen - z. B. die zur Venus - misst<br />

man heute per Radar, historisch jedoch<br />

vor ca. 250-300 Jahren erstmals mittels<br />

der Horizontalparallaxe. Dies ist jedoch<br />

viel schwieriger als beim Mond: Da die<br />

Planeten ca. 100-1000 mal ferner stehen<br />

als der Mond, sind die Winkelsprünge<br />

eines Planeten bei der gleichzeitigen<br />

Betrachtung z. B. von Europa und<br />

Amerika aus 100-1000 mal kleiner als<br />

die des Mondes - fast unmessbar klein.<br />

Dennoch versuchte man eine solche<br />

Messung schon vor über 300 Jahren<br />

anhand des Mars. Man konnte zwar<br />

feststellen, dass der Mars mehrere 10<br />

Millionen Kilometer entfernt sein muss;<br />

eine genaue Zahl ergaben die ungenauen,<br />

weil winzigen, Winkelmesswerte aber<br />

nicht. Man benötigte eine neue Methode,<br />

um die Messung solch winziger Winkel<br />

zu verbessern. Die Lösung fand der berühmte<br />

Edmund Halley: Er schlug vor,<br />

einen Venustransit von verschiedenen<br />

Kontinenten aus zu beobachten - das<br />

seltene Ereignis, bei dem die Venus<br />

von der Erde aus gesehen exakt vor<br />

der Sonne steht. Sie erscheint dann<br />

als dunkle Silhouette und überquert<br />

die Sonnenscheibe im Laufe einiger<br />

Stunden. Entscheidend hierbei ist, dass<br />

die gedachte Linie, entlang derer die<br />

Venus vor der Sonne entlang wandert,<br />

von unterschiedlichen Kontinenten aus<br />

18


Andromeda 2/12<br />

gesehen in unterschiedlicher „Höhe“<br />

auf der Sonne liegt (Bild 2). Damit ist<br />

die Linie aber auch unterschiedlich lang,<br />

und ebenso die Zeit, die die Venus zur<br />

Überquerung benötigt.<br />

Bild 2: Von unterschiedlichen Orten auf der<br />

Erde erscheint ein Planet zur selben Zeit<br />

vor anderen Stellen des Hintergrunds - hier,<br />

beim Venus-Transit, vor unterschiedlichen<br />

Stellen der im Hintergrund stehenden Sonne.<br />

Damit ergeben sich unterschiedliche Lagen<br />

der Wege der Venus über die Sonne; die<br />

Wege sind verschieden lang (übertriebene<br />

Darstellung!) Collage: Björn Voss.<br />

Misst man nun die genaue Dauer des<br />

Durchgangs, dann kann man daraus<br />

genau auf die Länge des Weges zurückrechnen,<br />

und hieraus wiederum auf<br />

den genauen „Höhen“-Unterschied der<br />

beiden Wege auf der Sonnenscheibe.<br />

Diese „Höhen“-Differenz ist nun aber<br />

nichts weiter als der gesuchte „Sprung“<br />

des Planeten bei der Betrachtung von<br />

verschiedenen Kontinenten aus. Kurzum:<br />

Die sekundengenaue Zeitmessung<br />

beim Venustransit ermöglicht eine viel<br />

genauere Bestimmung des Parallaxenwinkels<br />

als eine direkte Messung der<br />

Winkelpositionen. Beobachtungen<br />

von Venus-<br />

Transits, vor allem im 18.<br />

Jahrhundert, ermöglichten<br />

erstmals eine genaue<br />

Bestimmung der sogenannten<br />

Venus-Parallaxe,<br />

d. h. des „Sprungwinkels“<br />

der Venus.<br />

Damit konnten auch andere<br />

Distanzen im Sonnensystem genau<br />

bestimmt werden und dies ganz ohne<br />

weitere Beobachtungen:<br />

Nachdem erst einmal die Distanz Venus-<br />

Erde bekannt war, konnte man die Distanzen<br />

aller anderen Planeten sofort<br />

ausrechnen. Auch die Distanz von der<br />

Erde zur Sonne, die sogenannte Astronomische<br />

Einheit - etwa 150 Millionen<br />

Kilometer - ergab sich rein rechnerisch<br />

aus der Venus-Parallaxe: Die berühmten<br />

Keplerschen Gesetze der Planetenbahnen<br />

- genauer: Keplers drittes Gesetz<br />

- sagen uns, dass die Umlaufzeit eines<br />

Planeten und seine Entfernung zur Sonne<br />

für alle Planeten in einem bestimmten,<br />

immer genau gleichen Zusammenhang<br />

steht: Das Verhältnis des Quadrats<br />

der Umlaufzeit zur dritten Potenz des<br />

19


2/12 Andromeda<br />

Sonnen-Abstands ist für alle Planeten<br />

immer gleich groß. Wenn man also die<br />

Umlaufzeiten der Planeten kennt (dies<br />

war schon vor über 4000 Jahren der<br />

Fall), braucht man nur noch von einem<br />

der Planeten die Distanz zu messen. Alle<br />

anderen Distanzen lassen sich dann ausrechnen.<br />

Bei einem Venustransit misst<br />

man zwar nicht die Distanz der Venus<br />

zur Sonne, sondern die der Venus zur<br />

Erde; man benötigt also eine etwas kompliziertere<br />

Formulierung des Gesetzes,<br />

um aus der Distanz Venus-Erde all die<br />

anderen Distanzen zu errechnen. Das<br />

Prinzip ist jedoch dasselbe.<br />

3. Die Entfernungen der nahen<br />

Sterne<br />

Nach einer ähnlichen Methode ergeben<br />

sich die Distanzen zu den nah gelegenen<br />

Sternen. Hier besteht jedoch absolut<br />

keine Chance, einen „Sprungwinkel“<br />

von verschiedenen Kontinenten aus zu<br />

messen. Die nächsten Sterne sind ca.<br />

1.000.000 mal ferner als z. B. die Venus;<br />

der Winkel wäre also millionenfach kleiner<br />

- auch heute ist dies jenseits jeder<br />

Messbarkeit. Man muss daher erneut<br />

den „Augenabstand“ vergrößern; von<br />

den bisherigen tausenden Kilometern auf<br />

nun viele Millionen Kilometer. Auf der<br />

Erde geht das nicht; man nutzt jetzt die<br />

Bewegung der Erde: Sie transportiert uns<br />

jedes Jahr einmal um die Sonne herum.<br />

Zwischen der Messung einer Sternenposition<br />

jetzt und einer weiteren Messung<br />

ein halbes Jahr später hat die Erde die<br />

Sonne einmal halb umrundet und steht<br />

auf der anderen Seite der Sonne. Bei<br />

einer Distanz von der Erde zur Sonne<br />

von ca. 150 Millionen Kilometern ergibt<br />

das einen „Augenabstand“ von ca. 300<br />

Millionen Kilometern - gerade genug, um<br />

bei nahen Sternen den Sprungwinkel zu<br />

messen. Aber auch das nur mit enormen<br />

Schwierigkeiten, denn der Winkel ist<br />

erneut winzig: Kleiner als ein tausendstel<br />

eines Grades, bzw. etwas weniger als<br />

eine Bogensekunde. Erst 1838 gelang mit<br />

ganz bestimmten ausgefeilten Methoden<br />

dem Astronomen Friedrich Wilhelm<br />

Bessel eine solche Messung am Stern 61<br />

Cygni. Damit war klar: Die nahen Sterne<br />

stehen hunderttausende von Milliarden<br />

Kilometern entfernt (100.000 Milliarden<br />

Kilometer = ca. 10 Lichtjahre); im Falle<br />

von 61 Cygni sind es ca. 108.000 Milliarden<br />

km (=11,4 Lichtjahre). Oft wird die<br />

Distanz nicht in Lichtjahren angegeben,<br />

sondern in parsec - ein Parsec ist die<br />

Distanz, in der der Sprungwinkel eine<br />

Bogensekunde beträgt, das sind dann<br />

3,26 Lichtjahre.<br />

Fortsetzung folgt<br />

„Das Leben auf der Erde mag teuer sein,<br />

aber eine jährliche Rundreise um die Sonne<br />

ist mit dabei“<br />

Simon Singh<br />

20


2/12 Andromeda<br />

21


2/12 Andromeda<br />

Jahrhundertereignis mit<br />

Hindernissen: Der Venustransit<br />

Dieter Petrich<br />

Bei dem Ereignis vom 06.06.2012 handelt<br />

es sich um den siebten sichtbaren<br />

Venus-Transit, seit Johannes Kepler<br />

das Phänomen im 17. Jahrhundert zum<br />

ersten Mal voraussagte, und wir (Heinz<br />

Niermann und Dieter Petrich) wollten<br />

unbedingt dabei sein.<br />

in der Vergangenheit für die Region<br />

die stabilsten und aussichtsreichsten<br />

Wetterbedingungen. Bei strahlendem<br />

Wetter kamen Heinz und ich am 2. Juni<br />

nachmittags in Berlevag an. Auch der<br />

nächste Tag zeigte sich in hellem Sonnenschein,<br />

und erste Sonnenaufnahmen<br />

wurden direkt am Haus gemacht. Das<br />

mitgenommene Equipment war vollständig<br />

und funktionierte einwandfrei.<br />

Am 4. Juni sollte ein guter Standort<br />

im Hafen und in der Umgebung von<br />

Ein Jahr an Vorbereitung war vergangen,<br />

als wir am 1. Juni 2012 von Düsseldorf<br />

nach Ivalo, Finnland, flogen und dann<br />

weiter mit dem Auto nach Berlevag<br />

fuhren. Berlevag liegt ca. 400 km östlich<br />

vom Nordkap am Eismeer und zeigte<br />

Berlevag ausgekundschaftet werden,<br />

und zwei Standorte erfüllten unsere<br />

Anforderungen. Im Laufe des Tages zogen<br />

jedoch Wolken auf, die sich zu einer<br />

geschlossenen Wolkendecke verdichteten.<br />

Aber das Wetterprogramm sagte für<br />

22


Andromeda 2/12<br />

die kommenden Tage eine aufgelockerte<br />

Bewölkung voraus. Dieter Salathe vom<br />

Touristikbüro, der das Treiben von Heinz<br />

und mir aufmerksam verfolgte, war bei den<br />

Wettervorhersagen sehr skeptisch, denn<br />

der norwegische Wetterdienst sagte<br />

eine geschlossene Wolkendecke für die<br />

Nacht vom 5. auf den 6. Juni voraus.<br />

Ich erinnerte mich: Am Morgen des 5.<br />

Juni kam Dieter Salathe in unsere Ferienwohnung,<br />

und gemeinsam suchten<br />

wir im Internet nach verlässlichen<br />

Wettervorhersagen. Als wir nach den<br />

vielen widersprüchlichen Informationen<br />

keiner Vorhersage mehr trauten, ließ<br />

Dieter seine Beziehungen spielen und<br />

telefonierte mit dem örtlichen Flughafen.<br />

Von dort kam die Aussage: Nur weiter<br />

im Inland und zwar in der Region bei<br />

Lakselv bietet die Vorhersage ausreichend<br />

gute Sichtbedingungen für die<br />

kommende Nacht.<br />

Kurz entschlossen machten wir uns auf<br />

den fast 400 km weiten Weg. Je weiter<br />

wir ins Inland kamen, umso besser<br />

wurden die Sichtbedingungen. In Lakselv<br />

selbst zeigte sich keine Wolke am<br />

Himmel, und ein guter Beobachtungsstandort<br />

war auf dem Rastplatz des<br />

Naturschutzgebietes Roddineset schnell<br />

gefunden. Die Nacht erwies sich gegenüber<br />

