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Ausgabe 51 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG

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Juli/August November 2013 2012<br />

17<br />

leben einhergingen, sondern auch enorme<br />

finanzielle Ressourcen verschlangen, die das<br />

Reich nicht besaß.<br />

Genau genommen hatten die vorhandenen<br />

Rücklagen Deutschlands für die kostspielige<br />

Kriegsmaschinerie gerade einmal für zwei<br />

Tage gereicht — der Krieg sollte jedoch mehr<br />

als vier Jahre andauern. Schätzungen beziffern<br />

die damaligen Gesamtausgaben des<br />

Deutschen Reiches für Armee und Gerät auf<br />

194 Milliarden Mark — eine Unsumme, die nur<br />

auf ›findige‹ Weise aufgebracht werden konnte:<br />

Drei Tage, nachdem Deutschland Russland<br />

den Krieg erklärt hatte, wurde die bisherige<br />

Golddeckung der Mark (eine Mark entsprach<br />

knapp 0,36 g Feingold) aus »wirtschaftlicher<br />

Notwendigkeit« bis auf weiteres einfach aufgehoben.<br />

<strong>Das</strong> Deutsche Reich versuchte seine<br />

Kriegskosten einfach damit zu bestreiten,<br />

dass es ohne Unterlass Banknoten druckte<br />

und diese, ohne sie in Gold aufgewogen zu<br />

haben, ungedeckt in Umlauf brachte. Zwar<br />

gab es vereinzelt auch Bedenken, dass dies<br />

die Kaufkraft des Geldes negativ beeinflussen<br />

und zwangsläufig in Inflation münden müsste,<br />

doch verhallten diese Einwände unreflektiert.<br />

Insgesamt steigerte man auf diese Weise<br />

das Bargeldvolumen innerhalb von vier Jahren<br />

um das Fünffache, zum Kriegsende 1918<br />

befanden sich infolgedessen gut 33 Milliarden<br />

Mark im Umlauf.<br />

Trotz fortwährend rotierender Notenpresse<br />

zeigte sich 1914 jedoch schnell, dass es<br />

noch anderer Wege und Mittel bedurfte, um<br />

die stetig steigenden Kriegsausgaben stemmen<br />

zu können, die allein in den ersten beiden<br />

Kriegsjahren bei etwa 65 Millionen pro<br />

Tag lagen. Man zog daher das eigene Volk als<br />

Kreditgeber heran: Kriegsanleihen in Höhe<br />

von insgesamt fast 100 Milliarden Mark ›lieh‹<br />

man sich unter dem Appell an den Patriotismus<br />

und der zugleich zugesicherten Aussicht<br />

auf beachtliche Zinsen nach einem Sieg bei<br />

der eigenen Bevölkerung.<br />

Diese Rechnung ging bekanntlich nicht<br />

auf: Deutschland konnte mit den verkauften<br />

Kriegsanleihen zwar mehr als die Hälfte der<br />

laufenden Kriegskosten decken, sah sich jedoch<br />

1918 gezwungen, gegenüber den alliierten<br />

Streitkräften zu kapitulieren — und wurde<br />

dadurch die in den Kriegsjahren angehäuften<br />

164 Milliarden Mark Staatsschulden nicht<br />

wie erhofft auf einen Schlag los. Statt wie<br />

geplant die angehäuften<br />

eigenen Schulden<br />

auf andere Staaten<br />

abzuwälzen, stand<br />

das Land nun selbst<br />

mit dem Rücken zur<br />

Wand und wurde von<br />

Schuldenforderungen<br />

überhäuft: Reparationszahlungen<br />

wollten<br />

an die alliierten<br />

Siegermächte aufgebracht,<br />

Kriegsanleihen<br />

zurückgezahlt,<br />

soziale Leistungen für<br />

Kriegsopfer und Hinterbliebene<br />

erbracht<br />

sowie die gebeutelte Wirtschaft wieder aufgerichtet<br />

und auf Friedensproduktion umgestellt<br />

werden.<br />

