50 Mai 2013 | wir fragen, jena antwortet | Was kann man im Kleinen tun, um Dinge im Großen zu verändern? Interviews und Schnappschüsse: Anna-Maria Schmidt Franziska Vogelsang, 25 Studentin Es gibt Menschen, die sind der Meinung, dass man als Einzelperson eh nichts am Weltübel ändern kann. Ich finde, dass man zumindest bei sich selbst anfangen und etwas in seiner näheren Umgebung bewegen kann. Als langjährige Vegetarierin setze ich mich besonders mit dem Tierschutz auseinander. Meine Kollegen aus dem Café fau und ich engagieren uns für das Projekt »Happy Kuh«, bei dem man für Kühe, die geschlachtet werden sollten, eine Patenschaft übernimmt und ihnen durch einen monatlichen Beitrag ein ruhiges und leidfreies Leben auf der Weide ermöglicht. Dafür verzichten wir alle gern auf unser Trinkgeld und freuen uns, dass es Ronja und ihrem Kälbchen gut geht. Jennifer Hartmann, 23 Studentin Ich finde es gut, dass man im Studium die Gelegenheit hat, sich außerhalb des Hörsaals zu engagieren. Ich bin z. B. Mitglied im Umweltreferat der FSU, in dem wir Aktionen organisieren, bei denen wir versuchen, unser Umfeld für ein (umwelt)-bewusstes Leben zu begeistern. Im Sommer veranstalteten wir vegane Frühstücke im Glashaus, um zu zeigen, dass rein pflanzliches Leben möglich, lecker und gesund ist. Eine Gelegenheit, den Recyclinggedanken aufzugreifen, bietet der ›Kleidertausch‹, der wieder zu den ›Sofatagen‹ stattfinden wird. Obwohl dies nur kleine Dinge sind, bin ich davon überzeugt, auch als Einzelne einen Unterschied machen zu können. Elena Scholl, 23 Studentin Ich denke, dass viele kleine Leute das Gesicht der Welt verändern können. In dem Bewusstsein und durch meinen christlichen Glauben beeinflusst, engagiere ich mich in dem übergemeindlichen Verein »Nehemiateam« in Fürth. Dieses Team unterstützt u. a. das »Home of Blessing« in Thailand, in dem Mädchen aus armen Verhältnissen ein Zuhause und Bildung finden. Auch durch mein Studium der sozialen Arbeit möchte ich meinen Überzeugungen gerecht werden. Mir liegt vor allem die Arbeit mit Familien mit erhöhtem Förderbedarf am Herzen. Hier sehe ich die Chance, durch gezielte Unterstützung einzelner Mitglieder das ganze System Familie positiv zu beeinflussen. Philipp Dittrich, 27 Restaurantfachmann und Unternehmensberater Ich möchte eine Stiftung gründen, um die isolierte Lebensform der heutigen Gesellschaft aufzubrechen. Dazu strebe ich ein ganzheitliches Lebensprojekt an, um die heutigen technischen und geistigen Möglichkeiten mit dem Potenzial einer ursprünglichen Dorfgemeinschaft zu einen — also die Grundlagen in Bereichen wie Landwirtschaft, Ernährung, Bildung und Gesundheit selbstverantwortlich und gemeinschaftlich zu erschaffen bzw. umzusetzen und zu leben. Ich sehe das Projekt als nächsten Schritt nach dem positiven Ansatz der Hippiebewegung, weil meiner Meinung nach das selbstverantwortliche Handeln für mehr Anteilnahme und Teilhabe am Leben wichtig ist. Antonia Dittrich, 52 Yogalehrering, Ayurveda-Therapeutin, Mutter Im Gedankenansatz meines Sohnes habe ich mich sofort wiedergefunden, ist es doch auch mein Lebensinhalt, Gegensätze zu vereinen und Menschen Impulse zu geben, um Verantwortung für z. B. ihre Gesundheit und geistiges Wohlbefinden selbst zu übernehmen. <strong>Das</strong> alte Wissen aus der Yogatradition und Ayurvedaphilosophie bietet viele Lösungsansätze für die Probleme des heutigen Lebens. Dies werde ich in das »Perfect-World-Club«- Projekt meines Sohnes einbringen, in dem ich mit meinen Erfahrungen und meiner Lebenseinstellung am gemeinschaftlichen Leben teilnehme und damit Möglichkeiten schaffe, das sich jeder Mensch individuell frei entfalten und entwickeln kann. Michael Neumeister,27 Hörgeräteakustiker-Geselle, Musiker, Philosoph Die Fragen, mit denen ich mich auseinandersetze sind: Welche Form des menschlichen Miteinanders bringt die Fähigkeiten der Einzelnen zur vollen Entfaltung und schafft es zeitgleich, nur gering invasiv auf ein Ökosystem zu wirken? Wie vereint sich der Mensch mit der Natur (wieder?) ohne sein heutiges Potential einzubüßen? Welche Größe ist verträglich (auch im Sinne eines Sozialen Vertrages) und wie ist die Befähigung zum selbstverantwortlichen Mitwirken an der Gemeinschaft zu gestalten ohne Machtgefälle zu erzeugen? Dabei sollen diese Fragen nicht nur hypothetisch beantwortet, sondern im Zusammenleben in einer »mutierenden« Gemeinschaft erfasst werden.
November