den Temperaturen in Berlevag an<br />

der Barentssee als angenehm<br />

warm, es ging<br />

ein leichtes Lüftchen,<br />

und die Mitternachtssonne<br />

spiegelte sich im<br />

Porsangerfjord. Gegen<br />

2:00 Uhr wurde es<br />

windstill und die ersten<br />

Plagegeister (Mücken)<br />

tauchten auf. Wir ließen<br />

uns nicht beirren und<br />

machten in regelmä-<br />

23


2/12 Andromeda<br />

ßigen Abständen unsere Fotos. Morgens<br />

gegen 4:00 Uhr wechselten mehr als<br />

ein Dutzend Rentiere über die Straße<br />

und umringten unseren Beobachtungsstandort,<br />

ohne sich von uns stören zu<br />

lassen. Auch waren erste Wolken am<br />

Horizont aufgezogen, die die Sicht auf die<br />

Sonne erst gering, danach zunehmend<br />

beeinträchtigten. Nach 6:00 Uhr morgens<br />

wurde die Sonne dann von immer<br />

dunkleren Wolkenschichten verhüllt,<br />

sodass wir den Austritt der Venus aus<br />

der Sonnenscheibe nur noch ab und zu<br />

visuell im Fernglas beobachten konnten.<br />

Glücklich und zufrieden, denn immerhin<br />

hatten wir 6 Stunden den Venustransit<br />

bei guten Wetterbedingungen beobachten<br />

können, packten wir unsere<br />

Ausrüstung zusammen. Die vergangenen<br />

Stunden hatten uns so aufgewühlt, dass<br />

an Schlaf nicht zu denken war; und so<br />

beschlossen wir kurzerhand, noch zum<br />

Nordkap zu fahren (ca. 200 km) um<br />

erst danach die Heimreise anzutreten.<br />

So beeindruckend die Landschaft in<br />

Nordnorwegen auch ist, unsere Gespräche<br />

kamen immer wieder auf den<br />

Venustransit zurück und wie viel Glück<br />

und Unterstützung wir dank lieber Menschen<br />

dort erfahren hatten.<br />

Anmerkung: Der nächste Venustransit<br />

findet nach Angaben des DZLR am<br />

11. Dezember 2117 statt. Dann stehen<br />

Sonne, Venus und Erde wieder exakt<br />

in einer Linie. In Europa müssen wir<br />

jedoch noch etwas länger warten, erst<br />

acht Jahre später also am 8. Dezember<br />

2125 ist es soweit.<br />

24


Andromeda 2/12<br />

Astrofotografie und Internet lagen noch<br />

in weiter Ferne.<br />

Piers Bizony,<br />

1001 Wunder des Weltalls<br />

Eine Reise durch das Universum<br />

Kosmos Verlag, Stuttgart, 2012,<br />

eine Buchempfehlung von Hans-Georg<br />

Pellengahr<br />

„Wunder des Weltalls“, hieß mein erster<br />

Astronomie-Vortrag, in dem ich meinen<br />

Mitschülern der Unterprima 1967 das<br />

damalige astronomische Weltbild vorgestellt<br />

und mir damit zugleich eine gute<br />

Physiknote verdient habe. Die bemannte<br />

Raumfahrt hatte erst wenige Jahre<br />

zuvor begonnen, die Mondlandungen<br />

lagen noch in der Zukunft und der 2,5<br />

m Hooker-Spiegel auf dem Mount Wilson<br />

sowie sein 5 m -Kollege auf dem<br />

Mount Palomar waren noch bis 1975 die<br />

größten Teleskope der Welt. Digitale<br />

„Himmel voller Wunder“ hieß mein erster<br />

Astro-Bildband (Rudolf Kühn, 1957, mir lag<br />

die 3. Auflage von 1964 vor) mit Schwarz-<br />

Weiß-Fotografien der vorgenannten<br />

Großteleskope, vornehmlich Aufnahmen<br />

von Objekten der Milchstraße und der<br />

uns benachbarten Andromedagalaxie.<br />

Von den wirklichen Tiefen des Kosmos<br />

hatten wir in den 60er Jahren allenfalls<br />

eine erste vage Ahnung.<br />

Dank immer größerer und besserer<br />

Beobachtungsinstrumente hat sich das<br />

astronomische Wissen seit meiner Jugendzeit<br />

enorm erweitert und steht uns<br />

teilweise inzwischen sogar via Internet<br />

zur Verfügung. 45 Jahre nach meinem<br />

astronomischen Schulvortrag, inzwischen<br />

pensioniert und noch immer astronomiebegeistert,<br />

habe ich soeben die<br />

Vorbereitungen eines Volkshochschul-<br />

Astronomie-Kurses abgeschlossen.<br />

Dessen Thema lautet wie damals: „Die<br />

Wunder des Weltalls“, heute ergänzt um<br />

den Zusatz „eine fantastische Reise durch<br />

Raum und Zeit“. Die Kursteilnehmer/<br />

innen erwartet eine Bild- und Videogestützte<br />

Expedition bis an die Grenzen<br />

des sichtbaren Universums.<br />

Piers Bizony unternimmt in seinem Buch<br />

„1001 Wonders of the Universe“ eine ähn-<br />

25


2/12 Andromeda<br />

liche Reise. 2011 bei Quercus Publishing<br />

Ltd. in England erschienen, ist „1001<br />

Wunder des Weltalls“ seit dem Frühjahr<br />

2012 nun auch in einer dt. Ausgabe<br />

verfügbar, herausgebracht vom Kosmos<br />

Verlag, Stuttgart.<br />

Ein „Fotoalbum des Universums“, denn<br />

sein quadratisches Format, handliche<br />

23 cm x 23 cm, entspricht etwa dem<br />

eines Fotoalbums. Auch das Layout ist<br />

dementsprechend gestaltet: Über 1.000<br />

in guter Qualität reproduzierte Farbaufnahmen<br />

unterschiedlicher Größe auf<br />

schwarzem Hintergrund.<br />

„Das ganze Universum in einem Buch<br />

So haben Sie das All noch nie gesehen: Über<br />

1.000 Bilder mit den besten Aufnahmen von<br />

Planeten, Sternen und Galaxien entführen<br />

Sie auf eine unvergessliche Kreuzfahrt durch<br />

den Kosmos - von der Erde bis zum Rand<br />

des Universums ... .“<br />

So beginnt die Inhaltsbeschreibung des<br />

Verlages auf dem rückseitigen Buchcover,<br />

und diese Beschreibung trifft<br />

wirklich uneingeschränkt zu: Eine so<br />

schöne und umfangreiche Darstellung<br />

des Universums bietet kein anderer<br />

derzeit am Markt verfügbarer Bildband.<br />

Ausweislich der Verlagsangaben auf der<br />

letzten Seite wurde das Buch in China<br />

gedruckt und hergestellt. Kein Grund<br />

für Vorbehalte: Das Ergebnis ist uneingeschränkt<br />

gelungen.<br />

Wer dieses Buch aufschlägt, legt es so<br />

schnell nicht wieder aus der Hand. Die<br />

didaktisch sehr geschickt ausgewählten<br />

und zusammengestellten Bilder mit<br />

den jeweils unmittelbar zugeordneten<br />

Erläuterungstexten ziehen den Leser in<br />

ihren Bann.<br />

Viele Informationen erschließen sich<br />

bereits unmittelbar aus den Abbildungen.<br />

Ein Bild sagt eben mehr als<br />

tausend Worte. Deshalb ist es nur<br />

konsequent, dass sich die Begleittexte<br />

auf das Wesentliche konzentrieren.<br />

Inhaltliche Überfrachtungen wurden<br />

meines Erachtens zu Recht vermieden.<br />

Bilder und Texte ergänzen einander<br />

ideal, sind wissenschaftlich präzise und<br />

topaktuell ausgewählt und erläutert.<br />

Neueste Forschungsergebnisse haben<br />

bis zum Redaktionsschluss Berücksichtigung<br />

gefunden.<br />

Der Astronom und Wissenschaftsjournalist<br />

Hermann-Michael Hahn hat die<br />

Erläuterungstexte mit großer Sachkunde<br />

ins Deutsche übertragen. Jedem Buchabschnitt<br />

hat er eine kurze Einführung<br />

vorangestellt. An einigen wenigen Stellen<br />

hätte ich mir hier allerdings etwas mehr<br />

gewünscht. Ein Beispiel: Wenn die Auto-<br />

26


Andromeda 2/12<br />

ren auf S. 132 das Hertzsprung-Russel-<br />

Diagramm zur Sternklassifizierung erwähnen,<br />

sollten sie es für astronomische<br />

Laien auch kurz erläutern. In einer evtl.<br />

Folgeauflage sollte hier - vielleicht auch<br />

durch Einfügen einiger erklärender<br />

Grafiken - ein klein wenig nachgebessert<br />

werden.<br />

Die von Piers Bizony aus dem schier<br />

unendlichen Angebot der Bild- und Datenarchive<br />

der großen Observatorien,<br />

der Missionsportale der Raumfahrtorganisationen<br />

und vieler wissenschaftlicher<br />

Institutionen getroffene Bildauswahl<br />

ist exzellent gelungen. Und dies glaube<br />

ich wirklich kompetent beurteilen zu<br />

können, weil ich eben diese Archive in<br />

Vorbereitung meines Astronomiekurses<br />

in mühsamer, zugleich aber auch ungemein<br />

spannender Kleinarbeit, selbst<br />

ebenfalls intensiv durchforstet habe. Es<br />

erstaunt mich daher auch nicht, dass<br />

ich in Bizonys Bildband eine ganze Reihe<br />

von Fotos wiederfinde, die auch ich<br />

für meinen Astro-Kurs als besonders<br />

aussagekräftig, repräsentativ für eine<br />

bestimmte Objektgattung, als wissenschaftlich<br />

besonders interessant oder<br />

auch einfach aufgrund ihrer besonderen<br />

Ästhetik ausgewählt habe.<br />

Die Gliederung des Buches orientiert<br />

sich sinnvollerweise an der vom Aufbau<br />

des Universums vorgegebenen Ordnung.<br />

Ausgehend von unserem Sonnensystem<br />

geht die Reise durch die Milchstraße,<br />

unsere Heimatgalaxis, mit ihren Sternund<br />

Planetenentstehungsregionen, ihren<br />

großen Nebeln und dem schwarzen Loch<br />

in ihrem Zentrum, weiter durch unsere<br />

lokale Galaxiengruppe und schließlich<br />

hinaus zu den fernsten Galaxien.<br />

Die „1001 Wunder des Weltalls“ vermitteln<br />

- soweit dies überhaupt möglich<br />

ist - eine recht umfassende Vorstellung<br />

des Universums. Dass kosmologische<br />

Fragen dabei nur am Rande gestreift,<br />

nicht aber vertieft behandelt werden,<br />

finde ich - nicht zuletzt im Hinblick auf<br />

die Vielzahl widerstreitender und letztlich<br />

noch unbewiesener Hypothesen und<br />

Theorien - in Ordnung.<br />

Piers Bizony und Hermann-Michael<br />

Hahn ist mit diesem Bildband nicht nur<br />

ein wunderschönes, sondern auch ein<br />

sehr informatives Buch gelungen, das der<br />

Astronomie sicher viele neue Freunde<br />

bescheren wird. Den Teilnehmern/Innen<br />

meiner VHS-Astronomie-Kurse werde<br />

ich dieses Werk wärmstens empfehlen,<br />

zumal es in gewisser Weise auch eine<br />

Zusammenfassung meines Seminarstoffes<br />

darstellt, wie sie besser nicht<br />

sein könnte.<br />

27


2/12 Andromeda<br />

