Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR
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72 Krieg, Kriegsvermeidung<br />
wann das jeweils behauptet beziehungsweise beobachtet wurde; jedenfalls <strong>am</strong> Ende des<br />
19. <strong>und</strong> bis zur Mitte (!) des 20. Jahr<strong>und</strong>erts. Andere sprechen von Symbiose mit den<br />
Nachbarn. Und es ist die Rede davon, die Mbuti hätten den Nachbarn mit den Geistwesen<br />
des Urwaldes, die sie im Zaum halten könnten, gedroht. Auch durch Heilkünste zeigten<br />
sie ihre Verbindung mit den Geistwesen. Vom Wechseln zu anderen schwarzen Herren ist<br />
die Rede <strong>und</strong> von der Verbindung durch Riten. Bei anderen Pygmäen sind die<br />
Beziehungen zu ihren großwüchsigen Nachbarn wiederum anders. Wir sehen offenbar auf<br />
Handelsaustausch <strong>und</strong> vielschichte Verhältnisse darum herum. Ich lasse das so stehen,<br />
weil es nur global um Austauschbeziehungen bei rezenten Urvölkern als Hinweis auf<br />
mögliche Ähnlichkeiten <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> geht. Das Problem der Menschengröße scheint<br />
dabei als nachrangig, ebenso die Seßhaftigkeit der einen Gruppe, ich möchte aber auf<br />
diese eigenartige Verbindungen hinweisen, die zwischen sehr einfachen Völkern/<br />
Stämmen möglich sind, seien sie nun ebenbürtig, symbiotisch oder doch deutlich<br />
abhängig. Die bäuerlichen Nachbarn waren offenbar keine ausgeprägte Kriegsmacht <strong>und</strong><br />
fürchteten die Bogen der Mbuti <strong>und</strong> deren mögliche Rache bei<br />
Meinungsverschiedenheiten.<br />
Die Buschleute (Khoisan, Bushmen) in der Kalahari teilen die Blutgruppe mit den<br />
Mbuti, die beide von anderen Völkern Afrikas trennt. (>Bild-2: 98) Trotzdem sehen sie<br />
unterschiedlich aus. In der Wüste ziehen erstere in Gruppen von 25 bis 60 Leuten als<br />
WildbeuterInnen umher. Die Frauen fallen durch den Fettsteiß auf. Die Buschleute gelten<br />
als jene, die früher Fels- <strong>und</strong> Höhlenmalereien ausführten, die sich von Gibraltar in einer<br />
großen S-Kurve durch die Sahara nach Ostafrika <strong>und</strong> dann zum Kap der Guten Hoffnung<br />
finden. Wie die Mbuti haben sie mit Nachbargruppen ihres Volkes feste Regionen<br />
vereinbart. Es gibt Kontakte zu anderen Gruppen, Eheschließungen, Geselligkeiten, auch<br />
Handel. Wechsel der Gruppe ist häufig, die Gruppen müssen sich auch den kargen<br />
Verhältnissen in ihrer Größe jeweils anpassen. Sie sind meist monog<strong>am</strong>, Polygynie<br />
kommt vor, wenn ein Mann mehrere Frauen ernähren kann, wie es in solchen<br />
Beschreibungen dann oft heißt, obwohl die Männer nur aus Mangel monog<strong>am</strong>, also<br />
generell polyg<strong>am</strong> sind; da entsetzt sich die Christenseele. Ältere Männer <strong>und</strong> gute Jäger<br />
führen die Gruppen, einige Stämme werden durch erbliche Häuptlinge geführt. Die<br />
einzelnen Gruppen haben aber generell kein Oberhaupt, kein Gesetz, keine Strafe. Nur im<br />
äußersten Fall nimmt sich jemand sein Recht mit Gewalt, die verabscheut wird. Die<br />
Frauen errichten halbkreisförmige Hütten aus Zweigen <strong>und</strong> Gras, oft von einem Baum<br />
gestützt in der Nähe eines Wasserlochs. Fleisch wird zum Trocknen unter das Dach<br />
gehängt. Große Jagdbeute wird unter alle Personen verteilt, kleinere Tiere bleiben den<br />
Jägern <strong>und</strong> ihren F<strong>am</strong>ilien. Jedenfalls einige Stämme glauben an zwei übernatürliche<br />
Wesen, den Schöpfer der Welt <strong>und</strong> – weniger mächtig – an eine Gottheit der Krankheit<br />
<strong>und</strong> des Todes. (>Bild-2: 241ff)<br />
Vordergründig scheint in kargen Gebieten, wie dem Afrikanischen Urwald, ohne in ihm<br />
Feldbau zu treiben, oder in der Wüste, für einfache WildbeuterInnen, die je nach<br />
Ernährungslage unter anderem auf Wechsel der Gruppengrößen angewiesen sind, eine<br />
friedfertige Gr<strong>und</strong>stimmung zu bestehen; ob das wirklich generell gilt, überblicke ich<br />
noch nicht. Wir finden gleich in Neuguinea bei Landbauern-Völkern wieder Krieg <strong>und</strong><br />
Kopfjagd, die es offenbar bei den Ur-AustralierInnen wiederum nicht gibt. Lassen sich<br />
solche friedlichen wie aggressiven Lebensweisen als Maßstab für die Leute vom <strong>Göbekli</strong><br />
<strong>Tepe</strong> zus<strong>am</strong>men betrachten; fast 12.000 Jahre früher? Sind sie als Pole der Möglichkeiten<br />
verstehbar? Es scheint doch eine deutliche kulturelle Differenz von diesem Tempel zu<br />
jenen Gemeinschaften zu geben, die wenig später im Nahen Osten mit der Seßhaftigkeit<br />
des Neolithikums entstanden, <strong>und</strong> die durch die Forschung insofern hinreichend als andere<br />
Lebensweise bestimmt sind, als sie dort bestand. War das ein ein friedlicher Übergang?<br />
Oder können wir diesbezüglich auf das Alte Test<strong>am</strong>ent sehen, das Kriege zwischen<br />
Hirtenstämmen als permanenten Völkermord mit Hilfe Jahwes beschreibt, einem „Volk<br />
ohne Raum“ geschuldet. Die Kriege zwischen den Staaten Mesopot<strong>am</strong>iens <strong>und</strong> deren<br />
Kämpfe gegen nomadische Stämme könnten ähnlich verlaufen sei, wie auch solche in<br />
Ägypten <strong>und</strong> noch zur griechischen Zeit. Die Ilias beschreibt einen Aggressionskrieg auch<br />
gegen Trojas Nachbarn, auf den die Helden stolz sind, obwohl die nun gar nichts mit dem<br />
Raub der schönen Helena zu tun haben. Bezüglich der oft gewalttätigen Sitten jener Zeit<br />
kann auch auf das rituelle Mitbegraben einer menschlichen Begleitung in den Tod<br />
verwiesen werden, die für einen Fall aus Mesopot<strong>am</strong>ien bekannt ist, der Königsfriedhof<br />
von Ur, in dessen einem Grab etwa 150 Personen geopfert wurden. (Ende 3. Jt. vC; Roaf,