Ausgabe 50 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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Oktober 2013<br />
17<br />
Multispektralkamera MKF 6, die damals als<br />
die womöglich beste Weltraumkamera galt.<br />
Ihr Auflösungsvermögen übertraf die besten<br />
Luftbildkameras um den Faktor 2,5. Aus<br />
600 Kilometern Höhe waren noch Objekte<br />
von zehn Metern Größe erkennbar. <strong>Das</strong> Gerät<br />
arbeitete gleichzeitig mit vier Objektiven im<br />
sichtbaren und zwei im infraroten Bereich.<br />
Die in Jena produzierte Kamera an Bord sei<br />
der »Star des Ost-Berliner Interkosmos-Beitrags«,<br />
während die anderen »volkseigenen<br />
Raum-Artikel eher bescheiden« ausfielen,<br />
schrieb damals die Zeitschrift »Der Spiegel«.<br />
»Im Kosmos dachten wir voller Dankbarkeit<br />
an euch, die Werktätigen Jenas, die Arbeiter,<br />
Sigmund Jähn (2.v.l.) und Waleri<br />
Bykowski (3.v.l.) während ihres Besuchs<br />
im Zeissbetrieb im September 1978<br />
Ingenieure und Wissenschaftler des Kombinats<br />
VEB Carl Zeiss Jena, die diese komplizierte<br />
Kamera MKF 6 geschaffen haben«,<br />
zitierte die Zeiss-Betriebszeitung »Der Scheinwerfer«<br />
Kommandant Bykowski.<br />
Wimpel als »Schmuggelgut«<br />
An Bord von Saljut 6, an die das Raumschiff<br />
Sojus 31 am 26. August 1978 andockte,<br />
hatte es allerdings nicht nur Spitzenoptik<br />
aus Jena, sondern in Jähns Gepäck auch ein<br />
Wimpel des Werksclubs FC Carl Zeiss geschafft<br />
— neben mehr oder minder offiziellen<br />
Devotionalien, wie einem DDR-Staatswappen<br />
in Gold, einer <strong>Ausgabe</strong> von Goethes Faust<br />
und einer des »Kommunistischen Manifests«,<br />
Halstüchern der Thälmann-Pioniere und<br />
einer Sandmännchen-Puppe, die zur Schlafenszeit<br />
mit dem sowjetischen Maskottchen<br />
Maschenka durch die Station glitt. Jähns drei<br />
sowjetische Kollegen an Bord machten zu<br />
dessen ›Schmuggelgut‹ jedenfalls gute Miene<br />
und signierten mit den offiziellen Wimpeln<br />
auch dieses Corpus Delicti irdischer Fußballleidenschaft.<br />
Hinter dem Coup stand damals<br />
der Jenaer Walter Jahn, der nicht nur selbst<br />
bei Zeiss arbeitete, sondern auch begeisterter<br />
FCC-Anhänger und Jugendleiter beim Club<br />
war.<br />
Die Erinnerung an die einst zu Helden<br />
und Vorbildern stilisierten Raumfahrer ist<br />
in Jenas öffentlichem Raum inzwischen ein<br />
Weltraumlegende in 3D: Juri Gagarin im<br />
Planetariumsprogramm »Der Sprung ins All«<br />
Stück weit verblasst. Während der »Platz der<br />
Kosmonauten«, der sieben Monate nach Jähns<br />
und Bykowskis Besuch diesen Namen erhielt,<br />
heute Eichplatz heißt, hat sich am äußersten<br />
Nordzipfel der Stadt eine Juri-Gagarin-Straße<br />
erhalten. 1974 war sie nach dem ersten Kosmonauten<br />
benannt worden.<br />
Aber was sind schon Straßennamen,<br />
wenn es bewegte Bilder gibt: Im Jenaer Zeiss-<br />
Planetarium lässt sich Gagarins Jahrhunderttat<br />
jedenfalls regelmäßig an der großen Kuppel<br />
verfolgen: »Der Sprung ins All« heißt das<br />
Programm, in dem Gagarin in seiner Wostokkapsel<br />
die Erde umrundet: »Slishu was choroscho,<br />
Poljot idjot po planu« — »Ich höre Euch<br />
gut, der Flug läuft nach Plan«, kabelt er dort<br />
bereits viele Vorstellungen lang an die Erdstation.<br />
<strong>Das</strong> nächste Mal bereits am 3. Oktober<br />
und dann weitere neun Vorstellungen allein<br />
in diesem Monat.(akl)<br />
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Freiraum erklärt!<br />
Getreu dem Credo »Mut(h) hilft!« beantwortet Katja Muth in ihrer »Virtuellen<br />
Sprechstunde« allerlei Leserfragen auf der ihr ganz eigenen Art.<br />
Heute: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Therapie, Beratung und<br />
Coaching?<br />
Jeden Tag habe ich mit vielen, oft sehr unterschiedlichen<br />
Menschen vergleichsweise intensiven<br />
Kontakt. Intensiv deshalb, weil wir<br />
nicht zwischen Tür und Angel oder im Vorbeigehen<br />
kommunizieren, nein, wir verabreden<br />
uns. Und ganz gleich, wer vor mir sitzt<br />
und welches Thema den Raum erfüllt – eine<br />
Frage beschäftigt sowohl mein Gegenüber als<br />
auch mich fast immer: »Ist das jetzt Coaching<br />
oder schon Therapie oder etwa Beratung?«<br />
Eine schlaue, konkrete Antwort hierauf zu<br />
produzieren ist gar nicht so einfach, da die<br />
Grenzen fließend sind: Aus meiner Sicht eint<br />
die drei Elemente der entwicklungsorientierte<br />
Versuch, ein bestehendes oder kommendes<br />
Problem zu lösen oder den Umgang mit<br />
diesem zu lernen. Entscheidend ist, wie man<br />
sich dieser Lösung nähert.<br />
<strong>Das</strong> Coaching ist im Wesentlichen eine<br />
zielbezogene Begleitung, im Zuge dessen ich<br />
versuche, Ressourcen des Klienten zu aktivieren<br />
und Potentiale zu entwickeln. Die Beratung<br />
ist mehr im Sinne einer Vermittlung<br />
von Expertenwissen und Erfahrungen zu verstehen,<br />
was unnötig komplizierte Wege verhindern<br />
oder zumindest abkürzen soll. Die<br />
Therapie hingegen ist mehr ein symptombezogener<br />
Prozess, der den klaren Auftrag hat,<br />
Abhilfe zu schaffen und Heilung zu fördern.<br />
Doch unterm Strich sitzen mir jeden Tag<br />
Individuen mit eigenen Fähigkeiten, persönlichen<br />
Biografien und ganz unterschiedlichen<br />
Intensionen gegenüber. Hier gibt es keine<br />
Faustregel, die nach der Definition des Problems<br />
Lösungswegs A, B oder C vorschlägt —<br />
vielmehr ist es ein Miteinander, welches<br />
befruchtet durch den geschulten Blick eines<br />
Außenstehenden, die Erfahrungen eines Betroffenen<br />
und ein intensives, konzentriertes<br />
und auf ein bestimmtes Ziel fokussiertes Gespräch<br />
Lösungswege ebnet. Dabei verlaufen<br />
die Grenzen zwischen Therapie, Coaching<br />
und Beratung fließend und wir bedienen uns<br />
an den Werkzeugen, die uns in diesem Moment<br />
weiterbringen.<br />
Weitere Infos zu Katja Muths Praxis:<br />
www.katjamuth.de<br />
www.facebook.com/freiraumjena