Ohne die zahllosen Raumsonden, Planetenmissionen,<br />

Weltraum- und erdgebundenen<br />

Teleskope und ohne deren über<br />

das Internet uneingeschränkt zugängliche<br />

Bildarchive wäre weder dieses Buch<br />

möglich gewesen noch hätte ich meinen<br />

Astronomiekurs in solch anschaulicher<br />

Weise gestalten können. Schon bei der<br />

Erstellung meiner Seminar-Präsentation,<br />

aber auch bei der Lektüre der „1001<br />

Wunder des Weltalls“ ist mir sehr bewusst<br />

geworden, welche gewaltigen<br />

wissenschaftlichen Fortschritte wir in<br />

den letzten Jahrzehnten haben erleben<br />

dürfen. Wir leben wahrlich in einer<br />

spannenden Zeit. Piers Bizony bringt’s<br />

in der Einleitung seines Buches auf den<br />

Punkt:<br />

„… Gegenüber unseren Vorfahren sind wir<br />

extrem privilegiert, die wir heute gerade in<br />

jenen Jahrzehnten der seit Jahrmillionen<br />

andauernden Menschheitsgeschichte leben,<br />

in denen Raumsonden zu den Planeten<br />

hinfliegen, sie aus der Nähe beobachten und<br />

sogar auf ihnen landen können. Und in denen<br />

Weltraumteleskope jenseits der störenden<br />

Erdatmosphäre viel mehr vom Universum<br />

erfassen als jemals zuvor.<br />

1001 Bilder, jedes so faszinierend wie die<br />

Märchen aus Tausendundeiner Nacht, tragen<br />

uns auf eine virtuelle Reise durch das Sonnensystem<br />

hinaus in die Weiten des Kosmos<br />

bis auf die andere Seite der Milchstraße und<br />

weiter durch Raum und Zeit zurück zu den<br />

Anfängen des Universums. …“<br />

Schauen Sie sich diesen Bildband einmal<br />

selbst an. Wetten, dass Sie ihn nur ungern<br />

wieder zurücklegen und am liebsten<br />

sofort erwerben möchten? Lassen Sie<br />

sich nicht vom Preis abschrecken: Das<br />

Buch ist jeden Cent wert.<br />

Bildnachweise:<br />

S. 2 IC 5146 „Kokonnebel“ .................. JB<br />

S. 5 Dr. Hendricks ................................ BO<br />

S. 8 <strong>Sternfreunde</strong> vor dem C14 .......... NN<br />

S. 9 Collage Planetariumsprospekt ... ES/LWL<br />

S. 11 Astrokids ......................................... JS<br />

S. 14 Hyakutake ....................................... MD<br />

S. 15 Polarlicht ........................................ JB<br />

S. 22 Venustransit ................................... DPHN<br />

-24<br />

S. 25 Wunder des Welalls ...................... KV<br />

S. 30 Hotel de Cuny ............................... CW<br />

S. 31 Observatorium von C. Messier ... CW<br />

S. 32 Großer Bär ..................................... NASA<br />

S. 34 Cover MHüdW .............................. BI<br />

Sterne ............................................... DeV<br />

S. 43 Eichbosonen ................................... WP<br />

Elementarteilchen ......................... WP<br />

S. 44 Gravitationspotential .................... DK<br />

S. 45 Michael und Thomas, Perseiden .. ES<br />

S. 46 Jochen, Michael und Thomas ...... ES<br />

2. Umschlagseite IC5146 Kokon-Nebel JB<br />

3. Umschlagseite. Meteore über<br />

Schloss Nordkirchen PM<br />

JB - Jochen Borgert; MD - Michael Dütting; DeV - Delfin-<br />

Verlag; BI - Bibliographisches Institut; KV - Kosmos<br />

Verlag; PM - Peter Maasewerd; DPHN - Dieter Petrich,<br />

Heinz Niermann; BO - Berenika Oblonzcyk; ES - Ewald<br />

Segna; JS - Jürgen Stockel; CW - Christian Wermert;<br />

MW - Mirko Wienke; WP - Wikipedia,<br />

3. U: Gesamtbelichtungszeit betrug ca. 2,5 Stunden, Einzelaufnahmen<br />

mit je 25s, gestackt. Vordergrund des Bildes<br />

mit Taschenlampen und externem Blitz ausgeleuchtet. 10<br />

mm-Weitwinkel., Peter Maasewerd<br />

28


Andromeda 2/12<br />

Ein Besuch bei Charles<br />

Messier - in zwei Versionen<br />

Christiane Wermert<br />

Welcher Hobby-Astronom kennt ihn<br />

nicht, den berühmten Messier-Katalog<br />

von 110 Deep-Sky-Objekten, den<br />

Charles Messier - z. T. in Zusammenarbeit<br />

mit Pierre Mechain und unter<br />

Verwendung älterer Kataloge von Halley,<br />

de Lacaille, Maraldi und Le Gentil - von<br />

1771 bis 1782 auflistete? Obwohl es sich<br />

bei diesen Objekten um die absoluten<br />

Deep Sky - Highlights handelt, wissen<br />

Fans der visuellen Beobachtung, wie<br />

schwer einige dieser recht schwachen<br />

Objekte zu finden sind, vor allem unter<br />

den lichtverschmutzten Bedingungen des<br />

<strong>Münster</strong>aner Stadthimmels. Doch im 18.<br />

Jahrhundert, zu Zeiten schummrigen<br />

Kerzenlichtes, hatte Charles Messier<br />

diese Objekte mitten in Paris gefunden,<br />

und zwar im berühmten Hôtel de Cluny<br />

im Quartier Latin in unmittelbarer Nähe<br />

der Sorbonne. Dem wollte ich anlässlich<br />

eines Kurzbesuches der Seine-Metropole<br />

auf den Grund gehen und entschloss<br />

mich zu einem Besuch.<br />

Erste Version:<br />

Ich habe Glück: Monsieur Charles Messier<br />

ist zu Hause oder ist es sein Geist?<br />

Nach langer Überredung gewährt er mir<br />

brummelnd ein kleines Interview.<br />

Charles Messier berichtet, dass er sich<br />

immer noch gerne nachts auf dem Turm<br />

des ehemaligen Observatoriums aufhält<br />

(oder sollte ich sagen: spukt), jedoch<br />

aufgrund seines schwindenden Augenlichtes<br />

kaum noch etwas wahrnimmt<br />

- geschweige denn Kometen oder neue<br />

Deep Sky-Objekte findet. Ich tröste<br />

ihn, dass er auch mit besseren Augen<br />

an seinem angestammten Platz nichts<br />

mehr entdecken könnte, da der Pariser<br />

Himmel so hell geworden ist, dass er<br />

mit dem bloßen Auge gerade noch den<br />

Blick auf Mond, Planeten und die leuchtkräftigsten<br />

Sterne wie z. B. Regulus mit<br />

1,4 m zulässt (eigene Beobachtung auf dem<br />

Montmartre, April 2012).<br />

Um von der Bedauerlichkeit dieser<br />

Entwicklungen abzulenken, bringe ich<br />

das Gespräch auf die Jahre ab 1754.<br />

Monsieur Messier lernte als 24-jähriger<br />

Marine-Schreiber und Kartenzeichner<br />

beim Chef-Astronom der Marine Nicolas<br />

Delisle die Grundzüge der Astronomie,<br />

vor allem die Angabe genauer Positionen<br />

der beobachteten Objekte. Ab 1759<br />

startete er die Jagd nach Kometen, die<br />

mit der Co-Entdeckung des Halleyschen<br />

Kometen begann und der insgesamt 19<br />

weitere Kometenentdeckungen folgen<br />

sollten. Die Wiederentdeckung des<br />

Halleyschen Kometen gelang übrigens<br />

29


2/12 Andromeda<br />

Johann Georg Palitzsch vier Wochen<br />

vor Messier, da Delisle sich bzgl. der<br />

Bahndaten verrechnet hatte.<br />

1771 machte Messier Karriere: er wurde<br />

als Nachfolger Delisles zum Astronomen<br />

der französischen Marine ernannt. Das<br />

versonnene Lächeln glücklicher Erinnerung<br />

breitet sich auf seinem geisterhaften<br />

Antlitz aus, als er sich an die folgenden<br />

Jahre erinnert. Vor allem die fruchtbare<br />

Zusammenarbeit mit dem französischen<br />

Astronomen Pierre Méchain hatte ihm<br />

viel Freude bereitet. Gemeinsam mit ihm<br />

vervollständigte er seinen Katalog von<br />

bis dahin 45 nebeligen Himmelsobjekten,<br />

die sich aufgrund ihrer Positionsfestigkeit<br />

nicht als Kometen erwiesen hatten. Im<br />

September 1782 entdeckte Méchain das<br />

107. Objekt. Messier konzentrierte sich<br />

wieder auf die Kometensuche. Dabei<br />

war sein enger Freund Jean Baptiste de<br />

Saron die wertvollste Unterstützung,<br />

da er die Kometenbahnen berechnete.<br />

Messier benutzte sehr<br />

unterschiedliche Teleskope<br />

mit Brennweiten<br />

bis zu 7m und Reflektoren<br />

mit Spiegeln bis<br />

zu 8 Zoll.<br />

Messier bekennt, dass<br />

der Deep Sky-Katalog<br />

heute seinen „Geist“<br />

mehr mit Stolz erfüllt als<br />

die von ihm entdeckten<br />

Kometen. Kaum vermag er seine Begeisterung<br />

in Worte zu kleiden, als er sich<br />

an die posthume Zeit erinnert, als durch<br />

Edwin Hubbles Entdeckungen klar wurde,<br />

was Messier unter anderem gesehen<br />

hatte: Fremde Galaxien in Millionen<br />

Lichtjahren Entfernung.<br />

Noch heute freut er sich an der Bedeutung<br />

seines Kataloges nicht nur für die<br />

Wissenschaft, sondern auch an seinem<br />

Kultstatus für tausende Hobby-Astronomen<br />

in aller Welt.<br />

Zweite Version:<br />

Das Hôtel de Cluny beherbergt heute das<br />

Mittelalter-Museum „Musée national du<br />

Moyen Âge“, eine naheliegende Nutzung,<br />

da das Gebäude von 1485, errichtet auf<br />

den Ruinen einer römischer Therme des<br />

4. Jahrhunderts, im Kontrast zu den vielen<br />

Stadthäusern des 19. Jahrhunderts,<br />

die es umgeben, eindeutig Mittelalterflair<br />

besitzt. Die Sammlung enthält berühmte<br />

30


Andromeda 2/12<br />

Gobelins, eine Gotenkrone und sonstiges<br />

mittelalterliches Zeug. Irgendwelche<br />

Hinweise auf Charles Messier sind<br />

auf der Webseite des Museums nicht<br />

zu finden.<br />

Und vor Ort? Nachdem ich das eindrucksvolle<br />

Gebäude, an das ein kleiner<br />

Park grenzt, mehrfach umrundet hatte,<br />

musste ich der Tatsache ins Auge sehen:<br />

Dienstag Ruhetag! Hinter einem<br />

großen Tor vermutete ich den Innenhof<br />

mit dem Turm, auf dem sich das von<br />

Dilisle errichtete und anschließend von<br />

Messier benutzte hölzerne Observatorium<br />

befand. Ermutigt durch meinen<br />

Mann klingelte ich an der Pforte. Ein<br />

Mitarbeiter öffnete, und sofort erblickte<br />

ich den Turm. Eine wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin kam mit ärgerlicher Miene<br />

