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Carolinum - carocktikum.de

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Die Bil<strong>de</strong>r einer Ausstellung<br />

Erhard Kunkel<br />

Als ich von <strong>de</strong>r „Hermann-Hesse-Ausstellung“ im <strong>Carolinum</strong> in Neustrelitz hörte,<br />

konnte ich kaum erwarten, sie endlich zu sehen. Wenn ich nun an sie zurück<strong>de</strong>nke,<br />

muss ich sagen, obwohl ich viel über diesen Dichter und sein Werk zu wissen<br />

glaubte, wur<strong>de</strong>n meine Erwartungen weit übertroffen. Ich ent<strong>de</strong>ckte Details, die mir<br />

bislang noch nicht bekannt waren. So wur<strong>de</strong> diese Ausstellung für mich eine<br />

anregen<strong>de</strong> Wie<strong>de</strong>rbegegnung mit diesem Dichter.<br />

Meine „Bekanntschaft“ mit Hermann Hesse begann früh, als er mir mehr durch Zufall<br />

als durch Absicht begegnete in <strong>de</strong>r Gestalt <strong>de</strong>s „Peter Camenzind“.<br />

Später in <strong>de</strong>r Studienzeit, in <strong>de</strong>n Germanistik-Vorlesungen meines Professors Hans<br />

Mayer, wur<strong>de</strong> mir <strong>de</strong>r Weg bis zum „Steppenwolf“ und zum „Glasperlenspiel“<br />

geebnet.<br />

Dann durch Zufall, in einem kleinen<br />

Antiquariat in Prag, zogen zwei Grafiken<br />

meine ganze Aufmerksamkeit auf sich.<br />

Es waren Aquarelle: Eine südliche<br />

Landschaft und ein Blumenstrauß mit<br />

Tulpen und Narzissen. Mich faszinierte<br />

ihre stilisierte Linienführung und die<br />

klaren transparenten Farben, die<br />

großflächig in die Konturen <strong>de</strong>r<br />

Zeichnung eingesetzt waren. So<br />

unschuldig können nur Kin<strong>de</strong>r malen,<br />

dachte ich.<br />

Ich erfuhr, dass es zwei Grafikdrucke<br />

von Hermann Hesse waren. Das<br />

Phänomen seines Doppeltalentes<br />

begegnete mir hier zum ersten Mal.<br />

Auch Goethe, E.T.A. Hoffmann, Heinrich<br />

Mann, Günther Grass und viele an<strong>de</strong>re<br />

haben nicht nur geschrieben, son<strong>de</strong>rn<br />

haben auch gemalt. Sie alle haben in<br />

ihren Geschichten Bil<strong>de</strong>r entstehen<br />

lassen und in ihren Bil<strong>de</strong>rn Geschichten.<br />

Hermann Hesse: Narzissen und Tulpen 1928<br />

Am 5.6.1924 schreibt Hesse in einem Brief an Georg Rainhart:<br />

„Ich habe in diesen Jahren, seit ich mich mit <strong>de</strong>m Malen beschäftige, zur Literatur<br />

allmählich eine Distanz bekommen, die ich nicht hoch genug einschätzen kann und<br />

zu <strong>de</strong>r ich keinen an<strong>de</strong>ren Weg gewusst hätte. Ob dann nebenbei das Gemalte<br />

selbst noch irgen<strong>de</strong>inen Wert hat o<strong>de</strong>r nicht, kommt kaum in Betracht.“<br />

Diese Hinwendung zum Malen empfand Hesse nicht als Diskrepanz zu seiner<br />

Dichtung, son<strong>de</strong>rn als Einflussnahme, als Ergänzung, weil er nicht „naturalistischer,<br />

son<strong>de</strong>rn poetischer Wahrheit nachgehe“.

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