Ausgabe 50 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
Ausgabe 50 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
Ausgabe 50 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Sonderbeilage<br />
Gute Filme im Oktober<br />
Zuviel des Guten ist<br />
wundervoll! Wir können<br />
nicht umhin, diesen<br />
Titel für unser Monatsentrée<br />
zu stibitzen,<br />
denn die Oktoberfilme<br />
sind von einem erzählerischen<br />
Facettenreichtum,<br />
der unsere Herzen<br />
beflügelt. Für Bodenhaftung<br />
in der Realität<br />
dagegen sorgen zwei<br />
Filme, die zwickende<br />
Fragen aufwerfen:<br />
„Finsterworld“ und<br />
„Alphabet“. Genau die<br />
richtige Mischung für<br />
einen goldenen Herbst,<br />
finden wir. Sie auch?<br />
Dann sehen wir uns<br />
im Schillerhof!<br />
Alle Spielzeiten<br />
finden Sie hier:<br />
www.schillerhof.de<br />
Termine im Oktober:<br />
2.10. 20:00<br />
„Andrej Rubljow“<br />
(35mm-Kino), FILM e.V.<br />
8.10. 10:00<br />
„Im Winter ein Jahr“<br />
(Woche der seel. Gesundheit)<br />
9.10. 19:00<br />
„Alfred & Co“ (Woche der seel.<br />
Gesundheit) mit Gespräch<br />
22.10. 19:30<br />
„Freaks“<br />
(Filmreihe BrandSchutz)<br />
28.10. 18:30<br />
„China Blue“ (EWNT-Reihe)<br />
29.10. 10:00<br />
Seniorenkino<br />
31.10. 22:00<br />
„20 Jahre Distillery“ (FILM e.V.)<br />
Unter dem<br />
Regenbogen<br />
Laura ist 24 Jahre alt und glaubt<br />
fest daran, dass ihr Märchenprinz<br />
eines Tages ihren Weg kreuzen wird.<br />
Bei einer Party ist sie sicher, ihm gegenüber<br />
zu stehen: Sandro studiert<br />
Musik und wartet auf seinen Durchbruch<br />
als Komponist. Dummerweise<br />
spielt er für seine Mama auch den<br />
Chauffeur und muss ganz plötzlich<br />
los, um sie von der Arbeit abzuholen.<br />
Kurz verlieren sich Laura und<br />
Sandro aus den Augen, nur um dann<br />
noch heftiger zusammenzustoßen.<br />
Sandros Vater Pierre ist dagegen<br />
überzeugt davon, dass seine Zeit<br />
abgelaufen ist. Eine Wahrsagerin hat<br />
ihm vor Jahrzehnten sein Todesdatum<br />
vorhergesagt, und in wenigen<br />
Tagen ist es soweit. Die Laune des<br />
Fahrlehrers und Stinkstiefels verbessert<br />
diese Aussicht nicht gerade,<br />
und das Verhältnis zu seinem Sohn<br />
auch nicht. Ausgerechnet jetzt nervt<br />
ihn auch noch Lauras Tante Marianne,<br />
die endlich ihre akute Fahrangst<br />
überwinden will.<br />
Die Filme von Jaoui und Bacri liefern<br />
das, was man in Deutschland<br />
traditionell vom französischen Kino<br />
erwartet: Elegante Tragikomödien<br />
mit anspielungsreichen Dialogen<br />
und schönen, schlauen Figuren. Und<br />
es geht natürlich um die Liebe. Noch<br />
dazu spielen deutsche Märchen eine<br />
Rolle, die französische Leichtigkeit<br />
geht dem Film dennoch nicht verloren.<br />
Auch die Bildsprache spielt mit<br />
der Märchenwelt – Aquarelle an der<br />
Wand entwickeln ein Eigenleben,<br />
auch ein Teddybär winkt in die Kamera.<br />
Vor allem aber scheinen die<br />
Drehbuchautoren interessiert daran,<br />
ihre Figuren mit der Wirklichkeit zu<br />
konfrontieren und zu sehen, welche<br />
dramaturgischen Funken dieser Aufeinanderprall<br />
schlägt. Oliver Kaever<br />
FR 2013 · R: Agnès Jaoui · D: Agathe Bonitzer,<br />
Arthur Dupont, Jean-Pierre Bacri, Agnès Jaoui u.a.<br />
„Ein wunderbar eigensinniger<br />
Film, der das heutige Paris mit<br />
den märchenhaften Elementen<br />
kontrastiert, die in jedem Leben<br />
stecken – sofern man nur genau<br />
hinschaut. Sehenswert.“<br />
SPIELFILM.de<br />
Finsterworld<br />
Finsterworld<br />
Startet am 17.10. im Schillerhof<br />
In einem der Phantasie entsprungenen,<br />
irrealen, überzeichneten<br />
Deutschland spielt „Finsterworld“,<br />
der erste Spielfilm der bislang durch<br />
einige Dokumentationen aufgefallenen<br />
Frauke Finsterwalder. <strong>Das</strong>s Name<br />
von Film und Regisseurin ähnlich<br />
klingen ist kein Zufall, denn das Drehbuch,<br />
dass Finsterwalder zusammen<br />