auf uns zu, um uns zu verscheuchen. Ich<br />

fragte sie nach Charles Messier, doch der<br />

Name sagte ihr zunächst<br />

offenbar nichts! Erst nach<br />

dem Hinweis auf das Observatorium<br />

erhellte sich<br />

ihre Miene: Ja, dort auf<br />

dem Turm habe es so etwas<br />

gegeben. Freundlicher<br />

geworden genehmigte sie<br />

ein Foto.<br />

Also, liebe Hobby-Astronomen,<br />

ich bin nicht im<br />

Museum selbst gewesen,<br />

aber nach dem Gespräch<br />

mit der Mitarbeiterin vermute<br />

ich, dass dort kein<br />

Hinweis auf Charles Messier<br />

zu finden ist. Wer es<br />

besser weiß, möge mir<br />

berichten, denn das würde<br />

mich ein wenig trösten.<br />

„Ein Mensch der sich mit dem Universum<br />

beschäftigt, verhält sich bis in die kleinsten<br />

Dinge des Lebens anders, als jemand der<br />

dieses Wissen entbehrt.“<br />

Heinz Haber<br />

31


2/12 Andromeda<br />

Meine ersten Gehversuche<br />

... als Sternfreund<br />

Ewald Segna<br />

Lang‘ ist es her, sehr lang. Meine ersten<br />

Erinnerungen datieren ungefähr vom 5.<br />

Lebensjahr. Es gab da ein Buch, Zwieselchen,<br />

von Werner Bergengruen, ein<br />

dicker Schinken, aus dem mir mein Vater<br />

immer abends vorlas. Den Inhalt kann ich<br />

nicht mehr wiedergeben, aber ich weiß,<br />

dass da eine Grafik vorkam, genauer<br />

gesagt vier Grafiken, die den Sternenhimmel<br />

der Jahreszeiten Frühling, Sommer,<br />

Herbst und Winter darstellten. Da ich<br />

abends schon des Öfteren den Sternenhimmel<br />

über unserem Haus bewundern<br />

konnte, und bewundern ist hier genau<br />

der passende Ausdruck, interessierten<br />

mich diese Sternkarten ganz besonders.<br />

Ich habe sie sogar mit Butterbrotpapier<br />

abgepaust. Einige Konstellationen waren<br />

besonders auffällig. Als erstes der<br />

Große Wagen (Großer Bär), den mir<br />

mein Vater schon gezeigt hatte und auch<br />

der Kleine Wagen (Kleiner Bär) war gut<br />

zu erkennen. Ja, damals war das mit der<br />

Lichtverschmutzung noch nicht so fortgeschritten,<br />

die Milchstraße tatsächlich eine<br />

Wolke, vom Erscheinungsbild her. Da gab<br />

es nur ein Problem, mein Alter. Ich durfte<br />

nicht so lange aufbleiben, und im Sommer<br />

wurde es eh erst sehr spät dunkel. Aber<br />

als Kind ist man ja erfinderisch.<br />

Nachdem mich meine Mutter ins Bett<br />

gebracht hatte, wartete ich immer eine<br />

zeitlang, bis ich sicher war, dass meine Eltern<br />

vor dem Fernseher saßen und stahl<br />

mich dann nach draußen. Langsam schlich<br />

ich die Treppe herunter, diese olle, knarrende<br />

Treppe, machte die Haustür auf,<br />

lehnte sie an und verschwand in die<br />

Nacht. Nun ja, meistens hielt ich mich<br />

vor dem Haus auf der Straße auf. Was<br />

für ein phantastischer Himmel (achtet<br />

auf die Schreibweise, ph - eben damals<br />

war das so). Ich schaute mir schier die<br />

Augen aus dem Leib. Toll. Dieser Sternenhimmel<br />

zog mich<br />

magisch in den Bann.<br />

Die Stille der Nacht<br />

und die Erhabenheit des<br />

glitzernden Himmels<br />

machten mich sprachlos<br />

und staunend. Autos<br />

waren noch sehr selten<br />

in unserem Wohngebiet,<br />

32


Andromeda 2/12<br />

sodass das Beobachten auf der Straße<br />

kein Problem war. Nach einer gewissen<br />

Zeit verschwand ich wieder im Haus und<br />

legte mich schlafen. Das ging wirklich<br />

eine sehr lange Zeit gut, bis mich schließlich<br />

doch einmal die Nachbarn wohl so<br />

gegen 21:30 Uhr aufstöberten und es am<br />

nächsten Tag meinen Eltern erzählten.<br />

Ein kleines Donnerwetter rauschte an<br />

mir vorüber, aber was soll ich sagen:<br />

Die weiteren Ausflüge wurden geduldet,<br />

hatte auch eh keinen Zweck, denn was<br />

ich mir einmal in den Kopf setzte, ziehe<br />

ich auch durch (Marke westfälischer<br />

Dickschädel ;-). Hat sich auch bis heute<br />

nicht geändert *bg*)!<br />

mir ein Teleskop kaufen. Meine Eltern<br />

begleiteten mich nach <strong>Münster</strong> in eine<br />

Filiale von Quelle. Dort standen zwei<br />

Fernrohre zur Auswahl. Ein 169.- DM<br />

teures auf einer azimutalen Montierung<br />

und ein „sündhaft“ teures, 295.- DM, mit<br />

parallaktischer Montierung. Klar, welches<br />

Teleskop ich haben wollte. Ich bekam<br />

aber den 169.- DM Refraktor. Gut verpackt<br />

ging es mit dem Bus zurück.<br />

Das Paket war schon ziemlich sperrig und<br />

zum Glück traf ich einen Schulkameraden,<br />

neben den ich mich setzte, und das Teleskop<br />

kam quer über unseren Beinen<br />

zu liegen.<br />

So war es auch nur eine Frage der Zeit,<br />

dass ich mit den Sternkarten nach draußen<br />

ging, um weitere Formationen aufzufinden.<br />

Tja, und auf Anhieb fand ich den<br />

Orion. Da stand er majestätisch im Südosten,<br />

kurz nach dem Aufgang. Ich war<br />

sehr stolz: Mein erstes eigenes Sternbild<br />

hatte ich gefunden und zwar ganz alleine<br />

aufgesucht (ratet mal, welche Jahreszeit<br />

herrschte). Den Orionnebel hatte ich<br />

damals allerdings noch nicht auf dem<br />

Schirm. Später kam dann das Himmels-W,<br />

die Cassiopeia dazu, auch ein Sternbild,<br />

was nicht schwierig zu finden ist.<br />

Im 13. Lebensjahr verwirklichte ich dann<br />

einen lang gehegten Traum. Ich wollte<br />

Erstes Licht (First Light) war am Wochenende.<br />

Ich hatte ein paar Freunde<br />

eingeladen und wir bauten das Teleskop<br />

in meinem Zimmer auf. Das Fenster wurde<br />

geöffnet und los ging’s (damals fand<br />

das Beobachten noch in geschlossenen<br />

Räumen statt, bei mir)! Das erste Objekt<br />

sollte ein Stern 1. Größe im Westen,<br />

im Sternbild Adler sein, Altair. Sucher<br />

justiert, und... nichts im Blickfeld. Ich<br />

wollte natürlich gleich mit der stärksten<br />

Vergrößerung ans Werk gehen, inklusive<br />

Barlowlinse - eben, viel hilft viel. Die<br />

nächste Stunde wurde das nichts mit<br />

dem Sehen. Meine Freunde verloren<br />

einer nach dem anderen die Lust, sich<br />

weiter mit mir und dem Teleskop zu<br />

33


2/12 Andromeda<br />

beschäftigen, und dann war ich allein!<br />

Bäh, aber Altair habe ich dann doch noch<br />

gesehen. Ein flackerndes, in allen möglichen<br />

Farben schillerndes Scheibchen.<br />

Der Anfang war gemacht. Ein Fernrohr<br />

war da und wartete auf Futter... doch<br />

wo war der Unterbau, die Theorie. Ich<br />

hatte von nix `ne Ahnung; wo waren<br />

die Bücher her zu bekommen, die mein<br />

Hobby vertiefen sollten?<br />

Nun, bei der Buchhandlung Regensberg<br />

(wer kennt die noch?) erstand ich einen<br />

dicken Schmöker, „Meyers Handbuch<br />

über das Weltall“, Ausgabe aus dem Jahr<br />

1967. Ein tolles Buch, das immer noch in<br />

meinem Besitz ist. Stundenlang konnte<br />

ich mich in die Welt der Astronomie<br />

versenken.<br />

Ein weiteres<br />

Buch erstand<br />

ich in einer<br />

kleinen Buchhandlung<br />

in<br />

Hiltrup. Es<br />

stammte aus<br />

dem Delfin-<br />

Verlag, berüchtigt<br />

für<br />

seine Klebebindung; drei, viermal benutzt<br />

und schon hingen die Seiten einzeln am<br />

berühmten Faden oder fielen heraus.<br />

Nichtsdestotrotz war es für mich ein<br />

ausgezeichneter Leitfaden, weitere Sternbilder<br />

zu entdecken. Und so wuchs mein<br />

Sternbilderfundus immer mehr an.<br />

Nun, was soll ich sagen. Mit einer kleinen<br />

Auszeit von der Astronomie während<br />

meiner Lehre als Radio-Fernsehtechniker<br />

bin ich noch immer mit diesem<br />

faszinierenden Hobby beschäftigt, und<br />

ich hoffe, dass es mich noch sehr lange<br />

begleiten wird. Auch heute noch,<br />

wie damals, befällt mich ein feierliches<br />

Staunen, wenn ich mir die Sterne mit<br />

bloßen Augen anschaue. Ihr Funkeln in<br />

meinen Augen spiegelt sich dann auch bei<br />

der Beobachtung der Sterne wider und<br />

mein Mund quillt über, wenn ich über<br />

mein Hobby berichten kann, sei es im<br />

Gespräch mit Freunden oder auch Nachbarn<br />

oder unbekannten Menschen, die<br />

34


Andromeda 2/12<br />

mich schon des Öfteren nachts auf der<br />

Straße beim Beobachten des Mondes,<br />

der Sterne und Planeten, ja ab und zu<br />

auch von Kometen angesprochen haben<br />

und denen ich nur allzu bereitwillig<br />

Auskunft gebe über die „Wunder des<br />

Himmels“, die leider immer schlechter<br />

aufgrund der nächtlichen Beleuchtung<br />

- der rapide zunehmenden Lichtverschmutzung<br />

unserer Städte - zu sehen<br />

sind. Der Anblick des Sternenhimmels<br />

hat sich seit meiner Kindheit tief in mir<br />

eingebrannt.<br />

sich nach vorläufigen Berechnungen<br />

allerdings mit einer Helligkeit von -16 m<br />

zu einem wirklich “Großen Kometen”<br />

entwickelt und somit selbst bei Tage<br />

gesehen werden kann.<br />

Quelle Webseite:<br />

http://www.aerith.net/comet/<br />

catalog/2011L4/2011L4.html<br />

