Advanced Nuclear Power - AREVA
Advanced Nuclear Power - AREVA
Advanced Nuclear Power - AREVA
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<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />
E I N K U N D E N M A G A Z I N V O N A R E V A<br />
Nr. 10 Mai 2004<br />
Titelgeschichte<br />
Finnland entscheidet<br />
sich für den EPR
I N H A L T S V E R Z E I<br />
Ausblick<br />
3 Finnland ebnet den Weg<br />
Branchen-Einblick<br />
6 Steckt die Deregulierung in der Sackgasse?<br />
Titelgeschichte<br />
12 Finnland entscheidet sich für den EPR<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />
Nr. 10 Mai 2004<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Michel Jamard<br />
Redaktionsleitung<br />
Susan Hess<br />
Redaktion<br />
Christine Fischer<br />
Catherine Rouet<br />
Philippe Rouiller<br />
Martha Wiese<br />
Gestaltung<br />
Anstey Advertising Group<br />
Autoren<br />
Alice Clamp, Emmanuel de Magny,<br />
Christine Fischer, Fritz Grimm,<br />
Dieter Kreuter, Sören Künne,<br />
Gérard Pérotto, Rick Piester,<br />
Wilfried Schröter, Martha Wiese<br />
Feature<br />
4 <strong>AREVA</strong> T&D – Das jüngste Mitglied in unserer Gruppe<br />
5 Alles zur <strong>AREVA</strong>-Werbekampagne „Energy Experts“<br />
8 Callaway steigt auf digitale Leittechnik um<br />
10 Digitales Erregersystem für Comanche Peak<br />
11 Wissensintegration in der Instandhaltung:<br />
Ein zukünftiger Erfolgsfaktor<br />
18 Lösung für „Sumpfverstopfung“ in Druckwasserreaktoren<br />
19 NOAH beseitigt das Natrium aus Schnellen Brütern<br />
20 Innovative Lösung für kleinen Reaktordruckbehälter-Deckel<br />
21 FEATS: Ein neues Tool zur Vorhersage und Verfolgung<br />
der Versprödung von Reaktorwerkstoffen<br />
22 Optimierte Brennelemente mit bestem Betriebsverhalten<br />
dank KATHY<br />
23 Mehr Megawatt durch Eliminierung von Radiolysegas-<br />
Ansammlungen im Speisewasser-Dampf-Kreislauf<br />
Rubriken<br />
24 Kurz berichtet<br />
26 Aufträge<br />
27 Komponenten & Service<br />
ATRIUM und M5 sind Warenzeichen von Framatome ANP.<br />
TELEPERM ist ein Warenzeichen von Siemens.<br />
ADAM und SIPLUG sind eingetragene Warenzeichen von Siemens.<br />
SURE-FLOW ist ein Warenzeichen von Performance Contracting Inc.<br />
Titelbild: Fotomontage des finnischen Standorts Olkiluoto.<br />
Im Hintergrund sind die beiden in Betrieb befindlichen Blöcke des<br />
Stromerzeugers TVO zu sehen und im Vordergrund der EPR.
C H N I S Ausblick<br />
4<br />
12<br />
Finnland ebnet den Weg<br />
Die Billigung eines Kernkraftwerks-Neubaus<br />
durch Regierung und Parlament<br />
in Finnland und die anschließende<br />
Bestellung eines Reaktors durch den Stromerzeuger<br />
Teollisuuden Voima Oy (TVO) ist in mehrfacher<br />
Hinsicht ein Meilenstein. Sie wird auch der<br />
Kernenergie Aufwind geben in dem sich ständig<br />
verändernden weltweiten Energieszenario, in dem<br />
eine dauerhafte Energieversorgung, Wettbewerbsfähigkeit<br />
und die Einhaltung des Kyoto-Protokolls<br />
unter einen Hut gebracht werden müssen.<br />
Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer demokratischen Debatte, in einem<br />
Land, in dem der Umweltschutz groß geschrieben wird. Die Tatsache, dass der<br />
Neubau privat finanziert wird, sagt viel über die ökonomische und technologische<br />
Anziehungskraft der Kernenergie aus.<br />
21<br />
Nach einem strengen Ausschreibungsverfahren entschied sich TVO für den EPR,<br />
einen der beiden von unserer Gruppe angebotenen Reaktor-Typen. Der EPR ist<br />
das Ergebnis der deutsch-französischen Zusammenarbeit bei Herstellern, Betreibern<br />
und Sicherheitsbehörden. Er vereinigt in sich die wesentlichen Erfahrungen<br />
mit den leistungsfähigsten heutigen Druckwasserreaktoren – den französischen<br />
N4- und den deutschen Konvoi-Anlagen. Mit seinen innovativen Merkmalen bezüglich<br />
Sicherheit und Wirkungsgrad ist der EPR derzeit der hinsichtlich Wirtschaftlichkeit<br />
und Sicherheit führende Kernkraftwerkstyp.<br />
Dass sich TVO für uns entschieden hat, bestätigt die Richtigkeit unserer Strategie,<br />
sowohl Druckwasserreaktor- als auch Siedewasserreaktor-Anlagen anzubieten,<br />
um so den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Die Verbindung zwischen<br />
unserer Weltmarktführung und dem Know-how unseres Konsortialpartners<br />
Siemens sind die Garantie für TVO, dass unsere Teams ihr Bestes geben<br />
werden, um Olkiluoto 3 zu einem durchschlagenden Erfolg zu machen. Ich<br />
habe volles Vertrauen in die Teams, die an diesem Vorhaben beteiligt sind. Dies<br />
ist mit Sicherheit eine große Chance für die gesamte Kernenergie.<br />
Vincent Maurel<br />
Vorstandsmitglied von <strong>AREVA</strong>,<br />
Vorstandsvorsitzender von Framatome ANP
Feature<br />
<strong>AREVA</strong> T&D – Das jüngste<br />
Mitglied in unserer Gruppe<br />
• Hoch- und Mittelspannungsschaltanlagen,<br />
Transformatoren, Module und<br />
Gesamtlösungen,<br />
• flexible alternative Energieübertragungssysteme<br />
sowie <strong>Power</strong> Quality-<br />
Anlagen,<br />
• dezentrale Energieversorgungsanlagen<br />
(einschließlich erneuerbarer Energien),<br />
• Automatisierung, Schutz- und Schaltanlagenleittechnik,<br />
Verbrauchsermittlung<br />
und -abrechnung für Großkunden,<br />
• Systeme für Energiemanagement<br />
und Energiehandel.<br />
<strong>AREVA</strong> T&D bietet Gesamtlösungen für Schaltanlagen.<br />
Mit der Angliederung des Geschäftsbereichs<br />
<strong>AREVA</strong> T&D<br />
(Transmission & Distribution) hat<br />
<strong>AREVA</strong> ihre Aktivitäten auf dem Energiesektor<br />
weiter ausgeweitet. <strong>AREVA</strong><br />
T&D bietet ein umfassendes Spektrum<br />
an Ausrüstungen, Dienstleistungen und<br />
Lösungen auf dem Gebiet der Energieübertragung<br />
und -verteilung. Die 2001<br />
gegründete <strong>AREVA</strong> hat ihren Hauptsitz<br />
in Paris (Frankreich). Das Unternehmen<br />
beschäftigt mittlerweile rund 75000<br />
Mitarbeiter und erzielte 2003 einen<br />
Jahresumsatz von 11,5 Milliarden Euro<br />
mit Energietechnik und Konnektorensystemen.<br />
Als ein weltweit führendes Unternehmen<br />
in der Energietechnik ist <strong>AREVA</strong><br />
auf allen Kontinenten vertreten und hat<br />
sich zum Ziel gesetzt, den Kunden in<br />
aller Welt innovative Lösungen zu bieten.<br />
<strong>AREVA</strong> T&D<br />
<strong>AREVA</strong> hat im Januar 2004 den Bereich<br />
T&D von ALSTOM übernommen.<br />
Dies wird unsere strategische Position<br />
und unsere Fähigkeiten auf dem Energiesektor<br />
stärken und unsere Kernkompetenzen<br />
erweitern.<br />
<strong>AREVA</strong> T&D stellt Ausrüstungen und<br />
Dienstleistungen für den Hochspannungs-<br />
und Mittelspannungsmarkt bereit.<br />
Die Produkte werden zur Übertragung<br />
und Verteilung des elektrischen Stroms<br />
vom Kraftwerk bis zum Endverbraucher<br />
verwendet. Mit über 25000 Mitarbeitern<br />
und einem Jahresumsatz von vier Milliarden<br />
Euro ist <strong>AREVA</strong> T&D der größte<br />
der vier Geschäftsbereiche des Geschäftsfeldes<br />
Energie der <strong>AREVA</strong>-Gruppe.<br />
T&D ist seit über hundert Jahren auf<br />
dem Gebiet der Energieübertragung<br />
und -verteilung tätig und verfügt über<br />
umfassendes Wissen. Der Bereich bietet<br />
seinen Kunden aus allen Industriezweigen<br />
technisch führende Produkte, umfassende<br />
Dienstleistungen und maßgeschneiderte<br />
Lösungen.<br />
Diese Produkte und Dienstleistungen garantieren<br />
die Zuverlässigkeit, Qualität und<br />
Sicherheit der Stomversorgung und ermöglichen<br />
dank Informationsmanagement<br />
eine effiziente Nutzung der Netze.<br />
Das Spektrum von <strong>AREVA</strong> T&D umfasst:<br />
Um den Bedürfnissen der Kunden gerecht<br />
zu werden, bietet <strong>AREVA</strong> T&D<br />
über die weltweiten Standorte vor Ort<br />
auch umfassende Dienstleistungen:<br />
• Planung von Netzsystemen, Beratung<br />
und Diagnose,<br />
• Montage, Inbetriebnahme und Überwachung,<br />
• Instandhaltung einschließlich Ersatzteilversorgung,<br />
• Reparaturen und Hilfestellung im<br />
Notfall,<br />
• Modernisierung, Ertüchtigung und<br />
Überholung,<br />
• Betrieb und Asset Management,<br />
• Training, Schulung.<br />
Dank des in vielen Branchen gesammelten<br />
Wissens kann <strong>AREVA</strong> T&D seine<br />
Kunden umfassend unterstützen und<br />
Lösungen für alle Branchen bieten:<br />
• <strong>Power</strong> Engineering,<br />
• Energieverteilung,<br />
• Erneuerbare Energien,<br />
• Erdöl und Erdgas,<br />
• Wasser,<br />
• Zellstoff und Glas,<br />
• Eisenbahnen,<br />
• Bergbau und Metall.<br />
<strong>AREVA</strong> T&D ist auf dem Gebiet der<br />
Energiemanagement-Software weltweit<br />
die Nummer 1. Bei den Hochspannungsanlagen<br />
sind wir die Nummer 2<br />
und bei den Mittelspannungsanlagen die<br />
Nummer 3. ■<br />
4 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Alles zur <strong>AREVA</strong>-Werbekampagne<br />
„Energy Experts“<br />
Mit dem Erwerb<br />
und der Integration<br />
des Bereichs<br />
„Transmission &<br />
Distribution“ von<br />
Alstom (T&D) fasst<br />
<strong>AREVA</strong> ihre Aktivitäten<br />
auf dem Energiesektor<br />
unter dem <strong>AREVA</strong>-<br />
Logo zusammen. Konkret<br />
bedeutet dies, dass<br />
Framatome ANP und<br />
Cogema gemeinsam<br />
mit T&D zukünftig<br />
unter dem Markennamen<br />
<strong>AREVA</strong> antreten<br />
werden. Das neue<br />
Logo und die neue<br />
Marke dienen der<br />
Schaffung einer gemeinsamen<br />
Identität,<br />
die gesellschaftsrechtlichen<br />
Namen unserer<br />
Geschäftseinheiten und<br />
ihrer Tochterfirmen<br />
bleiben unverändert.<br />
Der Medien-Plan 2004<br />
• 110 Länder<br />
• 45-Sekunden-Spot auf<br />
32 internationalen TV-Sendern<br />
• 300 Veröffentlichungen in der<br />
internationalen Presse<br />
• 3000 Ausstrahlungen des<br />
TV-Spots<br />
• 7 Millionen Clicks im Internet<br />
• Verteilung des Films an zwei<br />
Luftfahrtgesellschaften<br />
1 Uranbergbau: <strong>AREVA</strong>, der<br />
weltweit zweitgrößte Uranproduzent,<br />
führt die Prospektion, den Abbau<br />
des Erzes, seine Aufbereitung sowie<br />
die Rekultivierung der stillgelegten<br />
Bergbauanlagen durch.<br />
2 Urananreicherung und Produktion<br />
von Kernbrennstoffen:<br />
Nach dem Abbau und der Aufbereitung<br />
muss das Uran in chemischen und physikalischen<br />
Prozessen weiterverarbeitet<br />
werden: Es wird vor der Anreicherung<br />
in gasförmiges Uranhexafluorid umgewandelt.<br />
Das angereicherte Gas wird in<br />
pulverförmiges Uranoxid überführt, das<br />
anschließend thermisch zu Keramikpellets<br />
(Brennstofftabletten) geformt wird.<br />
Diese werden in Brennstäbe gefüllt, die<br />
ihrerseits zu Brennelementen zusammengefasst<br />
werden.<br />
3 Design und Bau von Reaktoren:<br />
<strong>AREVA</strong> konstruiert und<br />
fertigt Druckwasser-, Siedewasser- und<br />
Forschungsreaktoren. Die Gruppe führt<br />
ebenfalls die Instandhaltung und Wartung<br />
aller Kernkraftwerkstypen durch.<br />
4 Wiederaufarbeitung und Recycling<br />
von Kernbrennstoffen:<br />
Nach der Verwendung in den Kernkraftwerken<br />
wird der Brennstoff wiederaufgearbeitet.<br />
<strong>AREVA</strong> hat Hightech-Lösungen<br />
entwickelt, die die Rückgewinnung von<br />
96 Prozent des abgebrannten Brennstoffs<br />
ermöglichen. Die Gruppe bietet darüber<br />
hinaus den Kunden Lösungen, die sich<br />
für eine Trockenlagerung der abgebrannten<br />
Brennelemente entschieden haben.<br />
5 Ausrüstung für Windkraftanlagen:<br />
<strong>AREVA</strong> fertigt und errichtet<br />
hocheffiziente Komponenten<br />
für Windkraftanlagen.<br />
6 7 Stromübertragung<br />
und -verteilung: <strong>AREVA</strong> stellt Ausrüstungen<br />
und Dienstleistungen für den<br />
Mittel- und Hochspannungsmarkt bereit.<br />
Die Produkte der Gruppe werden zur<br />
Übertragung und Verteilung des elektrischen<br />
Stroms vom Kraftwerk bis zum Endverbraucher<br />
verwendet. Sie garantieren die<br />
Zuverlässigkeit, Qualität und Sicherheit der<br />
Stromversorgung und ermöglichen dank<br />
Informationsmanagement eine effiziente<br />
Nutzung der Netze. ■<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 5
Branchen-Einblick<br />
Steckt die Deregulierung<br />
in der Sackgasse?<br />
Auf beiden Seiten des Atlantiks konnte<br />
die Liberalisierung der Strommärkte<br />
die anfänglichen Versprechungen –<br />
niedrigere Preise, verbesserte Dienstleistungen,<br />
mehr Wahlmöglichkeiten – nicht halten.<br />
