01.08.2014 Aufrufe

o_18u9lh92jqapqna13co93314sju.pdf

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

noch auf dem Schwarzmarkt zu kriegen waren. Molie war<br />

notgedrungen zum Robin Hood der Südstadt geworden. Ein<br />

Pfandleiher blieb auf der Südseite des Kanals nicht lange im<br />

Geschäft, wenn er zu habgierig wurde. Molie nahm die reichen<br />

Oberstadtleute aus, so gut es ging, und verkaufte die<br />

Sachen zum Selbstkostenpreis in der Nachbarschaft -<br />

manchmal auch darunter, wenn es gar nicht anders zu machen<br />

war. Deshalb hatte er in der Südstadt einen exzellenten<br />

Ruf, und man beschützte ihn wie ein kostbares Juwel. Wenn<br />

ein Polizist einen Spitzel aus der Südstadt (und davon gab es<br />

Hunderte) nach Molie Jernigan fragte, bekam er als Antwort<br />

zu hören, daß Molie ein liebenswerter, leicht seniler Mann<br />

sei, der sich ab und zu an Schiebereien beteiligte und ein bißchen<br />

Schwarzmarkthandel betriebe. Jeder seiner Oberstadtkunden,<br />

die aufgrund bestimmter sexueller Interessen zu<br />

ihm kamen, hätte der Polizei etwas ganz anderes sagen können,<br />

aber es gab keine Lasterhöhlenrazzien mehr. Jedermann<br />

wußte, daß Lasterhöhlen jedem wirklich revolutionären Klima<br />

durchaus abträglich waren. Daß Molie ein recht<br />

einträgliches Geschäft mit gefälschten Papieren (allerdings<br />

nur mit Kunden aus seinem Viertel) machte, war in der Oberstadt<br />

nicht bekannt. Trotzdem wußte Richards, daß es extrem<br />

gefährlich war, Papiere für einen Mann zu beschaffen,<br />

der so heiß war wie er.<br />

»Welche Papiere«, fragte Molie seufzend und schaltete<br />

eine altertümliche Schreibtischlampe an, die seine Arbeitsplatte<br />

mit grellweißem Licht überflutete. Er war schon ein alter<br />

Mann, bald fünfundsiebzig, und sein graues Haar wirkte in<br />

dem starken Lichtstrahl wie gesponnenes Silber.<br />

»Führerschein. Wehrmachtspaß. Personalausweis.<br />

Scheckkarte. Sozialversicherungsausweis.«<br />

»Leicht zu machen. Sechzig Dollar pro Stück, aber nur für<br />

dich, Bennie.«<br />

»Du machst es also?«<br />

»Ich tu's für deine Frau. Nicht für dich. Ich werde meinen<br />

Kopf doch nicht für so einen hergelaufenen Bastard wie Bennie<br />

Richards in die Schlinge stecken.«<br />

»Wie lange wird es dauern, Molie?«<br />

Molies Augen blitzten süffisant auf. »Da ich deine Situa-<br />

67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!