http://www.aerith.net/comet/<br />

catalog/2012S1/2012S1.html<br />

Da kommt was auf uns zu<br />

Kometenvorschau 2013<br />

Ewald Segna<br />

Zur Zeit sind zwei Kometen im Sonnensystem<br />

unterwegs, die ein spektakuläres<br />

Schauspiel im kommenden Jahr bieten<br />

könnten.<br />

Zum einen ist das Komet C/2011 L4<br />

PanStarrs, dessen größte Helligkeit im<br />

März kommenden Jahres erwartet wird.<br />

Seinen sonnennächsten Punkt erreicht<br />

er am 10. März 2013. Eine Woche vor<br />

dem sogenannten Periheldurchgang ist<br />

er abends kurz vor Sonnenuntergang im<br />

Westen zu sehen.<br />

Beobachteter/hochgerechneter Helligkeitsverlauf<br />

Grafik: Comet for Windows.<br />

Zum anderen ist das Komet C/2012<br />

S1 Ison, dessen größte Helligkeit Ende<br />

November 2013 erwartet wird; und der<br />

Beobachteter/hochgerechneter Helligkeitsverlauf<br />

Grafik: Comet for Windows.<br />

35


2/12 Andromeda<br />

Kattenvenne<br />

Peter Noch<br />

Sonntag, 2. September 2012, 14.00 Uhr:<br />

Von weitem sehe ich die Übertragungswagen<br />

vom WDR, wo gerade der<br />

Vorsitzende der Internationalen Dark<br />

Sky Association ein Interview mit dem<br />

Bürgermeister von Kattenvenne gibt.<br />

Ich bahne mir einen Weg durch ca. 30<br />

aufgebaute Sonnen-Teleskope mit 50<br />

<strong>Sternfreunde</strong>n, als ein Heißluftballon mit<br />

der Aufschrift „50 Jahre VdS“ über dem<br />

Ort auftaucht und Präsente abwirft, die<br />

an kleinen Fallschirmen auf dem Kirchplatz<br />

niedergehen - Marsriegel!<br />

In der vollbesetzten Bürgerhalle werden<br />

auf eine Großleinwand Astro-Bilder vom<br />

Mautweg projiziert, während im Foyer<br />

eine Posterausstellung von 5 Landwirten<br />

präsentiert wird, die für eine Ansiedlung<br />

der zukünftigen Sternwarte (mit Windanlagenverbot)<br />

werben - besonders nett<br />

fand ich die Übernachtungsmöglichkeit<br />

mit „Astronomen-Frühstück“ am späten<br />

Vormittag.<br />

Ein Ideen-Wettbeweb zur Imagewerbung<br />

von Kattenvenne gewann einer der<br />

8 anwesenden Leuchtmittelhersteller<br />

mit dem Slogan „ CUT-nvenne“ (CUT<br />

the light pullution), der bereits einen<br />

Vertrag mit der Gemeinde zum Einsatz<br />

abgeschirmter Lampen abschließen<br />

konnte.<br />

Besonders beeindruckt waren die Kinder<br />

von dem 1:1 Modell des Mars-Roboters<br />

Curiosity, den ortsansässige Firmen aus<br />

Schrottteilen herstellten - ein echter<br />

Dobson. Er soll das erste Ausstellungsstück<br />

des geplanten Freilichtmuseums<br />

„Astronomie zum Anfassen“ sein, wobei<br />

die zukünftige Sternwarte natürlich mit<br />

einbezogen wird.<br />

Einfallsreich waren auch die Venus-<br />

Transit-Kekse am Kaffeestand und die zu<br />

einem Buch gebundenen 700 Exemplare<br />

der Sonderausgabe von Andromeda<br />

(Guiness-Rekord!). Dies wird ein Präsent<br />

für das 700. Mitglied der <strong>Sternfreunde</strong><br />

<strong>Münster</strong> und soll zum 750-jährigen<br />

Jubiläum von Kattenvenne überreicht<br />

werden!<br />

Im Festzelt trat Bata Illic mit einem<br />

Update seines Klassikers „Ich hab noch<br />

Sand in den Schuhen aus Hawaii“ auf, wo<br />

er auch vom Himmel über dem Mauna<br />

Kea schwärmt - ganz großes Kino!<br />

Spaß beiseite: Ich habe maßlos übertrieben<br />

- es war eine One-Man-Show, da<br />

ich der einzige Sternfreund vor Ort war,<br />

aber immerhin hatte ich mein Luntsolar<br />

36


Andromeda 2/12<br />

Teleskop eingepackt und baute dieses<br />

direkt auf dem Rasen vor der Kirche auf,<br />

was sofort eine Reihe von Interessierten<br />

zu mir führte und neben dem Blick auf<br />

die Sonne viele Gespräche, besonders<br />

über das Thema Lichtverschmutzung<br />

ermöglichte.<br />

Leider zog um 15.00 Uhr eine Wolkenwand<br />

im Süden auf, die sich auch nicht<br />

mehr auflöste.<br />

Trotz der nicht überragenden Beteiligung<br />

(ich hatte mich selbst erst spontan<br />

dazu entschieden) fand ich die Aktion<br />

und die Präsenz einen Erfolg: Ich habe<br />

beim Veranstalter noch einen Jubiläums-<br />

Button (mit Andreas-Kreuz und Ölzweig)<br />

erstanden und mich an einigen<br />

Ständen gütlich getan: Es war ein gut<br />

besuchtes Fest, das von uns sicher noch<br />

besser hätte genutzt werden können<br />

(das 725-jährige kommt bestimmt), aber<br />

immerhin…<br />

Die Astronomie ist vielleicht diejenige<br />

Wissenschaft, worin das wenigste durch<br />

Zufall entdeckt worden ist, wo der<br />

menschliche Verstand in seiner ganzen<br />

Größe erscheint und wo der Mensch am<br />

besten lernen kann, wie klein er ist.<br />

Georg Christoph Lichtenberg<br />

1742-1799<br />

<strong>Sternfreunde</strong> intern<br />

• Eintritte:<br />

Dorlies Schriever<br />

Norbert Bartholomäus<br />

Daniel Spitzer<br />

Andreas Walter<br />

Claus Wolbeck<br />

• Dr. h. c. Klaus Junak<br />

Kurz vor Redaktionsschluß dieser<br />

Ausgabe erreichte uns eine traurige<br />

Nachricht. Unser langjähriges Mitglied<br />

Klaus Junack ist am 18. September<br />

2012 im Alter von 85 Jahren gestorben.<br />

Bei vielen Veranstaltungen,<br />

ob nach Vorträgen oder bei öffentlichen<br />

Beobachtungen, war er stets<br />

ein freundlicher aber bestimmter<br />

Ansprechpartner. In Erinnerung geblieben<br />

sind insbesonders auch seine<br />

kenntnisreichen Vorträge bei den<br />

<strong>Sternfreunde</strong>n im LWL-Museum für<br />

Naturkunde über den Astronomen<br />

Johannes Kepler, sowie einige Artikel<br />

über historische Aspekte der Astronomie<br />

in der „Andromeda.“<br />

Wir werden Dich nicht vergessen!<br />

• In eigener Sache: Ein besonders<br />

dickes Dankeschön geht an Robert<br />

Perdok, der das neue Layout und<br />

die Titelseite der Andromeda entworfen<br />

hat!<br />

37


2/12 Andromeda<br />

Sumsemann, Enterprise,<br />

Sterne oder Venus?<br />

Dorlies Schriever<br />

Ich weiß es nicht mehr so genau, wie ich<br />

den Weg zur Himmelskunde gefunden<br />

habe. Vielleicht war der ausschlaggebende<br />

Punkt dazu die Geschichte von<br />

Peterchens Mondfahrt, als Peterchen<br />

und Anneliese mit dem Sumsemann zum<br />

Mond flogen, um sein sechstes Beinchen<br />

wiederzuholen oder als Neil Armstrong<br />

zum ersten Mal den Mond mit den Worten<br />

betrat: „Das ist ein kleiner Schritt für<br />

einen Menschen, aber ein riesiger Sprung<br />

für die Menschheit.“ Es kann aber auch<br />

sein, dass es daran liegt, dass ich schon<br />

immer gerne Raumschiff Enterprise<br />

geguckt habe.Vielleicht aber sprang der<br />

Funke über, als ich das erste Mal durch<br />

das Teleskop meines Bruders schaute<br />

und den Saturn mit seinen Ringen sah.<br />

Einfach atemberaubend.<br />

Leider vergingen dann ca. 30 Jahre bis ein<br />

heller Stern am Himmel mein Interesse<br />

an der Astronomie wiederbelebte. Da<br />

meine Tochter zu der Zeit die Anfängergruppe<br />

der <strong>Sternfreunde</strong> besuchte,<br />

beschloss ich, einfach mal mitzugehen.<br />

Ich wollte doch wissen, was das für ein<br />

heller Stern ist. Es war kein Stern, sondern<br />

ein Planet: Die Venus.<br />

Zwei Jahre besuchten wir mit Begeisterung<br />

die Anfängergruppe der<br />

<strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong>, bis wir dann vor<br />

kurzem zur Kosmologiegruppe wechselten.<br />

Wir freuen uns jetzt schon immer<br />

auf das nächste Treffen.<br />

38


Andromeda 2/12<br />

Der Weltraum -<br />

unendliche Weiten...<br />

Michael Seifert<br />

Bereits sechs Jahre vor Ausstrahlung der<br />

ersten Folgen der bis heute bekannten<br />

Science-Fiction-Serie „Raumschiff Enterprise“<br />

(„Star Trek“) im ZDF gab es im<br />

deutschen Fernsehen mit der „Raumpatrouille“,<br />

damals noch in schwarzweiß,<br />

die Abenteuer von wagemutigen<br />

Männern und Frauen zu bestaunen, die<br />

weit über das hinausgingen, was das<br />

Wettrennen der beiden Großmächte<br />

UdSSR und USA um die Eroberung<br />

des Weltraums hervorbrachte. Der<br />

Vorspann dieser einzigartigen Serie<br />

endete mit den Worten „Begleiten<br />

wir die ORION und ihre Besatzung bei<br />

ihrem Patrouillendienst am Rande der<br />

Unendlichkeit“. Dieser Aufforderung bin<br />

ich als damals 9-jähriger gerne gefolgt,<br />

und auch für viele andere Jungen lösten<br />

damals Raumfahrer Cowboys als Identifikationsfiguren<br />

ab.<br />

Doch über die spannenden Geschichten<br />

hinaus blieben viele Fragen offen:<br />

• was war eine Supernova und warum<br />

zum Teufel hieß die entsprechende<br />

Folge „Planet außer Kurs“?<br />

• wie weit ist es zum nächsten bewohnten<br />

Sonnensystem?<br />

• warum sehen die Bewohner(innen)<br />

dort so aus wie auf der Erde?<br />

• und könnten sie tatsächlich unsere<br />

Sonne aufheizen - zumindest theoretisch?<br />

Wie die Drehbuchautoren die wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse tlw. mit Füßen<br />