Der Grund hierfür? Die Reform des<br />
Marktes hat sich als weitaus schwieriger<br />
erwiesen als anfangs gedacht wurde.<br />
Laut EPRI (Electric <strong>Power</strong> Research<br />
Institute) in Kalifornien, USA, sind die<br />
Ergebnisse „enttäuschend“ ausgefallen.<br />
Die alte institutionelle Struktur wurde<br />
zerschlagen, doch neue „kohärente<br />
Strukturen und Regeln“ entstanden<br />
nicht, so EPRI in der Studie „Electricity<br />
Sector Framework for the Future“ vom<br />
August 2003.<br />
NOAA/DMSP*<br />
Stattdessen bildeten sich im Rahmen der<br />
US-amerikanischen Marktreform Regeln<br />
aus, die von Staat zu Staat verschieden<br />
sind und in vielen Fällen sogar innerhalb<br />
eines Staates von Stromversorger zu<br />
Stromversorger variieren. Das Durcheinander<br />
hat zu einem ernst zu nehmenden<br />
Aufruhr in der Energiewirtschaft<br />
geführt und gipfelt in „einer fehlenden<br />
Bereitschaft zu Investitionen und einem<br />
strategischen Patt, das ein Entkommen<br />
aus dem gegenwärtigen Dilemma verhindert“,<br />
meinte EPRI.<br />
Der Grund für dieses Durcheinander<br />
ist einfach, so EPRI. „Restrukturierung<br />
ist eine Wissenschaft, die kein Mensch<br />
versteht.“<br />
Leichter gesagt als getan<br />
Es handelt sich um eine Herausforderung,<br />
die auch der Europäischen<br />
Kommission, die den Prozess der<br />
Deregulierung der Strommärkte<br />
vor fünf Jahren in Gang gesetzt hat,<br />
wohl vertraut ist. Laut Loyola de<br />
Palacio, Kommissarin für Transport<br />
und Energie, möchte die Europäische<br />
Kommission „nicht fünfzehn<br />
nationale offene Märkte schaffen,<br />
sondern einen einzigen Markt.“<br />
Die USA bei regulärem Stromverbrauch, von einem Satelliten aus gesehen.<br />
Das bedeutet, dass die fünfzehn Mitgliedsländer<br />
der Europäischen Union<br />
(EU) nicht nur ihre eigenen Märkte zu<br />
liberalisieren haben, sondern auch ihre<br />
Märkte für alle anderen Mitglieder<br />
öffnen müssen. Ziel der Europäischen<br />
Kommission ist es, innerhalb der EU-<br />
Länder einen Strom-Austausch von<br />
zehn Prozent zu haben. Heute sind es<br />
acht Prozent. Aus einem Bericht, der<br />
von der Europäischen Kommission im<br />
Juni 2003 veröffentlich wurde, geht<br />
hervor, dass damals nur sieben EU-<br />
Mitgliedsländer ihre Märkte vollständig<br />
geöffnet hatten. Und nur fünf<br />
Länder hatten günstige Bedingungen<br />
für einen Neueintritt in den Markt<br />
geschaffen. Das ursprünglich von der<br />
Europäischen Kommission angesetzte<br />
Datum, bis zu dem alle EU-Stromkunden<br />
ihren Energieversorger frei<br />
wählen können sollten, wurde mittlerweile<br />
von 2005 auf 2007 verschoben.<br />
Ob zu Recht oder zu Unrecht, jedenfalls<br />
ist Kalifornien für Europa das Musterbeispiel<br />
einer fehlgeschlagenen Deregulierung.<br />
Im November 2003 warnte<br />
Loyola de Palacio davor, dass „die in<br />
Kalifornien beobachteten Probleme nach<br />
und nach auch in Europa auftreten<br />
würden“ – falls die EU-Mitgliedsstaaten<br />
nicht die notwendigen Entscheidungen<br />
treffen, um den Bau von neuen Kraftwerken<br />
und Übertragungsleitungen zu<br />
erleichtern. Sie sagte, in Europa müsse<br />
„alle ein bis zwei Wochen“ ein neues<br />
Kraftwerk gebaut werden, um Engpässe<br />
bei der Stromversorgung zu vermeiden.<br />
Sollte die EU nichts unternehmen,<br />
„werden wir in vier, fünf oder sechs Jahren<br />
mit einem Mangel an Betriebsflexibilität<br />
und einem Schwinden unserer Sicherheitsreserve<br />
konfrontiert.“<br />
Laut Peter Fraser, der die Internationale<br />
Energieagentur (IEA) in Paris in Fragen<br />
der Energiepolitik berät, verfügten die<br />
fünfzehn EU-Mitgliedsländer im Jahr<br />
2000 über eine installierte Kraftwerksleistung<br />
von insgesamt 584 GW. Bis<br />
2020, sagte er, werden 792 GW benötigt.<br />
Und dies bedeutet viel Geld. Die<br />
EU wird, nach Fraser, zwischen 2002<br />
und 2010 rund 108 Milliarden US-$<br />
in neue Kraftwerke investieren müssen.<br />
Für die Periode 2011-2020 werden es<br />
gar 190 Milliarden US-$ sein.<br />
6 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Anreize für Investoren<br />
schaffen<br />
Dieses Geld wird in einem liberalisierten<br />
Markt nicht von den Regierungen kommen.<br />
Die finanziellen Risiken werden von<br />
Privatunternehmen getragen, von denen<br />
sich immer mehr für erdgasbefeuerte<br />
Kraftwerke entscheiden – da diese relativ<br />
billig sind und kurze Bauzeiten haben.<br />
Die Kehrseite sind die Preisschwankungen<br />
beim Brennstoff. Preisspitzen beim Erdgas<br />
haben bereits zu steigenden Strompreisen<br />
in Europa und den USA geführt und die<br />
Verbraucher – und auch die Regierungen<br />
– zu der Frage veranlasst, ob die Marktreformen<br />
tatsächlich funktionieren.<br />
handelt. Zukünftige Erdgaslieferungen –<br />
heute schon wird in einigen EU-Ländern<br />
der überwiegende Teil des Stroms aus Erdgas<br />
erzeugt –, werden aus weniger und<br />
von Europa weiter entfernten Ländern<br />
kommen, so Peter Fraser von der IEA.<br />
Emissionsfreie Stromerzeugungsmöglichkeiten,<br />
z.B. Windparks und Kernkraftwerke,<br />
sind in einem liberalisierten Markt<br />
schwer zu finanzieren. Entweder müssen<br />
die Regierungen Anreize für Investoren<br />
der Energiemärkte voller Fallstricke erwiesen.<br />
Die weitere Ausweitung der Deregulierung<br />
ist in den Vereinigten Staaten laut<br />
EPRI „eigentlich vollständig zum Erliegen<br />
gekommen.“ Und in Europa sind die<br />
Fortschritte in Richtung der Ziele der<br />
Europäischen Kommission – sichere und<br />
diversifizierte Energieversorgung, vorhersagbares<br />
und stabiles Investitionsklima,<br />
reduzierte Kohlenstoff-Emssionen – gering<br />
und unberechenbar.<br />
Neben den Preisschwankungen hat auch<br />
eine Flut von Stromausfällen in Europa<br />
und den USA Fragen dahingehend aufgeworfen,<br />
ob der gegenwärtige Markt wirklich<br />
eine sichere und zuverlässige Stromversorgung<br />
garantieren kann, so das neue<br />
Buch „<strong>Power</strong> Generation Investments in<br />
Electricity Markets“ der IEA. Der Autor,<br />
Peter Fraser, ist der Ansicht, dass die Regierungen<br />
eine direkte Intervention in den<br />
Markt vermeiden sollten, weil dies Investoren<br />
abschrecken könnte. Stattdessen<br />
sollten die Regierungen die Versorgungssicherheit<br />
durch eine Politik sichern, die<br />
Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten<br />
fördert.<br />
Die Europäische Kommission plant, mit<br />
einer Reihe von Vorschlägen günstige<br />
Bedingungen für Investitionen in den<br />
Bereichen Energieerzeugung und Netzwerk-Infrastruktur<br />
zu schaffen, sagte<br />
Loyola de Palacio im November 2003.<br />
Diese Vorschläge sind so konzipiert,<br />
dass sie „eine Diversifizierung der<br />
Energieversorgung auch in Richtung<br />
emissionsarmer oder erneuerbarer<br />
Energien fördern“, ergänzte sie.<br />
Aber eine derartige Diversifizierung hat<br />
ihren Preis, egal, ob es sich um Wind<br />
oder Kernenergie oder mehr Erdgas<br />
NOAA/DMSP*<br />
Der Nordosten der USA und Kanada waren im August 2003 von einem Stromausfall<br />
betroffen. War die Liberalisierung der Märkte teilweise verantwortlich?<br />
schaffen, oder die Abnehmer müssen sich<br />
die Risiken teilen. So sah die gescheiterte<br />
Vorlage für das Energiegesetz der USA eine<br />
Steuererleichterung von 1,8 Cents pro<br />
Kilowattstunde für die ersten acht Betriebsjahre<br />
eines fortschrittlichen Kernkraftwerks<br />
vor. In Finnland entschieden<br />
sich die Stromabnehmer dafür, die Investitionsrisiken<br />
zu teilen, erklärte Fraser. Die<br />
großen Stromverbraucher dieses Landes<br />
waren bereit, in ein Kernkraftwerk zu investieren,<br />
weil sie sich langfristige finanzielle<br />
Vorteile versprechen.<br />
Auf lange Sicht<br />
Sowohl in Europa als auch in den Vereinigten<br />
Staaten hat sich die Liberalisierung<br />
Die Öffnung des Strommarktes hat den<br />
Fokus verschoben, von langfristiger Versorgungssicherheit<br />
hin zu schnellen Profiten.<br />
Das Resultat ist eine angespannte<br />
Versorgungssituation, steigende Preise und<br />
– wie einige behaupten – Stromausfälle.<br />
Wie kann die Reform des Strommarktes<br />
wieder auf den richtigen Weg gebracht<br />
werden? Erforderlich sind eine gut durchdachte<br />
Energiepolitik sowie langfristige<br />
Energiepläne. Und auch ein gewisses Maß<br />
an Kontrolle durch die Regierung, so<br />
Loyola de Palacio im November 2003.<br />
„Die Energiemärkte können nicht nur<br />
den Gesetzen des freien Marktes überlassen<br />
werden.“ ■<br />
*) National Oceanic and Atmospheric Administration/Defense Meteorological Satellite Program<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 7
Feature<br />
Callaway steigt auf digitale<br />
Leittechnik um<br />
2003 dem Betriebspersonal übergeben.<br />
Das Hauptinteresse beim Austausch<br />
des Kondensatreinigungssystems galt<br />
der Automatisierung der Kondensatreinigungsprozesse<br />
und der Planung<br />
einer bildschirmgestützten Bedieneroberfläche<br />
als Mensch-Maschine-<br />
Schnittstelle. Durch die Festlegung<br />
der Bedieneroberfläche und den Einbau<br />
der Hardware im Rahmen dieses<br />
ersten Projekts wurde der Grundstein<br />
für die spätere Umstellung auf den<br />
Anlagenprozessrechner gelegt.<br />
Diese manuelle Schaltanlage<br />
wurde durch einen kleinen<br />
Schrank und einen Computerbildschirm<br />
ersetzt.<br />
Die US-Anlage Callaway des<br />
Energieversorgers AmerenUE, ein<br />
4-Loop-Druckwasserreaktor mit einer<br />
Leistung von 1200 MW, beauftragte im<br />
Jahr 2000 das „Integrated Operating<br />
Team“ (IOT) von Framatome ANP<br />
und Siemens mit dem Austausch der<br />
alten Leittechnik gegen die digitale<br />
Plattform TELEPERM. In einer<br />
Ende 2000 abgeschlossenen technischen<br />
Studie wurde eine Strategie für den<br />
Austausch samt Zeitplänen und zu<br />
veranschlagenden Kosten festgelegt.<br />
Die Betriebsmannschaft von Callaway<br />
entschied, in einem ersten Schritt –<br />
aufgrund der veralteten Ausrüstungen<br />
und der hohen Instandhaltungskosten<br />
– das Kondensatreinigungssystem und<br />
das Sekundärkreis-Abwassersystem<br />
auszutauschen. Nach ihrem Einbau<br />
wurden die neuen Systeme im Herbst<br />
Strategische Allianz<br />
Da Callaway die Ertüchtigung zahlreicher<br />
Systeme über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg beabsichtigt, stimmten<br />
beide Vertragspartner überein, dass<br />
eine Allianz, in der Kraftwerk und<br />
Serviceanbieter von der Planungsphase<br />
bis zum Abschluss des Projekts zusammenarbeiten,<br />
der beste Weg zum Erfolg<br />
wäre. Ein gemeinsames Team mit den<br />
wichtigsten Mitspielern aus Callaway<br />
und dem IOT wurde gebildet, um<br />
die Ziele beider Seiten, das Teilen<br />
von Risiken und Vorteilen sowie die<br />
Leistungsindikatoren festzulegen.<br />
Das Team arbeitet während des gesamten<br />
Projekts zusammen und sorgt<br />
dafür, dass Entscheidungen schnell<br />
getroffen, auftretende Probleme gemeinsam<br />
gelöst und die vorhandenen<br />
Ressourcen zielgerichtet und optimal<br />
genutzt werden.<br />
Vorlaufende Planung<br />
Eine der wichtigsten und schwierigsten<br />
Aufgaben war die Festlegung der nötigen<br />
Voraussetzungen für die Betriebsführung.<br />
Da das Bedienpersonal von<br />
Callaway alle Bedienungs- und Beobachtungsfunktionen<br />
von einer zentralen<br />
Warte aus ausführen wollte, waren<br />
8 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
viele Abläufe neu zu definieren. Aufgrund<br />
des begrenzten Raumes mussten<br />
die neuen Bedienungseinrichtungen<br />
gleich neben der vorhandenen Sicherheitsleittechnik<br />
in der Warte eingebaut<br />
werden. Dies machte einige zusätzliche<br />
Tests erforderlich, z.B. eine Untersuchung<br />
auf Emissionen und elektromagnetische<br />
Verträglichkeit und auf<br />
Einhaltung der Erdbebensicherheitsauflagen;<br />
ferner waren einige Änderungen<br />
der Anordnung notwendig, damit<br />
die neuen Schränke in der Warte richtig<br />
befestigt werden konnten.<br />
Während des Modernisierungsvorhabens<br />
zeigte sich bald, dass von diesen<br />
Änderungen nicht nur die Ausrüstung<br />
betroffen sein würde. Verfahrensanweisungen<br />
mussten angepasst oder neu<br />
erstellt und anschließend verifiziert<br />
und validiert werden. Schulungsprogramme<br />
mussten überarbeitet und neu<br />
strukturiert werden, um den Bedürfnissen<br />
