ZAHNÄRZ TEBLATT
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BÜROKRATIE – EIN MONSTER? DIE GESCHICHTE EINES VORURTEILS,<br />
DAS DER DEMOKRATIE SCHADET<br />
Unsere Helden vom Amt<br />
WARUM GUTE POLITIK DIE BÜROKRATIE BRAUCHT. UND WARUM DIE<br />
BÜRGER DEN BÜROKRATEN (MANCHMAL) DANKEN SOLLTEN<br />
Das Ungeheuer kann überall sein. Es lauert<br />
in den schmucklosen Gängen der Stadtverwaltung<br />
wie auf den Fluren der Berliner Ministerien, in<br />
Brüsseler Bürotrakten und im Finanzamt sowieso. Kaum<br />
ein Gesetz, dessen Gegner nicht lauthals das „bürokratische<br />
Monster“ beschwören, das sich hinter den Paragrafen<br />
verberge, um dann über den Bürger herzufallen. Der Gesetzentwurf<br />
von Bundesinnenminister Thomas de Maizière<br />
(CDU) zur doppelten Staatsbürgerschaft: für Volker Beck,<br />
Grüne, ein „bürokratisches Monster“. Dasselbe haben<br />
ungezählte Unionspolitiker über rot-grüne Gesetze gesagt<br />
und soeben allerlei Interessenverbände über den Mindestlohn.<br />
Granteln die üblichen Verdächtigen über die EU,<br />
dann heißt das Monster „Brüsseler Regulierungswahn“.<br />
In der Umgangssprache ist „die Bürokratie“ zum Schimpfwort<br />
geworden. Verheißen Politiker Wohltaten oder<br />
versprechen Flutopfern schnelle Hilfe, dann nie ohne den<br />
Zusatz, dies werde „unbürokratisch“ geschehen. Will die<br />
Wirtschaft lästige Kontrollen loswerden, fordert sie „Bürokratieabbau“.<br />
Es reicht, „die Bürokratie“ zu sagen, ähnlich<br />
wie „die Politiker“, um beim Small Talk sicher zu punkten –<br />
als werde eine abgehobene Kaste beschrieben, die sich<br />
nicht mehr um die Bürger schert.<br />
Manchmal, wenn Josef Deimer durch die Gassen seiner<br />
prächtigen Stadt schlendert, denkt er zurück. 35 Jahre lang<br />
war er Oberbürgermeister von Landshut, das Altstadtensemble<br />
zählt zu den schönsten Deutschlands. Als in den<br />
Bombennächten Feuer vom Himmel fiel, blieb Landshut<br />
nahezu unversehrt; es war, als könnten Städte einen<br />
Schutzengel haben. Und Josef Deimer, der den Krieg als<br />
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