getreten haben, ist unglaublich, aber es<br />

sei ihnen verziehen, da sie in mir das Interesse<br />

für Astronomie und Astrophysik<br />

geweckt haben, das über all die Jahre<br />

bis heute nicht verloschen ist. Ich kann<br />

nicht mehr abschätzen, wie viele Bücher<br />

ich in dieser Zeit gelesen habe, über die<br />

Entwicklung von Sternen, Galaxien und<br />

das Universum als Ganzes. Besonders in<br />

den letzten 20 Jahren explodierten die<br />

Erkenntnisse durch neue Instrumente<br />

wie das Hubble-Space-Telescope und<br />

neue Techniken wie adaptive und aktive<br />

Optiken und bescheren uns allen<br />

wunderschöne Bilder von unseren kosmischen<br />

Nachbarn bis zu Phänomenen<br />

am Rand des sichtbaren Universums.<br />

Da ich in jungen Jahren selbst den Einstieg<br />

in die beobachtende Astronomie<br />

irgendwie nicht geschafft habe, bin<br />

ich dafür wohl mittlerweile durch die<br />

fantastischen Aufnahmen, die für jeden<br />

in Buchform oder im Internet zugänglich<br />

sind, verloren. Dennoch blicke ich<br />

fasziniert und mit unbewaffnetem Auge<br />

39


2/12 Andromeda<br />

gern in den nächtlichen Sternenhimmel,<br />

so er denn trotz Lichtverschmutzung<br />

noch erlebbar ist.<br />

Schmankerln, so z. B. im letzten August<br />

den Tag der offenen Tür am MPI für<br />

Astronomie in Heidelberg.<br />

Zu den <strong>Sternfreunde</strong>n kam ich, als diese<br />

2006 eine Reise in die Türkei zur<br />

Sonnenfinsternis organisierten und an<br />

der meine Familie und ich teilnahmen.<br />

Das Erlebnis der Beobachtung einer<br />

SOFI mit eigenen Augen war uns 1999<br />

trotz Fahrt in den Süden Deutschlands<br />

wegen einer dichten Wolkendecke nicht<br />

vergönnt gewesen, das mussten wir<br />

nachholen. Dadurch auf die <strong>Sternfreunde</strong><br />

aufmerksam geworden, besuchte ich anschließend<br />

einige Vorträge. Das überaus<br />

freundliche „Willkommen heißen“ von<br />

Gleichgesinnten hat dann konsequenterweise<br />

zum Vereinseintritt geführt. So<br />

sind der Dienstag regelmäßig zum All-Tag<br />

und sowohl die Vortragsreihen als auch<br />

die Diskussionen der Kosmologiegruppe<br />

zu einem festen Bestandteil meines<br />

Kalenders geworden.<br />

Doch mein Wissenshunger ist damit<br />

noch nicht gestillt. Leider hat die Westfälische<br />

Wilhelms-Universität seit Ende<br />

der neunziger Jahre kein astronomisches<br />

Institut mehr. Aber als Ergänzung zu den<br />

o.g. Vorträgen freue ich mich jedes Jahr<br />

auf das dort angebotene Astroseminar<br />

(in diesem Jahr am 26.-27.10.2012). Auch<br />

auf Städtereisen fand ich hin und wieder<br />

Absolutes Highlight auf meinem „kosmischen<br />

Weg der Erkenntnis“ war bisher<br />

das STARMUS-Festival auf Teneriffa<br />

2011. An diesem nahmen u. a. Astronauten<br />

wie der gerade verstorbene Neil<br />

Armstrong, Edwin Aldrin und Alexei<br />

Leonow (der erste Weltraumspaziergänger)<br />

teil und Wissenschaftler wie die<br />

Astrophysiker Michel Mayor (Entdecker<br />

des ersten extrasolaren Planeten um<br />

einen sonnenähnlichen Stern), Jill Tarter<br />

(Direktorin von SETI), Kip S. Thorne<br />

(Autor von „Gekrümmter Raum und<br />

verbogene Zeit“) und George F. Smoot<br />

(Nobelpreisträger für die Erforschung<br />

der Hintergrundstrahlung). Gerade die<br />

letzteren sind für mich die wahren Helden.<br />

Ihnen und ihren Forscherkollegen<br />

werde ich auf ihrem Weg zum Verständnis<br />

des Universums auch in Zukunft<br />

weiterhin mit Begeisterung folgen und<br />

weiß mich dabei bei den <strong>Sternfreunde</strong>n<br />

in guter Gesellschaft.<br />

„Die Welt ist alles, was der Fall ist.“<br />

(Ludwig Wittgenstein)<br />

„Die Welt ist alles, was der Fall ist, und<br />

auch alles, was der Fall sein kann.“<br />

(Anton Zeilinger, Uni Wien)<br />

40


Andromeda 2/12<br />

Das Higgs- Boson<br />

The missing Link?<br />

Philipp Stratmann<br />

Es war eine gänzlich unbedeutend wirkende<br />

Meldung, welche in den Wochen<br />

nach dem 4. Juli dieses Jahres die wissenschaftliche<br />

Fachwelt in Aufregung<br />

versetzte und selbst in den fachfremden<br />

Medien ihre Würdigung fand. Obgleich<br />

einige Verschwörungstheoretiker die<br />

Hauptintention der Erbauer des größten<br />

Teilchenbeschleunigers der Welt, des<br />

LHCs, noch immer mit alles verschlingenden<br />

schwarzen Löchern assoziieren<br />

mögen, so verkündete Joe Incandela<br />

vom CERN an diesem Tag vermutlich<br />

die Erfüllung des eigentlich wichtigsten<br />

Zieles dieses Instrumentes mit denkbar<br />

nichtssagenden Worten:<br />

„Wir beobachten in unseren Daten deutliche<br />

Signale eines neuen Teilchens im Bereich von<br />

125 Gigaelektronvolt (GeV) mit einer Signifikanz<br />

von knapp 5 Sigma. Diese Ergebnisse<br />

sind zwar noch vorläufig, aber es handelt<br />

sich tatsächlich um ein neues Teilchen. Wir<br />

wissen, dass es ein Boson sein muss, und es<br />

ist das schwerste Boson, das wir je entdeckt<br />

haben. “<br />

Und da war es endlich, man hatte es aufgestöbert,<br />

war es nach jahrzehntelanger<br />

Suche endlich gefunden worden, das...?<br />

Ja, was eigentlich? Ein Teilchen mit einer<br />

Masse von ungefähr 125 GeV/c², also etwas<br />

schwerer als ein Cäsium-Atom.<br />

Noch im letzten Jahr hatte diese Institution<br />

erst eine gänzlich andere Sensation<br />

verkündet, als Neutrinos mit Überlichtgeschwindigkeit<br />

scheinbar der Einsteinschen<br />

Relativitätstheorie die Zunge<br />

herausgestreckt hatten. Ein Monat war<br />

nun vergangen, seit in Kyoto der CERN-<br />

Forschungsdirektor Sergio Bertolucci<br />

höchst persönlich die Ergebnisse neuer<br />

Experimente vorstellte, welche den<br />

Neutrinos jede Überlichtgeschwindigkeit<br />

wieder absprachen. Anstatt für neue<br />

Physik hatte die gesamte Geschichte<br />

lediglich Hohn, Spott und schlechte<br />

Witze als Ergebnis mit sich gebracht.<br />

Und noch gefangen in dieser Erinnerung<br />

war Incandela wohl besonders der<br />

Vorsicht verschrieben, als er inmitten<br />

seiner Fachsprache genau jenen Satz<br />

auszulassen wusste, auf welchen alle<br />

gewartet hatten: Wir haben das Higgs-<br />

Boson entdeckt! Oder zumindest ein<br />

Partikel, welches sich verdammt ähnlich<br />

wie eines verhält.<br />

Die absurde Jagd nach der Weltformel 332<br />

Mehr Seiten, als Hardcover vier Jahrzehnte Springer-Verlag, nach Berlin-Heidelberg,<br />