aller Abteilungen im Kernkraftwerk<br />
gerecht zu werden. Infolgedessen<br />
hatten zahlreiche Abteilungen Zugang<br />
zur digitalen Leittechnik, um ihre<br />
Prozeduren niederzulegen und zu verifizieren,<br />
Tests an Hardware und Software<br />
durchzuführen und das Personal<br />
zu schulen. Während dieser Zeit entwickelte<br />
das gemeinsame Allianz-Team<br />
ein besseres Verständnis dafür, wie sich<br />
die Modernisierung auf die Anlage<br />
auswirken wird und fühlte sich dadurch<br />
der Erreichung der gesteckten<br />
Ziele noch mehr verpflichtet.<br />
Einbau im Kraftwerk<br />
Die vorhandene Schalttechnik für das<br />
Kondensatreinigungssystem, die aus<br />
veralteten Walzenschaltwerken bestand,<br />
wurde gegen das Automatisierungssystem<br />
TELEPERM XP AS 620<br />
ausgetauscht. Es wurden dezentrale<br />
Ein-/Ausgabe-Baugruppen sowie die<br />
zugehörigen Automatisierungsprozessoren<br />
verwendet. Die in einem vorgefertigten<br />
und vorgetesteten Schaltschrank<br />
montierten digitalen Ein-/<br />
Ausgabe-Baugruppen wurden über<br />
redundante PROFIBUS-Kabel mit<br />
zwei redundanten Automatisierungsprozessoren<br />
verbunden, in denen die<br />
Programmsteuerung erfolgt. Die Automatisierungsprozessoren<br />
sind in einem<br />
neuen Schrank untergebracht und über<br />
Lichtwellenleiterkabel mit dem Backbone-System<br />
der Anlage verbunden.<br />
Das Prozessführungs- und -informationssystem<br />
TELEPERM XP OM 690<br />
besteht aus dem Backbone-System der<br />
Anlage und dem Bedien- und Beobachtungssystem<br />
und bildet die Basis<br />
der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Es<br />
gibt zwei Bussysteme: Einen Anlagenbus,<br />
der das Automatisierungssystem<br />
auf der einen Seite und die Prozessing-<br />
und Serverunits plus die Engineering-<br />
und Diagnosestationen auf der<br />
anderen Seite miteinander verbindet,<br />
und einen Terminalbus für die Kommunikation<br />
mit den Operatorterminals<br />
und den Druckern. Die Prozessführung<br />
ist jetzt in der Hauptwarte zentral<br />
zusammengefasst.<br />
Ergebnisse<br />
Nachdem das neue System installiert<br />
ist, profitiert die Anlage nun<br />
von dessen Vorteilen. Die Prozessführung<br />
ist jetzt weniger arbeitsintensiv<br />
und wurde auf den Gebieten<br />
Überwachung und Kondensat-<br />
Regenerierung wesentlich verbessert.<br />
Das Team profitiert vom modularen<br />
Aufbau von TELEPERM und kann<br />
das im Rahmen dieser Maßnahmen<br />
gewonnene Wissen in die Nachfolgeprojekte<br />
einbringen. ■<br />
Ergebnisse in<br />
Callaway<br />
• deutlich verbesserte<br />
Prozessführung<br />
• gesteigerte Qualität der verfahrenstechnischen<br />
Prozesse<br />
mit hervorragender Konstanz<br />
des pH-Wertes<br />
• weniger Bedienpersonal<br />
erforderlich<br />
• vereinfachte Fehlersuche<br />
• weniger Schreibarbeit<br />
• höhere Verfügbarkeit<br />
des Leitsystems<br />
• modulare Erweiterung<br />
möglich<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 9
Feature<br />
Digitales Erregersystem<br />
für Comanche Peak<br />
n Comanche Peak sind wir gerade<br />
„Idabei, das Erregersystem unser<br />
Notstromdieselgeneratoren zu ertüchtigen.<br />
Im Vordergrund steht dabei die<br />
Erhöhung der Zuverlässigkeit“, sagte Bill<br />
Hill, der für die Notstromdiesel zuständige<br />
Ingenieur im US-Kernkraftwerk<br />
Comanche Peak des Betreibers TXU.<br />
Die Mehrzahl der Kernkraftwerke in<br />
den Vereinigten Staaten wurde in den<br />
1970er und 1980er Jahren errichtet.<br />
Bekanntermaßen planen viele US-<br />
Kernkraftwerke eine Verlängerung ihrer<br />
Betriebsgenehmigung, oder haben<br />
diese bereits erhalten. In diesem Zusammenhang<br />
ist es unabdingbar,<br />
alternde oder veraltete Komponenten<br />
auszutauschen. Dies gilt auch für die<br />
Erregersysteme der Notstromgeneratoren.<br />
Bei der Errichtung waren alle diese<br />
Systeme analog und viele Tätigkeiten<br />
(z.B. Fehlersuche, Kalibrierung)<br />
müssen deshalb derzeit noch von<br />
Hand ausgeführt werden. Außerdem<br />
wird es immer schwieriger, für einige<br />
der Originaleinrichtungen Ersatzteile<br />
aufzutreiben. Daher wechseln die<br />
Anlagen zunehmend auf digitale<br />
Technologie. Dies erhöht die Verfügbarkeit,<br />
verringert die Wartung und<br />
vereinfacht Tests und Fehlersuche.<br />
Entscheidung für<br />
Austausch<br />
Comanche Peak entschied sich für<br />
den Austausch des Spannungsreglers<br />
der statischen Erregung sowie der<br />
Geräte der Generatorsteuerung, der<br />
Schutzrelais und der Spannungs- und<br />
Stromtransformatoren.<br />
Außerdem hat die Anlage mit dem<br />
Austausch der Leittechnik begonnen;<br />
die Entscheidung fiel für unsere digitale<br />
Leittechnik TELEPERM TM XS.<br />
Wichtig war daher auch, dass die<br />
Erregereinrichtung der Notstromdiesel<br />
kompatibel zur neuen Leittechnik<br />
ist.<br />
Die frühere Einbindung von Ingenieuren<br />
aller Fachrichtungen<br />
sorgte für den reibungslosen<br />
Ablauf aller Projektphasen.<br />
„Unsere Vorstellung war ein System in<br />
Digitaltechnik, aber mit vollständig analogen<br />
Reserveeinrichtungen. Diese Reserveeinrichtungen<br />
sollen die Generatorspannung<br />
auch ohne den digitalen Teil<br />
innerhalb der Auslegungsgrenzen halten“,<br />
so Bill Hill. Er fuhr fort: „Wir erwarten<br />
uns von dem digitalen System wegen<br />
seiner Fehlerprotokollierungs- und<br />
Fehlerrückverfolgungsfunktionen eine<br />
schnellere und einfachere Fehleranalyse<br />
als in der Vergangenheit und wir gehen<br />
davon aus, dass wir mit der integrierten<br />
Protokollierungsfunktion unsere periodischen<br />
Tests schneller abwickeln können.“<br />
Lösung<br />
Für diese erste Installation eines digitalen<br />
Spannungsreglers in einem USamerikanischen<br />
Kernkraftwerk entschied<br />
sich Comanche Peak für das<br />
THYRIPART-System. Hierbei handelt<br />
es sich um ein transistorgesteuertes statisches<br />
Erregersystem, das mit Strom<br />
und Spannung des Generators versorgt<br />
wird. Es besteht hauptsächlich aus einem<br />
analogen Leistungskreis (nur passive<br />
Komponenten) und einem digitalen<br />
automatischen Spannungsregler,<br />
der zur Feldwicklung parallel geschaltet<br />
ist. Der Leistungsschaltkreis ist so<br />
ausgelegt, dass er die Generatorausgangsspannung<br />
auch dann, wenn der<br />
Spannungsregler nicht in Betrieb ist,<br />
innerhalb der Auslegungsgrenzen hält.<br />
Mit seiner Regelungsgenauigkeit von<br />
0,5 Prozent und einer Reaktionszeit<br />
von weniger als 30 ms erweist sich das<br />
System als außerordentlich dynamisch.<br />
Die Regelung erfolgt ohne irgendwelche<br />
mechanischen Bauteile. ■<br />
Vorteile des<br />
neuen Systems<br />
• erhöhte Zuverlässigkeit der Notstromdiesel<br />
• Ausfall des automatischen Spannungsreglers<br />
legt System nicht<br />
lahm<br />
• reduzierter Betriebs- und Wartungsaufwand<br />
• Selbstüberwachung erkennt abnormale<br />
Trends und gibt automatisch<br />
Warnmeldungen aus<br />
• Klartextanzeige in der Schranktür<br />
zeigt System-Status an<br />
(Kommunikation zu entfernten<br />
Orten möglich)<br />
• THYRIPART ist bereits in zahlreichen<br />
Kernkraftwerken in aller<br />
Welt installiert<br />
• System eignet sich für alle Notstromdieselgenerator-Typen<br />
• eine zentrale Bezugsquelle für<br />
alle Elektro- und Leittechnik-<br />
Lösungen<br />
• System wird über die gesamte Lebensdauer<br />
der Anlage unterstützt<br />
• Framatome ANP kann auch den<br />
elektrischen Schutz und die Generatorsteuerung<br />
ersetzen und wird<br />
sich außerdem bei deren Nachrüstung<br />
um die konstruktiven Aspekte<br />
und den Einbau kümmern<br />
10 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Wissensintegration in der Instandhaltung:<br />
Ein zukünftiger Erfolgsfaktor<br />
ie Ressource Wissen wird<br />
„Dzum wesentlichen Erfolgsfaktor<br />
für die Instandhaltung von Industrieanlagen<br />
im neuen Jahrhundert".<br />
Diese Aussage stand im Mittelpunkt<br />
einer eintägigen Ergebnispräsentation<br />
zum Projekt „Wissensintegration im<br />
Instandhaltungsservice“ (WIS) vor geladenen<br />
Gästen aus Industrie und<br />
Stromwirtschaft im deutschen Kernkraftwerk<br />
Isar des Energieversorgers<br />
E.ON am 17. September 2003.<br />
Das vom deutschen Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung geförderte<br />
WIS-Projekt war 2001 gestartet<br />
worden. Ziel war es, die Instandhaltungsplanung<br />
und -durchführung in<br />
Kraftwerken und Industrieanlagen<br />
nachhaltig zu verbessern. Die beteiligten<br />
Unternehmen E.ON Energie,<br />
Framatome ANP, Sempell Armaturen-<br />
Service, Siemens und IBS sowie die<br />
Technische Universität Darmstadt<br />
haben wissenschaftlich fundierte und<br />
zugleich praxisrelevante Lösungen entwickelt.<br />
„Der Erfolg des Projekts liegt<br />
nicht zuletzt in der engen Zusammenarbeit<br />
zwischen Hochschule und<br />
Praxis begründet“, so Günter Specht,<br />
Tagungsleiter und Professor an der<br />
Technischen Universität Darmstadt.<br />
Wissens-Bündelung<br />
erleichtert Instandhaltungsplanung<br />
Bisher verteilt sich das instandhaltungsrelevante<br />
Wissen auf unterschiedliche<br />
Firmen wie Anlagenbauer<br />
und -betreiber sowie Serviceunternehmen.<br />
Betriebsführungs-, Planungsund<br />
Diagnosesysteme existieren oft nur<br />
als Insellösungen. Viele Befund- und<br />
Reparaturberichte liegen nur in Papierform<br />
vor, Informationen und Wissen<br />
sind teilweise nur in den Köpfen langjähriger<br />
Mitarbeiter gespeichert.<br />
In WIS sind daher Verfahren und<br />
Methoden hinterlegt, die alles instandhaltungsrelevante<br />
Wissen für eine<br />
Komponente (Armaturen, Pumpen,<br />
Motoren, Transformatoren, Schaltanlagen<br />
und Messwertaufnehmer) in<br />
einer Datenbank zusammenführen.<br />
Wartungsvorschriften, Diagnosebefunde<br />
von Überwachungssystemen,<br />
Ergebnisse früherer Inspektionen usw.<br />
fließen hier ein und geben dem Anlagenbetreiber<br />
Aufschluss über den Zustand<br />
einer Komponente. Die Instandhaltungsmaßnahmen<br />
werden systematisch<br />
analysiert und bewertet, um neue<br />
Erkenntnisse zu sammeln. Der Vorteil<br />
für Betreiber und Servicemannschaft<br />
liegt auf der Hand: WIS sagt, ob eine<br />
Komponente überprüft werden muss<br />
oder nicht. Das spart Zeit und Geld,<br />
und erhält auch die Betriebssicherheit<br />
der Komponenten.<br />
Erfolgreiche Prototyp-<br />
Vorführung in Isar<br />
Die Vorführung des im Projekt entwickelten<br />
Prototyps in Isar bestätigte,<br />
Zustandsdaten<br />
(gemessen)<br />
Zustandsinfo (visuell)<br />
Erkenntnisse<br />
Dokumente<br />
Aufbau der WIS-Systemarchitektur<br />
Schwerpunkt<br />
Wissenserfassung<br />
Regular-Modul<br />
Condition-Based-<br />
Maintenance-<br />
Modul<br />
Befund-Modul<br />
Schwerpunkt<br />
Wissenserweiterung<br />
und -verteilung<br />
Hersteller<br />
dass Wissensintegration erfolgreich<br />
machbar ist. Beispiel war die Instandhaltung<br />
von Armaturen: Man verwendete<br />
zur Datenerfassung das SIPLUG ® -<br />
Modul von Framatome ANP, mit dem<br />
Armaturendiagnosesystem ADAM ®<br />
(ebenfalls von Framatome ANP)<br />
wurden die Messdaten verarbeitet<br />
und dann mit WIS vernetzt, das daraufhin<br />
die Instandhaltungsanforderungen<br />
für diese Armatur generierte.<br />
„Die systematischen Methoden, insbesondere<br />
die Analysen und Bewertungen<br />
der durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen,<br />
haben uns überzeugt,<br />
die Wissensintegration in der<br />
Instandhaltung mit WIS weiterzuführen“,<br />
so die Bewertung von Siegfried<br />
Seifert, Technischer Leiter der E.ON<br />
Kernkraft GmbH, Kernkraftwerk Isar.<br />
Das Verfahren wurde von den Erfindern<br />
zum Patent angemeldet. Potenzielle<br />
Anwender aus Deutschland,<br />
Brasilien, Finnland und Russland sind<br />
bereits an WIS interessiert. ■<br />
Vorschriften<br />
Instandhaltungspläne<br />
Wissensmanagement<br />
Modul<br />
Datenbank<br />
Service-<br />
Anbieter<br />
andere<br />
Betreiber<br />
Schwerpunkt<br />
Wissensnutzung<br />
Maintenance-<br />
Decision-<br />
Support-<br />
Modul<br />
Optimiertes<br />
Mengengerüst<br />
einzelne<br />
Entscheidung<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 11
T itelgeschichte<br />
12 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Finnland entscheidet sich<br />
für den EPR<br />
Die Entscheidung Finnlands für den Bau eines neuen Kernkraftwerks<br />
könnte der Startschuss für die Wiederbelebung<br />
