Ausgabe 46 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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Saiten des Lebens<br />
Saiten des Lebens<br />
5 Jahre Leben<br />
Die vier Musiker des weltberühmten<br />
„Fugue String Quartets“ sind<br />
ein eingespieltes Team. Doch viel<br />
mehr noch als ihren Erfolg scheinen<br />
sie ihre Liebe zur Musik in diesem<br />
spannungsvollen und zugleich harmonischen<br />
Miteinander auszuleben.<br />
Doch zu Beginn ihrer Jubiläumssaison<br />
hat der Cellist Peter Schwierigkeiten,<br />
wieder ins Spiel zu finden,<br />
die Diagnose heißt Parkinson.<br />
Was für einen Moment wie ein weiterer<br />
Film über die Schwierigkeiten<br />
des Alterns und Krankseins scheint,<br />
erweist sich als ein vielschichtiges<br />
Gleichnis über die Fragilität von<br />
Beziehungen, über die Veränderlichkeit<br />
des Lebens und der Kräfte,<br />
die daraus erwachsen.<br />
Seit 25 Jahren sind die drei Männer<br />
und eine Frau verbunden durch<br />
die Musik, aber auch auf vielfältige<br />
Weise familiär. Plötzlich steht eine<br />
Ehe in Frage, brechen sich bis dahin<br />
gedeckelte Leidenschaften Bahn,<br />
entzündet sich ein Mutter-Tochter-<br />
Konflikt am Liebhaber, will die zweite<br />
Geige endlich mal die erste sein.<br />
Jede der Figuren steht überrascht<br />
vor einem Neuanfang, den sie bis<br />
dahin weder für möglich noch für<br />
nötig gehalten hatte.<br />
Am meisten fasziniert bei diesem<br />
ersten Spielfilm des durch preisgekrönte<br />
Dokumentarfilme bekannten<br />
Regisseurs Yaron Zilberman („Watermarks“)<br />
die Gelassenheit und Eleganz,<br />
mit der der Film seine Dramatik<br />
entfaltet. Mit Gespür für Rhythmus<br />
und punktgenau gesetzte Bilddetails<br />
entfalten sich die Konflikträume. Ausnahmslos<br />
hervorragende Schauspieler<br />
„spielen“ die vier Instrumente so sensationell<br />
authentisch und synchron<br />
zu dem, was die echten Musiker des<br />
international gefeierten „Brentano<br />
String Quartets“ als Soundtrack eingespielt<br />
haben, dass allein das schon<br />
Hochachtung verdient. Ihr eigentliches<br />
schauspielerisches Handwerk<br />
blüht aber umso schöner auf, sodass<br />
das Drama ganz aus der Wahrhaftigkeit<br />
jeder einzelnen Figur erwächst.<br />
Großes emotionales Kino, musikalisch<br />
inspiriert, ungewöhnlich und<br />
bewegend. C. Pfeil<br />
USA 2012, R: Yaron Zilberman, D: Philip<br />
Seymour Hoffmann, Christopher Walken,<br />
Catherine Keener, Mark Ivanir, Imogen Poots<br />
Der Film basiert auf der wahren Geschichte<br />
des Deutsch-Türken Murat<br />
Kurnaz, der fünf Jahre als Gefangener<br />
der USA in Afghanistan und Guantanamo<br />
inhaftiert war. Es ist nicht nur<br />
die Chronik eines unvorstellbaren<br />
Missbrauchs, sondern zeigt auch den<br />
Überlebenswillen eines Mannes, dem<br />
man alles genommen hat. Zugleich<br />
schildert er das Duell zweier außergewöhnlich<br />
starker Persönlichkeiten.<br />
Murat Kurnaz, der seinem Leben einen<br />
neuen Sinn geben wollte, als er<br />
sich dem Islam zuwandte und nach<br />
dem 11. September nach Pakistan<br />
aufbrach, um eine Koranschule zu<br />
besuchen, und Gail Holford, Verhörspezialist<br />
der US-Regierung, der<br />
alle Tricks von Manipulation bis Einschüchterung<br />
beherrscht, um Kurnaz<br />
ein Geständnis zu entlocken. Aber<br />
Kurnaz ist unschuldig. So verstreichen<br />
Monate voller psychischer und<br />
physischer Folter, bis Kurnaz begreift,<br />
dass seine Weigerung, ein Geständnis<br />
zu unterzeichnen, das Einzige ist,<br />
was ihm bleibt.<br />
Sascha Alexander Geršak spielt Murat<br />
Kurnaz mit ergreifender Authentizität<br />
und ging mit seiner darstellerischen<br />
Leistung auch körperlich an<br />
die Grenze des Möglichen. Ben Miles<br />
verkörpert mit schonungsloser Härte<br />
den US-Verhörspezialisten Gail Holford,<br />
der mit allen Mitteln versucht,<br />
Murat Kurnaz eine andere Realität<br />
aufzudrängen. Doch er scheitert an<br />
dessen tiefem Glauben und Vertrauen<br />
in sich selbst.<br />