2010 ISBN: 978-3-642-04836-4 von<br />

seinem<br />

theoretischen Postulat würde dieses<br />

„bild der wissenschaft“ als Wissenschaftsbuch<br />

Objekt damit einen Schlussbaustein in<br />

2010 ausgezeichnet<br />

41


2/12 Andromeda<br />

das Standardmodell der Teilchenphysik<br />

setzen, also jener Theorie, welche die<br />

Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen<br />

miteinander beschreibt.<br />

Es war von mehreren Autoren beinahe<br />

gleichzeitig postuliert worden. Doch erst<br />

Steven Weinberg verband es in seinem<br />

Aufsatz „A model of leptons“ durch ein<br />

kleines Missgeschick beim Zitieren auf<br />

ewig mit dem Namen des Briten Peter<br />

Higgs. Aber was ist schon in einem Namen...?<br />

Der Grund dafür, dass diese Ergänzung<br />

zur Theorie überhaupt notwendig war,<br />

stammte ironischer Weise aus dem bahnbrechenden<br />

Erfolg einer ganz anderen<br />

Hypothese - und deren Widerspruch<br />

zur Natur. Denn obgleich in den 1950er<br />

Jahren die vier fundamentalen Kräfte unseres<br />

Universums bekannt waren, konnte<br />

einzig die elektromagnetische Kraft<br />

zufriedenstellend beschrieben werden.<br />

Gerade an der schwachen Wechselwirkung<br />

(jene, die z. B. ,die zentrale Rolle<br />

in der Radioaktivität spielt) zeigten sich<br />

Schwächen in der Beschreibung. Um es<br />

grob darzustellen, fehlte eine Möglichkeit,<br />

eine geeignete Energieskala zu ihrer<br />

Beschreibung zu finden, von Physikern<br />

auch Renormierung genannt. Man<br />

versucht herauszufinden, in welchem<br />

Energiespektrum die Theorie, welche<br />

wir betrachten, gültig ist.<br />

Doch schon bald tauchten erste Lösungsansätze<br />

auf, die zunächst insbesondere<br />

die elektromagnetische und schwache<br />

Kraft zu dem Konstrukt der elektroschwachen<br />

Kraft zusammenführten.<br />

Abdus Salam, Sheldon Glashow und<br />

Steven Weinberg fanden sie im Rahmen<br />

der sogenannten Eichtheorie.<br />

Diese basiert auf der Idee, dass wir jedes<br />

Feld ebenso durch Potentiale beschreiben<br />

können. Dass wir sicheren Fußes<br />

auf der Erde stehen, verdanken wir im<br />

Endeffekt der Schwerkraft, welche uns<br />

beständig zum Massezentrum unseres<br />

Mutterplaneten zieht. Genauso gut<br />

jedoch können wir auch die Erde in ein<br />

dreidimensionales Koordinatensystem<br />

sperren und weiterhin sagen, dass<br />

hier jeder Punkt ein Potential besitzt.<br />

In diesem Potential befinden wir uns,<br />

können es erhöhen, wenn wir Treppenstufen<br />

steigen oder wieder verringern,<br />

wenn wir versehentlich auf einer Stufe<br />

abgleiten. Und da alles danach strebt,<br />

sein Potential zu verringern, werden wir<br />

immer nach unten gezogen werden.<br />

Ebenso hantieren wir tagtäglich mit dem<br />

elektrischen Feld, welches zwischen<br />

den beiden Elektroden einer Steckdose<br />

besteht. Gerne attestieren wir ihr eine<br />

Potentialdifferenz von 230V.<br />

42


Andromeda 2/12<br />

Denn Felder sind im Zuge der Physik<br />

ziemlich realitätsnah beschrieben. Sie<br />

werden erzeugt durch Teilchen, welche<br />

die Kräfte übertragen, die<br />

mit dem Feld verbunden<br />

sind. Physiker nennen<br />

sie Bosonen, in Abgrenzung<br />

zu den Partikeln,<br />

welche Materie bilden,<br />

Fermionen. Photonen sind<br />

z. B. Bosonen und schlussendlich<br />

die Überträger<br />

der elektromagnetischen<br />

Wechselwirkung. Zwei<br />

Elektronen, welche sich<br />

zu nah kommen, tauschen<br />

Photonen aus und interagieren<br />

damit, in diesem<br />

Falle stoßen sie sich gegenseitig<br />

ab.<br />

Kennen wir nun ein beliebiges<br />

Potential, so können wir hieraus<br />

die resultierenden Felder und damit<br />

Kräfte bestimmen. Aber im Gegensatz<br />

zum ersteren kann man Felder auch direkt<br />

messen, und genau dies wird getan,<br />

wenn wir z. B. die Spannung (= die Potentialdifferenz)<br />

einer Steckdose bestimmen<br />

wollen. Wir messen das Feld.<br />

Erstaunlich ist es allerdings, was für<br />

eine Rolle diesen Potentialen dafür in<br />

der Physik zukommt. Denn sowohl in<br />

die fundamentalen Gleichungen der<br />

Mechanik (Lagrange-Formalismus), als<br />

auch der Quantenphysik (Schrödinger-<br />

Gleichung) behandeln Physiker wiederum<br />

Potentiale.<br />

Ein Überblick über die Elementarteilchen.<br />

Sowohl Fermionen (blau und grün) als auch<br />

Bosonen (rot und gelb) sind dargestellt.<br />

43


2/12 Andromeda<br />

Nun, wo ist der Unterschied? Potentiale<br />

sind nicht eindeutig definiert. Wir<br />

können ein Potential auf bestimmte Art<br />

und Weise ändern, ohne dass die Physik<br />

davon beeinflusst wird. Im Falle des<br />

Elektromagnetismus wird dies dadurch<br />

klar, dass der gesamte Raum um uns<br />

herum von einer gleichmäßig verteilten<br />

negativen Ladung gefüllt sein könnte, und<br />

niemand würde es merken. Das Potential<br />

wäre überall um einen konstanten Faktor<br />

verschieden, aber keine Auswirkung<br />

Ein Gravitationspotential, verursacht durch<br />

eine Punktmasse.“<br />

auf die reale Welt wäre feststellbar.<br />

Dieser Tatsache wird auch im Formalismus<br />

Tribut gezollt. Die Ergebnisse<br />

einer Theorie ändern sich nicht, wenn<br />

wir die Gleichung in einer gewissen Art<br />

und Weise verändern, z. B. einen Term<br />

hinzu addieren. Sie sind eichinvariant,<br />

d. h. invariant gegenüber einer Eichtransformation.<br />

Ein schönes, weiteres Beispiel liefert Hans<br />

Günther Dosch in seinem lesenswerten<br />

Buch „Beyond The Nanoworld“. Denn<br />

schlussendlich haben wir alle eine Eichtransformation<br />

hinter uns. Als 2002 der<br />

Euro eingeführt wurde, versprach die<br />

Politik jedem Deutschen, dass er für<br />

1,9558 DM einen Euro erhielt, welcher<br />

die gleiche Kaufkraft hätte. Auf deutscher<br />

Ebene gesehen führten wir eine<br />

Eichtransformation durch, denn die<br />

Währung (das „Potential“)<br />

änderte sich, aber wirklich<br />

messbar in der realen Welt<br />

war natürlich nur unsere<br />

Kaufkraft. Und diese sollte<br />

gleich bleiben.<br />

Genau diese Invarianz oder<br />

Symmetrie wird in der Physik<br />

benötigt um auszuschließen,<br />

dass die Formeln der Standardtheorie<br />

mathematisch „beliebig hässlich“ werden<br />

können.<br />

Die Felder, welche die Eichtheorie<br />

beschreibt, müssen deshalb invariant<br />

unter Eichtransformationen sein. Und<br />

da die Eichtheorie alle vier physikalischen<br />

Kräfte zu beschreiben sucht, muss dies<br />

für ein jedes gegeben sein.<br />

Fortsetzung folgt<br />

„Es ist falsch zu denken, es wäre Aufgabe der<br />

Physik herauszufinden, wie die Natur beschaffen<br />

ist. Aufgabe ist vielmehr, herauszufinden,<br />

was wir über die Natur sagen können.“<br />

(Niels Bohr; Nobelpreis 1922)<br />

44


Andromeda 2/12<br />

Die Perseiden Anno 2012<br />

Jochen Borgert, Hans-Georg Pellengahr,<br />

Ewald Segna<br />

Alljährlich um den 12. August herum<br />

kreuzt die Erde die Bahn des Kometen<br />

109P/Swift-Tuttle. Das ist die Zeit<br />

verstärkten Sternschnuppenfalls. Und<br />

so verabredeten wir, Jochen, Thomas,<br />

Michael und ich uns in der Alverskirchener<br />

Bauernschaft zwecks Beobachtung<br />

dieses immer wiederkehrenden<br />

Schauspiels. Hinzu kam, dass der Mond<br />

erst später aufging, also erst einmal nicht<br />

störte. Aus der einschlägigen Literatur<br />

Minuten kamen die Meteore bevorzugt<br />

aus der Gegend des Sternbildes Schwan.<br />

Da waren auch ein paar sehr helle dabei,<br />

heller als Jupiter, manche kamen in die<br />

Nähe der Venushelligkeit, aber nicht heller.<br />

Schweife waren zwei ca. 8 Sekunden<br />

lang zu sehen, mehrere kürzer.<br />

In ca. 2 Stunden habe ich 60 Meteore<br />

gesehen, was auf ein Stundenmittel von<br />

30/Stunde schließen lässt (das ist aber<br />

nicht korrekt, denn bei der Rechnung<br />

der Sternschnuppenhäufigkeit gehen<br />

noch ein paar andere Parameter ein, wie<br />

Horizontsicht, Grenzgröße der Sterne,<br />

Lage des Radianten - der Punkt, aus<br />

dem die Sternschnuppen zu kommen<br />

scheinen - gerechnetes Verhältnis der<br />

schwachen Sternschnuppen zu den hellen<br />

etc. Ausführliche Rechnungen hatte<br />

ich in der Andromeda 4/2002 und 3/4<br />

2004 veröffentlicht).<br />

bekannt waren Fallraten von 60 - 100<br />

Meteore pro Stunde. Um 23:00 Uhr<br />

hatten wir unsere Beobachtungsstühle<br />

aufgebaut und konnten mit der Beobachtung<br />

beginnen. Hier die Protokolle<br />

zusammengefasst in Kurzform:<br />

Ewald<br />

Mir ist vor allem aufgefallen, dass nicht<br />

nur „Perseiden“ in dieser Nacht zu sehen<br />

waren, im Gegenteil, die ersten ca. 40<br />

Jochen<br />

In der Nacht vom 11. auf den 12.08. in<br />

der Zeit von 23.30 bis 04.00 Uhr (mit<br />

kleinen Pausen) habe ich insgesamt 125<br />

Sternschnuppen gesehen. Es wurde<br />

aber am Samstagmorgen nicht mehr,<br />

ich glaube wir hatten gegen Mitternacht<br />

tatsächlich ein Maximum.<br />

In der Nacht vom 12. auf den 13.08.<br />

habe ich von 22.50 Uhr bis 23.50 Uhr<br />

beobachtet und insgesamt 22 Stern-<br />

45


2/12 Andromeda<br />

schnuppen gesehen, darunter eine sehr<br />

beeindruckende Sternschnuppe, die eine<br />

lange, nachleuchtende Bahn zog und<br />

rötlich verglühte.<br />

Im Detail:<br />

Ich habe direkt oder nah aus dem Perseus<br />

heraus auf dem Schöppinger Berg<br />

(nur von dort konnte ich das Sternbild<br />

einsehen) nur 2 kleine blitzartige, ich<br />

meine damit, sehr kurz sichtbare Sternschnuppen<br />

gesehen, die restlichen liefen<br />

zenitnah, kamen allerdings, wenn auch<br />

erst im Zenit aufleuchtend, auch aus<br />

Richtung Perseus (NO). Bei zweien handelte<br />

es sich um leuchtstarke für etwa 2<br />

-3 Sek. sichtbare Meteore.<br />

Hans-Georg<br />

Beobachtungsort Schöppinger Berg<br />

Ich war vorher im Kino zur Live-Übertragung<br />

einer Oper aus Bayreuth, habe<br />

danach von 22:35 h bis 23:00 h auf dem<br />

Schöppinger Berg beobachtet und dort<br />

in der Zeit 5 - 6 Perseiden gesehen. Ab<br />

23:20 h bis 0:30 h dann von der häuslichen<br />

Terrasse aus beobachtet; um<br />

23:44 h kam die ISS vorbei. Bis 0:30 h<br />

habe ich dort noch mal etwa 6 gesehen,<br />

war aber weder eine Feuerkugel noch<br />

ein Bolide dabei, nach den Angaben im<br />

Internet (60 - 100 / h) hatte ich deutlich<br />

mehr erwartet. Aber es war insgesamt<br />

ein schöner Sternhimmel, hab’ nebenbei<br />

mit dem Feldstecher zwischendurch<br />

auch ein bisschen in der Milchstraße<br />

geschaut, kann sein, dass mir dabei ein<br />

paar Perseiden entgangen sind.<br />

Von der häuslichen Terrasse konnte ich<br />

nur zenitnah beobachten, bei den von<br />

dort gesichteten waren 3 recht helle<br />

(bis 3 Sek. sichtbar), tauchten auch erst<br />

zenitnah auf, verliefen aber alle aus Richtung<br />

NO, also Sternbild Perseus.<br />

Da die Verlaufsrichtung bei allen aus NO<br />

kam, sie allerdings nicht bereits direkt<br />

in Perseus sichtbar wurden, gehe ich<br />

dennoch davon aus, dass es sich letztendlich<br />

bei allen gesichteten Meteoren<br />

um Perseiden handelte.<br />

Fand’s aber insgesamt enttäuschend, hätte<br />

vielleicht doch noch länger beobachten<br />

sollen. Hatte mit mehr gerechnet.<br />

Alle: Aber schön war’s doch!<br />

46


Andromeda 2/12<br />

Vom Compton - Effekt zur<br />

Planck - Skala?<br />

Wolfgang Domberger<br />

Die sogenannte Planck-Skala geht zurück<br />

auf Max Planck (1858 - 1947), den Entdecker<br />

und Begründer der Quantentheorie.<br />

Er hatte sie bereits im Jahr 1899 gefunden,<br />

in dem er die Gravitationskonstante<br />

G, die Vakuumlichtgeschwindigkeit c<br />

und das Plancksche Wirkungsquantum<br />

h auf mathematisch eindeutige Weise<br />

derart miteinander kombinierte, dass<br />

sich Größen ergaben, die die Dimension<br />

einer Masse, einer Zeit und einer Länge<br />

aufwiesen.<br />

Die Planck-Skala spielt in der heutigen<br />

Kosmologie eine ganz bedeutende Rolle.<br />

Insbesondere kommt sie dann ins Spiel,<br />

wenn es darum geht, die Gravitationstheorie,<br />

die sich auf die Allgemeine Relativitätstheorie<br />

(ART) Albert Einsteins<br />

gründet, und die Quantentheorie miteinander<br />

zu verknüpfen, um eine Quantengravitationstheorie<br />

zu entwickeln.<br />

Auch in der Kosmologiegruppe der<br />

<strong>Sternfreunde</strong> <strong>Münster</strong> e. V. wird sie immer<br />