der Kernenergie in Europa gewesen sein.<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 13
T itelgeschichte<br />
Als sich die finnische Regierung<br />
2002 dafür entschied, dem Stromerzeuger<br />
Teollisuuden Voima Oy (TVO)<br />
grünes Licht für den Bau eines neuen<br />
Kernkraftwerks zu geben, sprachen aufgrund<br />
der Gegebenheiten im Lande viele<br />
Gründe dafür.<br />
Werfen wir einen Blick auf die Fakten.<br />
Der Stromverbrauch in Finnland ist in den<br />
letzten zwanzig Jahren kräftig angestiegen<br />
und wird auch zukünftig zunehmen. Bis<br />
2010 werden – aufgrund der stromintensiven<br />
Industriestruktur des Landes und des<br />
zunehmenden Stromverbrauchs in den<br />
Haushalten – etwa 3000 MW an zusätzlicher<br />
Kraftwerksleistung benötigt. Und da<br />
sich Finnland verpflichtet hat, seine Emissionen<br />
an Kohlendioxid (CO 2 ) zu reduzieren,<br />
muss der Ausbau der Kraftwerksleistung<br />
emissionsfrei erfolgen.<br />
Auch die Versorgungssicherheit spielte<br />
eine Rolle in der Entscheidung der Regierung.<br />
Ein neues Kernkraftwerk wird die<br />
Abhängigkeit des Landes von Stromimporten,<br />
in erster Linie aus Russland und<br />
Schweden, reduzieren. Zudem gab es Bedenken,<br />
dass es zu Engpässen bei der<br />
Stromversorgung auf dem skandinavischen<br />
Markt kommen könnte. „Die Entscheidung<br />
für den Ausbau der Kernenergie<br />
stellt von allen Möglichkeiten die ökonomisch<br />
günstigste Lösung dar, sowohl<br />
für die Wirtschaft des Landes als auch für<br />
die Staatsfinanzen“, meinte Sinikka Mönkäre,<br />
im Jahr 2002 finnischer Handelsminister.<br />
Ein neuer Reaktor werde auch in<br />
Zukunft einen stabilen Strompreis ermöglichen,<br />
so Mauno Paavola, Vorstandsvorsitzender<br />
der TVO, dem Unternehmen, das<br />
den Bau des neuen Reaktors beantragte.<br />
Offener Entscheidungsprozess<br />
Zurück ins Jahr 1998. TVO und Fortum<br />
<strong>Power</strong> and Heat Oy – die beiden finnischen<br />
Betreiber von Kernkraftwerken –<br />
kamen zu dem Schluss, dass ein Großteil<br />
des zukünftigen Strombedarfs des Landes<br />
durch den Bau eines neuen Kernkraftwerks<br />
gedeckt werden könnte. Zu dieser<br />
Entscheidung trugen mehrere Studien<br />
bei, darunter eine Wirtschaftlichkeitsstudie<br />
zu vier verschiedenen Kraftwerkstypen,<br />
die ergab, dass ein Kernkraftwerk<br />
die kostengünstigste Option ist. Des weiteren<br />
zeigten Machbarkeitsstudien, dass<br />
beide Kernkraftwerksstandorte des Landes,<br />
Olkiluoto und Loviisa, die Möglichkeit<br />
für eine Erweiterung bieten.<br />
Im November 2000 beantragte TVO<br />
die Grundsatzentscheidung – wie im<br />
finnischen Kernenergiegesetz vorgesehen<br />
– beim Wirtschaftministerium, nachdem<br />
von TVO für den Standort Olkiluoto für<br />
die in Frage kommenden Leichtwasserreaktoren<br />
Umweltgutachten angefertigt<br />
und vom Wirtschaftsministerium überprüft<br />
worden waren. Die entsprechenden<br />
Gutachten für den Standort Loviisa<br />
waren von Fortum <strong>Power</strong> and Heat Oy<br />
erstellt worden. In den Entscheidungsprozess<br />
wurden zudem weitere Ministerien,<br />
Behörden, Gebietskörperschaften,<br />
Verbände, Organisationen und die allgemeines<br />
Öffentlichkeit einbezogen.<br />
Wachsende öffentliche<br />
Unterstützung<br />
Die finnische Öffentlichkeit ist seit zwanzig<br />
Jahren bezüglich ihrer Haltung zur<br />
Kernenergie befragt worden. 1998, dem<br />
Jahr, in dem sich die finnischen Stromerzeuger<br />
für einen neuen Reaktor entschieden,<br />
waren 57 Prozent der Befragten der<br />
Meinung, dass die Erfahrungen des Landes<br />
mit der Kernenergie gut sind. Während<br />
landesweit nur 32 Prozent für den<br />
Bau eines neuen Kernkraftwerks waren<br />
und 47 Prozent dagegen, befürwortete in<br />
den beiden Standortgemeinden der bestehenden<br />
Kernkraftwerke eine Mehrheit<br />
den Neubau – 60 Prozent in Loviisa und<br />
54 Prozent in Eurajoki, dem Standort des<br />
Kernkraftwerks Olkiluoto.<br />
Das Wirtschaftsministerium holte außerdem<br />
bei der Genehmigungsbehörde<br />
STUK eine vorläufige Sicherheitsbeurteilung<br />
aller für die Ausschreibung in Frage<br />
kommenden Reaktoren ein. Sie lag im<br />
Februar 2001 vor.<br />
Im Verlauf des Sommers 2001 legte das<br />
Ministerium das Thema der Regierung vor<br />
und im Januar 2002 fällte die finnische<br />
Regierung ihre Grundsatzentscheidung<br />
zum Bau eines fünften Reaktors. Eine im<br />
selben Monat von Suomen Gallup durchgeführte<br />
nationale Meinungsumfrage ergab,<br />
dass der Anteil derjenigen, die den<br />
Bau eines neuen Kernkraftwerks befürworteten,<br />
auf 40 Prozent angestiegen war.<br />
Nach dem finnischen Kernenergie-Gesetz<br />
muss die Grundsatzentscheidung der Regierung<br />
anschließend vom Parlament<br />
ratifiziert werden. Dies geschah im Mai<br />
2002. Am Vorabend der parlamentarischen<br />
Ratifizierung führte Suomen<br />
Gallup eine weitere Meinungsumfrage<br />
durch. Sie zeigte, dass mittlerweile 55<br />
Prozent für den Neubau eines Kernkraftwerks<br />
waren – vielleicht deshalb, weil ein<br />
neues Kernkraftwerk zur Erfüllung der<br />
im Kyoto-Protokoll festgelegten Reduktionsziele<br />
beitragen würde.<br />
Volle Kraft voraus<br />
Vier Monate nach der Ratifizierung durch<br />
das Parlament schrieb TVO im Oktober<br />
2002 den Bau des fünften Kernkraftwerks<br />
aus – Druckwasserreaktor oder Siedewasserreaktor<br />
mit einer Leistung zwischen<br />
1000 und 1600 MW. Geplant ist, laut<br />
Mauno Paavola, TVO-Vorstandsvorsitzender,<br />
den neuen Reaktor „bis zum Ende<br />
dieses Jahrzehnts ans Netz zu bringen.“<br />
Anfang 2003 übergab TVO die Umweltgutachten<br />
an die Westfinnische<br />
14 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Umweltaufsichtsbehörde, die Gemeinde<br />
Eurajoki – dort liegt das Kernkraft<br />
werk Olkiluoto – und an die Stadt<br />
Loviisa, Standort des gleichnamigen<br />
Kernkraftwerks.<br />
Am 31. März 2003 erhielt TVO Angebote<br />
von verschiedenen Herstellern, darunter<br />
auch Framatome ANP im Konsortium<br />
Design erhöht Sicherheit<br />
Der EPR wurde seit 1990 von<br />
Framatome und Siemens entwickelt<br />
als Ersatz der älter werdenden Anlagen.<br />
Das Projekt wurde von Electricité de<br />
France (EDF) und verschiedenen deutschen<br />
Energieversorgern angestoßen.<br />
Beim EPR handelt es sich um eine evolutionäre<br />
Weiterentwicklung der in<br />
andere). Zudem stellte das Auslegungsteam<br />
sicher, dass der EPR die definierten<br />
Anforderungen der europäischen Stromwirtschaft<br />
an zukünftige Kernkraftwerke<br />
(European Utility Requirements) erfüllt.<br />
Um die Störfallvermeidung zu verbessern,<br />
vereinfachte das Auslegungsteam die Sicherheitssysteme,<br />
beseitigte Ursachen für<br />
mit Siemens. Am 15. Oktober 2003<br />
erklärte Mauno Paavola das Konsortium<br />
aus Framatome ANP und Siemens zum<br />
bevorzugten Anbieter. Er führte aus,<br />
dass der fortschrittliche Europäische<br />
Druckwasserreaktor (EPR) die kostengünstigste<br />
Lösung gewesen sei. Zugleich<br />
gab Paavola bekannt, dass der neue Reaktor<br />
am Standort Olkiluoto errichtet<br />
werden wird.<br />
Die Vertragsverhandlungen wurden<br />
in Rekordzeit abgeschlossen und<br />
am 18. Dezember 2003 wurde der<br />
Vertrag in Helsinki unterzeichnet.<br />
Das Konsortium wird das Kernkraftwerk<br />
schlüsselfertig errichten.<br />
Der fortschrittliche 1600-MW-<br />
Reaktor verfügt über eine Reihe<br />
von Merkmalen, die ihn bei weiter<br />
erhöhter Sicherheit und Effizienz<br />
noch wirtschaftlicher gegenüber<br />
den heute in Betrieb befindlichen<br />
Anlagen machen.<br />
Frankreich und Deutschland bestehenden<br />
DWR-Baulinien. Bei ihrer Arbeit<br />
verfolgten Framatome und Siemens<br />
drei Entwicklungsziele:<br />
• Verbesserung der Maßnahmen<br />
gegen das Eintreten von Störfällen,<br />
• Beherrschung von selbst extrem<br />
unwahrscheinlichen, auslegungsüberschreitenden<br />
Ereignissen und<br />
Beschränkung ihrer Auswirkungen<br />
auf die Anlage selbst,<br />
• wettbewerbsfähige Stromerzeugungskosten.<br />
Damit der EPR in Frankreich und<br />
Deutschland genehmigungsfähig ist,<br />
wurden bei der Auslegung gemeinsam<br />
mit den französischen und deutschen<br />
Sicherheitsbehörden erarbeitete Richtlinien<br />
zugrunde gelegt (Anmerkung:<br />
Aufgrund der Ausstiegspolitik sind gegenwärtig<br />
in Deutschland keine Kernkraftwerke<br />
genehmigungsfähig, doch in<br />
den 1990 Jahren war die Situation eine<br />
mögliche Ausfälle bei den Sicherheitsfunktionen<br />
durch räumliche Trennung und Diversität,<br />
verlängerte die Zeiten für Maßnahmen<br />
von Seiten des Betriebspersonals und<br />
optimierte die Mensch-Maschine-Schnittstelle,<br />
um die Anfälligkeit für menschliche<br />
Fehler noch weiter zu reduzieren.<br />
Zur Beherrschung eines Kernschmelzunfalls<br />
und zur Vermeidung größerer Freisetzungen<br />
wurden verschiedene Maßnahmen<br />
ergriffen wie:<br />
• Doppel-Containment zur Vermeidung<br />
der Freisetzung von Gasen,<br />
• katalytische Rekombinatoren zum<br />
Abbau von Wasserstoff und zur<br />
Vermeidung von Explosionen,<br />
• Sammeln und Kühlen der Kernschmelze<br />
in einer speziell ausgebildeten<br />
Reaktorgrube,<br />
• Wasservorrat im Reaktorgebäude zur<br />
Kühlung des Kerns für den Fall eines<br />
Kühlmittelverluststörfalls.<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 15
T itelgeschichte<br />
Während der Planungsphase wurden<br />
probabilistische Sicherheitsbewertungen<br />
durchgeführt, um Störfallabläufe, die zu<br />
ernsten Schäden im Kern oder großen<br />
Freisetzungen führen können, zu ermitteln<br />
und deren Wahrscheinlichkeit zu<br />
bewerten. Es war dies das erste Mal,<br />
dass derartige Analysen bereits in der<br />
Basic-Design-Phase eines Kernkraftwerksprojekts<br />
vorgenommen wurden.<br />
Um mit dem EPR wettbewerbsfähig<br />
Strom erzeugen zu können, wurde er<br />
von Framatome ANP und Siemens so<br />
ausgelegt, dass er 17 Prozent weniger<br />
Uran pro Kilowatt-Stunde verbraucht<br />
und eine hohe Verfügbarkeit aufweist –<br />
hierzu tragen insbesondere die verkürzten<br />
Revisionen bei. Der EPR ist für<br />
eine Lebensdauer von sechzig Jahren<br />
ausgelegt. Zudem können im Reaktor<br />
Mischoxid-(MOX) Brennelementen<br />
eingesetzt werden.<br />
Die Stromerzeugungskosten pro<br />
Kilowatt-Stunde werden im Vergleich zu<br />
den derzeit wirtschaftlichsten, in Frankreich<br />
in Betrieb befindlichen, Kernkraftwerken<br />
um zehn Prozent niedriger sein.<br />
Bei der Bekanntgabe der Entscheidung<br />
von TVO für den EPR sagte Mauno<br />
Paavola, dass der Reaktor die „Nummer<br />
eins war, am kostengünstigsten.“<br />
Aufgrund des äußerst knappen Zeitrahmens<br />
für das Projekt hat TVO den Bauantrag<br />
bei der Regierung bereits Anfang<br />
Januar 2004 eingereicht. Das Unternehmen<br />
begann mit den Erdarbeiten am<br />
Standort Olkiluoto im Februar 2004,<br />
der Bau des Kraftwerks soll im Frühjahr<br />
2005 starten.<br />
TVO wird das Projekt hauptsächlich<br />
über den internationalen Kapitalmarkt<br />
finanzieren. Die gegenwärtigen Hauptaktionäre<br />
der TVO, einschließlich PVO<br />
und Fortum, haben sich dafür entschieden,<br />
Anteile in der gleichen Höhe im<br />
neuen Projekt zu übernehmen wie<br />
sie bereits bei TVO halten.<br />
Außerdem ist das Interesse anderer finnischer<br />
Industrieunternehmen am Projekt<br />
so groß, dass nicht allen<br />
Anteils-Anfragen entsprochen<br />
werden kann. Mauno Paavola<br />
sagte, dass leicht 2500 MW an<br />
interessierte Investoren hätten<br />
verkauft werden können, falls<br />
der neue Reaktor sie<br />
bereitgestellt hätte.<br />
Derzeitige Situation<br />
in Frankreich<br />
Nur wenige Wochen bevor TVO seine<br />
Entscheidung für den EPR bekannt gab,<br />
erklärte die französische Industrieministerin<br />
Nicole Fontaine, dass sie es begrüßen<br />
würde, wenn die Regierung dem Bau<br />
eines EPR in Frankreich zustimmt.<br />
Diese Aussage von Nicole Fontaine war<br />
der Höhepunkt einer monatelangen<br />
Energie-Debatte, deren Ziel es war,<br />
die Nation an einer Diskussion über<br />
Energiefragen zu beteiligen. Als die Debatte<br />
Anfang 2003 angestoßen wurde,<br />
sagte Fontaine, dass Frankreich bald seine<br />
Entscheidung über die hauptsächlichen<br />
Energiequellen für die nächsten dreißig<br />
Jahre treffen müsse. Dies bedeute auch,<br />
über die Zukunft der Kernkraft nachzudenken,<br />