Stefan Schaller ist ein packendes Portrait<br />
des damals gerade 19-Jährigen<br />
gelungen, der 1725 Tage inhaftiert<br />
war, über ein Jahr davon in völliger<br />
Isolation, geschlagen, gefoltert, verurteilt<br />
wurde zu einem rechtlosen<br />
Leben, ohne jemals vor Gericht gestanden<br />
zu haben. Seine Geschichte<br />
wirft nicht nur große Zweifel auf an<br />
der Rechtsstaatlichkeit unserer westlichen<br />
Welt, der Film konfrontiert den<br />
Zuschauer auf eindringliche Art und<br />
Weise mit der eigenen Wahrnehmung<br />
und Bewertung.<br />
F, D 2012, R: Stefan Schaller, D: Sascha Alexander<br />
Gersak, Ben Miles, Timur Isik, David Ali Hamade,<br />
Trystan W. Pütter<br />
5 Jahre Leben<br />
Jeder hat einen Plan<br />
„Jeder hat einen Plan“ erzählt die<br />
Geschichte von Augustín, der verzweifelt<br />
versucht, sein bisheriges Leben<br />
hinter sich zu lassen. Nach dem<br />
Tod seines Zwillingsbruders Pedro<br />
beschließt er, ein neues Leben zu beginnen,<br />
und so nimmt er die Identität<br />
seines verstorbenen Bruders an. Er<br />
kehrt zurück nach Tigre, einer Stadt<br />
in der Provinz von Buenos Aires, wo<br />
sie als Jungen einst lebten. Doch kurz<br />
nach seiner Rückkehr wird Augustín<br />
in gefährliche Machenschaften verwickelt,<br />
die auch zum Leben seines<br />
Bruders gehörten.<br />
Ana Piterbarg gibt mit „Jeder hat<br />
einen Plan“ ihr Spielfilmregiedebüt.<br />
Gemeinsam mit Ana Cohan entwickelte<br />
sie das Drehbuch zum Thriller,<br />
in dem Viggo Mortensen nicht<br />
nur in einer Doppelrolle zu sehen<br />
ist, sondern den der Hauptdarsteller<br />
auch mitproduzierte.<br />
ARG, ES, D 2012, R: Ana Piterbarg, D: Viggo<br />
Mortensen, Soledad Villamil, Daniel Fanego,<br />
Javier Godino<br />
Termine im Mai:<br />
1.5. 21:00 Uhr Der Untergang<br />
des amerikanischen Imperiums<br />
(35mm-Kino)<br />
6.5. 19:30 Uhr<br />
Kret (Polnische Filmreihe)<br />
7.5. 20:00 Uhr<br />
La chute de la Maison Usher<br />
(Medienwissenschaft)<br />
16.5. 17:30 Uhr Was du nicht<br />
siehst (FSTJ-Filmpremiere)<br />
24.5. 20:00 Uhr Pans Labyrinth<br />
(Psychoanalyse und Film)<br />
27.5. 18:30 Uhr<br />
The Age of Stupid (Zum Wohle<br />
aller?-EWNT Reihe)<br />
28.5. 10:00 Uhr Seniorenkino<br />
28.5. 20:00 Uhr L´age d´or<br />
(Medienwissenschaft)<br />
Stoker<br />
Stoker<br />
Darauf haben viele Filmfans lange<br />
gewartet: Park Chan-wook, der koreanische<br />
Meisterregisseur moderner<br />
Klassiker wie „Oldboy“ und „Durst“,<br />
gibt sein Hollywood-Debüt.<br />
An ihrem 18. Geburtstag stirbt der<br />
geliebte Vater von India Stoker bei<br />
einem mysteriösen Autounfall. Sie<br />
bleibt allein mit ihrer verhassten<br />
Mutter Evie in der riesigen Familienvilla<br />
zurück. Beim Begräbnis des<br />
Vaters aber taucht dessen Bruder<br />
Charlie auf, der die letzten Jahre angeblich<br />
in Europa verbrachte. Nicht<br />
nur, dass Charlie künftig bei den Stokers<br />
wohnen wird – zwischen ihm<br />
und der depressiven Evie scheint sich<br />
auch eine Beziehung zu entwickeln.<br />
India steht dem Gast misstrauisch<br />
gegenüber, aber bald entdecken die<br />
beiden eine ungeahnte Seelenverwandtschaft.<br />
Mit „Stoker“ präsentiert Park Chanwook<br />
einen Film, der sich mit seiner<br />
visuellen Intensität und Expressivität<br />
hinter keinem anderen seines großartigen<br />
Werkes verstecken muss,<br />
– eine Mischung aus Kammerspiel,<br />
Psychothriller, Familiendrama und<br />
schwarzer Romantik. Am besten ist<br />
er dann, wenn er die Dinge in der<br />
Schwebe hält und mittels der für<br />
Park typischen Bilder und Montagen<br />
verfremdet – die rätselhaften Steine<br />
im Garten, eine Spinne, die an Indias<br />
Bein hochläuft ...<br />
Mit India bringt Mia Wasikowska<br />
auch hier wieder eine Figur zum<br />
Oszilieren – allein sie ist einen Kinobesuch<br />
allemal wert. Oliver Kaever<br />
USA/GB 2013, R: Park Chan-wook, D: Mia Wasikowska,<br />
Nicole Kidman, Matthew Goode, Dermot<br />
Mulroney, Alden Ehrenreich<br />
Jeder hat einen Plan