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Carolinum - carocktikum.de

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wun<strong>de</strong>rschöne Vogel, wür<strong>de</strong> seine Freiheit verlieren. Es ist die Freiheit an<br />

nieman<strong>de</strong>n gebun<strong>de</strong>n zu sein, frei wie ein Vogel, <strong>de</strong>r er nun einmal ist.<br />

Aber jetzt habe ich keine Zeit mehr für ihn. Die Schule ruft. Ich versuch’ nichts zu<br />

vergessen, doch das ist aussichtslos, <strong>de</strong>nn es hat noch nie funktioniert. Zum Glück<br />

habe ich ein Schließfach in <strong>de</strong>r Schule, in das ich alles, was ich nicht mehr für die<br />

Hausaufgaben brauche, hinein werfe und da lasse, bis ich es in <strong>de</strong>r Schule wie<strong>de</strong>r<br />

benötige.<br />

Schule. Ich gehe in die 12. Klasse und bin ganz gut. Es gibt bessere, doch „I’ll do my<br />

very best“. Mehr geht eben nicht. Immerhin gehe ich (ganz im Gegensatz zu<br />

an<strong>de</strong>ren) je<strong>de</strong>r Tag in die Schule, schwänze keinen Unterricht und mache meine<br />

Hausaufgaben. Lei<strong>de</strong>r bleibt da nicht viel Freizeit. Aber so ist das eben.<br />

Das Kurssystem ab diesem Schuljahr ist ganz schön anstrengend - dauernd in eine<br />

neue „Klasse“, andauernd neue Gesichter. Aber ich hab ja immer jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n ich<br />

näher kenne und außer<strong>de</strong>m hat es auch Vorteile, da man sich nicht immer so auf <strong>de</strong>r<br />

Pelle hängt. Ein Lächeln fliegt mir über die Lippen, als ich an meine Clique <strong>de</strong>nke.<br />

Wir sind schon ein cooler Haufen.<br />

„Hallo Faust. Wie war das Wochenen<strong>de</strong>?“ Elli reißt mich aus meinen Gedanken. Sie<br />

ist etwas kleiner und hat eine total coole Art mit allem umzugehen: locker, mit einem<br />

Hauch von Optimismus.<br />

„Geht so.“ „Details!“ So ist eben Elli. Sie gibt sich nicht mit einfachen Antworten<br />

zufrie<strong>de</strong>n. „Naja. Ich hab mein Zimmer aufgeräumt, eine DVD gesehen und dann<br />

einfach nur Musik gehört. Genau genug?“ „Fast … welcher Film?“ „Ist doch egal …“<br />

Es war Star Wars I, aber das muss sie ja nicht wissen, da wir dann nur wie<strong>de</strong>r in<br />

einen alten Streit über <strong>de</strong>n Sinn und Zweck solcher Filme verfallen wür<strong>de</strong>n.<br />

„Hei ihr.“ Mark, einer von zwei Jungs aus <strong>de</strong>r Clique, tru<strong>de</strong>lt ein. „Moin“. Da waren<br />

auch Sarah und Stefan. Jetzt sind wir komplett. „Warum eigentlich Faust?“. Elli<br />

antwortet auf Marks Frage: „Ich war neulich bei ihr und da stand so viel herum. Von<br />

allem etwas. Sie interessiert sich für einfach alles. Da fiel mir Dr. Faust von Goethe<br />

ein. Der wollte auch viel wissen und interessierte sich für alles. Hast du ein Problem<br />

mit <strong>de</strong>m Spitznamen?“ „Nein, aber wir sollten reingehen. Es ist Zeit.“ Mit meinen<br />

Worten löst sich die Gruppe auf, da wir nicht zusammen Unterricht haben.<br />

Gegen <strong>de</strong>n Spitznamen Faust habe ich wirklich nichts. Je länger ich darüber<br />

nach<strong>de</strong>nke, <strong>de</strong>sto besser passt er. Dieser Gedanke beschäftigt mich <strong>de</strong>n gesamten,<br />

langen, stressigen Tag über.<br />

Das Gerenne macht mich fertig. Außer<strong>de</strong>m ist alles so unwirklich. Das Leben rauscht<br />

an mir vorbei. Ich sehe alles wie durch einen Schleier. Obwohl ich mich für vieles<br />

interessiere, <strong>de</strong>n Unterricht relativ spannend fin<strong>de</strong>, gut mitkomme und weiter keine<br />

Probleme habe: irgen<strong>de</strong>twas fehlt. Ich habe keine Ahnung was.<br />

Während ich nach Hause gehe, <strong>de</strong>nke ich nach. Dieser ganze Stress, <strong>de</strong>r<br />

Leistungsdruck und alles drum herum … das kann doch nicht gut sein. Ich versuche<br />

zu entspannen und mich nicht verrückt zu machen. Das gelingt mir ja auch. Das<br />

Problem dabei ist nur, dass die Schule eben so ist. Hinzu kommt noch diese Stadt<br />

mit all ihren Geräuschen. Sie ist dauernd in Bewegung, kommt nie zur Ruhe.<br />

Ich atme tief ein und aus. Der Tag ist klar und kalt. Es ist <strong>de</strong>utlich zu spüren, dass <strong>de</strong>r<br />

Winter im Anmarsch ist. Nun kommt meine liebste Jahreszeit. Alles ist ruhig: Der<br />

Schnee dämpft sämtliche Geräusche ab. Einfach toll. Ich kuschle mich in meine<br />

Jacke und <strong>de</strong>nke weiter nach.

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