meinte sie.<br />
Jean Besson, ein Mitglied des französischen<br />
Unterhauses, der von der Regierung<br />
mit der Verfolgung dieser Energie-<br />
Debatte betraut wurde, meinte in seinem<br />
Bericht, dass „die Zukunft der Kernenergie<br />
in Europa sehr stark“ von Frankreichs<br />
Entscheidung über den Bau eines neuen<br />
Reaktors beeinflusst wird.<br />
Lage in Europa<br />
Zweifelsohne ist die Entscheidung Finnlands<br />
für den Bau eines fünften Reaktors<br />
ein wichtiger Impuls für die Kernenergie<br />
in Europa. Es wird das erste Kernkraftwerk<br />
der Dritten Generation sein, das in<br />
Europa gebaut wird; ein weiteres wird<br />
wahrscheinlich demnächst in Frankreich<br />
errichtet werden. Steht es auch für eine<br />
„Renaissance der Kernenergie“, wie<br />
Mauno Paavola 2002 meinte? Vielleicht.<br />
Ohne die Kernenergie werden sich die<br />
die Länder der Europäischen Union (EU)<br />
schwer tun, ihre CO 2 -Reduktionsziele zu<br />
erreichen, eine Tatsache, die Finnland<br />
und Frankreich erkannt haben – und einige<br />
der EU-Beamten. Loyola de Palacio,<br />
Kommissarin für Transport und Energie,<br />
warnte im April 2003, dass „die Entscheidung<br />
einiger Mitgliedstaaten über<br />
einen Ausstieg aus der Kernenergie es<br />
erschweren wird, die im Kyoto-Protokoll<br />
festgehaltenen Reduktionsziele zu realisieren.<br />
Ich denke, dass die Kernenergieoption<br />
für alle daran interessierte Mitgliedsstaaten<br />
offen gehalten werden muss<br />
– nach Kyoto mehr denn je.“<br />
Nur einen Monat nach dieser Aussage<br />
von Loyola de Palacio veröffentlichte die<br />
Europäische Kommission Forschungsergebnisse<br />
zu Energie- und Umweltthemen.<br />
Die Studie „World Energy, Technology<br />
and Climate Policy Outlook“ kam<br />
zu dem Schluss, dass der Einsatz von<br />
Kernenergie und erneuerbaren Energieträgern<br />
in großem Maßstab die bei der<br />
Erreichung der Reduktionsziele entstehenden<br />
Kosten während der nächsten<br />
16 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Strom in Finnland nach Energiequellen (2002)<br />
Erdöl<br />
2.2 %<br />
Kohle<br />
14.1%<br />
Erdgas<br />
11.0 %<br />
Stromimporte<br />
14.2 %<br />
2003 stieg der Anteil der Kohle zur Stromerzeugung<br />
um 62%, der CO2-Austoß erhöhte sich um 40%<br />
und der mittlere Strompreis stieg um 20%.<br />
Wasserkraft<br />
12.7 %<br />
Wind 0.1%<br />
Torf<br />
7.3 %<br />
Sonstige erneuerbare<br />
Energieträger<br />
(hauptsächlich Holz)<br />
12.5 %<br />
Kernenergie 25.6 %<br />
Quelle: Finnish Energy Industries<br />
Federation (Finergy)<br />
dem Thema Energie ein eigener Artikel in<br />
einem europäischen Vertrag gewidmet<br />
wurde. „Die Kernenergie hat Zukunft“,<br />
meinte er, „da sie gebraucht wird.“<br />
Es wird erwartet, dass in der EU bis<br />
2020 rund 400 000 MW an zusätzlicher<br />
Kraftwerksleistung benötigt werden.<br />
„Wir sind überzeugt, dass die Kernenergie<br />
als zuverlässige, wirtschaftliche und<br />
emissionsfreie Energiequelle eine Hauptrolle<br />
bei der Bereitstellung dieses Bedarfs<br />
spielen wird“, sagte Norbert Haspel, verantwortlich<br />
für das Angebot Finnland 5<br />
im Geschäftsgebiet Reaktoren bei<br />
Framatome ANP in Deutschland. ■<br />
dreißig Jahre um 30 Prozent senken<br />
könnte. Das Europäische Atomforum<br />
(Foratom) erklärte, „die Studie unterstreiche<br />
die Notwendigkeit für Entscheider<br />
im energiepolitischen Bereich, in Zukunft<br />
ihr Augenmerk auf die „sauberen“<br />
Optionen wie Kernenergie oder erneuerbare<br />
Energien zu richten.“<br />
Die wesentliche Rolle der Kernenergie<br />
bei der Reduzierung der Emissionen war<br />
auch Gegenstand eines Positionspapiers<br />
des Wissenschaftlichen Beirats (High<br />
Scientific Council) der European <strong>Nuclear</strong><br />
Society (ENS). Die Ratsmitglieder –<br />
hochrangige Wissenschaftler aus ganz<br />
Europa – sagten: „Wir denken nicht, dass<br />
Kernenergie die alleinige Antwort auf die<br />
Problematik der Bereitstellung von mehr<br />
Energie bei gleichzeitiger Reduzierung der<br />
CO 2 -Emissionen ist, aber wir sind überzeugt,<br />
dass es keine Lösung ohne sie gibt.“<br />
Die ENS-Publikation „Climate Change<br />
and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>“ betont, wie wichtig<br />
es für die Industrieländer ist, in ihrem<br />
Energie-Mix bevorzugt auf nicht CO 2 -<br />
emittierende Quellen wie die erneuerbaren<br />
Energieträger sowie Kernenergie zu<br />
setzen. Der Wissenschaftliche Beirat gab<br />
zu, dass „einige Leute unsere Hauptschlussfolgerung<br />
nicht gerne sehen werden,<br />
aber sie stützt sich auf einer realistischen<br />
Bewertung der verschiedenen Optionen<br />
(zur Energieerzeugung).“ „Obwohl<br />
die Kernenergie emissionsfrei ist“, fügte<br />
der Rat hinzu, wird sie „stark kontrovers<br />
gesehen und hat eine geringe öffentliche<br />
und politische Akzeptanz“, was dazu geführt<br />
hat, dass einige europäische Länder<br />
Ausstiegspläne angekündigt haben.<br />
Um Nuklearthemen in der Öffentlichkeit<br />
besser bekannt und verstanden zu machen,<br />
hat die Europäische Kommission<br />
eine Interessengruppe zur Information<br />
über die Energieforschung (Energy Research<br />
Information and Communication<br />
Group) gegründet. Die Gruppe, der Regierungsministerien<br />
und Behörden, Unternehmen,<br />
nichtstaatliche Organisationen,<br />
Akademien und wissenschaftliche<br />
Museen angehören werden, möchte die<br />
Debatte über die Kernenergie ausweiten.<br />
Innerhalb der EU entsteht ein zunehmendes<br />
Bewusstsein für die Rolle der Kernenergie<br />
bei der emissionsfreien Erzeugung<br />
von Strom. Der neueste Hinweis ist die<br />
Miteinbeziehung der Kernenergie in den<br />
Entwurf der EU-Verfassung, in dem die<br />
Weiterentwicklung der Kerntechnik quer<br />
durch Europa gefordert wird – als Bestandteil<br />
eines breiten Energie-Mix. Laut<br />
Rolf Linkohr (Sozialdemokratische Partei<br />
Deutschland, SPD), Mitglied im Ausschuss<br />
für Industrie, Außenhandel, Forschung<br />
und Energie des europäischen<br />
Parlaments, war dies das erste Mal, dass<br />
Mauno Paavola, Vorstandsvorsitzender<br />
der TVO<br />
„Der Stromverbrauch in Finnland steigt<br />
jährlich um ein bis zwei Prozent“, so<br />
Mauno Paavola, Vorstandsvorsitzender der<br />
TVO, als er nach der Notwendigkeit für<br />
den weiteren Ausbau der Kraftwerksleistung<br />
in Finnland befragt wurde. „Olkiluoto 3<br />
wird diesem Zuwachs Rechnung tragen, die<br />
Energieversorgung sichern und die Abhängigkeit<br />
von Energieimporten reduzieren“,<br />
fuhr er fort. „Damit trägt die Anlage zu<br />
stabilen und voraussagbaren Strompreisen<br />
bei. Außerdem wird die Kernenergie, zusammen<br />
mit den erneuerbarer Energieträgern,<br />
einen wichtigen Beitrag leisten,<br />
um den im Kyoto-Protokoll festgelegten<br />
Reduktionszielen bei den Treibhausgasen<br />
nachzukommen.<br />
Nach dem Grund befragt, warum sich<br />
TVO für den EPR entschieden hat, sagte<br />
Mauno Paavola: „Wir haben von verschiedenen<br />
Herstellern für unsere Bedürfnisse<br />
geeignete Kernkraftwerke angeboten bekommen.<br />
Dabei hat sich der EPR in technischer<br />
und wirtschaftlicher Hinsicht als die<br />
beste Lösung für unsere Zwecke erwiesen.“<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 17
Feature<br />
Lösung für „Sumpfverstopfung“<br />
in Druckwasserreaktoren<br />
Von der Möglichkeit der „Sumpfverstopfung“<br />
bei einem Kühlmittelverluststörfall<br />
sind Druckwasserreaktor-Anlagen<br />
in aller Welt betroffen<br />
– die einen mehr, die anderen weniger,<br />
je nach Konstruktion und Betriebsweise.<br />
Bezüglich Lösungen auf dem<br />
Gebiet der „Sumpfverstopfung“ ist<br />
Framatome ANP technisch führend.<br />
Problem<br />
Alle Typen von Druckwasserreaktor-Anlagen<br />
verfügen über Systeme, die bei einem<br />
Kühlmittelverluststörfall die Wärme<br />
aus dem Kern abführen und dafür sorgen,<br />
dass der Reaktordruckbehälter weiterhin<br />
gefüllt bleibt. Bei US-amerikanischen<br />
und französischen Druckwasserreaktoren<br />
geschieht dies durch Notkühlsysteme,<br />
die das ausgetretene Kühlmittel<br />
sammeln und über einen Wärmetauscher<br />
wieder zurück in den Reaktorkern leiten.<br />
Ein Kühlmittelverluststörfall (oder der<br />
Abriss einer Frischdampfleitung) kann jedoch<br />
an Ausrüstungen im Containment,<br />
die sich in unmittelbarer Nähe der Schadensstelle<br />
befinden, erhebliche Schäden<br />
verursachen. So kann die Isolierung abgerissen<br />
werden, Beton zerbröckeln, oder<br />
es treten andere Schäden auf, die Trümmer<br />
hinterlassen. Wenn diese Materialien<br />
von einem hochenergetischen Fluid nach<br />
unten zu den Sumpfsieben transportiert<br />
werden und diese teilweise verstopfen,<br />
kann sich die Förderleistung des Notkühlsystems<br />
empfindlich verringern. Das<br />
Ausmaß und die Auswirkungen der Verstopfung<br />
variieren je nach Design und<br />
Betriebsweise des Reaktors; insbesondere<br />
die deutschen Druckwasserreaktor-Anlagen<br />
sind aufgrund ihrer Konstruktion<br />
und Fahrweise weniger anfällig dafür.<br />
Das Thema „Sumpfverstopfung“ kam in<br />
den 1990er-Jahren ursprünglich bei<br />
Siedewasserreaktor-Anlagen auf. In den<br />
USA arbeitete unser Team gemeinsam<br />
mit zahlreichen Kernkraftwerken und<br />
der <strong>Nuclear</strong> Regulatory Commission<br />
(NRC) an einer Lösung. Seither hat<br />
das Team im Auftrag der Kernenergieindustrie<br />
die hydraulischen Vorgänge im<br />
Containmentsumpf und die Siebbelegung<br />
mit Material sowie die Transportmechanismen<br />
untersucht. Außerdem<br />
wurde zusammen mit dem <strong>Nuclear</strong> Energy<br />
Institute (NEI) und der NRC an der<br />
Entwicklung von Kriterien gearbeitet, die<br />
in der Branche generell zur Lösung des<br />
Problems angewandt werden können.<br />
Als Antwort auf eine Anweisung der<br />
französischen Nuklearsicherheitsbehörde<br />
hat der Energieversorger Electricite de<br />
Frankreich (EDF) zu erkennen gegeben,<br />
dass er in allen seinen 58 Druckwasserreaktor-Kernkraftwerken<br />
eine Ertüchtigung<br />
der Sumpfsiebe plant. Die Maßnahmen<br />
sollen im nächsten Jahr beginnen.<br />
Lösung<br />
Als wir erkannten, dass dieses Thema<br />
die Mehrzahl der Leichtwasserreaktoren<br />
betreffen könnte, schlossen wir uns mit<br />
der Alden Research Laboratory, Inc.<br />
und der Performance Contracting, Inc.<br />
(PCI) zusammen, um ein Spezialisten-<br />
Team auf die Beine zu stellen. Die<br />
Alden Research Laboratory, Inc. verfügt<br />
über mehr als 100-jährige Erfahrung auf<br />
dem Gebiet der Strömungsberechnung;<br />
PCI hat 15 der 33 US-amerikanischen<br />
Siedewasserreaktor-Anlagen mit SURE-<br />
FLOW-Konstruktionen ausgerüstet.<br />
Das Team entwickelte passende, aus einzelnen<br />
aufeinander gestapelten Siebscheiben<br />
bestehende SURE-FLOW-<br />
Die SURE-<br />
FLOW-Konstruktion<br />
zeichnet<br />
sich durch<br />
minimierte<br />
Druckverluste<br />
aus. Zudem<br />
schafft die kompakte<br />
Bauweise<br />
viel freie Arbeitsfläche<br />
auf<br />
dem Containment-Boden.<br />
Konstruktionen sowie entsprechende<br />
Lösungspakete für den Umbau, nahm<br />
den Einbau vor und unterstützte die<br />
nötigen Untersuchungen für das Genehmigungsverfahren.<br />
Die NRC hat die<br />
SURE-FLOW-Konstruktionen samt<br />
Auslegungsdaten sowie die vom Team<br />
durchgeführten Berechnungen bezüglich<br />
Entstehung und Transport des Materials<br />
bereits geprüft und genehmigt.<br />
Gegenwärtig unterstützt das Team vier<br />
US-Anlagen bei der Lösung dieses Problems.<br />
Darüber hinaus arbeitet es auch<br />
an der Entwicklung einer SURE-FLOW-<br />
Lösung für europäische Energieversorger,<br />
z.B. EDF und Tractebel (Belgien). ■<br />
Vorteile<br />
• Ganzheitliche Strategie<br />
• Schlüsselfertige Lösungen<br />
• Umfangreiche Erfahrung und<br />
Fachkenntnisse<br />
• Bewährte Technik<br />
• Von Genehmigungsbehörden<br />
akzeptiert<br />
• Reduzierter Instandhaltungsaufwand<br />
• Kompakte Lösung – und<br />
damit mehr Raum bei Instandhaltungsarbeiten<br />
• Einfach zu installieren – ohne<br />
Schweißarbeiten auf der Anlage<br />
• Kaum oder gar keine Umbauten<br />
nötig<br />
18 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
NOAH beseitigt das Natrium<br />
aus Schnellen Brütern<br />
Der französische Superphenix –<br />
ein Schneller Brüter – wird derzeit<br />
stillgelegt. Die verfahrenstechnische<br />