mit ihrem Mann Christian Kracht geschrieben<br />
hat, versucht Deutschland<br />
und den Deutschen den Spiegel vorzuhalten,<br />
und macht dabei auch vor<br />
der Figur einer Dokumentarfilmerin<br />
nicht halt.<br />
Und so heißt die von Sandra Hüller<br />
gespielte Figur Franziska Feldenhoven,<br />
und die bemüht sich gerade,<br />
eine Reportage über einen vor dem<br />
Fernseher lebenden Mann zu drehen,<br />
der sich von Fertiggerichten ernährt.<br />
Ein Einblick in die deutsche Realität<br />
soll das werden, ein Abbild deutscher<br />
Befindlichkeit. Doch so recht glaubt<br />
weder Feldenhoven an das, was sie<br />
sagt, noch ihr Mann, der Polizist Tom,<br />
der in ländlicher Umgebung Streife<br />
fährt und in seiner Freizeit gern flauschige<br />
Tierkostüme trägt.<br />
Und während ein Geschichts-Leistungskurs<br />
eine Bildungsreise zu<br />
einem Konzentrationslager unternimmt,<br />
wofür sich weder der Schnösel<br />
Maximilian noch die Alternative<br />
Natalie interessieren, die lieber Comics<br />
liest, mosern Maximilians Eltern<br />
in einem Luxushotel über schlechten<br />
Service und den generellen Verfall<br />
der deutschen Gesellschaft.<br />
Bissig und pointiert, voller bösem<br />
Witz und präzisen Zustandsbeschreibungen<br />
halten Finsterwalder und<br />
Kracht dem deutschen Wesen den<br />
Spiegel vor. Manche Figuren drehen<br />
durch, andere sterben, und die<br />
Einsamkeit, die anfangs auch in der<br />
Zweisamkeit herrschte, manifestiert<br />
sich. Eine bitterböse Bestandsaufnahme<br />
mit einer ganzen Riege erstklassiger<br />
Schauspieler. M. Meyns<br />
DE 2013 · R: Frauke Finsterwalder · B: Ch.<br />
Kracht, F. Finsterwalder · D: Ronald Zehrfeld,<br />
Sandra Hüller, Margit Carstensen, Corinna<br />
Harfouch u.a.<br />
Alphabet<br />
Startet am 31.10. im Schillerhof<br />
Finnland geht aus den PISA-Tests immer<br />
wieder als Meisterschüler in Europa<br />
hervor, aber Bildungs-Weltmeister<br />
ist unangefochten China. Aber<br />
während die Oma stolz Medaillen für<br />
gewonnene Mathe-Olympiaden in<br />
die Kamera hält, sitzt ihr Enkel traurig,<br />
müde und apathisch daneben.<br />
Der extreme Konkurrenz- und Leistungsdruck<br />
für Schüler in China steht<br />
symptomatisch für eine weltweite<br />
Lernkultur, die Wagenhofer infrage<br />
stellt. Seine Suche nach der Zukunft<br />
der Bildung führt ihn in das Malstudio<br />
des Pädagogen Arno Stern, er<br />
begleitet den Spanier Pablo Pineda,<br />
der trotz Down-Syndroms einen Universitätsabschluss<br />
schaffte. Und er<br />
lässt bekannte und radikale Forscher<br />
zu Wort kommen, unter ihnen der Bildungsexperte<br />
Sir Ken Robinson und<br />
der Hirnforscher Gerald Hüther.<br />
Wagenhofer will mit seinem Film nicht<br />
herausfinden, ob nun die Gesamtschule<br />
oder das Gymnasium die bessere<br />
Schulform ist. Bildung ist hier Symptom<br />
für unsere Gesellschaft, so wie<br />
es Nahrung in „We feed the World“<br />
und das Wirtschaftssystem in „Let‘s<br />
make Money“ waren. Mit „Alphabet“<br />
greift Wagenhofer Themen der beiden<br />
Vorgängerfilme noch einmal auf und<br />
bündelt sie. Entstanden ist so das deprimierende<br />
Bild einer Gesellschaft,<br />
die unfähig scheint, aus ihren Fehlern<br />
zu lernen, und die wider besseres Wissen<br />
die falschen Prioritäten setzt.<br />
Aber Wagenhofers Film macht auch<br />
Mut, vor allem durch die vielen inspirierenden<br />
Aussagen seiner Protagonisten.<br />
So schließt „Alphabet“<br />
mit einem Zitat, das auf B. Franklin<br />
zurückgeht: „Es gibt drei Arten von<br />
Menschen. Solche, die unbeweglich<br />
sind. Solche, die beweglich sind und<br />
solche, die sich bewegen. Ich ermutige<br />
Sie, sich zu bewegen und einen<br />
Schritt vorwärts zu tun.“ O. Kaever<br />
Dokumentarfilm · AT/DE 2013 · R: E. Wagenhofer<br />
Filmkritiken aus www.programmkino.de · Mit freundlicher Genehmigung der AG Kino. Fotos: Verleiher · Aufmachung: Panetta & Co. · www.panettaco.de<br />
Fürst