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Carolinum - carocktikum.de

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Hermann Hesse und die Collina d’Oro<br />

Es mussten viele Jahre vergehen bis die Einwohner von Montagnola – bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

40er Jahre hauptsächlich ein Bauerndorf- merkten, dass <strong>de</strong>r etwas exzentrische Herr<br />

mit Strohhut und Staffelei nicht ein Maler, son<strong>de</strong>rn ein Schriftsteller war. Und ein<br />

wichtiger dazu, was man erst später erfuhr.<br />

Lange Zeit war <strong>de</strong>r Kontakt Hesses zur einheimischen Bevölkerung sporadisch, sei<br />

es aus sprachlichen Grün<strong>de</strong>n, sei es, dass seine erlesene und kosmopolitische<br />

Intellektualität nur schwer mit <strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>r bäuerlichen Welt in Einklang zu<br />

bringen war.<br />

Dennoch pflegte Hesse langjährige, von Respekt und Herzlichkeit geprägte<br />

Beziehungen zu einigen Einwohnern Montagnolas, die aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n<br />

regelmäßig mit ihm Kontakt hatten: <strong>de</strong>r Postbote; <strong>de</strong>r Grottobesitzer; <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s<br />

Bauers, welcher Ziegenmilch lieferte; <strong>de</strong>r Unternehmer, <strong>de</strong>r die Casa Rossa baute.<br />

Nicht zu vergessen Dr. Molo, <strong>de</strong>r jedoch nicht aus Montagnola stammte.<br />

Intensiver und zahlreich waren jedoch die Beziehungen Hesses mit <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschsprachigen Bewohnern, in <strong>de</strong>n Zwanziger Jahren eine eher kleine<br />

Gemeinschaft, die sich in <strong>de</strong>n Vierziger und Fünfziger Jahren <strong>de</strong>utlich erweiterte.<br />

Hermann Hesse fühlte sich nie als „Tessiner“. Und doch entstand eine innige und<br />

starke Liebe zu diesem Er<strong>de</strong>nplatz, <strong>de</strong>r auch seiner wur<strong>de</strong>; hier atmete er „Freiheit,<br />

Sonne, Einsamkeit, Arbeit“. Seine Beschwörungen-Betrachtungen, vertraute<br />

Beschreibungen von Landschaften, Licht, Atmosphäre und Personen <strong>de</strong>r Collina<br />

d’Oro und <strong>de</strong>s Tessins (Klingsors letzter Sommer, aber auch an<strong>de</strong>re Prosawerke und<br />

„spezifische“ Gedichte) stellen unerreichte Gipfel <strong>de</strong>r literarischen Ausdruckskraft<br />

dar. Niemand vor o<strong>de</strong>r nach Hesse, ob Tessiner o<strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>r, wusste die Essenz<br />

dieses „Alpensü<strong>de</strong>ns“ so zu erzählen.<br />

„Wenn es im Zimmer dunkel wird, drauβen aber noch <strong>de</strong>r Tag ausatmend<br />

nachleuchtet, stehe ich auf und gehe auf die Terrasse hinaus, dort blickt man<br />

über ziegelge<strong>de</strong>ckte und efeubewachsene Brüstungsmauern gegen<br />

Castagnola, Gandria und San Mamete hinüber und sieht hinter <strong>de</strong>m San<br />

Salvatore <strong>de</strong>n Monte Generoso rosig verglühen. Zehn Minuten, eine<br />

Viertelstun<strong>de</strong> dauert das Glück.“<br />

(Zwischen Sommer und Herbst, 1929)<br />

Daneben verfügt die Malerei Hesses über die beschei<strong>de</strong>nen Merkmale eines<br />

ausgesuchten, verführerischen, bewegen<strong>de</strong>n „Vergnügens“, obgleich von<br />

lebenswichtiger Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n Schriftsteller selbst:<br />

„Ich mache zum Beispiel Aquarelle, ich wüβte niemand, <strong>de</strong>r hübschere macht.<br />

Man kann von mir für eine Kleinigkeit Gedichtmanuskripte kaufen, die ich<br />

selber mit farbigen Zeichnungen schmücke.[…]“<br />

(Winterbrief aus <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n, 1919)<br />

Montagnola, die Collina d’Oro, war 43 Jahre lang die Wahlheimat Hermann Hesses.<br />

1919 eingetroffen, fand Hesse in diesem Ort Zuflucht, Inspiration und Freu<strong>de</strong>. Im<br />

Alter bestimmte er schließlich, dass auch seine letzte Ruhestätte hier sein sollte.<br />

„Ihr fragt, warum ich <strong>de</strong>nn nicht nach Berlin komme? Ja, es ist eigentlich<br />

komisch. Aber es gefällt mir tatsächlich hier besser. Und ich bin so

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