Anlage für die Neutralisation des<br />
als Kühlmittel eingesetzten Natriums<br />
wird von Novatome geplant.<br />
Schnelle Brüter erfordern ein Kühlmittel,<br />
das die Neutronen nicht abbremst. Das<br />
verwendete Natrium reagiert jedoch heftig<br />
mit Wasser und Luft. Deshalb muss<br />
bei der Stilllegung von Schnellen Brütern<br />
das Natrium in eine chemisch stabile<br />
Verbindung (Natriumhydroxid, NaOH)<br />
übergeführt werden, die dann in gleicher<br />
Weise behandelt und gelagert werden<br />
kann wie herkömmliche flüssige Abfälle.<br />
NOAH-Prozess<br />
Da bei der Stilllegung eines Schnellen<br />
Brüters ein großes Natriumvolumen<br />
verarbeitet werden muss, wurde von<br />
der CEA (Commissariat à l'Energie<br />
Atomique) ein kontinuierlich arbeitendes<br />
Verfahren entwickelt und in einem<br />
Versuchskreislauf qualifiziert. Geringe<br />
Mengen flüssigen Natriums werden<br />
mit Hilfe einer Dosierpumpe in einen<br />
großen Strom wässrigen Natriumhydroxids<br />
(10 mol/l) eingespritzt; die Lösung<br />
wird in einem geschlossenen System<br />
umgewälzt. Auf diese Weise ist die<br />
Menge des reagierenden Natriums zu<br />
jedem Zeitpunkt äußerst gering. Die<br />
exotherme Reaktion wird ständig überwacht<br />
und kontrolliert. Der entstehende<br />
Wasserstoff wird durch Filter geleitet,<br />
getrocknet und verdünnt, bevor er<br />
– unter Einhaltung der zulässigen<br />
Grenzwerte – über den Kamin an die<br />
Umwelt abgegeben wird.<br />
Historie<br />
Zurück ins Jahr 1992: Damals wurde<br />
in Cadarache, Frankreich, der Schnelle<br />
Brüter Rapsodie stillgelegt. Novatome<br />
war federführend bei der Anpassung<br />
des NOAH-Prozesses an die kerntechnischen<br />
Erfordernisse und seiner<br />
Validierung für den großtechnischen<br />
Einsatz. 37 Tonnen des Primärkühlmittels<br />
Natrium wurden innerhalb von<br />
zwei Monaten beseitigt. Das entstandene<br />
Natriumhydroxid wurde zur Neutralisation<br />
aktiver Abfälle verwendet.<br />
In Großbritannien entschied sich<br />
die United Kingdom Atomic Energy<br />
Authority (UKAEA) 1995 für<br />
NOAH. Novatome plante, zusammen<br />
mit einer britischen Firma,<br />
die benötigten Einrichtungen zur<br />
Behandlung von 1560 Tonnen flüssigen<br />
Metalls aus dem Prototype Fast<br />
Reactor (PFR) im schottischen Dounreay.<br />
Das gebildete Natriumhydroxid<br />
wurde in diesem Fall in eine Kochsalzlösung<br />
übergeführt, die gemäß der<br />
Abwassergenehmigung für die Anlage<br />
entsorgt wurde.<br />
Der Superphenix<br />
Beim Superphenix fallen 5500 Tonnen<br />
Natrium an. Aufgrund der großen<br />
Menge wird das Natrium in zwei<br />
parallel arbeitenden Einrichtungen<br />
behandelt; so können täglich sechs<br />
Tonnen Natrium verarbeitet werden.<br />
Um die Emissionen an die Umwelt zu<br />
begrenzen, wird das gebildete Natriumhydroxid<br />
in Beton eingeschlossen.<br />
Die Blöcke können zwischengelagert<br />
werden, bis der radioaktive Zerfall<br />
etwas abgeklungen ist.<br />
Die Detailplanung für dieses Projekt<br />
ist nahezu abgeschlossen, derzeit werden<br />
die Einrichtungen der Anlage<br />
vorgefertigt. Die industrielle Inbetriebsetzung<br />
ist für 2007 geplant.<br />
NNC Holdings Limiited<br />
Prozessüberwachung<br />
am Bildschirm.<br />
Novatome ist in der Behandlung<br />
von Natrium-<br />
Abfällen führend<br />
Novatome verfügt somit über eine<br />
umfassende Erfahrung mit der Verarbeitung<br />
großer Mengen an Natrium.<br />
Da jedes Projekt unterschiedliche<br />
Anforderungen stellt, werden Auslegung<br />
und installierte Einrichtungen<br />
jeweils speziell darauf zugeschnitten.<br />
Zudem können auch andere Prozesse<br />
wie Natriumreinigungsanlagen (Kaltfallen)<br />
für die Verarbeitung anderer<br />
Natrium- oder Natrium-Kalium-<br />
(NaK-)Abfälle zum Einsatz kommen.<br />
Dieses Wissen und die Erfahrungen<br />
bezüglich Natrium-Technologien,<br />
Behandlung von Natrium-Abfällen<br />
sowie Reinigung und Dekontamination<br />
von Komponenten, die in<br />
Kontakt mit Natrium waren, haben<br />
Novatome zum Marktführer auf<br />
diesem Gebiet gemacht. ■<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 19
Feature<br />
Innovative Lösung für kleinen<br />
Reaktordruckbehälter-Deckel<br />
Die meisten Reaktordruckbehälter-<br />
Deckel in US-amerikanischen<br />
Kernkraftwerken haben einen Durchmesser<br />
zwischen 4 und 4,6 m. In den<br />
beiden 2-Loop-Blöcken der Anlage<br />
Point Beach des Betreibers <strong>Nuclear</strong><br />
Management Co. (NMC) messen die<br />
Reaktordruckbehälter-Deckel jedoch<br />
nur 3,3 m. Dieser Größenunterschied<br />
und die kegelförmige Geometrie sorgen<br />
bei der Inspektion für Probleme – vor<br />
allem die peripheren Steuerstabantriebsstutzen<br />
sind schwer zugänglich.<br />
Im Herbst 2002 führte Framatome ANP<br />
in Point Beach 1 Ultraschallprüfungen<br />
an den Reaktordruckbehälter-Deckel-<br />
Durchführungen durch. Dabei traten<br />
bei den peripheren Stutzen aufgrund der<br />
Enge des Spalts zwischen dem Wärmeschutzrohr<br />
und dem Ende des Stutzens<br />
Schwierigkeiten auf. Im Rahmen der<br />
Vorbereitungen für die Inspektionen<br />
in Point Beach 2 während der Revision<br />
im Herbst 2003 versprach unser Team<br />
dem Betreiber eine Prüfdichte von<br />
100 Prozent für Block 2.<br />
Lösung<br />
Um das NMC gegebene Versprechen zu<br />
halten, mussten zwei Herausforderungen<br />
bewältigt werden. Erstens war eine Lösung<br />
zu entwickeln, mit der die peripheren<br />
Durchführungen zugänglich wären<br />
(in Point Beach 2 gibt es acht periphere<br />
Steuerstabantriebsstutzen mit einem Spalt<br />
von nur 1,3 cm). Der Prüfkopf wurde<br />
daher speziell an die Situation angepasst<br />
und an der Inspektionseinrichtung sowie<br />
am Sumo Rocky-Manipulator wurden<br />
Verbesserungen vorgenommen.<br />
Und, laut Brian Kemp, Senior Engineer<br />
in Point Beach, „stand Framatome ANP<br />
vor einer weiteren Herausforderung. Die<br />
fünf mittleren Stutzen haben so genannte<br />
Zentriervorsprünge, die in den zu prüfenden<br />
Bereich hineinragen. Durch diese Zentrierungen<br />
ist der Bereich oberhalb von<br />
Der schmale Spalt bei den peripheren<br />
Stutzen machte Änderungen<br />
an unserem Manipulator<br />
Sumo Rocky erforderlich.<br />
5,8 cm über der Schweißnaht für die von<br />
der <strong>Nuclear</strong> Regulatory Commission<br />
(NRC) geforderte 360°-Prüfung nicht<br />
zugänglich. Um dieses Hindernis zu umgehen,<br />
nahmen die Prüfer noch eine weitere<br />
Änderung vor. Sie konnten zwischen<br />
den Zentriervorsprüngen prüfen und,<br />
aufgrund der durchgeführten Modifikation,<br />
die Prüfeinrichtung am Schutzrohr<br />
befestigen und dieses mit der Einrichtung<br />
drehen, so dass der Stutzen rundum geprüft<br />
werden konnte.“<br />
Nachdem alle Änderungen an Inspektionseinrichtung<br />
und Prüfkopf abgeschlossen<br />
waren, führten wir in unserem Technical<br />
Center in Lynchburg, Virginia, an<br />
Modellen, die der Konfiguration in Point<br />
Beach entsprachen, umfangreiche Tests<br />
durch. Man ging davon aus, mit den<br />
vorgenommenen Verbesserungen die in<br />
der NRC-Anweisung EA 03-009 geforderte<br />
Prüfdichte realisieren zu können.<br />
Alternativ dazu gab es die Möglichkeit,<br />
die Trichter abzuschrägen, um Zugang<br />
zu gewinnen, oder aber das Wärmeschutzrohr<br />
zu entfernen. Beides hätte jedoch<br />
einen großen zeitlichen und finanziellen<br />
Aufwand sowie eine hohe Strahlenbelastung<br />
bedeutet.<br />
Um dennoch für alles gerüstet zu sein,<br />
wurden auch für diese Fälle entsprechende<br />
Gerätschaften hergestellt und deren<br />
Eignung speziell für den Einsatz in Point<br />
Beach demonstriert. Zum Abschrägen<br />
wurde ein geeignetes Werkzeug entwickelt,<br />
hergestellt und getestet, und<br />
auch das Gerät für den Ausbau der Wärmeschutzrohre<br />
wurde gründlich erprobt.<br />
Ergebnis<br />
Die Inspektion war ein voller Erfolg:<br />
Wir erzielten eine Prüfdichte von<br />
100 Prozent, die Prüfung verlief schneller<br />
als geplant und die Dosisbelastung war<br />
deutlich geringer als veranschlagt. Die für<br />
den Bedarfsfall entwickelten Geräte wurden<br />
nicht benötigt und es mussten keine<br />
Wärmeschutzrohre ausgebaut werden. ■<br />
US-Kernkraftwerk<br />
Point Beach.<br />
20 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
FEATS: Ein neues Tool zur Vorhersage<br />
und Verfolgung der Versprödung von<br />
Reaktorwerkstoffen<br />
Im November 2003 kam in den<br />
USA ein neues Werkzeug für die<br />
Verfolgung der Strahlenversprödung<br />
der Reaktordruckbehälter samt Einbauten<br />
für mit Brennelement-<br />
Einsatzplanung und Werkstoffeigenschaften<br />
befasste Ingenieure in der<br />
Nuklearbranche auf den Markt.<br />
Unsere Software FEATS (Fluence<br />
Extrapolation and Tracking System)<br />
ist die Antwort auf Anforderungen<br />
aus der US-amerikanischen Nuklearindustrie.<br />
Diese wollte eine Methode<br />
zur schnellen und kostengünstigen<br />
Bewertung der Auswirkungen der<br />
Brennelement-Einsatzplanung auf die<br />
Neutronenfluenz in Druckwasserreaktor-<br />
und Siedewasserreaktor-Anlagen,<br />
und zwar vor, während und nach<br />
einem Betriebszyklus.<br />
Durch die im Reaktorkern freigesetzte<br />
Strahlung altern die Reaktordruckbehälter<br />
und ihre Einbauten im Laufe des Betriebs.<br />
Sie verspröden langsam oder verhärten<br />
und werden weniger verformbar.<br />
Diese abnehmende Duktilität kann das<br />
Verhalten des Reaktors bei Anlagentransienten<br />
verändern.<br />
Die Strahlenversprödung der Reaktordruckbehälter<br />
und ihrer Einbauten<br />
wurde ein wichtiges Thema für die<br />
US-amerikanische Nuklearbranche, als<br />
der Energieversorger Yankee Atomic<br />
Electric das Kernkraftwerk Yankee<br />
Row 1992 stilllegen musste – und<br />
zwar deutlich früher als geplant. Im<br />
Jahr darauf veröffentlichte die <strong>Nuclear</strong><br />
Regulatory Commission (NRC) eine<br />
Liste von fünfzehn US-Kernkraftwerke,<br />
in denen die Reaktordruckbehälter<br />
durch Strahlung stark versprödet waren<br />
– eine Anzahl, die deutlich höher<br />
ausfiel als die Reaktordruckbehälter-<br />
Hersteller erwartet hatten.<br />
Um zu einer Lösung zu diesem Thema<br />
zu beizutragen, trafen sich Mitte 2002<br />
Die Software FEATS ermittelt schnell die Auswirkungen einer<br />
bestimmten Brennelement-Einsatzplanung auf die Versprödung<br />
des Reaktordruckbehälters und seiner Einbauten.<br />
unsere Mitarbeiter mit Vertretern von<br />
fünf US-Energieversorgern, um die<br />
Anforderungen von Betreiberseite an<br />
ein Tool zur Vorhersage und Verfolgung<br />
der durch schnelle Neutronen<br />
hervorgerufenen Schäden am Reaktordruckbehälter<br />
herauszufinden. Im<br />
Laufe dieser Treffen wurden verschiedene<br />
Hauptanforderungen identifiziert.<br />
So wünschten die Betreiber eine<br />
Methode, die<br />
• den Einfluss neu entwickelter Reaktorkernbeladungen<br />
auf die Werkstoffe<br />
von Reaktordruckbehältern und deren<br />
Einbauten vorhersagt,<br />
• die zu erwartende Neutronenfluenz<br />
mit der in Title 10 CFR Part 50.61<br />
und NRC Regulatory Guide 1.190<br />
geforderten Genauigkeit liefert,<br />
• die zu erwartende Neutronenfluenz<br />
mit den vorhandenen genehmigten<br />
Fluenzwerten vergleicht,<br />
• die Optimierung von Fluenzdetektoren-Auswertungszeitplänen<br />
und<br />
die Durchführung von Neutronenfluenzanalysen<br />
ermöglicht. ■<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 21
Feature<br />
Optimierte Brennelemente mit bestem<br />
Betriebsverhalten dank KATHY<br />
Auch in Zukunft wird die Untersuchung<br />
des thermohydraulischen<br />
Verhaltens von Brennelementen<br />
unter simulierten Reaktorbedingungen<br />
ein wesentlicher Bestandteil der<br />
Brennelement-Entwicklung sein. Deshalb<br />
ist der Betrieb eines validierten<br />
und mit modernster Technik ausgerüsteten<br />
thermohydraulischen Versuchsstands<br />
für <strong>AREVA</strong> ein Muss.<br />
Hochdruckkühler<br />
Mischkondensator<br />
Wasser-Dampf-<br />
Seperator<br />
Umwälzpumpe<br />
Druckhalter<br />
Moderne Brennelemente sind hochkomplex.<br />
Ein optimales Betriebsverhalten im<br />
Reaktorkern ist nur dann gegeben, wenn<br />
alle Einzelkomponenten bestens aufeinander<br />
abgestimmt sind. Da auch heutzutage<br />
eine exakte rechnerische Simulation<br />
der thermohydraulischen Vorgänge<br />
bei der Durchströmung eines Brennelements<br />
nicht möglich ist, ist die Validierung<br />
