Ausgabe 51 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG

50
November 2013
| wir fragen, jena antwortet |
Wie wichtig ist Dir Ehrlichkeit?
Interviews und Schnappschüsse:
Anna-Maria Schmidt, Privat
Michaela Muermans, 27
Psychologie-Studentin
Generell ist mir Ehrlichkeit sehr wichtig. Das
gilt sowohl für den Umgang in Studium und
Beruf als auch im Privatleben. Menschen die
ehrlich sind, wirken auf mich interessant
und authentisch. Ein ehrlicher Umgang miteinander
bietet auch eher die Voraussetzung
dafür, den Alltag unkompliziert und für alle
Beteiligten positiv zu gestalten. Es gibt aber
auch Situationen, in denen man abwägen
muss. Manchmal kann zu viel Ehrlichkeit
verletzend sein oder Personen überfordern.
Dann macht eine deutliche Ansage mehr kaputt,
als dass sie hilft. Deshalb versuche ich
darauf zu achten, welche Konsequenzen ein
ehrliches Wort für andere und mich hat.
Kati Bachstein, 29
Lehramts-Anwärterin
Ehrlichkeit ist für mich sehr bedeutsam, weil
man sich in jeder Situation dafür oder dagegen
entscheiden kann. Im Lehrerberuf begegnen
einem jeden Tag Situationen, in denen
man sich aus pädagogischen Gründen gegen
eine allzu harte Wahrheit entscheidet. Auch
in einer Beziehung, in der man absolute Ehrlichkeit
verlangt und erwartet, merkt man oft,
dass das nicht geht, weil man dem anderen
damit wehtun würde. Man lässt dann Dinge
weg oder beschönigt sie und das erleichtert
zwar das miteinander leben, ist aber nicht
100 % ehrlich. Ehrlichkeit bedeutet für mich
aber auch der ehrliche Umgang mit mir selber,
so dass ich authentisch bin und andere
wissen, woran sie sind.
Christian Heyder, 32
Theologie-Student
Ich würde Authentizität und Aufrichtigkeit
als zwei Aspekte von Ehrlichkeit unterscheiden,
die beide sehr wichtig sind — auch für
mich. Das erstere betrifft einen ehrlichen
Umgang mit sich selbst nach innen und nach
außen. Das zweite beinhaltet Ehrlichkeit im
landläufigen Sinne — dass man die Wahrheit
sagt. Manche Situationen erfordern aber einen
differenzierteren Umgang mit der Wahrheit,
z. B. wenn man bekocht wird und das
Essen nicht geschmeckt hat. Das rechtfertigt
dann meiner Meinung nach die Verwendung
von Höflichkeitslügen. Auch ich greife häufiger
als mir lieb ist, zu solchen Notoptionen,
da es mir auch wichtig ist, die Menschen in
meinem Umfeld nicht zu verletzen.
Oliver Kellner, 23
Altertumswissenschafts-Student
Sehr wichtig, obwohl man Abstufungen machen
sollte zwischen intimen und autoritären
Bezugspersonen. Einem Vorgesetzten oder
Fremden vermittele ich meine ehrliche Meinung
eher entschärft und höflich, den mir
nahestehenden Menschen dafür umso unverblümter,
manchmal humorvoll übertrieben
oder sarkastisch. Darunter muss auch meine
Verlobte leiden, die sich auf ihre Frage, ob dieses
oder jenes Kleidungsstück sie dick aussehen
lässt, anhören musste, dass es nicht das
Teil ist, das sie fett aussehen lässt, sondern
das Fett. Solche Aussagen bring ich jedoch
mit Witz rüber, werden auch so aufgenommen
und sind unserer liebevollen Beziehung
äußerst zuträglich.
Anne Stiebich, 36
Key-Account Managerin
Ehrlichkeit ist die Basis für Vertrauen und
dies ist essentiell für alle Arten von Beziehung.
Ich möchte und kann mich weder im
privaten noch im beruflichen Leben für jemanden
oder etwas verbiegen. Außerdem
möchte ich mich und meine Meinung nicht
verleugnen müssen, um es anderen recht zu
machen, ein Ziel zu erreichen oder mir einen
Vorteil zu verschaffen. Unehrlichkeit macht
das Leben unnötig komplizierter, denn irgendwann
werden Lügen aufgedeckt. Wohldosierte
Notlügen sind davon natürlich ausgeschlossen.
Und hier noch ein paar immer
gültige Gassenhauer: Lügen haben kurze Beine
und Ehrlichkeit währt am längsten.
Leo Bruckschlegel, 20
Freizeitkellnerin und angehende Studentin
Ehrlichkeit ist mir wahnsinnig wichtig, vor
allem gegenüber Menschen die mir lieb und
teuer sind. Natürlich gibt es kleine Ausnahmen
wie Notlügen und ›weiße Lügen‹, die
jeder schon mal benutzt hat. Trotzdem finde
ich, dass es gut tut, wenn man den Mut
zusammennimmt und mit der Wahrheit
rausrückt, auch wenn sie manchmal wehtut.
Man muss nicht jedem Menschen ungefragt
auf die Nase binden, was man von diesem
oder jenem hält, aber wenn man gefragt
wird, kann man doch ein bisschen Ehrlichkeit
hinzugeben. Was nützen dem anderen
denn Lügen oder einem selber ein schlechtes
Gewissen, weil man nicht ehrlich war?!