wieder thematisiert. Deswegen soll<br />

hier der Versuch unternommen werden,<br />

sich der Planck-Skala aus physikalischen<br />

Prinzipien her zu nähern. Dazu wird ein<br />

Weg eingeschlagen, der in der Literatur<br />

zwar hin und wieder angedeutet, aber<br />

dann doch nicht ausformuliert wird. Es<br />

wird betont, dass es sich hier nicht um<br />

eine absolut strenge Herleitung handelt,<br />

sondern eher um einen Beitrag, sich<br />

das Zustandekommen der Planck-Skala<br />

plausibel zu machen.<br />

Startpunkt ist ein im Jahr 1922 von dem<br />

amerikanischen Physiker Arthur Holly<br />

Compton (1892 - 1962) entdeckter und<br />

nach ihm benannter Effekt, der die Teilchennatur<br />

des Lichtes besonders deutlich<br />

hervorhebt: Ein hochenergetisches<br />

Photon (z. B. ein Röntgen- oder ein<br />

Gammaquant) wird an einem (quasi)freien<br />

Elektron gestreut; diesem überträgt<br />

es gemäß den Stoßgesetzen einen Teil<br />

seiner Energie und erfährt dadurch eine<br />

Vergrößerung seiner Wellenlänge und<br />

eine Änderung seiner ursprünglichen<br />

Richtung. Das Elektron gewinnt durch<br />

diesen Stoß kinetische Energie.<br />

Dieser elementare Stoßprozess wird<br />

in Abb. 2 dargestellt, allerdings nicht<br />

an Elektronen, sondern an beliebigen<br />

Teilchen - insbesondere aber wird<br />

hier an Nukleonen, also Protonen und<br />

Neutronen, gedacht. Im Ergebnis erhält<br />

man die zentrale Größe des streuenden<br />

Teilchens, die Compton-Wellenlänge.<br />

Diese wird dann mit Hilfe extremer, aber<br />

konkreter Gedankenexperimente mit<br />

dem Schwarzschild-Radius des Teilchens<br />

in Verbindung gebracht mit dem Ziel, die<br />

47


2/12 Andromeda<br />

drei maßgeblichen Größen der Planck-<br />

Skala zu erhalten: die Planck-Masse, die<br />

Planck-Zeit und die Planck-Länge.<br />

Zusätzlich wird dieser Weg motiviert<br />

durch die Vorstellung, dass es besonders<br />

in der frühen Entwicklungsphase<br />

des Universums Compton-Effekte und<br />

inverse Compton-Effekte zuhauf gegeben<br />

haben muss, wobei die inversen<br />

Compton-Effekte die Streuung hochenergetischer<br />

Teilchen an Photonen, die<br />

dadurch ihrerseits Energie aufnehmen,<br />

bedeuten.<br />

Die Undurchsichtigkeit des frühen<br />

Universums war ja gerade verursacht<br />

worden durch die Stöße von Lichtquanten<br />

an Teilchen, aus denen sich später<br />

die Bausteine der Materie entwickelten.<br />

Nach etwa 380.000 Jahren hat sich das<br />

rasant expandierende Universum auf<br />

etwa 4000K abgekühlt, sodass die bis<br />

dahin freien Elektronen und die Nukleonen<br />

zu ersten Atomen kombinieren<br />

konnten, und zwar zu Wasserstoff,<br />

Deuterium, Helium und auch zu etwas<br />

Lithium. Die Anzahl der freien Elektronen,<br />

die Stoßpartner der Photonen, ging<br />

somit zurück. Das Universum wurde nun<br />

durchsichtig.<br />

Etwas Relativitätstheorie<br />

Bevor der Compton-Effekt beschrieben<br />

wird, werden noch einige Resultate aus<br />

der Speziellen Relativitätstheorie (SRT)<br />

Einsteins benötigt, insbesondere die<br />

Abhängigkeit der Teilchenmasse m von<br />

seiner Geschwindigkeit v. Beim Stoß<br />

wird ein gewisser Teil der Energie und<br />

des Impulses des Photons auf das vor<br />

dem Stoß ruhend gedachte Teilchen<br />

übertragen, das dadurch in Bewegung<br />

gerät und sich mit der Geschwindigkeit<br />

v und dem Impuls p = m v unter einem<br />

Winkel j vom Stoßort entfernt. Laut<br />

SRT besitzt dieses Teilchen nach dem<br />

Stoß die Masse<br />

m = m(v) = m 0 / (1 − 2 v /<br />

2<br />

c ) (1)<br />

und die Energie<br />

E = m(v) c 2 , (2)<br />

während es vor dem Stoß als ruhendes<br />

Teilchen die Ruheenergie E 0<br />

= m 0<br />

c 2<br />

besaß. Kleinere Umformungen von Gl. (1)<br />

führen auf<br />

m 2 ( 1 - v 2 / c 2 2<br />

) = m 0<br />

m 2 2<br />

= m 0<br />

+ m 2 v 2 / c 2<br />

m 2 c 4 2<br />

= m 0<br />

c 4 + m 2 v 2 c 2 ;<br />

aus der letzten Zeile erhält mit dem Impuls<br />

p = m v des Teilchens und der Gl. (2)<br />

die interessante quadratische Form<br />

E 2 = m 0<br />

2<br />

c 4 + p 2 c 2 (3)<br />

für die relativistische Energie E des<br />

freien Teilchens nach dem Stoß. Diese<br />

Gleichung suggeriert die geometrische<br />

48


Andromeda 2/12<br />

Darstellung in Abb. 1 mit Hilfe des<br />

Satzes von Pythagoras, die mit Gl. (3)<br />

die Aufteilung in einen Ruhe- und einen<br />

Bewegungsenergieanteil verdeutlicht.<br />

Hat man es mit Teilchen zu<br />

Abb. 1: relativistische Energie-Impuls-Beziehung<br />

eines freien Teilchens (z. B. Proton, Neutron etc.) als<br />

Satz des Pythagoras; Aufteilung in einen Ruhe- und<br />

einen Bewegungsenergieanteil - W. Domberger<br />

tun, die keine Ruhemasse (m 0<br />

= 0) haben,<br />

erkennt man sofort, dass ein ruhemasseloses<br />

Teilchen, z. B. ein Photon, den<br />

Impuls<br />

aufweist. Für Photonen gilt E = h n und<br />

der Zusammenhang n l = c zwischen<br />

Frequenz n, Wellenlänge l und Lichtgeschwindigkeit<br />

c. Dieses eingesetzt in Gl. (4)<br />

ergibt die wichtige Beziehung<br />

p = h / l (5)<br />

zwischen Impuls und Wellenlänge. Dass<br />

dieser Zusammenhang aber nicht nur für<br />

Photonen, sondern auch für massebehaftete<br />

Teilchen wie Elektronen oder<br />

Protonen etc. gilt, hat Louis Victor de<br />

Broglie (1892 - 1982) im Jahr 1924 erkannt.<br />

Er begründete die Hypothese der<br />

Materiewellen. Danach hat eine Welle, die<br />

einem Teilchen zugeordnet ist, die de Broglie-Wellenlänge<br />

l= h / p. Diese Beziehung<br />

verknüpft eine typische Teilcheneigenschaft,<br />

den Impuls, mit einer typischen<br />

Welleneigenschaft, der Wellenlänge,<br />

und spiegelt somit den Welle-Teilchen-<br />

Dualismus wieder. Die Theorie von de<br />

Broglie ist Grundlage und Bestandteil<br />

der Wellen- bzw. Quantenmechanik.<br />

Der Compton-Effekt<br />

Zunächst zeigt Abb. 2 eine schematische<br />

Darstellung der Compton-Streuung<br />

eines Photons an einem Teilchen.<br />

p = E / c (4)<br />

Abb. 2: Compton-Streuung (schematisch); einlaufendes<br />

Photon mit Wellenlänge l ; ruhendes<br />

Teilchen (z. B. Proton, Neutron etc.) mit Ruhemasse<br />

m 0<br />

; gestreutes Photon mit Wellenlänge<br />

l‘ ; Streuwinkel q ; Teilchen nach dem Stoß mit<br />

Geschwindigkeit v in Bewegungsrichtung j<br />

Fortsetzung folgt<br />

49


2/12 Andromeda<br />

Was? Wann? Wo?<br />

Astronomie - Unser Hobby:<br />

Gemeinsame Beobachtung • Astrofotografie • Startergruppe<br />

• Mond & Sonnenbeobachtung • Beratung beim Fernrohrkauf<br />

• öffentliche Vorträge über astronomische Themen • Vereinszeitung<br />

Wer sich mit dem faszinierenden Gebiet der Astronomie näher beschäftigen<br />

möchte, ist herzlich eingeladen, zu einem unserer öffentlichen Treffen<br />

zu kommen. Unsere Mitglieder beantworten gerne Ihre Fragen.<br />

Öffentliche Veranstaltungen<br />

Wir veranstalten Vorträge über aktuelle astronomische Themen an<br />

jedem 2. Dienstag des Monats. Öffentliche Beobachtung vor dem LWL-<br />

Museum für Naturkunde. Aktuelle Infos über unsere „Homepage“.<br />

www.sternfreunde-muenster.de. Alle Veranstaltungen sind kostenlos!<br />

Vortragsthemen: (A) Anfänger (F) Fortgeschrittene<br />

11. Sept.: Zeichnen am Teleskop (A)<br />

Daniel Spitzer<br />

Viele Amateurastronomen, die regelmäßig die<br />

zahl rei chen interessanten Objekte am Ster nenhimmel<br />

mit dem Teleskop beobachten, haben den<br />

Wunsch, das Gesehene auch im Bild fest zuhalten.<br />

Neben der technisch auf wän digen Astro foto grafie<br />

bietet sich das Zeichnen an, das mit Bleistift,<br />

Klemmbrett und Rot licht lampe aus kommt. Eine<br />

künstlerische Begabung ist dabei weniger gefragt,<br />

als die Fähigkeit, den Anblick im Okular möglichst<br />

objektiv wie der zugeben. Der Vortrag gibt einen<br />

Überblick auf ver schie dene Zeichen techniken<br />

und Hilfsmittel. Präsentiert werden neben Ergeb<br />

nissen aus der Beobachtung von Objekten<br />

unseres Sonnen systems auch solche aus dem<br />

Bereich Deep-Sky - Galaxien, Sternhaufen und<br />

vieles mehr.<br />

9. Okt.: Astrofotografie mit der DSLR (A)<br />

Jochen Borgert<br />

Digitale Spiegelreflexkameras sind ein aus gutem<br />

Grund weit verbreitetes und beliebtes Werkzeug<br />

von Astrofotografen. Sie erlauben schon nach<br />

Ort und Zeit: Multifunktionsraum des LWL-Museum für Naturkunde / 19.30 Uhr<br />

50<br />

kurzer Zeit erfolgreiche Astrofotos, dennoch<br />

wollen auch hierbei Schwierigkeiten aus dem<br />

Weg geräumt werden. Der Vortrag behandelt<br />

die wichtigsten Hürden auf dem Weg zu erfolgreicher<br />

Astrofotografie und wie man ihnen<br />

begegnen kann.<br />

13. Nov.: Spektroskopie für Anfänger (A)<br />

Ernst Pollmann<br />

Woher kommt unser Wissen über die Sterne,<br />

über die Galaxien? Einziger Datenträger ist das<br />

Licht, das wir mir unseren Augen sehen, und<br />

das mit einem Spektrografen aufbereitet werden<br />

kann. Absorptions- und Emissionslinien<br />

werden am Ende des Vortrages für Sie keine<br />

unbekannten Größen mehr sein.<br />

11. Dez.: Vorschau auf das astronomische<br />

Jahr 2013 (A)<br />

In diesem Vortrag bieten die <strong>Sternfreunde</strong> eine<br />

Vorschau auf die interessanten Ereignisse am<br />

Sternenhimmel des kommenden Jahres, Lauf<br />

der Planeten, des Mondes und der Sonne. Die<br />

Veranstaltung findet im Planetariums statt, der<br />

Eintritt ist frei.

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