der empirischen Rechenergebnisse<br />
von besonderer Bedeutung.<br />
P el.<br />
≤ 9,5 MW<br />
SWR-<br />
Testbehälter<br />
p ≤ 110 bar<br />
DWR-<br />
Testbehälter<br />
p ≤ 185 bar<br />
Dampfgehalt-<br />
Messung<br />
P el. ≤ 15 MW<br />
Naturumlauf<br />
Regelventil<br />
Speisewasser<br />
Regelventil<br />
Fallleitung<br />
Thermohydraulik-<br />
Versuchsstand<br />
KATHY<br />
Seit 1986 wird am deutschen Standort<br />
Karlstein der multi-funktionale Thermohydraulik-Versuchskreislauf<br />
KATHY<br />
(KArlstein Thermal HYdraulics) betrieben.<br />
Er wird mit erheblichem finanziellem<br />
Aufwand stetig weiterentwickelt,<br />
während andere von unseren Wettbewerbern<br />
genutzte Versuchskreisläufe geschlossen<br />
werden (NUPEC in Japan,<br />
ATLAS und HTRF in den USA).<br />
In KATHY werden Messungen zur Bestimmung<br />
der kritischen Heizflächenbelastung<br />
und anderer thermohydraulischer<br />
Eigenschaften von Siedewasserreaktorund<br />
Druckwasserreaktor-Brennelementen<br />
unter stationären sowie transienten<br />
Bedingungen durchgeführt. Die gewonnenen<br />
Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung<br />
und Genehmigung unserer<br />
Brennelemente und dienen der Validierung<br />
von Auslegungsmethoden. Bis heute<br />
wurden mehr als 12000 Versuche an<br />
einer Vielzahl von Siedewasserreaktorund<br />
Druckwasserreaktor-Bündelgeometrien<br />
vorgenommen.<br />
Wesentliche Informationen<br />
für die Brennelement-Entwicklung<br />
Das mechanische und thermohydraulische<br />
Betriebsverhalten eines Brennelements<br />
wird wesentlich durch den Abstandhalter<br />
und dessen Fahnengeometrie<br />
und -winkel bestimmt. Mit den heutigen<br />
Computer Fluid Dynamics-(CFD-)<br />
Programmen kann der Einfluss von<br />
Fahnengeometrie und -winkel auf die<br />
Strömung innerhalb eines Brennelements<br />
untersucht werden; die Programme<br />
werden daher zur Voroptimierung<br />
von Abstandhalterkonzepten eingesetzt.<br />
Doch belastbare Aussagen liefern auch<br />
heute nur Versuche, die unter realen Reaktorbedingungen<br />
durchgeführt werden.<br />
Die dabei gewonnenen Informationen<br />
fließen in die weitere Entwicklung der<br />
Brennelemente ein, mit dem Ziel, durch<br />
eine Erhöhung der thermischen Grenzwerte<br />
die Betriebsflexibilität unserer<br />
Brennelemente weiter zu verbessern.<br />
Aussagen zum Stabilitätsverhalten<br />
von Siedewasserreaktor-Brennelementen<br />
In Siedewasserreaktoren können unter<br />
bestimmten Randbedingungen, wie hohe<br />
Leistung bei niedrigem Durchsatz<br />
und ungünstigen axialen und radialen<br />
Leistungsverteilungen, thermohydraulische<br />
Instabilitäten auftreten. Daher ist<br />
auch die Untersuchung des Brennelement-Stabilitätsverhaltens<br />
ein essentieller<br />
Bestandteil jeder Brennelement-Entwicklung.<br />
KATHY ist weltweit der einzige<br />
Versuchsstand, in dem das Stabilitätsverhaltenverhalten<br />
von Siedewasserreaktor-Brennelementen<br />
maßstabsgetreu<br />
unter realen Bedingungen im Naturumlauf<br />
simuliert werden kann. Auf der Basis<br />
dieser Messungen entwickeln wir die<br />
Stabilitätsmethoden weiter und reduzieren<br />
so die Unsicherheitsmarge der eingesetzten<br />
Programme. Die Folge: Eine<br />
Erhöhung der Betriebsflexibilität der<br />
Kernkraftwerke. ■<br />
22 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Mehr Megawatt durch Eliminierung<br />
von Radiolysegas-Ansammlungen im<br />
Speisewasser-Dampf-Kreislauf<br />
In allen Kernkraftwerken mit Siedewasserreaktor<br />
tritt in den mit<br />
Frischdampf beaufschlagten Systemen<br />
Radiolysegas auf. Es kann sich z.B.<br />
in den Vorwärmern ansammeln und<br />
deren Wärmeübertragung beeinträchtigen.<br />
Framatome ANP hat deshalb<br />
zusammen mit einem deutschen Kernkraftwerk<br />
ein neues Konzept für die<br />
Vorwärmer-Entlüftung entwickelt.<br />
Pro optimiertem Vorwärmer wird<br />
die elektrische Leistung der Anlage<br />
um 2 MW gesteigert.<br />
Durch die Strahlung im Kern wird<br />
ein geringer Teil des Wassers, das<br />
als Kühlmittel und Moderator dient,<br />
mittels Radiolyse in Wasserstoff und<br />
Sauerstoff zerlegt. Die Gase werden<br />
mit dem Frischdampf aus dem Reaktordruckbehälter<br />
ausgetragen und<br />
gelangen so in alle Systembereiche<br />
der Anlage, die mit Frischdampf in<br />
Kontakt kommen.<br />
In den „großen“ Komponenten des<br />
Speisewasser-Dampf-Kreislaufs (Kondensator<br />
und Speisewasserbehälter)<br />
wurde diese Problematik schon bei<br />
der Anlagenplanung ausreichend beachtet.<br />
Andere Behälter jedoch, z.B.<br />
die Vorwärmer, wurden meist anhand<br />
von Erfahrungen aus dem konventionellen<br />
Kraftwerksbau ausgelegt.<br />
Vorwärmer-Heizflächen<br />
oftmals nur zu 50 Prozent<br />
genutzt<br />
Im Rahmen der Untersuchungen für<br />
eine geplante Leistungserhöhung wurde<br />
festgestellt, dass in einigen Vorwärmern<br />
nur etwa 50 Prozent der installierten<br />
Heizfläche genutzt werden. Betriebsmessungen<br />
des Anlagenbetreibers<br />
ergaben einen Inertgasanteil von bis<br />
zu 45 Prozent – ein Indiz, dass sich<br />
Blick auf die warme Rohrbündelhälfte<br />
mit drei der<br />
neuen Entgasungsleitungen.<br />
Radiolysegas ansammelt und einen<br />
großen Teil der eingebauten Heizfläche<br />
„blockiert“.<br />
Framatome ANP wurde deshalb<br />
vom Betreiber mit einer Studie zur<br />
Beseitigung dieser Gasansammlungen<br />
in den Vorwärmern beauftragt, zunächst<br />
exemplarisch für den Niederdruck-Vorwärmer<br />
A2. (In den Niederdruck-Vorwärmern<br />
war der Inertgasanteil<br />
am höchsten.)<br />
In Zusammenarbeit mit dem Betreiber<br />
und einem Hardwarelieferanten wurde<br />
ein Konzept für die optimierte Betriebsentlüftung<br />
entwickelt. Die Radiolysegase<br />
werden im Vorwärmer A2<br />
nun direkt am Ort ihrer Ansammlung<br />
abgesaugt. An den berechneten Stellen<br />
für Druckminima wurden Heizrohre<br />
herausgeschnitten und durch Absauglanzen<br />
ersetzt. Bisher wurde über drei<br />
Standrohre an der Behälterinnenwand<br />
entlüftet.<br />
Steigerung der elektrischen<br />
Leistung um insgesamt<br />
10 MW<br />
Das Ergebnis: Der Vorwärmer A2<br />
„zieht“ nun rund 10 kg Dampf pro<br />
Sekunde mehr und am Vorwärmer A3<br />
desselben Strangs verringerte sich der<br />
Massenstrom des Anzapfdampfs. Der<br />
Dampf verbleibt somit länger in der Turbine<br />
und tritt erst eine Stufe später aus.<br />
Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad<br />
der Anlage und die elektrische Leistung<br />
steigt um etwa 2 MW. In der nächsten<br />
Revision wird auch in den beiden Niederdruck-Vorwärmern<br />
A3 sowie im zweiten<br />
Niederdruck-Vorwärmer A2 die Entlüftung<br />
optimiert – erwartet wird eine Steigerung<br />
der elektrischen Leistung um<br />
10 MW. Die Amortisationszeit wird<br />
weniger als ein Jahr betragen.<br />
Inzwischen haben sechs weitere Siedewasserreaktor-Anlagen<br />
aus Deutschland,<br />
Spanien und der Schweiz ihr<br />
Interesse bekundet. Einer Anlage wurde<br />
kürzlich ein Angebot für die thermodynamischen<br />
Voruntersuchungen<br />
unterbreitet. ■<br />
Neue Betriebswerte<br />
am Niederdruck-<br />
Vorwärmer A2<br />
• Hauptkondensattemperatur<br />
stieg um rund 6,5 °C<br />
• Nebenkondensatablauftemperatur<br />
erhöhte sich um rund 7,0 °C<br />
• Inertgasanteil sank von 45 %<br />
auf den angestrebten Wert von<br />
kleiner 10 %<br />
• wirksame Wärmeübertragungsfläche<br />
stieg von 50 % auf 89 %<br />
• Wärmeübertragungsleistung<br />
steigert sich von 75 MW auf<br />
93 MW<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 23
Kurz berichtet<br />
Europäisches SWR-Forum<br />
gegründet<br />
Framatome ANP hat ein erstes Forum<br />
für alle europäischen Siedewasserreaktor-Betreiber<br />
organisiert. In diesem SWR-<br />
Forum sind – im Gegensatz zur Framatome<br />
Owners Group (FROG), die ausschließlich<br />
Betreiber von Druckwasserreaktoren des<br />
damaligen Herstellers Framatome umfasst<br />
– Siedewasserreaktor-Anlagen von verschiedenen<br />
Herstellern vertreten.<br />
Konstituierende Sitzung des<br />
Europäischen SWR-Forums<br />
Ausgehend von Diskussionen mit den<br />
europäischen Siedewasserreaktor-Betreibern,<br />
schlug Framatome ANP die Gründung<br />
des Europäischen SWR-Forums<br />
vor. Nach einhelliger Zustimmung der<br />
europäischen Siedewasserreaktor-Betreiber<br />
fand die konstituierende Sitzung<br />
des Europäischen SWR-Forums am<br />
20. November 2003 in Frankfurt,<br />
Deutschland, statt.<br />
Alle europäischen Siedewasserreaktor-<br />
Betreiber wurden Mitglieder in diesem<br />
Forum. Sie repräsentieren eine Gesamtleistung<br />
von rund 18500 MW, verteilt<br />
auf zwanzig Blöcke an vierzehn Standorten<br />
in fünf europäischen Ländern.<br />
Das Forum ist insofern einzigartig, da<br />
in ihm Siedewasserreaktoren von drei<br />
verschiedenen Herstellern vertreten sind<br />
– die <strong>AREVA</strong>-Gruppe ist nur einer davon.<br />
Auf dem ersten Treffen formulierten die<br />
Mitglieder ihre Erwartungen an das<br />
SWR-Forum und einigten sich auf die<br />
gültigen Spielregeln. Eine Charta wurde<br />
entwickelt, um u.a. die Rolle des Lenkungsausschusses<br />
und des Technischen<br />
Ausschusses zu definieren. Für den ersten<br />
Vorsitz des Europäischen SWR-Forums<br />
wurde ein Vertreter der Forsmarks Kraftgrupp<br />
AB (Schweden) gewählt.<br />
Framatome ANP in der<br />
Rolle des Koordinators<br />
Als Hersteller und Lieferant von Kernkraftwerken<br />
kann die <strong>AREVA</strong>-Gruppe<br />
kein Mitglied im Europäischen SWR-Forum<br />
sein. Unsere Rolle wird in erster Linie<br />
die des Koordinators sein. Wir werden<br />
die Treffen organisieren und Ingenieurleistungen<br />
auf Anforderung des Forums oder<br />
dessen Projektgruppen durchführen. In<br />
dieser Rolle wird unsere Gruppe ihre<br />
umfangreichen Erfahrungen im Bereich<br />
SWR-Auslegung und -Wartung beisteuern.<br />
Erwartungsgemäß wurde die Konstituierende<br />
Sitzung des Europäischen SWR-Forum<br />
von organisatorischen Fragestellungen<br />
beherrscht, doch die Teilnehmer äußerten<br />
auch ihre hohen Erwartungen an<br />
ein derartiges Diskussionsforum, wo sie<br />
Ideen und Lösungsansätze austauschen<br />
können bezüglich:<br />
• Siedewasserreaktor-Technologie<br />
im allgemeinen,<br />
• Ausweitung der Siedewasserreaktor-<br />
Kompetenz und -Erfahrung,<br />
• Siedewasserreaktor-Sicherheitsfragen,<br />
• Siedewasserreaktor-Lebensdauermanagement,<br />
• Austausch von Betriebserfahrung<br />
und Information,<br />
• Initiative zur Verbesserungen der<br />
Siedewasserreaktor-Technologie durch<br />
Forschung und Entwicklung,<br />
• Diskussion von spezifischen Siedewasserreaktor-Themen<br />
in Projektgruppen.<br />
Die erste Sitzung des Lenkungsausschusses<br />
fand am 3. März 2004 in Straßburg,<br />
Frankreich, statt, unmittelbar vor dem<br />
3N 2004-Symposium. Es war die erste<br />
Gelegenheit, das Europäische SWR-<br />
Forum mit Leben zu erfüllen. ■<br />
25. FROG-Steering-<br />
Committee-Treffen in<br />
Südkorea<br />
Das 25. Steering-Committee-Treffen der<br />
Framatome Owners Group (FROG) fand<br />
vom 21. bis 23. Oktober 2003 in Jeju<br />
Island (Südkorea) statt. Die Teilnehmer<br />
waren Electricité de France (Frankreich),<br />
Electrabel und Tractebel (Belgien), Daya<br />
Bay <strong>Nuclear</strong> Operation and Management<br />
Co. (China), Korea Hydro & <strong>Nuclear</strong><br />
<strong>Power</strong> Company (Südkorea) und Ringhals<br />
AB (Schweden). Sie sprachen über<br />
wichtige aktuelle Themen in ihren<br />
Druckwasserreaktor-Kernkraftwerken.<br />
Zu den Tagesordnungspunkten zählten<br />
ferner die Hitzewelle in Europa, das Auftreten<br />
der Lungenkrankheit SARS in<br />
Asien und der Stromausfall in Schweden.<br />
Daneben wurden auch erste Themen für<br />
die beiden neuen Arbeitsgruppen „Risk<br />
Informed Applications“ und „Outage<br />
Optimization“ vorgeschlagen, und auch<br />
ein gemeinsames Programm bezüglich<br />
Alterung von Komponenten wurde ins<br />
Gespräch gebracht.<br />
Das 26. FROG-Steering-Committee-<br />
Treffen fand unmittelbar nach dem<br />
3N 2004-Symposium vom 8. bis<br />
zum 10. März 2004 in Straßburg,<br />
Frankreich, statt.<br />
24 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Kurz berichtet<br />
WANO verleiht <strong>Nuclear</strong> Excellence Awards<br />
Während der achten, im Zwei-<br />
Jahres-Rhythmus abgehaltenen<br />
Hauptversammlung der World Association<br />