Vor dem Hintergrund gravierender innenpolitischer<br />

Umwälzungen, die in der Herausformung<br />

einer nie wirklich stabil agierenden<br />

Weimarer Republik mündeten, nahm der 1914<br />

begonnene Währungsverfall ab 1920 allmählich<br />

an Fahrt auf. Die steigende Verschuldung<br />

sowie der zur Begleichung der Reparationen<br />

in großem Umfang durchgeführte Devisenankauf<br />

— mehr als 132 Milliarden Goldmark<br />

wurden vom Deutschen Reich als Kriegsentschädigung<br />

in Dollar, Pfund und Franc<br />

gefordert — ließen den Kurs der deutschen<br />

Währung immer weiter abrutschen: Hatte<br />

die Mark im Januar 1920 gegenüber dem US-<br />

Dollar noch ein Zehntel ihres einstigen Umtauschwertes<br />

vom August 1914, so war sie<br />

knapp zwei Jahre später im Herbst 1921 nur<br />

noch ein Hundertstel wert und ein Jahr später<br />

im Oktober 1922 gerade noch ein Tausendstel.<br />

Billiger als Tapete: Tapezieren mit wertlosen Eine-Mark-Scheinen.<br />

Ruhrbesetzung bringt<br />

Hyperinflation<br />

Den endgültigen Währungskollaps brachte<br />

die Besetzung des Ruhrgebietes Anfang<br />

1923: Frankreich genügte ein relativ geringer<br />

Rückstand bei den ausstehenden Reparationszahlungen,<br />

um ohne Nachsicht oder zeitlichen<br />

Aufschub umgehend das Ruhrgebiet<br />

zu besetzen, die Kontrolle über die Zechen<br />

zu übernehmen und als vorläufigen »produktiven<br />

Pfand« sämtliche Kohlenvorräte zu<br />

beschlagnahmen. Dies löste in der Weimarer<br />

Republik einen Aufschrei nationaler Empörung<br />

aus, war damit doch die industrielle<br />

Produktion Deutschlands an ihrer Basis getroffen.<br />

Die gesamte Bevölkerung an Rhein<br />

und Ruhr trat daraufhin in den Generalstreik.<br />

Um die streikende Bevölkerung finanziell<br />

in ihrem über Monate andauernden passiven<br />

Widerstand zu unterstützen, warf die Regierung<br />

erneut die Geldproduktion an — mit<br />

der Konsequenz, dass die krisengeschüttelte<br />

Wirtschaft der jungen Republik nun endgültig<br />

zusammenbrach.<br />

Bis 1922 war der 1000-Mark-Schein noch<br />

der höchste Wert in der Nominalkette gewesen,<br />

spätestens ab Februar 1923 bedurfte es<br />

jedoch einem dringenden Zuwachs an Nullen<br />

auf den Geldscheinen, um mit der Inflation<br />

mithalten zu können. Diese legte bei ihrer<br />

Verwandlung von einer ›trabenden Inflation‹<br />

(bis 50 Prozent Entwertung im Jahr) in eine<br />

›galoppierende Inflation‹ (mehr als 50 Prozent<br />

im Jahr) und schließlich in eine ›Hyperinflation‹<br />

(mehr als 50 Prozent) ein geradezu sagenhaftes<br />

und bis dahin in der Handelswelt noch<br />

nie verzeichnetes Tempo vor: Als der Dollarstand<br />

innerhalb des Monats Mai von 29.000<br />

auf 70.000 stieg, war die Mark im Grunde<br />

schon längst tot und taugte weder als Recheneinheit<br />

noch als Zahlungsmittel und schon<br />

gar nicht mehr zur Wertaufbewahrung, reines<br />

›Spielgeld‹. <strong>Das</strong> Ende der Fahnenstange<br />

war damit jedoch noch lange nicht erreicht.<br />

Im Juli steigerte sich der Wertverfall in einem<br />

sportlichen Trab — 10 Millionen Papiermark<br />

standen am Monatsende als Gegenwert für<br />

einen US-Dollar fest. Im September begann<br />

der Kurs zu rennen, um dann doch ganz<br />

»

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