of <strong>Nuclear</strong> Operators (WANO) in<br />
Berlin am 13. und 14 Oktober 2003<br />
wurden erstmals WANO <strong>Nuclear</strong><br />
Excellence Awards vergeben. Ausgezeichnet<br />
wurden sechs in der Nuklearbranche<br />
Tätige für ihre außerordentlichen<br />
Bemühungen um hervorragende Leistungen<br />
beim Betrieb von Kernkraftwerken:<br />
• Rebba Bhiksham, <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />
Corporation of India Limited<br />
• Won-yong Chung, Korea Hydro<br />
and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Company<br />
• Pedro Figueiredo, Eletrobrás Termonuclear<br />
S.A. – Eletronuclear, Brasilien<br />
• Bernard Fourest, Electricité de France<br />
• Oliver D. Kingsley, Jr., Exelon<br />
Corporation, US<br />
• Paul Spekkens, Ontario <strong>Power</strong><br />
Generation, Kanada.<br />
<strong>AREVA</strong> gratuliert allen Preisträgern zu<br />
dieser außergewöhnlichen Auszeichnung.<br />
Die Preisträger.<br />
Neue digitale Leittechnik am Turbosatz in Comanche Peak<br />
In einem „Integrated Operating<br />
Team“ haben Framatome ANP und<br />
Siemens Westinghouse <strong>Power</strong> Corp.<br />
im Block 2 des US-Kernkraftwerks<br />
Comanche Peak des Betreibers TXU<br />
die Turbinenregelung mit digitaler<br />
Leittechnik ertüchtigt. Am 30. Oktober<br />
2003 wurde der Generator mit<br />
dem Netz synchronisiert und der Reaktor<br />
nahm seinen Betrieb wieder auf.<br />
Es gab keine Schwierigkeiten mit der<br />
neuen digitalen Turbinenregelung. Die<br />
Reaktionen des Betreiberpersonals auf<br />
das neue Regelungssystem waren positiv.<br />
TXU und Framatome ANP waren für<br />
die Vorbereitung und die Durchführung<br />
der für den Einbau der neuen digitalen<br />
Turbinenregelung erforderlichen<br />
Änderungen verantwortlich und<br />
arbeiteten bei der Revisionsplanung<br />
eng mit Comanche Peak zusammen,<br />
um sicher zu stellen, dass der Einbau<br />
keine Auswirkungen auf die Revisionsdauer<br />
haben würde. Die Maßnahmen<br />
wurden innerhalb der vorgesehenen<br />
knappen Revisionsdauer von 23 Tagen<br />
realisiert. Dies war die bisher kürzeste<br />
Revision in Comanche Peak.<br />
Unsere Kernkraftwerke auch 2003 Weltspitze<br />
In der Weltrangliste der Kernkraftwerke<br />
mit der höchsten Stromerzeugung<br />
im Jahr 2003 sind acht unserer<br />
Kernkraftwerke auf den vordersten<br />
zehn Plätzen vertreten – sechs deutsche<br />
Anlagen und zwei französische.<br />
Die deutschen Reaktoren Isar 2, Emsland,<br />
Philippsburg 2, Grohnde,<br />
Neckar 2 und Brokdorf – allesamt<br />
seinerzeit von Siemens errichtet – belegten<br />
die Plätze 1, 3, 4, 5, 8 und 10;<br />
die französischen Anlagen Cattenom 3<br />
und Civaux 1 des damaligen Herstellers<br />
Framatome erreichten die Plätze 2<br />
und 6. Mit einer Jahreserzeugung von<br />
12,32 Milliarden kWh wurde die<br />
deutsche Konvoi-Anlage Isar 2 zum<br />
fünften Mal in Folge Weltmeister in<br />
der Stromproduktion.<br />
Bereits in den letzten zehn Jahren hatten<br />
von uns gebaute Anlagen regelmäßig<br />
zwischen sechs und acht der ersten<br />
zehn Plätze erobert.<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 25
Kurz berichtet<br />
REAL 2003 zog zahlreiche Kunden an<br />
Die im 2-Jahres-Turnus stattfindende<br />
Fachtagung der Reaktorleittechnik<br />
(REAL) wurde 2003 von 42 Kunden zum<br />
intensiven Informationsaustausch genutzt.<br />
Neben Vertretern der von uns in Deutschland,<br />
der Schweiz, Spanien und den Niederlanden<br />
errichteten Anlagen kamen auch<br />
Vertreter der Schweizer Kernkraftwerke<br />
Leibstadt, Mühleberg (beide General<br />
Electric) und Beznau (Westinghouse)<br />
im November 2003 für zwei Tage nach<br />
Gaimersheim (Deutschland).<br />
Framatome ANP stellte aktuelle Innovationen,<br />
Konzepte und gerätetechnische Lösungen<br />
der zukünftigen Reaktorleittechnik auf<br />
Basis des multifunktionalen Gerätesystem<br />
TELEPERM TM XS vor. Die Anwendungsbereiche<br />
umfassen Reaktorschutz, Reaktorbegrenzung<br />
und -regelung, Neutronen- und<br />
Leistungsverteilungsüberwachungssystem sowie<br />
die Turbosatzleittechnik. Daneben wurden<br />
auch neue Möglichkeiten der Prozessrechnermodernisierung<br />
sowie neue Systeme<br />
zur Kalibrierung und Überwachung wie<br />
POWERTRAX/S und ein neues, innovatives<br />
Kugelmesssystem behandelt. Der Vertreter<br />
des deutschen Kernkraftwerks Unterweser<br />
berichtete über die positiven Erfahrungen,<br />
die die Anlage durch den Einbau und Betrieb<br />
von TELEPERM XS sammeln konnte.<br />
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch<br />
der neue Forschungsreaktor FRM II besichtigt.<br />
Die Teilnehmer zeigten sich von den<br />
Erläuterungen zur technischen Ausrüstung<br />
des FRM II und seiner zukünftigen Nutzung<br />
für diverse Untersuchungen und Experimente<br />
im Bereich der Tumortherapie,<br />
Halbleiterdotierung, Aktivierungsanalyse<br />
und Materialtests beeindruckt.<br />
Aufträge<br />
Brennelement-Lieferungen für<br />
EON-Kernkraftwerke<br />
Die E.ON Kernkraft GmbH, die<br />
Kernkraftwerk Brokdorf GmbH<br />
und die Gemeinschaftskraftwerk Weser<br />
GmbH haben die Framatome ANP mit<br />
der Lieferung von Uran-Brennelementen<br />
für vier deutsche Druckwasserreaktor-Kernkraftwerke<br />
– Brokdorf (1370 MW),<br />
Grafenrheinfeld (1275 MW),<br />
Vom US-Kernkraftwerk Susquehanna<br />
des Betreibers PPL wurde das Team<br />
Framatome ANP/Entergy <strong>Nuclear</strong> mit<br />
Dienstleistungen im Zusammenhang mit<br />
der Verlängerung der Betriebsgenehmigung<br />
der Anlage beauftragt. Die aktuellen<br />
Betriebsgenehmigungen für die beiden<br />
Blöcke Susquehanna 1 und 2 enden 2022<br />
bzw. 2024. Der Antrag auf Verlängerung<br />
der Betriebsgenehmigung soll im dritten<br />
Quartal 2006 bei der <strong>Nuclear</strong> Regulatory<br />
Commission (NRC) gestellt werden.<br />
Wir haben uns mit Entergy <strong>Nuclear</strong><br />
zusammengeschlossen, um einzigartige<br />
Fähigkeiten auf dem Gebiet der Verlängerung<br />
von Betriebsgenehmigungen<br />
zu bieten. So war unser Unternehmen<br />
Grohnde (1360 MW) und Unterweser<br />
(1345 MW) – beauftragt. Mit Abschluß<br />
des neuen Vertrags werden wir<br />
zum exklusiven Brennelementlieferanten<br />
für diese Reaktoren. Die insgesamt<br />
27 Nachladungen werden ab 2005 zu<br />
den jeweiligen Revisionsstillständen der<br />
Kraftwerke geliefert.<br />
PPL-Auftrag für Leistungen im Zusammenhang<br />
mit der Verlängerung der Betriebsgenehmigung<br />
von Susquehanna<br />
an sechs der acht Verlängerungsanträge<br />
beteiligt, die bis jetzt bewilligt wurden.<br />
Derzeit arbeitet das Team an der Vorbereitung<br />
von zwölf weiteren Anträgen mit.<br />
Die Diskussion um die Verlängerung der<br />
Betriebsgenehmigungen von Kernkraftwerken<br />
kam bereits vor über fünfzehn Jahren<br />
auf. Seit dieser Zeit arbeiten auch wir<br />
an diesem Thema. Die beiden Firmen im<br />
Team waren Kernkraftwerksbetreibern und<br />
NRC behilflich, entsprechende Programme<br />
zu entwickeln und zu bewerten sowie<br />
an der Lösung der anspruchsvollen genehmigungsrechtlichen<br />
Aufgabe mitzuwirken,<br />
Kernkraftwerke auch über den ursprünglich<br />
genehmigten Zeitraum von vierzig<br />
Jahren hinaus zu betreiben.<br />
Brennelemente<br />
für drei RWE-<br />
Kernkraftwerke<br />
Von der RWE <strong>Power</strong> AG hat die<br />
Framatome ANP den Zuschlag<br />
über die langfristige Belieferung mit<br />
Brennstoff für vier ihrer fünf Reaktoren<br />
erhalten. Der Auftrag umfasst<br />
mehrere Nachladungen mit Uran-<br />
Brennelementen für die Druckwasserreaktor-Blöcke<br />
Biblis A (1167 MW),<br />
Biblis B (1240 MW) und Emsland<br />
(1329 MW) sowie die Siedewasserreaktor-Anlage<br />
Gundremmingen B<br />
(1284 MW). Die Nachladungen werden<br />
im Zeitraum 2004 bis 2007 geliefert<br />
werden. Mit dem ATRIUM TM 10 XP-<br />
Brennelement, das bereits seit Anfang<br />
2002 in einer Teilnachlademenge<br />
in Gundremmingen im Einsatz ist,<br />
erhält diese Anlage das zur Zeit fortschrittlichste<br />
Design aus unserer bewährten<br />
ATRIUM-Produktfamilie<br />
für Siedewasserreaktoren. In der Konvoi-Anlage<br />
Emsland, die über ein<br />
1818-Gitter verfügt, geht RWE<br />
<strong>Power</strong> auf den modernen und äußerst<br />
zuverlässigen Brennelement-Typ HTP<br />
(High Thermal Performance) mit<br />
M5 TM -Hüllrohren über.<br />
26 <strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004
Aufträge<br />
Partnerschaft mit Fessenheim<br />
Die Anlage Fessenheim und<br />
Framatome ANP haben sich ein gemeinsames<br />
Ziel gesetzt: Bis zum Jahr 2007<br />
die Dauer für einen reinen Brennelementwechsel<br />
auf 25 Tage zu reduzieren. Die erste<br />
Revision im Rahmen dieses Abkommens<br />
war 2003 durchgeführt worden.<br />
Diese Schlüsselvereinbarung umfasst die<br />
Einführung des „Reduced Outage“-Projekts<br />
sowie Engineering im Zusammenhang mit<br />
speziellen Studien und/oder Ertüchtigungen<br />
von Systemen und Komponenten.<br />
Gleichzeitig wurden wir vom Betreiber<br />
Electricité de France (EDF) auch mit verschiedenen<br />
Paketen über integrierte Servicedienstleistungen<br />
während Anlagenrevisionen<br />
beauftragt. So wollten zum Beispiel<br />
die Kernkraftwerke Gravelines und Penly<br />
während ihrer 10-Jahres-Revisionen, dass<br />
Maßnahmen auf dem kritischen Pfad in<br />
diese integrierten Pakete eingebunden wurden.<br />
Ähnliche Anfragen liegen auch von<br />
den Anlagen Nogent, Cattenom, Dampierre<br />
und Saint Laurent vor.<br />
Fessenheim<br />
Diese Anforderungen machen eine sorgfältig<br />
durchdachte Organisation, die Mobilisierung<br />
all unserer Fähigkeiten sowie die<br />
Einbindung unserer Töchter Intercontrole,<br />
Jeumont und CTE Nortest erforderlich.<br />
Komponenten & Service<br />
Musterbeispiel für internationale<br />
Zusammenarbeit in Ringhals<br />
Während der Jahresrevision<br />
wurde am 4. August 2003 im<br />
Block 4 des schwedischen Kernkraftwerks<br />
Ringhals – ein 3-Loop-DWR von<br />
Westinghouse mit einer Leistung von<br />
915 MW – ein undichter Instrumentierungsstutzen<br />
auf dem Druckhalter entdeckt.<br />
Als Hauptursache wurde die durch<br />
starke Beanspruchung entstandene Korrosion<br />
von Inconel 600 ausgemacht.<br />
Am 13. August wurde Framatome ANP<br />
beauftragt. Es kristallisierte sich heraus,<br />
dass die US-amerikanische Region aufgrund<br />
ihrer großen Erfahrung auf diesem<br />
Gebiet mit der kürzesten Vorbereitungszeit<br />
und einer geeigneten technischen<br />
Lösung aufwarten konnte.<br />
Die Projektleitung traf am 16. August in<br />
Ringhals ein und etablierte auch gleich<br />
einen Kontakt für die technischen Analysen,<br />
die komplette Mannschaft folgte<br />
am 20. August. Der halbe Stutzen wurde<br />
ersetzt und von außen wieder angeschweißt;<br />
neun Tage später war die Reparatur<br />
abgeschlossen. Zusätzlich zum<br />
Vor-Ort-Einsatz unterstützte die US-<br />
Mannschaft die Schweden auch beim<br />
Genehmigungsverfahren.<br />
Dank ihres umfassenden Leistungsvermögens,<br />
ihrer bewährten technischen Prozesse<br />
und ihrer Teams weltweit ist <strong>AREVA</strong><br />
in der Lage, die Kunden bei kurzfristigen<br />
und dringenden Reparaturarbeiten zu unterstützen<br />
– auch in Fremdanlagen.<br />
<strong>Advanced</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Nr. 10 Mai 2004 27
Kontakte<br />
<strong>AREVA</strong><br />
Hauptsitz<br />
27-29 rue de Peletier<br />
75009 Paris, Frankreich<br />
Tel.: +33 1 44 83 71 00<br />
Fax: +33 1 44 83 25 00<br />
<strong>AREVA</strong> Enterprises, Inc.<br />
One Bethesda Center<br />
4800 Hampden Lane, Suite 1100<br />
Bethesda, MD 20814<br />
USA<br />
Tel.: +1 301 652 9197<br />
Fax: +1 301 652 5691<br />
www.areva.com<br />
Framatome ANP<br />
Hauptsitz<br />
Tour <strong>AREVA</strong><br />
92084 Paris La Défense Cedex<br />
Frankreich<br />
Tel.: +33 1 47 96 00 00<br />
Fax: +33 1 47 96 36 36<br />
FRinfo@framatome-anp.com<br />
Framatome ANP GmbH<br />
Freyeslebenstr. 1<br />
91058 Erlangen<br />
Deutschland<br />
Tel.: +49 9131 18 95374<br />
Fax: +49 9131 18 94927<br />
DEinfo@framatome-anp.com<br />
Framatome ANP, Inc.<br />
3315 Old Forest Road<br />
Lynchburg, VA 24501<br />
USA<br />
Tel.: +1 434 832 3000<br />
Fax: +1 434 832 0622<br />
USinfo@framatome-anp.com<br />
Framatome ANP ist ein Unternehmen<br />
von <strong>AREVA</strong> und Siemens.<br />
Best.-Nr. ANP: G-22-V1-04-GER · Printed in Germany · 500043M ZS 05046.5 K.Nr. 309